RN/82
14.22
Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Vielen Dank, Frau Präsidentin! Geschätzte Regierungsmitglieder! Hohes Haus! Es war ja heute während der gesamten Debatte fast ein bisschen rührend, mit welcher kindlichen Unschuld sich Vertreter der Freiheitlichen da zum Rednerpult heraus verirrt haben, die Vergangenheit etwas vergessen haben: Budgetdesaster – daran hat sich von euch niemand so recht erinnern können; blaue Pensionskürzungen – war da etwas? Daran hat sich niemand erinnern können. Ich weiß jetzt nicht, war das aus Sicht der FPÖ eine gewisse Vergesslichkeit oder war das eher so, dass ihr euch ein bisschen für die Vergangenheit geniert habt? (Zwischenruf des Abg. Schnedlitz [FPÖ].) Ich bin mir nicht mehr ganz sicher, was da gewesen ist. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich kann ja verstehen, dass man sich an die Regierungsbeteiligung der FPÖ nicht mehr erinnert – es ist ein paar Jahre her, das kann passieren, dass ihr euch nicht mehr erinnert! (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Was ich aber gar nicht verstehen kann, ist die Vergesslichkeit von Herbert Kickl. Ich meine, es ist ein paar Monate her! Er erinnert sich ja nicht einmal mehr ans Frühjahr, an seine Unterschrift und an sein eigenes Wort, das er damals gegeben hat. Wenn es mit der Vergesslichkeit bei der FPÖ so weitergeht, dann mache ich mir ernsthaft Sorgen. Da fahrt ihr am Montag zur Nationalratssitzung nach Wien und wisst am Freitag nicht einmal mehr, wie ihr nach Hause kommt. Also die Vergesslichkeit der FPÖ im Bereich der blauen Budgetpolitik macht mir Sorgen. (Beifall bei SPÖ und NEOS sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Wurm [FPÖ]: Zur Sache, Herr Kollege!)
Zur Sache – danke für den Hinweis! –: Da ich Sachpolitiker bin, ist es mir wichtig, jetzt an die Fakten zu erinnern.
Also: Es ist ja nicht so, dass Herbert Kickl es nicht in der Hand gehabt hätte, aber gescheitert ist es ja nicht an Inhalten, da wart ihr relativ billig unterwegs, gescheitert ist es im Frühjahr ja dann an den Postenschacherdebatten. (Abg. Wurm [FPÖ]: Zur Sache! Pensionen!) Herbert Kickl hätte zwei Varianten gehabt: Er hätte sagen können: Ärmel aufkrempeln in schwierigen Zeiten, Verantwortung übernehmen!, aber er hat es sich sehr, sehr einfach gemacht. In Wahrheit sind die Leidtragenden die Menschen in Österreich gewesen, die euch monatelang oder wochenlang in einer ganz, ganz schwierigen Situation bei diesem Postenschacher zugeschaut haben. Das Einzige, das Kickl dann hinterlassen hat, war eine Liste, über die er ganz stolz gesagt hat, dass er dafür nur drei Tage gebraucht hat. Drei Tage hat er verhandelt, da war nichts von Gerechtigkeit: Bankenabgabe, Stiftungen, Energiekonzerne – das hat er alles vergessen. Wo Kickl dann schnell war, das waren die Pensionskürzungen; ganz real, von Herrn Kickl. Da hat er gesagt, es braucht einen höheren Krankenversicherungsbeitrag. Da gab es die Unterschrift von Herbert Kickl, an die sich heute in den blauen Reihen niemand mehr erinnern kann. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)
Wenn wir schon von der Vergangenheit und der Vergesslichkeit reden, dann macht der Vergleich auch sicher. Wir hätten es uns gerade als Sozialdemokratie ganz einfach machen können; ich könnte mich herausstellen und sagen: Wir waren sieben Jahre nicht in der Regierung, und wir haben – unter Christian Kern – ein strukturell ausgeglichenes Budget hinterlassen! (Heiterkeit bei der FPÖ.) Die Frage ist: Was ist in den letzten Jahren passiert? – Das war schon durchaus auch die FPÖ, die schuld daran ist, dass dieses Budget aus dem Ruder gelaufen ist. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Wirklich? Weil?) Ich bin jetzt nicht übertrieben nachtragend. Es waren nicht die goldenen Kugelschreiber von Herbert Kickl, in seinem Büro; die werden es nicht gewesen sein. (Ruf bei der FPÖ: Glaub’ ich auch!) Es waren auch nicht die Pferde. Es war auch nicht das größte Ministerbüro (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Was war es dann?), das jemals ein Regierungsmitglied in dieser Republik gehabt hat. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Was aber schon ein Thema war, waren halt die Konzernsteuersenkungen, bei denen die FPÖ mit dabei war: 1 Milliarde Euro Konzernsteuersenkungen ohne Gegenfinanzierung. Da würde uns allen einiges einfallen, was wir damit machen würden, oder? – Pflege, Gesundheit. (Beifall bei der SPÖ.)
Aber schauen wir doch ganz kurz zurück in die Vergangenheit – weil ihr ja nie dabei wart, ihr habt ja nie Verantwortung übernommen –, was in ganz anderen Zeiten, in wirtschaftlich leichteren Zeiten eigentlich passiert ist! Anfang der 2000er-Jahre hat es eine blaue Sozialministerin gegeben. Wir haben damals kritisiert, dass es eine mickrige Pensionserhöhung gibt. Die Pensionserhöhung unter der FPÖ, damals in wirtschaftlich leichteren Zeiten, waren – das müsst ihr euch vorstellen – 10 Euro und 2 Cent pro Monat; 1,5 Prozent Pensionserhöhung unter der FPÖ-Sozialministerin. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: 2000? Da haben wir noch Schilling gehabt! – Weiterer Ruf bei der FPÖ: ... Inflationsrate!) – So gut kannst du schon rechnen! Da haben wir gesagt, dass das mickrig ist; schon ein bisschen wenig, 1,5 Prozent. Dann hat es eine Rede hier im Haus gegeben, die Bundesregierung war sehr bemüht, „für die Pensionistinnen und Pensionisten das Maximum [...] herauszuholen“ – „das Maximum [...] herauszuholen“, hat die FPÖ uns ausgerichtet –, und da hat sie gesagt: „Daher verwahre ich mich wirklich striktest dagegen, dass es nur mickrige Pensionserhöhungen gibt.“ – 10 Euro und 2 Cent unter der FPÖ! (Beifall bei der SPÖ.) Und das war nicht ein Jahr, sondern es waren sechs Jahre in Folge nur die Hälfte der Inflation. Das ist die blaue Verantwortung gewesen. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Und wie war’s 2013/14?)
Ich bringe es auf den Punkt, weil ich ein Sachpolitiker bin: Wir erhöhen: Bis 2 500 Euro gibt es die volle Inflationsabgeltung und danach pauschal einen Fixbetrag von knapp 1 000 Euro. (Zwischenruf des Abg. Deimek [FPÖ].) Was war unter der blauen Sozialministerin der Fall? – Ihr habt auch voll erhöht: bis 670 Euro, und danach war es nicht ein Pauschalbetrag 1 000 Euro, sondern 140 Euro im Jahr. Das passt gut ins Bild der FPÖ, auch da macht der Vergleich sicher. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Das ist ja aber auch schon 25 Jahre her, Philip! Rechne die Inflationsrate ein!)
Das passt gut ins Bild der FPÖ. Ihr habt eine Sozialministerin gehabt, die sich allen Ernstes hingestellt hat und gesagt hat: von 150 Euro kann man gut leben. – Das war die Frau Hartinger-Klein. Da habt ihr alle mit Herzerl in den Augen zu Hartinger-Klein geschaut, als sie mit dem Herbert getuschelt hat; das war die Hartinger-Klein als Sozialministerin. (Zwischenruf des Abg. Deimek [FPÖ].) Und auch hier macht der Vergleich sicher: Ich bin dankbar, dass Korinna Schumann mit ganzer Kraft dagegen ankämpft und nicht zuschaut, wie sich die Leute das Leben nicht mehr leisten können, dass sie zum Beispiel gegen die Teuerung kämpft, gegen Lebensmittelkonzerne, weil sie sagt, es ist einfach unfair, dass man in Österreich für Lebensmittel 1 000 Euro pro Jahr mehr als in Deutschland zahlt. Deswegen kämpfen wir dafür, dass das Leben, auch im Bereich Lebensmittel, wieder leistbar wird. Das ist der Unterschied in diesem Bereich. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Ein Satz zur Gesundheit: Das ist genauso schwierig für uns alle in Österreich, vor allem für die Leute, die monatelang auf Operationen warten müssen, auf Arzttermine warten müssen. Hat irgendjemand von euch den Anstand gehabt, herauszugehen und sich zu entschuldigen – für die Kassenzerschlagung, für die versprochene Patientenmilliarde, die heute in Wahrheit eine negative Patientenmilliarde ist (Zwischenruf des Abg. Deimek [FPÖ]), und für Schulden, die wir gemeinsam aufräumen müssen? Hat irgendjemand von euch den Anstand gehabt, zu sagen: Hartinger-Klein nur zu hofieren und Herzerl in den Augen zu haben, war zu wenig; in Wahrheit ist es nicht gut gewesen für dieses Land!, und zu Korinna Schumann zu gehen und zu sagen: Danke, dass du das aufräumst, was die FPÖ kaputt gemacht hat!? (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Deimek [FPÖ].)
Um es noch einmal zusammenzufassen, weil es heute auch gefallen ist: Ihr redet dann immer vom Volk und von den kleinen Leuten, aber wir können faktisch belegen: Immer wenn ihr in der Regierung wart, habt ihr die kleinen Leute im Stich gelassen und verraten. – Das ist ein Faktum. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Deimek [FPÖ].) Und dasselbe gilt auch bei den Pensionen: Da sich Herbert Kickl neuerdings sehr bibelfest gibt (Abg. Kogler [Grüne]: Super!) – ich meine, der neue Erzbischof ist, glaube ich, der einzige Kirchenvertreter, den er noch nicht beleidigt hat, aber okay (Heiterkeit bei der ÖVP) – und um ihm das mitzugeben: Ehe der Hahn dreimal gekräht hat, hat Herbert Kickl die Pensionisten verraten. Merken wir uns das! Das war in der Vergangenheit so, und das ist auch heute so. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Ich bitte uns also alle in dieser schwierigen Situation für unsere Republik, für unser Heimatland, dass wir ein bisschen in uns gehen, dass wir ehrlich sind, die Ärmel aufkrempeln und versuchen, dieses Land gemeinsam wieder auf Kurs zu bringen, dass wir alle miteinander anpacken, nicht schlechtreden, nicht so tun, als hätte die FPÖ gar nichts mit diesem Schuldendesaster zu tun. Das ist nämlich einfach nicht wahr, das bringt aber auch das Land nicht weiter. Versuchen wir, miteinander mehr Gerechtigkeit zu schaffen, Verantwortung zu übernehmen für eine gute Zukunft, für alle Menschen in diesem Land! (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der NEOS. – Zwischenruf des Abg. Linder [FPÖ].)
14.30
Präsidentin Doris Bures: Nun ist Herr Abgeordneter Michael Schnedlitz zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Schnedlitz [FPÖ] – auf dem Weg zum Redner:innenpult –: Na heute habe ich den Ordner geschickt!)
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.