RN/30
15.36
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Danke, Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Über Kollegin Krisper, die jetzt aus dem Nationalrat ausgeschieden ist, hat einmal jemand gesagt: Sie war nie laut, aber immer lauter.
Über die Redner:innen der Grünen und speziell auch über Sie, Kollegin Gewessler, muss man sagen: Sie haben zwar geredet, aber Sie waren nicht redlich. Das ist schon ein Problem. Es gibt mehr Beispiele, aber ich kann drei Beispiele bringen.
Das erste: Sie haben Bundesminister Hanke vorgeworfen, dass er ja schon seit 15. Oktober die Asfinag-Pläne hat, sie nicht veröffentlicht und hier nichts dazu sagt. Ich habe auf der Homepage vom Verkehrsministerium nachgeschaut – wie Sie das gemacht haben – und habe da gefunden, dass Sie am 29.11. eine Pressekonferenz gemacht haben (ein Schriftstück mit dem Titel „Evaluierung des Bauprogramms der Zukunft in Umsetzung des Regierungsprogramms – Schlussfolgerungen“ in die Höhe haltend), in der Sie die Zahlen veröffentlicht haben. Dem Minister hier vorzuwerfen, dass er nach einer Woche etwas nicht macht, wofür Sie sechs Wochen gebraucht haben, das ist leider eine unnötig unredliche Argumentation, die Sie hier bringen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Sie haben hier so getan, als ob das Geld, das die Asfinag hat, auch für etwas anderes verwendet werden könnte. Sie wissen genauso gut wie ich, dass auch das unredlich ist. (Abg. Gewessler [Grüne]: Da würde ich redlich zuhören! Lieber Jan, redlich zuhören!) Kollege Ottenschläger hat das ja auch ausgeführt: Das Geld, das die Asfinag bekommt – es gibt europäische Regeln, die werden Sie wahrscheinlich sogar besser kennen als ich, nämlich die Wegekostenrichtlinie, die sagt: Ja, man darf von Autobahnbenützern Geld nehmen; in Österreich heißt das: 80 Prozent zahlen die Lkw, 20 Prozent die Pkw, also breite Reifen, nicht breite Schultern tragen da den Großteil der Kosten (Abg. Kogler [Grüne]: Immer noch zu wenig!) –, dieses Geld muss für den Erhalt beziehungsweise für den Ausbau von Autobahnen oder Schnellstraßen verwendet werden. Ein kleiner Teil darf als Dividende an den Eigentümer ausgeschüttet werden – übrigens egal, ob der Eigentümer die öffentliche Hand oder ein privates Unternehmen ist. Es ist begrenzt, wie viel Geld man rausnehmen darf. Alle Bundesregierungen nehmen immer ziemlich genau das raus, was man rausnehmen darf, und den Rest investieren sie in den Erhalt und in den Ausbau.
Sie haben hier auch so getan – und das ist auch unredlich, das so zu tun –, als ob man das Geld für etwas anderes verwenden könnte. Man kann es nicht, man darf es nicht! Sie haben es ja auch nicht getan. Sie tun so, als ob Sie nie Autobahnen oder Schnellstraßen gebaut hätten (Abg. Gewessler [Grüne]: Gescheit! Hab ich auch nicht gesagt, das habt ihr!) – was nicht stimmt, weil natürlich unter Ihrer Zeit die Mühlviertler Schnellstraße, die Fürstenfelder Schnellstraße, die Autobahn in Linz und so weiter gebaut wurden (Abg. Gewessler [Grüne]: Ich habe nichts abgebrochen, was ihr angefangen habt, das stimmt!), nicht nur fortgeführt, sondern selber auch angefangen. Die Argumente, die Sie hier bringen, die ja auch wahr sind, dass Autobahnen natürlich in der Regel nicht über Mondlandschaften gebaut werden, sondern über Äcker, durch Wälder, über Wiesen, dass sie Lebensräume zerschneiden, dass sie auch Verkehr induzieren – das sind ja alles wahre Argumente, nur die gelten auch für die sogenannten grünen Autobahnen und nicht nur für die Autobahnen, die Sie nicht mögen. Jedes dieser Argumente gilt auch dafür. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Shetty [NEOS]. – Abg. Gewessler [Grüne]: Es gibt keine grünen Autobahnen!)
Wenn wir über die Lobau reden, dann reden wir darüber, dass wir nicht nur bei der Lobau, sondern beim gesamten Auwald nördlich der Donau – der geht ja bis Hainburg, bis zur Stopfenreuther Au – ein Riesenproblem haben. Das ist nicht die Frage, ob ein Tunnel gebaut wird oder nicht, sondern dass der von der Austrocknung bedroht ist – und das nicht erst seit gestern, sondern in Wahrheit seit 1870, seit die Donau reguliert wurde. Das ist ein Problem, von dem ich hoffe, dass die Wissenschafter einen Weg finden, wie wir diese Aulandschaft erhalten können. (Abg. Gewessler [Grüne]: Autobahn ist sicher eine gute Idee!)
Eines muss auch klar sein, und ich sage das ganz bewusst als Sozialdemokrat aus Wien: Der Schutz der Lobau steht für uns natürlich an oberster Stelle, und es dürfen nur Projekte gemacht werden, die die Lobau nicht gefährden. Das muss klar sein. Ich finde es schade, dass wir hier nicht eine redliche, ernsthafte Diskussion führen können, denn es gibt auch Argumente, die Sie nicht wegwischen können, die stärker sind als alles, was Sie für die Fürstenfelder Schnellstraße oder für die Linzer Autobahn oder die Mühlviertler Schnellstraße bringen können. (Abg. Gewessler [Grüne] – erheitert –: Alles SPÖ-Projekte! Sorry!)
Schauen wir uns nämlich Folgendes an: Im Jahr 1985, also vor circa 40 Jahren, hatte Wien eineinhalb Millionen Einwohner und es gab fünf Brücken über die Donau. Heute hat Wien zwei Millionen Einwohner und es gibt noch immer fünf Straßenbrücken über die Donau. Es ist keine dazugekommen. Es wurden in der Zwischenzeit vier Brücken gebaut, zwei für Fußgänger und für Radfahrer und zwei für die U-Bahn, aber keine einzige für den Straßenverkehr. (Abg. Lukas Hammer [Grüne]: ... Belastung!) Es ist so, dass nördlich der Donau 200 000 Menschen dazugekommen sind – also in etwa Linz – und 300 000 Menschen nach Wien südlich der Donau gezogen sind, das ist in etwa Graz. Das ist eine halbe Million Menschen mehr. Zu sagen, eine halbe Million Menschen darf keine neue Infrastruktur bekommen – das darf nicht sein. (Abg. Gewessler [Grüne]: Zu einer redlichen Debatte gehört redlich auf Argumente eingehen, lieber Jan!)
Wenn Sie immer besonders die Wiener SPÖ kritisieren, dann sage ich Ihnen: Seit über 30 Jahren bin ich in der Politik und Jahr für Jahr ist es der SPÖ in Wien gelungen – zehn Jahre waren Sie dabei –, den Autoverkehr in der Stadt zu reduzieren. (Abg. Kogler [Grüne]: Ja, weil wir dabei waren!) Wenn man Klimaschutz ernst nimmt, dann muss uns klar sein, dass Verkehr nicht der einzige, aber ein wesentlicher Punkt ist. (Abg. Gewessler [Grüne]: Ja, 30 Prozent! Genau darüber reden wir!) Wien ist die einzige Stadt in Österreich, das einzige Bundesland in Österreich, das es geschafft hat, die sogenannte Verkehrswende zu schaffen, nämlich dass weniger Autos in Wien fahren und weniger Kilometer pro Einwohner gefahren werden als in allen anderen Bundesländern (Zwischenruf des Abg. Steiner [FPÖ]), weil wir kontinuierlich den öffentlichen Verkehr ausbauen (Heiterkeit des Abg. Schallmeiner [Grüne]) und mit der Parkraumbewirtschaftung und mit anderen Sachen dafür sorgen, dass es weniger Autoverkehr in der Stadt gibt, mehr Öffis, mehr Fußgänger und mehr Radfahrer. Auf das werden wir immer stolz sein (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS), ob wir das mit Ihnen gemeinsam machen oder nicht.
Denn das passiert nicht zufällig, das ist ja gewollt und das ist das Ergebnis einer Politik, die wir in Wien haben. Daran wird sich nichts ändern, dass wir in Wien darauf achten, dass (Abg. Gewessler [Grüne]: Dass ihr eure Ziele nicht erreicht!) wir die Ziele erreichen und dass wir den Autoverkehr – wurscht, ob (Abg. Gewessler [Grüne]: Nicht einmal ohne Autoverkehr!) elektrisch oder nicht (Präsident Haubner gibt das Glockenzeichen) – reduzieren. Darauf sind wir stolz (Abg. Gewessler [Grüne]: Dann dürft ihr aber keine Lobau bauen!), und das lassen wir uns nicht von Ihnen schlechtreden. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)
15.43
Präsident Peter Haubner: Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.