RN/26

11.36

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Danke schön, Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Also für uns ist schon klar: 30 Jahre Mitgliedschaft in der Europäischen Union heißt Kooperation und Teilhabe in einer solidarischen Gemeinschaft.

Die positiven Errungenschaften liegen auf der Hand und sind mannigfach – es wurde jetzt auch schon erwähnt –: von Erasmus plus über geförderten Bildungsaustausch innerhalb der Europäischen Union ganz generell, das Aus für horrende Telefonkosten durch die Abschaffung der Roaminggebühren, Forschungskooperationen, Stärkung der Forschung, die gemeinsam innerhalb der Union erfolgt, bis hin zu den Investitionen in die Regionen. Man muss es anscheinend auch so oft wiederholen, weil all das der FPÖ offenbar nach wie vor entgangen ist – oder bewusst geleugnet wird. Da sage ich schon: Wenn man die Arbeit im Europäischen Parlament auf Champagnerpartys limitiert, dann entgeht einem anscheinend wirklich oftmals, was dort eigentlich so passiert. (Beifall bei der SPÖ.)

Auch aktuelle Erfolge aufseiten der Europäischen Union muss man durchaus anerkennen – insbesondere das Vorantreiben der Gleichstellung der Geschlechter durch eine noch schärfere Entgelttransparenz, die europaweit außer Streit gestellt worden ist, fairere Löhne, insbesondere auch für Frauen, sowie die Geschlechterquoten in Bezug auf Vorstands- und Aufsichtsratspositionen.

Für uns ist auch ganz klar, wir müssen Teil einer Sozialunion sein, in der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht mehr Spielball innerhalb unserer Grenzen sind. (Beifall bei der SPÖ.) Das wurde durch die Schaffung einer Mindestlohnrichtlinie auch schon in Teilen geschafft. Wir wollen aber beim Import von Produkten auch ausbeuterischer Kinderarbeit wirklich einen klaren Riegel vorschieben, nämlich durch die Kontrolle von Lieferketten.

All das sind aktuelle Errungenschaften der Europäischen Union. Gleichzeitig kann man sagen: Ja, die EU befindet sich gerade auf einem Scheideweg: Können wir gemeinschaftlich weitere Fortschritte vorantreiben, um eine Wirtschaftsunion zu schaffen, in der Großkonzerne auch einen fairen Beitrag leisten, nicht weniger zahlen als der Würstelstand ums Eck, wie man so schön sagt? Welche Allianzen werden sich innerhalb des Europaparlaments in den kommenden Jahren bilden? Finden die proeuropäischen Kräfte da zusammen oder werden Allianzen gebildet, die sich im Klein-Klein verlieren und letzten Endes ausschließlich den Populisten helfen? Wird es eine demokratische Union geben, in der man an außen- und sicherheitspolitischen Fragen und auch an Fragen der Migrationspolitik gemeinsam arbeitet, oder wird man sich an jenen wie Orbán orientieren, die zwar von EU-Mitteln profitieren, sich aber letzten Endes bei keinem anderen Beitrag irgendwie auch nur ansatzweise solidarisch zeigen? (Beifall bei der SPÖ.)

Für uns ist klar: Wir wollen Europa nicht den Hetzern und Spaltern überlassen. Die FPÖ zeigt aber Tag für Tag, dass sie genau das tun wollen, indem sie hier denunzieren, indem sie hier auch ganz klar ausgrenzen, indem sie hier eigentlich auch sagen, sie wollen aus der Europäischen Union austreten, nur mit vielleicht etwas blumigeren Worten. – Schenken Sie den Menschen doch reinen Wein ein und sagen Sie, was Sie wirklich wollen, werte Kolleginnen und Kollegen! Seien Sie nicht so – mir würde jetzt wirklich ein Wort einfallen, wofür ich einen Ordnungsruf bekommen würde – unehrlich – formulieren wir es lieber so –, seien Sie nicht so unehrlich! Ehrlichkeit und Transparenz sind aber offenbar keine Eigenschaften, die bei Ihnen zu finden sind.

Das sieht man nicht nur im Europaparlament; das sieht man in Graz; das sieht man auch an den Berichten, die heute am Ende dieser Tagesordnung im Parlament stehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Für uns ist klar: Die europäische Säule sozialer Rechte muss weiter gestärkt werden und wir müssen die Europäische Union auch ganz klar erweitern. Wir brauchen faire Beitrittsperspektiven für die Länder des Westbalkans. Österreich war immer starke Bündnispartnerin, wenn es um die Unterstützung dieser Länder des Westbalkans gegangen ist. Die Hand zu reichen und sie nicht wegzustoßen, wird für die europäische Sicherheit wichtig sein. Wir wollen nicht nur anerkennen, dass sich diese Länder der Europäischen Union annähern, sondern sie auch tatsächlich zu unserem Bund dazuholen, denn wenn wir es nicht tun, werden andere vor Ort sein – und das kann nicht in unserem Sinne sein.

Ein Abschlusssatz noch, weil es auch in der Aktuellen Stunde Thema war: Es wird auch für die gesamte Europäische Union wichtig sein, nach Syrien zu blicken, denn es kann nicht sein, dass nach diesem Befreiungsschlag nur salbungsvolle Worte folgen, sondern wir müssen ganz klar aufpassen, dass nicht in der Zukunft Frauenrechte auch dort vollends abgeschafft werden, wie das in anderen Ländern wie Afghanistan bereits passiert ist. Da muss die internationale Staatengemeinschaft nicht nur wachsam sein, sondern auch ganz klar hinblicken und nicht schweigen. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abgeordneten Krisper [NEOS] und Kogler [Grüne].)

11.41

Präsident Peter Haubner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist das Mitglied des Europäischen Parlaments Helmut Brandstätter. – Bitte.