RN/20

11.04

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP): Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Abgeordneter Vilimsky, Sie haben zu Beginn Topfen und Polemik kritisiert – mit dem Ergebnis, dass Sie selbst Topfen und Polemik geliefert haben, angereichert mit Untergriffigkeiten, angereichert mit einem schlechten politischen Stil! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Martin Graf [FPÖ]: Er ist Abgeordneter und nicht Minister, das ist der Unterschied!) 

Sehr geehrter Herr Europaabgeordneter, eigentlich würde ich mir von Ihnen erwarten, dass Sie sich mit Ihrem Mandat genau für die Interessen Österreichs in Europa einsetzen. Ich würde mir erwarten, dass man von einem Europaabgeordneten ein klares Europabekenntnis bekommt, gerade in Österreich, in einem Land, das wie kein anderes von Europa profitiert hat.

Wir sind Exportweltmeister, als Achtmillioneneinwohnerland, unsere Jobs, unser Wohlstand lebt von dem, was erwirtschaftet wird, was unsere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der exportorientierten Industrie und Wirtschaft produzieren und wir weltweit verkaufen. Das ist die Grundlage unseres Wohlstandes, und dazu sollte man sich europapolitisch auch bekennen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich verstehe ja überhaupt nicht – schon allein angesichts der Formulierung des Titels dieser Aktuellen Stunde –, warum die FPÖ heute diese europafeindliche, diese europakritische Haltung an den Tag legt. Herr Kickl hat es ja zum Ausdruck gebracht, er hat unmissverständlich gesagt, was er möchte: Raus aus der EU in Richtung Europäischer Wirtschaftsraum! Ich glaube, das ist in Zeiten wie diesen das Gefährlichste, das man machen kann. In einer Zeit, in der Handelskriege toben, in einer Zeit, in der es geopolitische Krisen gibt, in einer Zeit, in der es zwischen China und den USA zu einem Wettrüsten – auch wirtschaftlich – kommt, Europa zu schwächen, ist das Gefährlichste, ist ein Verrat an unserem Wohlstand, ist ein Verrat an unseren Arbeitsplätzen, gefährdet unsere Jobs, gefährdet unser Einkommen. So geht Standortpolitik nicht, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und NEOS.) 

Ich würde mir erwarten, dass wir heute lieber darüber diskutieren, was ein starkes Europa braucht. Was brauchen wir denn? – Und in der Analyse, Frau Abgeordnete Fürst, sind wir uns ja einig: Die matchentscheidende Frage für Österreich ist: Wie bekommen wir unsere Wettbewerbsfähigkeit wieder zurück? Die matchentscheidende Frage für uns ist: Wie schaffen wir endlich wieder ein Wirtschaftswachstum, dass Jobs gehalten werden, dass neue Jobs entstehen können, dass die Leute ein Einkommen haben und sich das Leben leisten können? (Zwischenruf des Abg. Kickl [FPÖ].)

Wenn ich die Zeitungen aufschlage und tagtäglich feststelle, dass die Einschläge immer näher kommen, dass die Detonationen immer heftiger werden – Sie können die Betriebe alle aufzählen, die tagtäglich in den Zeitungen sind und kämpfen (Abg. Mölzer [FPÖ]: Und wer ist dafür verantwortlich? Sie sind dafür verantwortlich! Sie!) –, dann hängt das damit zusammen, dass wir am Weltmarkt Probleme haben, weil wir dort unsere Produkte nicht mehr verkaufen. (Ruf bei der FPÖ: Und warum?) Und da frage ich mich bei aller Aufgeregtheit da drüben (in Richtung FPÖ): Ist es jetzt gescheit, Europa zu schwächen, oder wäre es nicht viel besser, jetzt eine aktive Standortpolitik auch auf europäischer Ebene durchzusetzen? (Beifall bei der ÖVP.) 

Sehr geehrte Damen und Herren, vor allem von der FPÖ: Wie aktive Europapolitik geht, haben wir als Republik Österreich ja erst vor ein paar Monaten mit Erfolg bewiesen, und zwar zum Beispiel mit dem EU-Asylpakt. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Na geh bitte!) Dieser ist ja nur möglich gewesen, weil sich das kleine Österreich auf die Hinterfüße gestellt hat, weil das kleine Österreich klargemacht hat, was wir jetzt brauchen, wie wir jetzt unsere Interessen durchsetzen und dass wir uns endlich zu einem EU-Grenzschutz bekennen, dass wir uns endlich zu ordentlichen, schnellen Verfahren bekennen (Abg. Kickl [FPÖ]: Und zur Verteilung! Verteilung ist ganz wichtig!), dass wir uns endlich zu Rückführungsabkommen bekennen. (Abg. Kickl [FPÖ]: Zwangsverteilung!) Genau das, was die FPÖ immer gefordert hat (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Nein! Nein!), aber nie zustande gebracht hat, hat diese Bundesregierung mit einer konsequenten EU-Politik geschafft. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Nein, Sie verteilen! Sie wollen verteilen!) Es ist Österreich zu verdanken, dass hier in Europa endlich einmal etwas weitergeht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der NEOS.)

Sehr geehrte Damen und Herren, genau das erwarte ich mir jetzt auch von der freiheitlichen Politik im Bereich Standortpolitik. Wir sollten in der Europastunde darüber diskutieren, wie wir Jobs sichern, wie wir Einkommen sicherstellen. Wir sollten nicht wirtschaftsliberale Menschen irgendwie enttäuschen, schon alleine durch die Formulierung im Titel dieser Aktuellen Stunde. Wir sollten nicht Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Industrie, in der exportorientierten Wirtschaft enttäuschen, weil sich eine Partei hier im Parlament eindeutig antieuropäisch positioniert. Das ist nicht die Art und Weise, wie Österreich erfolgreich werden kann. Das ist nicht die Art und Weise, wie wir wieder unsere Wettbewerbsfähigkeit zurückbekommen. 

Darum würde ich ersuchen: ein bissel weniger Angstmache, ein bissel weniger Polemik, ein bissel mehr über die entscheidenden Fragen unserer Zeit zu reden, diese Dinge auch anzupacken, einen Gestaltungsauftrag auch wahrzunehmen (Abg. Kassegger [FPÖ]: Wer ist der Adressat? Die, die seit fünf Jahren in der Regierung sind?) und nicht zu versuchen – weil ein paar Wahlen anstehen – hier wieder politisches Kleingeld zu schlagen. Darum würde ich ganz herzlich ersuchen. 

Abschließend gibt es von mir ein ganz klares Bekenntnis: Dass es uns in Österreich heute so gut geht – bei all den Herausforderungen, die wir haben –, hängt zu einem guten Teil mit der Europäischen Union zusammen, hängt mit den Freiheiten des Binnenmarktes zusammen, dass wir arbeiten und leben können, wo wir wollen, dass unsere Güter auch überall frei verkauft werden können. Und das sollten wir schützen, das sollten wir ausbauen, daran sollten wir arbeiten, und darum ersuche ich die Freiheitliche Partei. (Beifall bei der ÖVP.)

11.10

Präsident Peter Haubner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Jörg Leichtfried. – Bitte, Herr Abgeordneter.