RN/31

11.48

Mitglied des Europäischen Parlaments Lena Schilling (Grüne): Sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Österreich ist seit fast 30 Jahren in der EU. Das ist länger, als ich auf der Welt bin. Die FPÖ will das jetzt nutzen, um über die EU zu reflektieren. – Dann machen wir das einmal!

Ich bin ein Kind eines Europas des Friedens, der Solidarität und der Freiheit. Ich kenne Europa nicht anders: die längste Friedenszeit in der Geschichte Europas (Ruf bei der FPÖ: Nicht in den Lift einsteigen!); die Freiheit, überall hinzugehen, dort zu arbeiten und dort zu studieren, das sind Freiheiten, mit denen ich aufgewachsen bin. Heute, aktuell wichtig sind Nachbarschaftshilfen, wenn es wo brennt, wenn es Fluten gibt, im wahrsten Sinne des Wortes: Wir stehen einander bei. Ich bin in einem Europa aufgewachsen, das bewiesen hat: Wenn wir uns zusammentun – und gerade bei den Herausforderungen, die größer sind als nationalstaatliche Kontexte –, dann können wir etwas gewinnen.

Das Europa, in dem ich aufgewachsen bin, in dem ganz viele junge Menschen aufgewachsen sind, ist jetzt gerade bedroht – und zwar von innen und von außen. Von außen droht ein Größenwahnsinniger im Kreml, der Krieg und Zerstörung über diesen Kontinent bringt, der unsere Abhängigkeit von Gas als Waffe nutzt, der Wahlen beeinflusst und der einen völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Ukraine gestartet hat. Putin ist der tatsächliche Kriegstreiber in dieser Debatte. Ich glaube, es ist wichtig, das auf den Punkt zu bringen. (Beifall bei den Grünen.)

Dann haben wir noch die Bedrohung von innen – durch die, die Autokratien anhimmeln, die mit Rassismus, mit Sexismus, mit Hass und Hetze unsere Europäische Union spalten wollen, unsere Europäische Union, in die viele junge Menschen hineingeboren sind, die unsere Lebensrealität ist. Wer gefährdet den Frieden, den Wohlstand und die Demokratie Europas, wer? – Die wahren Kriegstreiber, die Klimaanheizer – die sitzen hier in Wien genauso wie in Brüssel rechts –, die, die uns weiter in der Gasabhängigkeit von Putin halten wollen, die heute schon wieder gesagt haben, das ist die Zukunft, die sitzen heute hier. Es sind die, die jede Gelegenheit nutzen, um beim Klima- und Naturschutz zurückzurudern und zu blockieren und die Menschen, die heute schon unter den Konsequenzen der Klimakrise leiden, und zwar ganz real, alleinzulassen. Es ist ganz einfach und klar: Die Klimakrise und Naturkatastrophen gehen Hand in Hand. Die FPÖ steht da an vorderster Front: Harald Vilimsky nennt Viktor Orbán – den Mann, der Journalisten und Journalistinnen den Mund verbietet, der junge Menschen, die sich für etwas einsetzen, bestraft, der die unabhängige Justiz angegriffen hat – den Retter Europas. Bei so einem Retter frage ich mich: Was soll man da noch tun? 

Wir stehen vor so vielen Herausforderungen: nicht nur mit dem Krieg vor der Haustür, mit bewaffneten Konflikten in ganz vielen Teilen dieser Welt – von sozialen Ungleichheiten, die mehr werden, brauchen wir gar nicht erst anzufangen –, sondern eben auch mit einer Klimakrise, die Sie immer wieder bestreiten als: Was machen wir denn für den Planeten? – Von der FPÖ kam Folgendes: Während der österreichischen Fluten, während der Naturkatastrophen, die real passiert sind, verspottet die FPÖ den Green Deal als „Leuchtturmprojekt der Dummheit“ und sagt, dieser werde als „Verblödung in die Geschichte eingehen“. – Ich sage Ihnen, was in die Geschichte eingehen wird: 2024 als das heißeste Jahr, das wir erlebt haben, 2023 als das heißeste Jahr, das wir davor erlebt haben, und 2025 als das heißeste Jahr, das kommen wird. Das wird in die Geschichte eingehen, wie auch das Nichtstun, das Leugnen dieser Lebensrealitäten, des Leids von Menschen, deren Existenzen weggespült wurden. Wie viele Jahrhunderthochwasser brauchen wir eigentlich noch, bis Sie das begreifen und nicht erst dann beginnen, von Solidarität zu reden? (Beifall bei den Grünen.)

Ich glaube, wir müssen eines verstehen: Emissionen machen keinen Stopp an nationalstaatlichen Grenzen. Wir können sie uns weder wegwünschen noch können wir sie irgendwohin abschieben. Das Einzige, das wir machen können, ist, sie gemeinsam solidarisch anzugehen. Was aber macht die FPÖ im Europaparlament? – Sie hat gegen mehr finanzielle Mittel für den Klimaschutz gestimmt – das ist jetzt noch nicht die Überraschung –, aber auch gegen den Klima- und Sozialfonds, der Haushalten mit weniger Einkommen bei der Bewältigung der Energiekrise hätte helfen sollen. Sie hat gegen nachhaltige Lebensmittel, gegen Maßnahmen zur Reduzierung gefährlicher Chemikalien und gegen den Schutz unserer Wälder gestimmt. Sie hat auch gegen die bessere Dämmung und Sanierung von Häusern gestimmt, die auch für die Geldbörsl der Menschen gut wären. Sie hat gegen Gesetze gestimmt, die Armut und Arbeitslosigkeit bekämpfen würden. 

All das zeigt: Sie verteidigen nicht die Menschen, nicht in Österreich und schon gar nicht in Europa. Sie werden jetzt staunen, denn in einem einzigen Punkt stimme ich Ihnen zu (Ruf bei der FPÖ: Wirklich?) – Ja: Das Europa, das ich kenne, steht an einem Scheideweg. Es sind die Herausforderungen, vor denen wir gerade stehen, die geopolitischen, diejenigen, die wir Tag für Tag (Präsident Haubner gibt das Glockenzeichen) erleben, die wir angehen müssen. Die Antwort kann aber niemals sein, Europa zu zerstören. Die Antwort muss immer sein: zusammenzurücken statt nach rechts zu rücken – für ein solidarisches Europa, eines, in dem die nächsten Generationen, die jungen Menschen auch noch eine Zukunft haben. (Beifall bei den Grünen. – Ruf bei der FPÖ: Hat eigentlich Norwegen jetzt schon den Euro?)

11.54

Präsident Peter Haubner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Gernot Darmann.