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Mitglied des Europäischen Parlaments Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und liebe Zuseher! Es war mir eine große Ehre, dass ich fünf Jahre hier im Nationalrat verbringen durfte, und es ist mir eine große Freude, dass ich heute wieder hier bei Ihnen bin!
Ich komme direkt aus Brüssel. Kollegin Anna Stürgkh und ich haben sehr interessante Gespräche gehabt, weil wir ja in Brüssel arbeiten und etwas weiterbringen wollen. Erst gestern haben wir mit jemandem aus der Kommission das Thema Energie diskutiert, das heute auch schon angesprochen wurde. Ja, natürlich werden wir das als einzelnes Land in Europa nicht lösen können, aber wir haben darüber geredet, wie man in Nordafrika Wasserstoff herstellt und wie wir den nach Europa bekommen. Ein Land alleine schafft das selbstverständlich nicht, aber als Europäische Union werden wir das schaffen.
Das wird auch die Voraussetzung für die Reindustrialisierung sein: Natürlich brauchen wir wieder mehr Industrie in Europa – und auch das können wir nur gemeinsam machen – und mehr Forschung: Die Amerikaner geben 50 Prozent der Forschungsausgaben weltweit aus, wir deutlich weniger. Wer wird das machen? – Die Europäische Union wird das machen! Das gilt natürlich auch für den Wettbewerb. Es braucht weniger Regulierung, darüber haben wir auch gesprochen, wobei ich auch bei meinen Besuchen in Unternehmen immer höre: Mindestens so schlimm sind die nationalen Regulierungen, am schlimmsten ist es aber, wenn beides zusammenkommt! Also bitte, das müssen wir koordinieren, damit die Unternehmen wieder ordentlich arbeiten können.
Da Kollegin Meinl-Reisinger ja auch schon das Thema Autos angesprochen hat: Bitte schauen Sie sich die Zahlen an! In China wurden im Juli zum ersten Mal mehr Elektroautos als Verbrennerautos verkauft. Das heißt, China ist im Fortschritt begriffen, Sie (in Richtung FPÖ) aber wollen uns hier ins 20. oder gar ins 19. Jahrhundert zurückholen. Nein, das müssen wir natürlich gemeinsam angehen! (Beifall bei NEOS und Grünen.)
Das heißt, von Zentralismus ist überhaupt keine Rede. Das ist ein ganz falsches Wort, das Sie verwenden – ganz im Gegenteil, es geht um Kooperation. Worum geht es noch? – Es geht natürlich darum, dass wir uns in Europa auch gemeinsam verteidigen. Wenn Sie hier in diesem Titel „Kriegstreiber“ schreiben, muss ich Ihnen Folgendes sagen: Ich war ja mit mehreren Delegationen in der Ukraine und wir haben dort schreckliche Zerstörungen gesehen. Jedes Mal habe ich Kollegen Fuchs von der FPÖ und die anderen eingeladen, bitte mitzufahren. Sie sind natürlich nicht mitgekommen. (Abg. Kogler: Na, die waren ja in den besetzten Teilen in der Ostukraine! – Abg. Meinl-Reisinger [NEOS]: Ja, ja! – Abg. Kogler: Gemeinsam mit der KPÖ!)
Dann war Olha Stefanischyna da, die stellvertretende Ministerpräsidentin, und ich habe alle gefragt und gesagt, bitte, ich möchte den Termin so organisieren, dass auch die FPÖ dabei ist. Nein, mit den Ukrainern reden wir nicht!, das habe ich gehört. Aber Herr Kassegger ist auf die Krim gefahren – auf die besetzte Krim ist er gefahren (Abg. Kassegger [FPÖ]: Ja!) – und hat dort mit den Putin-Leuten gefeiert (Abg. Kassegger [FPÖ]: Jo, gefeiert!), dass dort die Menschen umgebracht werden, überall in der Ukraine die Menschen umgebracht werden. (Abg. Kassegger [FPÖ]: Wann? Wann?)
Ich habe von Ihnen nicht einmal ein Wort - - (Abg. Kassegger [FPÖ]: Wann bin ich gefahren? Sagen Sie das dazu! Wann?) – Hören Sie zu! Ich habe von Ihnen nicht einmal ein Wort gehört, nachdem Putin dort Kinderkrankenhäuser, Kinderkrebsspitäler bombardieren lässt, Kinder ermorden lässt. (Abg. Kassegger [FPÖ]: Die ärgste Manipulation ist das Weglassen wesentlicher Informationen! Wann? Sagen Sie, wann ich gefahren bin, Herr Kollege!) Ich habe von Ihnen kein einziges Wort gehört. Ich habe immer nur gehört, dass Sie sagen, ja, mit dem Putin wollen Sie Deals machen. Wir wissen auch, warum: Das mit dem Vertrag ist schon angesprochen worden. Ich muss das schon zitieren, was in dem Vertrag drinnen steht. – Da steht drinnen: die gemeinsame Erziehung der Jugend zu Patriotismus. Was ist denn Patriotismus für Putin? – Menschen in den Krieg zu schicken, Menschen zu ermorden!
Was bedeutet das für die Ukraine? – Dort müssen die Kinder in die U-Bahn gehen, wenn sie studieren oder lernen wollen, weil sie von Ihrem Freund Putin bombardiert werden. Nicht ein kritisches Wort habe ich von Ihnen gehört. Heute lacht Frau Belakowitsch wenigstens nicht; bis jetzt haben Sie immer gelacht, wenn ich über die toten Kinder geredet habe. Das ist immerhin schon ein Fortschritt. Danke schön!
Weil wir das auch schon angesprochen haben: Sie sagen den Menschen natürlich nicht die Wahrheit. Ihre Parteifreunde von der AfD tun das inzwischen, die sagen ganz deutlich – das steht im Programm der AfD drinnen –: Wir wollen raus aus der EU! Sagen Sie es doch endlich auch: Sie wollen raus, Sie wollen Hunderttausende Arbeitsplätze zerstören. Warum? – Weil Sie Europa spalten wollen, weil Sie Österreich spalten wollen.
Das ist das Programm der Populisten. Da muss ich aber auch ein Wort zur ÖVP sagen, und zwar betreffend Schengen. Schengen war der Versuch eines Populismus, eines Rechtspopulismus, der schiefgegangen ist. Es hat uns geschadet, es hat österreichischen Unternehmen geschadet. Populismus ist nie für den Populus, er ist immer gegen das Volk. Deswegen, bitte, hören Sie auf damit!
Jetzt muss ich noch ein Buch vorstellen. Im Europäischen Parlament darf man keine Bücher vorstellen, also nütze ich diese Chance hier natürlich. (Der Redner hält das Buch „Mehr Kultur in der Politik. Erinnerungen.“ von Peter C. Marboe in die Höhe.) Die Jüngeren kennen ihn vielleicht nicht mehr, die Älteren schon: Peter Marboe ist ein ganz großartiger Österreicher, der 17 Jahre in Amerika, in New York, für die Aussöhnung der vertriebenen Juden gesorgt hat, der dort mit den Menschen gesprochen hat, der viele auch zurückgebracht hat.
Es tut mir leid, dass Herr Rosenkranz nicht da ist. Ich wollte ihm sagen: Reden Sie mit Herrn Marboe, lesen Sie das Buch, dann werden Sie auch verstehen, dass Sie im Nationalfonds nichts verloren haben, dass sie dort nicht hinpassen!
Ich komme zum Schluss, so viel Zeit muss noch sein, mit einem schönen Zitat. (Präsident Haubner gibt das Glockenzeichen.) – Herr Präsident Haubner, es wird Sie auch freuen (Ruf bei der FPÖ: Ja, red weiter!), denn es war Josef Klaus, der das gesagt hat. Josef Klaus war in den Sechzigerjahren als Bundeskanzler in der Sophienkathedrale in Kiew, damals herrschte schrecklicher Kommunismus. Er hat gesagt, hat in das Buch geschrieben: Introite nam hic est Europa. Das heißt: Kommt herein, auch hier ist Europa. Auch in Kiew ist Europa. Das müssen Sie (in Richtung FPÖ) jetzt auch endlich verstehen. Hören Sie auf mit dem Spalten! Wir Österreicherinnen und Österreicher sind Teil Europas, wir profitieren davon. (Abg. Stögmüller [Grüne]: Er hat noch keinen Punkt gemacht!) Es ist wunderbar, in diesem österreichischen Europa zu leben. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)
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