RN/8

9.49

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Vielen Dank, Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe sozusagen vor dem Hintergrund der Entwicklungen in Syrien ein wenig das Gefühl, dass das noch so ein bisschen ein Best-of von bekannten Wahlkampfparolen und Zwischenrufen, die wir aus der Vergangenheit bereits kennen, ist. Ich bin sozusagen persönlich – auch wenn ich die inhaltliche Position nicht ganz teile – Herrn Außenminister Schallenberg dankbar. Er hat einmal – letzten Sommer, vor einem halben Jahr, hat er ein Interview gegeben – zur Entwicklung in Syrien Folgendes festgehalten: „Präsident Assad sitzt nach 13 Jahren immer noch fest im Sattel. Wir müssen als Europäer endlich einsehen, dass es in Syrien keine Lösung ohne Assad geben wird.“ – Ich möchte das jetzt persönlich nicht weiter kommentieren, aber das zeigt einfach, dass man bei derartig chaotischen Entwicklungen einfach vorsichtig sein muss und dass man derartige Geschehnisse auch mit einer gewissen kritischen Distanz beurteilen sollte.

Er hat aber dann einen Satz nachgeschoben und Folgendes gesagt: „Als Politiker müssen wir die Welt sehen, wie sie ist, und nicht, wie wir sie uns wünschen. Das wäre Wunschdenken.“ – Ich glaube, dieser pragmatische Zugang ist einer, der uns allen auch in dieser Situation vor dem Hintergrund der Entwicklungen in Syrien guttun würde: abzuwarten, was ganz konkret vor Ort passiert, als Bundesregierung proaktiv Maßnahmen zu setzen und natürlich auf der europäischen und internationalen Ebene alles dazu beizutragen, dass mittelfristig auch eine sichere Rückkehr von geflüchteten Menschen nach Syrien möglich ist. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Meinl-Reisinger [NEOS].)

Wir alle wissen aber eines: Niemand von uns weiß, ob sich die Lage in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten in Richtung Frieden entwickeln wird oder ob es dort ein islamistisches Terrorregime geben wird. Das ist sozusagen die Frage, die niemand beantworten kann, aber wir haben hier auch ganz sachlich die Aufgabe, uns vorzubereiten.

Vielleicht nur ein paar Sätze, weil wir das ja grundsätzlich auch aus den letzten Jahren kennen: Wir müssen alles tun, um Probleme, die es ganz offensichtlich gibt, auch mit ganz konkreten Lösungen zu beantworten, aber irgendwelche Parolen, irgendwelche Inszenierungen, irgendwelche Scheinlösungen und irgendein Politikerblabla bringen uns alle nicht einen einzigen Millimeter weiter! (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der NEOS sowie der Abg. Disoski [Grüne].)

Herbert Kickl, du wirst verzeihen: Wenn wir heute von Inszenierung und Scheinlösungen reden: Du warst schon ganz, ganz vorne mit dabei bei der Inszenierung und den Scheinlösungen, bei den großen Ankündigungen und bei den Nullmeldungen bei der Umsetzung. Es hat eine eigene Ratspräsidentschaft zum Thema Migration gegeben – eine eigene Ratspräsidentschaft! –, ganz viel Inszenierung, viele Pressekonferenzen, damals noch Bussi-Bussi mit Sebastian Kurz, und du hast dich dann feiern lassen und gesagt, dir ist es gelungen, dass man vom Reaktionsmodus endlich in den Präventionsmodus gewechselt ist, und hast dann noch mitgegeben, man könnte fast von einer kopernikanischen Wende sprechen. (Heiterkeit der Abg. Meinl-Reisinger [NEOS].)

Herbert, ich sage dir eines ganz ehrlich: Du bist kein Kopernikus des 21. Jahrhunderts. Das ist eine Nullmeldung in diesem Bereich gewesen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, NEOS und Grünen.)

Das war die Inszenierung auch im Bereich Flucht und Asyl, denn Deutschkurse zu kürzen, zu streichen und sich dann zu wundern: Ui, da kann niemand Deutsch!, das macht nichts besser. (Abg. Stefan [FPÖ]: Jetzt können sie es ja!) Das ist keine große Denkleistung, das hätte Kopernikus wahrscheinlich anders zustande gebracht. Keine Lösungen zu schaffen, Türschilder auszutauschen, das hat uns in Summe nicht einen einzigen Millimeter weitergebracht. 

Ich möchte hier den Unterschied auch ganz klarmachen: Für Österreich einzutreten heißt ganz klar auch, die Verantwortung anderer Länder einzufordern. Österreich ist ein starkes Land, ist ein gutes Land. Wir haben unseren Beitrag geleistet, aber man darf dann halt auch nicht buckeln, wenn es Nachbarstaaten gibt, die sich dieser Verantwortung entziehen. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der NEOS sowie des Abg. Schwarz [Grüne].)

Machen wir es ganz konkret, wenn man schon von Volkskanzler und patriotisch redet: Es ist ein paar Wochen her, da hat sich der Herr Präsident hinter mir und hast du (in Richtung Abg. Kickl [FPÖ]) dich mit Ministerpräsident Orbán auf einen Kaffeeratscher in Wien getroffen, aber ich hätte da nicht unbedingt das Gefühl gehabt, dass du da mutig auftrittst. Das war schon eher fast ein bisschen zurückhaltend, schüchtern. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Die Wut! Die Wut!) Da hätte ich nicht erkannt, dass du für Österreich kämpfst. Hast du Viktor Orbán gesagt: Freund (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Die Wut!), so wird das nicht weiterlaufen, du hältst die Hand auch bei Beiträgen der österreichischen Steuerzahler auf!? – Es geht halt nicht, dass Österreich 60 000 Flüchtlinge aufnimmt und Orbán in Ungarn nur 45 und alle weiteren nach Österreich weiterschickt. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von NEOS und Grünen.) Hast du dann den Mut gehabt, Orbán das auszurichten und zu sagen: Freund, wenn wir das nicht miteinander klären (Abg. Kickl [FPÖ]: ... verstehen, was du erklärst!), dann werden wir dich notfalls auch vor dem Europäischen Gerichtshof klagen!? 

Also groß von Mut, von Volkskanzler und vom Eintreten für die eigenen Leute zu reden und dann so klein zu sein, wenn es darum geht, Herrn Orbán auch konkret in die Pflicht zu nehmen, ihn stattdessen zu hofieren, fast kuschelig-devot mit ihm einen netten Nachmittag zu verbringen (Heiterkeit der Abg. Belakowitsch [FPÖ]), das kann doch nicht der Zugang sein, wenn man für österreichische Interessen kämpft! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Da geht es um Spielregeln auch unter der Nachbarschaft, und ich sage ganz klar – das ist unsere Haltung –: Wir brauchen auch aus der starken Mitte dieses Parlaments heraus (Abg. Wurm [FPÖ]: Ihr habt euch sehr schnell verkauft! Sehr schnell gegangen! – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Starke Mitte?!) einen konkreten Schulterschluss, bei dem wir die Probleme, die es offensichtlich gibt, miteinander mit Menschlichkeit, mit Ordnung und klaren roten Linien lösen. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der Grünen sowie der Abg. Meinl-Reisinger [NEOS]. – Abg. Wurm [FPÖ]: Der Verkauf an die ÖVP ist schnell gegangen, Philip!)

9.55

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Shetty.