RN/99

15.41

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Danke, Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Geschätztes Plenum! Ja, nach dieser emotionalen Kurzdebatte ist es schwierig, wieder in die normale Tagesordnung einzusteigen, aber die Novelle des Gesundheitstelematikgesetzes, die wir jetzt diskutieren werden, hat in gewisser Hinsicht auch etwas mit österreichischen Interessen, dem Verhältnis Österreichs zur Europäischen Union und dem Verhalten der österreichischen Regierung dieser gegenüber zu tun.

Wie viele von Ihnen wissen, hat es im heurigen Jahr einen Beschluss zum Europäischen Gesundheitsdatenraum gegeben, einen Beschluss, der Österreich verpflichtet, bis zum Frühling 2029 Strukturen zu schaffen, dass es zu einem Datenaustausch, zu einem Austausch von Gesundheitsdaten zwischen den europäischen Staaten kommen kann. Es geht da um elektronische Verordnungen, es geht da um eine elektronische Patientenakte und um weitere Gesundheitsdaten, die für Gesundheitsdienstleister innerhalb der Europäischen Union, aber auch für Bürger:innen in der Europäischen Union zur Verfügung gestellt werden sollen.

Das hört sich jetzt einmal auf den ersten Blick gar nicht so unvernünftig an, grundsätzlich vernetzt sich natürlich alles immer mehr, aber es gibt halt wie so oft auch da einen Haken.

In Österreich ist diese digitale Datenspeicherung im Gesundheitsbereich im Gesundheitstelematikgesetz geregelt. Dieses Gesetz ist durch die vielen Erweiterungen und Ergänzungen, die es in den vergangenen Jahren gegeben hat, viel zu komplex und viel zu verschachtelt geworden. Es ist teilweise widersprüchlich, die Zuständigkeiten liegen einmal hier, einmal dort, die Rechte sind ganz unterschiedlich gefasst. Ein wunderschönes Beispiel, das wir auch in der letzten Sitzung des Gesundheitsausschusses diskutiert haben, ist der sogenannte E-Impfpass, bei dem das Datenziel und die Datenhoheit im Gesundheitsministerium, also beim Gesundheitsminister, angesiedelt sind – an einem Ort, wo Gesundheitsdaten der österreichischen Bürger sicherlich nicht hingehören, da sind wir uns hoffentlich einig – und bei dem es auch keine Opt-out-Möglichkeit gibt, so wie das eigentlich bei allen anderen Gesundheitsdaten grundsätzlich vorgesehen ist.

Ein entsprechender Antrag von mir, dass dieser E-Impfpass in das normale Elga-System integriert werden soll, wurde im Gesundheitsausschuss zum wiederholten Mal vertagt. Aber sei’s drum – das wäre ja nur ein Bereinigungsschritt im bestehenden Gesundheitstelematikgesetz gewesen.

Jetzt kann man der Regierung zugutehalten, dass sie in den Regierungsverhandlungen offensichtlich erkannt hat, dass das Gesundheitstelematikgesetz in der jetzigen Form nicht funktional und widersprüchlich ist. Deshalb wird im Regierungsprogramm der jetzigen Bundesregierung die Notwendigkeit einer Neukodifizierung des Gesundheitstelematikgesetzes angesprochen. – Gut, dem könnten wir uns ja durchaus anschließen, dass das notwendig wäre. Wenn die Rechte der Bürger gewahrt werden, sie die Hoheit über ihre eigenen Gesundheitsdaten haben – wir sind uns, glaube ich, auch da einig, dass die persönlichen Gesundheitsdaten sehr, sehr sensible Daten sind, die einen sehr hohen Schutz benötigen, die eine sehr hohe Transparenz benötigen –, wenn festgeschrieben wird, was mit diesen Daten passiert, in der Primärnutzung, in der Sekundärnutzung, wer aller darauf Zugriff hat, in welchem Umfang sie überhaupt gespeichert werden und so weiter – das wäre alles nachvollziehbar –, und wenn wir dann vielleicht auch noch die Verordnungsermächtigungen wegbekommen, die das Ministerium momentan im Datenschutzbereich hat, dann wäre das ganz gut, dann könnte man sich der ganzen Sache annähern.

Aber was macht diese Bundesregierung? – Sie schickt kurz vor knapp eine Regierungsvorlage zu einer umfangreichen Änderung des Gesundheitstelematikgesetzes in die Begutachtung, in vorauseilendem Gehorsam einer Richtlinie, die erst im Frühling 2029 umzusetzen ist. Dann zieht sie diese Regierungsvorlage wieder zurück und bringt über ihre Abgeordneten am Vortag der Sitzung des Gesundheitsausschusses einen Antrag über eine Trägerrakete ein: schlecht gemacht, die gesamte Kritik aus dem Begutachtungsverfahren praktisch nicht berücksichtigt, ja nicht einmal die formellen Anpassungen vom Verfassungsdienst berücksichtigt. Ein 53 Seiten umfassender gesamtändernder Abänderungsantrag hat uns da im Gesundheitsausschuss erreicht, und das, obwohl Sie ja selber schon erkannt haben, dass das Gesetz vorher schon nicht praktikabel war und neu hätte aufgesetzt werden sollen. Die ganze Kritik, ob das jetzt vom Datenschutzrat war, von der Datenschutzbehörde, vom Justizministerium, vom Verfassungsdienst, all das schieben Sie zur Seite: dass der Umfang nicht geklärt ist, dass die Berechtigungen nicht in Ordnung sind, dass der Datenschutz gefährdet ist, dass die Betroffenen über die Daten nicht ausreichend Transparenz haben, dass die Sekundärnutzung nicht festgelegt ist, und viele Kritikpunkte mehr.

Ich könnte Ihnen eine ganze Liste aufzählen, aber dafür reicht meine Redezeit bei Weitem nicht aus. All das schieben Sie zur Seite. Und warum? – Weil Sie sich, wenn Sie das jetzt husch, pfusch beschließen, noch 2,8 Millionen Euro EU-Förderung sichern können. 

Liebe Frau Staatssekretärin, ganz ehrlich: Bleiben Sie doch wenigstens bei der Erkenntnis, die Sie vernünftigerweise in den Regierungsverhandlungen gehabt haben! Setzen wir das ganze Gesetz neu auf! Arbeiten wir vernünftig und unter Berücksichtigung der berechtigten Kritik all der Stellen, die sich diesen Gesetzentwurf angeschaut haben, das Ganze auf! Schauen wir, dass wir zu einer gesetzlichen Lösung kommen, die die Interessen der österreichischen Bürger und ihre Gesundheitsdaten schützt und nur das zur Verfügung stellt, was wirklich Sinn hat, was dann auch funktioniert, nämlich zu einem Zeitpunkt, zu dem es auch funktionieren kann, denn die ganzen Anbindungs- und Schnittstellen gibt es ja noch gar nicht auf europäischer Ebene, und es wird sie nächstes Jahr auch noch nicht geben. Selbst in Österreich wird es bis Ende 2028 dauern, bis tatsächlich jeder relevante Gesundheitsdienstleister an Elga und an die entsprechende Datenspeicherung angebunden sein wird. 

Also wir haben überhaupt keinen Grund zur Eile. Die Sicherheit der Gesundheitsdaten der österreichischen Bevölkerung ist wichtiger als kurzfristige 2,8 Millionen Euro Förderung. Wir werden wahrscheinlich sowieso noch den doppelten und dreifachen Betrag aufwenden müssen, weil wir das System bis 2029 noch so oft an das, was rundherum passiert, werden adaptieren müssen, sodass diese Förderung wahrscheinlich eh nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist. 

RN/99.1

Deshalb stelle ich heute auch einen Antrag auf Rückverweisung an den Gesundheitsausschuss. Nehmen wir uns die Zeit für die Debatte, reden wir gemeinsam darüber und schauen wir, dass wir tatsächlich eine Lösung im Sinne der österreichischen Bevölkerung finden! (Beifall bei der FPÖ.) 

15.48 

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Silvan. Eingemeldete Redezeit: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter. 

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.