RN/150
18.29
Abgeordneter MMag. Dr. Michael Schilchegger (FPÖ): Danke, Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Werte Kollegen! Bevor ich auf die Scharia-Verbotsnovelle, einen freiheitlichen Gesetzesantrag, inhaltlich eingehen und ihn erläutern möchte, darf ich ganz kurz in Erinnerung rufen, dass der heutige Gesetzesantrag ja nur ein Teil dessen ist, was wir Freiheitliche in den letzten Monaten im Bereich des Fremdenrechts hier auf den Weg gebracht haben. (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Ihr habt gar nichts auf den Weg gebracht! Überhaupt nichts habt ihr auf den Weg gebracht!)
Die Asylstoppnovelle 2025, um die fehlende Zuständigkeit Österreichs für die Behandlung von Asylanträgen zu untermauern, eine Änderung des Asylgesetzes, um eine Umsetzung der Statusrichtlinie im Bereich des Asylbetrugs einzumahnen – nämlich betreffend die Statusentziehung von Personen, die über ihre Identität falsche Angaben gemacht oder Urkunden gefälscht haben –, dann die Asylverfahrensbeschleunigungsnovelle, damit Asylverfahren nicht jahrelang verschleppt werden können, dann die Schubhaftnovelle, um eine Abschiebung von Straftätern in ihr Heimatland auch tatsächlich zu ermöglichen, und das Verbotsgesetz gegen den politischen Islam: All diesen genannten Anträgen ist gemein, dass sie alle in den zuständigen Ausschüssen von den Regierungsparteien auf den Sankt-Nimmerleins-Tag vertagt wurden. Wir aber haben in den letzten Monaten gezeigt, was freiheitliche Fremdenrechtspolitik bedeuten würde, hätten wir die Mehrheit. Das, was Sie gemacht haben, das ist einfach ein Gesetzesmurks! (Beifall bei der FPÖ.)
Eine Tangente unserer Fremdenpolitik ist die Scharia-Verbotsnovelle, und da gelangen wir nun zur ersten Lesung. Worum geht es da? – Es geht um das Phänomen, dass die Scharia tatsächlich auch in Österreich zur Anwendung gelangen kann, nämlich über den Umweg, dass sich zwei Personen, warum auch immer, in einem Vertrag ausbedingen, es möge doch, wenn dieser Vertrag einen Streitfall bilde, auf diesen Vertrag islamisches Recht zur Anwendung kommen; oder es wird ein islamischer Schiedsrichter eingesetzt, der dann nach islamischem Recht entscheidet; oder es wird der Umweg gewählt, es möge doch das Recht von beispielsweise Pakistan, Saudi-Arabien, Ägypten und so weiter, wo islamisches Recht zur Anwendung kommt, zur Anwendung gelangen, also eine Rechtswahl auf ein anderes Land, in dem islamisches Recht gilt. Auch in Vereinssatzungen beispielsweise ist es natürlich möglich, so etwas festzulegen, und dann müssen an den Gerichten, wenn es zum Streit kommt, im Zivilrecht diese Rechtsnormen der Scharia auch tatsächlich angewendet werden. (Präsident Rosenkranz übernimmt den Vorsitz.)
Warum ist das so? – Weil bei uns im internationalen Privatrecht, im Gesetz über das internationale Privatrecht, im IPRG, in § 6 zwar eine Vorbehaltsklausel verankert ist, diese aus unserer Sicht aber lückenhaft ist, unzureichend ist, denn sie lautet: „Eine Bestimmung des fremden Rechtes ist nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist.“ Und nur dann ist die österreichische Rechtsordnung anzuwenden. Das bedeutet aber im Fall der Anwendung der Scharia, dass in vielen Fällen die Scharia trotzdem zur Anwendung kommt, weil das Ergebnis geprüft wird und die Rechtsprechung da sehr restriktiv ist. Das ist die gesamte Zivilrechtsprechung, die auch durch den Obersten Gerichtshof immer so bestätigt wurde: Man schaut sich nur das Ergebnis an und nicht sozusagen die Denkschritte und Auslegungsschritte, die zu diesem unbilligen Ergebnis geführt haben, und kommt dann auf Basis dieses relativ strengen Maßstabes oft zu einem Ergebnis, dass diese Vorbehaltsklausel eben doch trotzdem zur Anwendung des islamischen Rechts führt. Da wollen wir den Gerichten helfen, um sozusagen in Fällen betreffend die Scharia eine einfache und rasche Entscheidung zu ermöglichen, damit österreichische Gerichte sozusagen wissen, was sie tun müssen, nämlich diese Klausel, die da zugunsten des islamischen Rechts vereinbart wurde, einfach unanwendbar zu belassen und stattdessen das österreichische Sachrecht anzuwenden.
Ich darf das vielleicht noch einmal in Erinnerung rufen – ich glaube, wir haben noch ein bissl Redezeit übrig –, damit man sich noch einmal vor Augen führt, was denn die Scharia eigentlich bedeutet. Das ist die islamische Rechtsordnung. Ich glaube, wir sind uns hier einig, dass das islamische Strafrecht niemals in Österreich gelten kann – aus mehreren Gründen, einerseits inhaltlich, weil dort natürlich drakonische Strafen bis zur Todesstrafe, Körperstrafen, Verstümmelungsstrafen und so weiter, vorgesehen sind. Das ist natürlich abgesichert, das kann in Österreich tatsächlich derzeit nicht stattfinden. (Abg. Darmann [FPÖ]: Du hast 19 Minuten Zeit! – Heiterkeit der Abg. Belakowitsch [FPÖ].)
Auch im Bereich des Zivilrechts gibt es aber die Situation, dass dort sehr unbillige Ergebnisse auftreten. Ich denke da an das Schadenersatzrecht: Da sind Frauen und Ungläubige, also Nichtmuslime, einfach nur die Hälfte wert. Sie bekommen also beispielsweise in einem Streitfall, in einem Fall, in dem jemand am Körper verletzt wurde, nur die Hälfte des Schmerzensgeldes zugesprochen, als wenn es sich um einen gläubigen Muslim handeln würde, oder im Fall von Frauen, als wenn es sich um einen Mann handeln würde.
Im Bereich des Familienrechts wird diese, sage ich einmal, ungerechte Rechtsordnung des islamischen Rechts noch viel mehr offenbar. Ganz fern von uns: Polygamie. Denken Sie daran, dass man einfach mehrere Ehepartner haben kann. Da mögen Sie sagen: Na ja gut, andere Länder, andere Sitten!, aber was, wenn ich Ihnen dazusage, dass dieses Recht auf Polygamie nur für den Mann gilt? Ein Mann darf also mehrere Ehefrauen haben, in die umgekehrte Richtung gilt das nicht. Es ist in Österreich bereits ausjudiziert, dass man zwar in Österreich keine solche islamische Vielehe schließen kann, wenn man aber die Vielehe in einem anderen Land, in einem islamischen Land, geschlossen hat, dann gilt das wiederum schon, und dieser Vorbehalt des § 6 IPRG greift nicht. Dann wäre also dennoch in Österreich diese islamische Vielehe anzuerkennen, und das hat auch Auswirkungen auf das Unterhaltsrecht.
Eine weitere Geschichte: Eheschließung zwischen Adoptivvater und Adoptivtochter, zwischen Verschwägerten und so weiter – das derzeitige österreichische Recht schützt nicht davor, dass all diese Unsinnigkeiten tatsächlich vor österreichischen Gerichten zur Anwendung kommen.
Eine Scheidung durch einseitiges Verstoßen, gegen den Willen der Ehefrau: Da muss man differenzieren; da gibt es tatsächlich Fälle, in denen diese Verstoßung als solche als Scheidung nach österreichischem Recht akzeptiert wird, einfach nur deshalb, weil da islamisches Recht zur Anwendung gelangt und das durch die Zivilgerichte nicht abgestellt wird.
Ich möchte noch ein konkretes Fallbeispiel geben, damit man einfach versteht, wie die Gerichte da arbeiten: Bei einem Fall, den der OGH bereits im Jahr 2010 entschieden hat, ging es um ein Unterhaltsbegehren; also die Frau war geschieden und wollte jetzt Unterhalt von ihrem Mann, und das nach unseren Maßstäben eigentlich völlig zu Recht. Sie war auch die Frau, die seine fünf Kinder großgezogen hat und selbst nicht berufstätig war – ein Fall, bei dem man sagt: Natürlich bekommt diese Frau auch nach der Scheidung, an der sie nicht schuld war, weiterhin Unterhalt von ihrem Mann! Da war aber aufgrund der Staatsbürgerschaftsregelungen des IPRG saudi-arabisches Recht anzuwenden, also sprich islamisches Recht, die Scharia.
Nachdem die österreichischen Gerichte ja nicht in der Lage sind, selbst eine Expertise in der Scharia zu erlangen, passiert das dann tatsächlich so, dass ein Sachverständiger für islamisches Recht bestellt werden muss, der das dann auslegt. Da wird dann wirklich der Koran zur Hand genommen, und es finden sich dann in der 2. Sure, „Die Kuh“, und in der 65. Sure, „Die Scheidung“, Aussagen von rechtlicher Relevanz. Daraus wird dann abgeleitet, zum Beispiel aus dem Absatz: „Laßt sie dort wohnen, wo ihr (selbst) wohnt, von dem, was ihr euch leisten könnt. Und fügt ihnen keinen Schaden zu, um sie in die Enge zu treiben. Und wenn sie schwanger sind, dann gebt für sie (das Nötige) aus, bis sie mit dem niederkommen, was sie (in ihren Leibern) tragen. Wenn sie für euch (das Kind) stillen, dann gebt ihnen ihren Lohn, und beratet untereinander (darüber) in rechtlicher Weise. Wenn ihr aber einander Schwierigkeiten bereitet, dann wird (das Kind) für ihn eine andere stillen.“ – Aus diesen islamischen Rechtstexten, dem Koran, wird dann quasi abgeleitet, was für Unterhaltsansprüche gelten sollen. Und da kam der Sachverständige zu dem Schluss: Drei Monate nach der Niederkunft, also nach der Geburt des Kindes, steht der Frau noch Unterhalt zu und danach gar nichts mehr – gar kein Unterhalt mehr für die Frau.
Die österreichischen Zivilgerichte haben das dann beurteilt und gesagt: Das Ergebnis, dass die Frau nur drei Monate lang Unterhalt bekommt, mag zwar unbillig erscheinen, aber es widerspricht nicht den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung, daher gilt das islamische Recht. Die Frau ist mit ihren Unterhaltsansprüchen nicht durchgedrungen, die Klage wurde abgewiesen. – Das sind solche absurden Fälle.
Jetzt haben wir aus Anlass einer Entscheidung des Handelsgerichtes Wien erst in diesem Jahr gesagt: Da müssen wir ein Zeichen setzen, das kann es nicht sein, dass immer wieder über den Umweg von Schiedsgerichtsvereinbarungen, über den Umweg des Familienrechts hier in Österreich die Scharia zur Anwendung kommt! Daher unser Vorschlag, das sozusagen im internationalen Privatrecht zu reparieren, auch im Islamgesetz klar zu regeln: dass immer dann, wenn die Scharia in einem Vertragsrechtsakt vereinbart wird, einfach das österreichische Sachrecht zur Anwendung kommt. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Sieber [ÖVP].)
Im Übrigen, der Punkt ist, wenn Sie uns schon nicht folgen wollen oder das im Ausschuss dann einfach wieder vertagen wollen – was das wahrscheinliche Ergebnis ist, weil Sie es ja wahrscheinlich nicht noch einmal im Plenum diskutieren wollen –, wenn Sie es uns schon nicht abnehmen oder uns nicht folgen wollen: Vielleicht denken Sie einmal darüber nach, dass das ja sogar der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Jahr 2003 anerkannt hat. Im Zusammenhang mit einem Fall, in dem die Türkei vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verklagt wurde, da die Türkei damals auch sehr laizistische Regeln hatte, hat der EGMR ganz klar gesagt: Solche Regelungen zum Ausschluss der Scharia sind ganz zulässig, weil eben die islamische Rechtsordnung mit einem modernen, säkularen und demokratischen Rechtsstaat unvereinbar ist. Es hat im Übrigen nach diesem seltsamen Scharia-Urteil des Handelsgerichtes Wien im Sommer dieses Jahres auch die Türkische Kulturgemeinde gesagt: Das darf es in Österreich einfach nicht geben!
Also ich glaube, es ist nicht nur die Freiheitliche Partei, die mit diesem Scharia-Recht ein riesiges Problem hat. Ich glaube, Ihr Bundeskanzler hat im Sommergespräch im ORF auch einmal gesagt: Nein, das darf es nicht geben! – Na ja, aber dort, wo es dann wirklich wichtig ist, nämlich im Parlament, da stimmt ihr dann dagegen oder vertagt es auf Sankt-Nimmerlein. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Darmann [FPÖ]: Bravo!)
18.39
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Grünberg. Die eingemeldete Redezeit stelle ich mit 3 Minuten ein. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.