RN/52
12.00
Abgeordneter Johannes Gasser, BA Bakk. MSc (NEOS): Vielen Dank, Herr Präsident! Geschätzte Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Kollegin Belakowitsch hat verlangt, dass wir zu Sachpolitik zurückkehren. Im Unterschied zu Ihnen möchte ich das jetzt auch machen und nicht nur den Menschen Sand in die Augen streuen, sondern auch aufzeigen, wieso wir die Bildungskarenz weiterentwickeln müssen und wieso die Lösung, die wir jetzt mit der Weiterbildungsbeihilfe gefunden haben, eine gute ist.
Wir verhandeln hier zwei arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, Gesetzesvorlagen, die aus meiner Sicht wichtig sind. Ich möchte einmal mit der Weiterbildungsbeihilfe als Nachfolgeregelung für die Bildungskarenz beginnen.
Bei der Bildungskarenz haben wir in den letzten Jahren einfach eine Kostenexplosion erlebt. Als sie in den Nullerjahren noch von der großen Koalition eingeführt worden ist, waren es ein paar Millionen Euro, die das gekostet hat, in den letzten Jahren hat sich das zu einem Ausgabenposten von fast 700 Millionen Euro entwickelt. Wenn so ein Förderungsinstrument in diesem Ausmaß wächst, dann muss man sich natürlich anschauen: Werden Ziele damit erreicht oder werden Ziele da verfehlt? Nicht nur der Rechnungshof, auch eine Wifo-Analyse haben gezeigt: Die Ziele werden nicht für niedrig qualifizierte Menschen erreicht, und es werden auch arbeitsmarktpolitische Ziele nicht damit erreicht.
Zu oft wurde die Bildungskarenz auch von Unternehmen verwendet, um Mitarbeiter eigentlich auf eine steuerfinanzierte Auszeit zu schicken, in der sie in einer gewissen Weise tun und lassen konnten, was sie wollten. Zu oft wurde die Bildungskarenz auch als Verlängerung der Elternkarenz herangezogen, in der Alibikurse gemacht wurden; es haben sich sogar Institute explizit darauf spezialisiert, Kurse dafür anzubieten, damit man eben diese Karenzverlängerung in Anspruch nehmen kann. Diese Schieflage haben wir NEOS immer schon kritisiert und immer wieder auch Vorschläge gemacht, wie man das verbessern kann. Der Leidensdruck ist mit dem Budgetdefizit jetzt so groß geworden, dass wir im März einen Schlussstrich ziehen mussten und mit der Weiterbildungsbeihilfe nun das nächste Kapitel in der betrieblichen und in der arbeitsmarktpolitischen Weiterbildung starten können. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Das neue Modell wird die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen. Erstens: Ausbildungen müssen arbeitsmarktpolitische Relevanz haben. Dafür sorgt die verpflichtende AMS-Beratung, gerade bei Menschen, bei denen es keine Arbeitgeberbeteiligung ab 3 500 Euro geben wird.
Zweitens: Menschen mit niedriger Qualifikation haben auch einen höheren finanziellen Anreiz beziehungsweise in Zukunft eine bessere finanzielle Absicherung, wenn sie Weiterbildungsbeihilfe beziehen, weil die Mindestsätze angehoben werden.
Drittens: Die Weiterbildungsbeihilfe kann nicht zu einer Verlängerung der Elternteilzeit herangezogen werden.
Und viertens: Wer ein mittleres oder hohes Einkommen hat, kann sich nicht länger auf Steuerzahlerkosten, mit dem Arbeitgeber abgesprochen, ein Jahr in eine Auszeit begeben, weil wir mit der Arbeitgeberbeteiligung ab der halben Höchstbeitragsgrundlage sicherstellen, dass die Weiterbildung vor allem einem betrieblichen Zweck dient.
Ich glaube, es ist ganz wichtig, das auch klarzustellen: Wir haben uns innerhalb der Koalition auf diese Differenzierung geeinigt, dass bei einem Einkommen bis zur halben Höchstbeitragsgrundlage die Möglichkeit zur Umqualifizierung, zur Höherqualifizierung besteht, vielleicht auch, um in eine andere Branche, in einen anderen Betrieb zu wechseln, weil da keine Arbeitgeberbeteiligung stattfinden wird. Die Arbeitgeberbeteiligung gibt es erst ab einer bestimmten Höhe. (Abg. Neßler [Grüne]: Der Arbeitgeber wird das sicher ...! – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Das ist eine Kannbestimmung!) – Ich glaube, die Frau Ministerin wird nachher auch noch einmal klarstellen, wie wir es schon im Ausschuss gemacht haben, dass es sich um keine Kannbestimmung handelt, sondern dass wir sicherstellen, dass diese Arbeitgeberbeteiligung erst ab der halben Höchstbeitragsgrundlage schlagend wird. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Sie kann eh alles erklären, aber wenn es im Gesetz so steht ...!)
Die Weiterbildungsbeihilfe, so wie sie hier vorliegt, ist damit gut für den Arbeitsmarkt, sie ist gut im Kampf gegen den Fachkräftemangel und vor allem ist sie gut für das Budget und für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Die zweite Vorlage, auf die ich noch kurz zu sprechen kommen möchte, ist die neue Grenzgängerregelung für Drittstaatsangehörige, die wir schaffen. Künftig können Drittstaatsangehörige, die im benachbarten Ausland leben, nach Österreich in grenznahe Bezirke einpendeln und dort arbeiten. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch [FPÖ].) Es wurde schon ausgeführt, es wird auch eine entsprechende Arbeitsmarktprüfung geben.
Wieso ist das für manche Regionen wichtig? – Ich kann ein konkretes Beispiel aus meinem Heimatbundesland Vorarlberg bringen: Es gibt gerade um den Bodensee herum – wenn ich an Friedrichshafen oder Lindau denke – viele Industriebetriebe, viele Wirtschaftsbetriebe im hoch spezialisierten Bereich, die schon Fachkräfte haben, die aber nur für Deutschland eine Aufenthalts- und Beschäftigungsbewilligung haben. Jetzt ist es in der Vergangenheit oft passiert – weil diese Menschen mit den europäischen Grenzen sozusagen nicht so konfrontiert sind –, dass sie in Vorarlberg eigentlich einen Job in einem hoch spezialisierten Wirtschaftsbetrieb, in einem unserer Hidden Champions, die wir auch unterstützen wollen, gefunden hätten. Nur war es rechtlich nicht möglich, dass sie diesen Job in Österreich annehmen, weil sie dafür nicht nur den Wohnort verlegen – vielleicht nur über einen Fluss, nämlich von Lindau nach Lochau –, sondern sogar auch noch das ganze Verfahren mit der Rot-Weiß-Rot-Karte durchlaufen hätten müssen.
Wir schaffen da eine unbürokratische Regelung – eine unbürokratische Regelung, die hilft, Teile des Fachkräftemangels gerade in grenznahen Regionen weiter zu bekämpfen. Es werden nicht die Massen sein, die von dieser Regelung profitieren, aber es ist ein wichtiger Baustein zur Bewältigung des Fachkräftemangels, bei dem wir noch weitere Maßnahmen zu setzen haben. Dementsprechend kann man, wenn die FPÖ heute gegen diese Grenzgängerregelung stimmt, auch wenn es nur ein paar Hundert Menschen pro Jahr betrifft, nur sagen: Offensichtlich ist die Stärkung unserer Unternehmen, gerade auch wenn es um die Wettbewerbsfähigkeit im Kampf gegen den Fachkräftemangel geht, kein Anliegen der FPÖ, die Schwächung der Unternehmen offensichtlich schon. – Danke. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Wöginger [ÖVP] – in Richtung FPÖ –: Dabei wären eh Deutsche auch dabei!)
12.06
Präsident Peter Haubner: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich die Frau Bundesministerin. – Bitte, Frau Bundesministerin.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.