RN/17
14.30
Abgeordnete MMag. Pia Maria Wieninger (SPÖ): Danke, Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Bei der Nordostumfahrung geht es nicht um ein isoliertes Straßenprojekt, sondern um ein gesamtgesellschaftliches Vorhaben – eines, das über Arbeitsplätze, leistbaren Wohnraum und den Wirtschaftsstandort der gesamten Nordostregion entscheidet.
Was mir in der Debatte bisher etwas gefehlt hat – erst meine Vorrednerin hat das jetzt zur Sprache gebracht –, ist, den Blick auf die Lebensrealitäten der Menschen zu richten, und zwar jener Menschen bei uns, in unseren Bezirken, die heute schon im Verkehr ersticken. Sie zeichnen immer irgendwelche horrenden Zukunftsszenarien, aber was ist mit den Menschen bei uns in der Nordostregion, die eben heute schon im Verkehr ersticken?
Ich spreche hier nicht nur als Abgeordnete, sondern als eine von 230 000 Donaustädtern und Donaustädterinnen. Ich kann Ihnen sagen: Wir sind es leid, dass unsere Straßen als Schleichwege missbraucht werden, und wir sind es leid, dass unsere Kinder schon heute in einer Lärm- und Abgaswolke aufwachsen! (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Shetty [NEOS]. – Ruf bei den Grünen: Machts halt was dagegen! – Abg. Gewessler [Grüne]: ... ist mehr Verkehr keine Lösung!)
Stellen Sie sich einmal vor, Sie können im Sommer die Fenster nicht öffnen, weil der Verkehrslärm so laut ist! Oder stellen Sie sich vor, am Mittagstisch müssen Sie immer kurz innehalten, weil der nächste Lkw vorbeibrettert! Das war bereits in meiner Jugend meine Realität.
Wir sprechen hier davon, dass uns in der Donaustadt bereits seit über 20 Jahren eine Umfahrung versprochen wird, denn es geht vor allem um den Transitverkehr, der endlich aus der Stadt rausmuss. Es wird uns schon lange versprochen. 23 Prozent – das muss man sich einmal vorstellen – der Fahrzeuge, der Lkws, die in die Stadt hineinfahren, wollen ja gar nicht nach Wien, die wollen nur durchfahren. Dafür braucht es endlich eine Umfahrung unserer Wohngebiete. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Ich frage Sie jetzt direkt, Frau Gewessler: Was haben Sie in Ihrer Zeit als Verkehrsministerin für die Menschen in der Nordostregion, die tagtäglich im Stau stehen – egal ob im Auto oder im Bus, denn auch der Bus steht bei uns im Stau –, getan? Was haben Sie für diese Menschen getan? (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Was haben Sie für die Kinder bei uns in der Donaustadt getan (Zwischenruf der Abg. Gewessler [Grüne]), die tagtäglich dem Transitverkehr, der an ihren Schulen vorbeigeht, an ihren Wohnhäusern vorbeigeht, an ihren Spielplätzen vorbeigeht, ausgesetzt sind? Was haben Sie für diese Kinder, die heute schon der Feinstaubbelastung ausgesetzt sind, getan? (Abg. Gewessler [Grüne]: 500 Seiten Bericht, wo drin steht, was die Lösung ist! Nicht mehr Autos ...!) Nicht nur an die Zukunft denken! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)
Welche verkehrspolitischen Alternativen haben Sie uns angeboten? (Abg. Gewessler [Grüne]: Ja, steht ... alles da! – Abg. Schwarz [Grüne]: ... vier Alternativen! Bericht lesen, bitte! Es gibt vier Alternativen, von denen drei was anderes sind als die, die ihr haben wollt!) Warum – und das interessiert uns besonders – ist Ihnen die Bevölkerung in anderen Bundesländern wichtiger, wo Sie eine Umfahrung nach der anderen betoniert haben, als die Wiener Bevölkerung? Das würde mich auch sehr interessieren. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Sie reden von Klimaschutz und blockieren gleichzeitig mit dem Hinauszögern des Baus des S-1-Lückenschlusses den Ausbau der Seestadt Aspern im Norden Wiens. Die Seestadt ist eines der wichtigsten Vorzeigeprojekte Europas hinsichtlich Klimaschutz und Stadtentwicklung, denn sie wurde nicht nur gezielt auf einem ehemaligen Flugfeld errichtet – das müsste ja ganz in Ihrem Sinne sein –, weil diese Fläche bereits versiegelt war, man hat dort also nicht neu versiegeln müssen, es wurde sogar die U-Bahn schon hingebaut, bevor die erste Bewohnerin, der erste Bewohner eingezogen ist, um eben dafür zu sorgen, dass nachhaltige Mobilität von Anfang an vorhanden ist. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)
Fakt ist auch: Urbaner Raum hat das niedrigste CO₂-Aufkommen. Das heißt, jede zusätzliche Wohneinheit, die in den Wiener Stadtentwicklungsgebieten, die Sie blockieren, gebaut wird, ist ein Gewinn fürs Klima. (Abg. Gewessler [Grüne]: Das stimmt nicht, sorry! Das sagen sogar die ...!) Dort entsteht nachhaltiger und vor allem auch leistbarer Wohnraum. Das ist es, was junge Menschen, was junge Familien wirklich dringend brauchen.
Natürlich braucht es aber auch den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, und Wien zeigt seit 30 Jahren, wie das geht, denn der Wiener Stadtregierung sind sowohl Umweltschutz als auch geordneter Verkehr ein großes Anliegen. Den Erfolg kann man auch anhand der Zahlen sehen: Vor 30 Jahren haben die Wiener:innen noch 40 Prozent der Wege mit dem Auto erledigt, heute sind es nur noch 25 Prozent der Wege. Diesen erfolgreichen Wiener Weg setzen wir natürlich auch fort.
Wir erleben gerade den größten U-Bahn-Ausbau Europas. (Abg. Kickl [FPÖ]: Nur das Geld ist aus!) Wir haben zum Beispiel durch die flächendeckende Parkraumbewirtschaftung neue Flächen für Fahrradwege geschaffen. Ein weiterer Mosaikstein wird die verkehrsberuhigte Innenstadt sein, die wir durch intelligentes Zufahrtsmanagement erreichen werden. Die Verlagerung des Durchzugsverkehrs auf die zukünftige Umfahrung Wiens eröffnet sogar neue Wege und Perspektiven für den Öffiausbau in Wien, denn dann sind nämlich zum Beispiel Schnellbusse über die Tangente denkbar.
Ich möchte es jetzt noch einmal betonen, weil es mir wichtig ist: Der Öffiausbau steht für uns als SPÖ an erster Stelle. (Beifall bei der SPÖ.)
So viel Öffis wie möglich, so viel Straßenverkehr wie nötig: Zu glauben oder zu fordern, dass man in einer wachsenden Millionenstadt nie wieder Infrastrukturprojekte durchführen oder Straßen bauen wird, ist – mit Verlaub – realitätsfremd. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS. – Abg. Gewessler [Grüne]: Ja, und das fordert auch niemand! Entschuldigung ...!)
Ich fasse zusammen: Die Nordostumfahrung ist kein Widerspruch zum Klimaschutz, sondern das fehlende Puzzleteil eines Gesamtkonzeptes. Mit der Umleitung des Transitverkehrs um die Stadt bleibt der Stau aus der Stadt draußen und ist nicht in der Stadt. (Abg. Gewessler [Grüne]: Liebe Grüße aus dem Süden von Wien!) Es gibt weniger CO₂-Belastung für Mensch und Umwelt; Öffiausbau, nachhaltige Stadtentwicklung, leistbarer Wohnraum und natürlich die Schaffung von Arbeitsplätzen werden möglich.
Als Politiker:innen ist es unsere Aufgabe, auf das große Ganze zu schauen, gesamtstaatliche Lösungen zu finden und zu ermöglichen und nicht nur zu blockieren. Lassen wir uns also bitte nicht von Ideologie leiten, sondern von Verantwortung! – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Heiterkeit der Abg. Gewessler [Grüne].)
14.37
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Juvan. – Ihre eingemeldete Redezeit: 5 Minuten. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.