RN/34
12.05
Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Danke, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erste Übereinstimmung mit der Freiheitlichen Partei: 30 Jahre Beitritt Österreichs zur Europäischen Union ist in der Tat ein wichtiges Thema. Allein, die andere Titelgebung, die Sie da gefunden haben, war weniger ernsthaft – um nur die Herausforderung kurzfristig anzunehmen, dann werden wir eh wieder ernst –, und ich sage Ihnen ehrlich: Mit dieser Titelgebung wären Sie beim Villacher Fasching wegen Unernsthaftigkeit durchgefallen. Jetzt kann man das schon einmal abhaken. (Beifall bei den Grünen. – Ruf bei der FPÖ: Schwacher Applaus im Saal!) – Es gilt ja das gesprochene Wort und nicht der Applaus. (Heiterkeit bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.) Außerdem muss man immer ein bissl aufpassen, woher der Applaus kommt.
Richtig ist ja, was Sie gesagt haben: dass Sie hier die relative Mehrheit der Abgeordneten stellen. Darauf kann man ruhig gern einmal eingehen. Aber was da vorhin verzapft wurde, ist natürlich – im Sinne des Vorredners – auch schon höchst undemokratisch. Denn wenn es so sein soll, dass auf einmal nur die 28 Prozent, die Sie hier als Abgeordnete repräsentieren, das einzig Normale sein sollen – ja, da können Sie vielleicht mit St. Pölten in Wettbewerb treten, aber nicht mit den anderen Abgeordneten hier. Es kann nicht so weit kommen, dass das unwidersprochen bleibt, dass der 28-Prozent-Sektor den anderen ausrichtet, sie sind die nicht Normalen. Also so fängt ja immer alles an, und deshalb darf das nicht unwidersprochen bleiben. (Abg. Kickl [FPÖ]: Macht ja ihr mit 8 Prozent dauernd!)
Aber jetzt zum Ernst dieser Aktuellen Europastunde. Schauen Sie, es bleibt ja dabei, auch wenn wir es schon oft gehört haben: Die europäische Einigung ist eine zivilisatorische Höchstleistung. Sie ist eine Erfolgsgeschichte, da können Sie noch so viel herummotzen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Natürlich gibt es reihenweise Probleme, ist ja überhaupt keine Frage; aber deshalb muss man ja nicht das ganze Einigungswerk auskippen. Es ist die einzige Chance, dass dieser Kontinent überhaupt noch weiter vorwärtskommt. Da hilft die ganze Problembewirtschaftung, von der Sie ja leben, genau gar nichts; weil Sie ja auch nichts zur Lösung beitragen wollen, genau aus dem Grund.
Aber lassen wir das jetzt einmal weg. Also wirklich eine Höchstleistung: Warum? – Weil, natürlich nicht im Außenverhältnis, das ist richtig, aber im Innenverhältnis Frieden geschaffen wurde, wenige Jahre und Jahrzehnte nachdem sich die deutschen und die französischen Truppen in den Schützengräben gegenübergestanden waren. Das muss man einmal herbringen; und dann auch der wirtschaftliche und soziale Aufschwung, der damit verbunden war.
Jetzt ist Europa, könnte man meinen, okay. So weit, so gut, aber es ist eben nicht mehr so, dass das selbstverständlich ist. Es war das Einigungswerk nicht selbstverständlich, und es ist nicht selbstverständlich, dass diese Fortschritte bleiben. Sie sind bedroht von außen und von innen; von außen – wir haben es ja schon gehört – vom Aggressor Putin, vom Kriegstreiber Putin. Dort ist er daheim, mit seinen Verbündeten wie Orbán. Ich frage mich überhaupt, was das für Achsen sind: Nordkorea, Iran, Russland – und die anderen sind die Kriegstreiber?
Also richten wir uns an diese Innenfeinde wie Orbán, damit wir nicht immer die Freiheitlichen da über Gebühr hereinholen müssen. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Innenfeinde, aha! Das ist eine echt europäische Solidarität!) Es reicht nämlich eh deren Vorbild. Das ist doch die Achse des Schreckens, die ich da aufgezählt habe, die Vereinigung von Kerkermeistern und Massenmördern. Das ist doch die blanke Wahrheit! (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Was?!)
Dort kann man nicht hinschauen. Diese ganze Achse hat nämlich auch noch Verbündete innerhalb Europas, und da gehört Ihr Vorbild Orbán dazu. (Abg. Kickl [FPÖ]: Und jetzt einen europäischen Regierungschef als Massenmörder bezeichnen! – Abg. Wurm [FPÖ]: Dich nimmt ja keiner mehr ernst, Werner! Werner, deine Zeit ist vorüber!) Deshalb muss man da genau hinschauen und das Match aufnehmen, um das es da geht. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Oxonitsch [SPÖ].)
Das ist doch ganz klar: Demokratie versus Autokratie, europäische Einigung versus alter Nationalismus, der nirgends hinführt, und im Übrigen auch ehrliche Debatte versus Lügenpropaganda, von der Sie ja profitieren und auch ausführlich Gebrauch machen.
Sagen Sie es doch ehrlich: Wo wollen Sie denn hin? Aus dem Euro austreten, aus der Union austreten? Das ist doch eine währungs-, wirtschafts- und sozialpolitische Geisterfahrerei! Dann sagen Sie es doch! Das schaue ich mir an, ob das 28 Prozent wollen. Dann sagen Sie es doch! Das ist ja der einzige Sinn Ihrer Redebeiträge und dieser Titelgebung hier! (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Wöginger [ÖVP] und Meinl-Reisinger [NEOS].)
Das kann man ja dann einmal so kommunizieren – na machen wir doch diese Volksbefragung, von der Sie da immer fantasiert haben, das schauen wir uns dann an!
Ja, es gibt einen Haufen Probleme, das ist klar. Die Europäische Union, der Kontinent Europa steht im Wettbewerb mit anderen Kontinenten und vor allem mit anderen Systemen, und deshalb müssen wir Schwächen überwinden, das ist richtig. Das wird aber nur durch ein Zusammenarbeiten und Zusammenstehen gehen: Die Wirtschaft und auch den Klimaschutz mitnehmen, darin stecken ganz viele Chancen, und nicht in dieser Retrofantasie. (Präsident Haubner gibt das Glockenzeichen.)
Eines haben wir in letzter Zeit zu Recht wieder öfter gehört, Sie kennen vielleicht schon das Zitat von Adenauer, und die Aussage ist heute mindestens so wichtig wie damals:
„Die Einheit Europas war ein Traum von wenigen. Sie wurde eine Hoffnung für viele. Sie ist heute eine Notwendigkeit für uns alle.“ (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ sowie der Abg. Meinl-Reisinger [NEOS].)
12.10
Präsident Peter Haubner: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.
Die Debatte ist geschlossen.