RN/38

12.20

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Mein Vorredner hat die Sachlage schon ganz richtig eingeleitet, nur in der Schlussfolgerung bin ich anderer Meinung als er. 

Die Sachlage ist die, dass Handys in der Vergangenheit immer wieder von der Staatsanwaltschaft, von der Polizei abgenommen worden sind und man sehr oft den Eindruck gehabt hat, dass das nur wegen einer Lappalie geschehen ist, und man dadurch aber das gesamte Privatleben, Familienleben und Bekanntschaftsleben, das auf so einem Handy abgebildet ist, der Staatsanwaltschaft oder den Ermittlungsbehörden zur Verfügung gestellt hat. 

Davor, dass das zu weit geht, haben wir oft gewarnt. In diesem Sinne bin ich auch dem Verfassungsgerichtshof sehr, sehr dankbar, dass er entschieden hat, dass das Grundrecht auf Datenschutz und das Recht auf Privat- und Familienleben auch vor den Strafverfolgungsbehörden nicht haltmachen darf, sondern dass auch dieses Recht dort zu gelten hat und dort entsprechend sichergestellt werden muss, denn den Staat geht es nichts an, was einer von uns an Privatleben hat. Das ist Teil einer liberalen Demokratie, das ist so wichtig für uns, dass wir das schützen, was das Privatleben betrifft. 

Anderes ist nur Teil eines totalitären Staates, wo der Staat Gesinnungsschnüffelei macht, wo der Staat vielleicht in Handys hineinschaut und weiß, mit wem man wo welche Kontakte hat. Nein, Gesinnungsschnüffelei und die Möglichkeit, in die Handys ganz unbegrenzt hineinzuschauen, darf es nicht geben. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Staatsanwaltschaft – und das ist jetzt der Gamechanger in unserem Prozessrecht – darf in ein Handy nur mehr dann hineinschauen, wenn sie zuvor eine richterliche Genehmigung bekommen hat, denn es ist Sache der unabhängigen Justiz, dass sichergestellt wird, dass die Grundrechte in Österreich gesichert werden. Dieser Gamechanger ist jetzt das Besondere an dieser Strafprozessrechtsänderung. 

Es dürfen nämlich nur mehr die Datenkategorien, die Dateninhalte und der Zeitraum bekannt gegeben werden. Erst dann, wenn diese Genehmigung des Gerichtes vorliegt, kann genau nach diesen Kategorien und Inhalten durchsucht werden. Es können aber nicht andere Bereiche durchsucht werden. Das heißt, der Staatsanwalt muss sich vorher überlegen: In welchen Bereichen könnte denn ein Strafrechtsdelikt da sein? Er kann aber nicht sagen: Ich habe da ein Handy mit 300 000 verschiedensten Daten und schaue mir jetzt einfach alles an! – Nein, das ist nicht mehr möglich, sondern nur mehr die genaue Suche nach strafrechtlich relevanten Sachverhalten. 

Daher ist es auch umso selbstverständlicher, dass der Betroffene jetzt eine Einsichtmöglichkeit in die Daten bekommt, die die Staatsanwaltschaft auswertet. Er hat auch eine Möglichkeit, Anträge zu stellen, dass Daten gelöscht werden. Er hat auch die Möglichkeit, Anträge zu stellen, dass Daten vernichtet werden, und sie dürfen auch nicht weiterverwendet werden, wenn sie nichts mit der strafrechtlichen Verfolgung zu tun haben. Daher sind dieses Verwertungsverbot und Vernichtungsgebot, die wir jetzt in dieser Strafprozessordnung drinnen haben, sehr wichtig. 

Genauso wichtig ist, dass der Rechtsschutzbeauftragte nun weiter gestärkt wird. Diese unabhängige Aufsicht in der Kontrolle der Staatsanwaltschaften ist unserer Meinung nach etwas ganz Besonderes. 

Was Sie, meine Damen und Herren, aber wahrscheinlich auch immer mitbekommen haben, ist, dass die Verfahren sehr oft viel zu lange dauern. Wir haben im Gesetz bis jetzt drei Jahre maximale Höchstdauer stehen, und die senken wir nun auf zwei Jahre. 

Das allein genügt uns aber nicht, sondern der Betroffene soll auch das Recht haben, verfahrensbeschleunigende Maßnahmen einzufordern, und zwar nicht nur bei der Staatsanwaltschaft, sondern auch bei Gericht. Der unabhängige Richter kann danach die Staatsanwaltschaft anleiten, dass schneller gearbeitet werden muss, denn das ist Teil eines fairen Verfahrens, und auch das ist von einer Menschenrechtskonvention entsprechend gesichert. 

Weiters haben wir in diesem Gesetz eine Verschärfung der Regelungen im Dringlichkeitsverfahren drinnen. Sie können sich vielleicht noch erinnern, dass manche Staatsanwälte, wenn Zwangsmaßnahmen gesetzt werden, Hausdurchsuchungen angeordnet werden, vielleicht zu einem bekannten Journalrichter gehen, ihn in der Nacht schnell noch um eine Genehmigung ersuchen, aber dann ist vielleicht keine Gefahr im Verzug gegeben, und er wartet eine Woche, zwei Wochen, manchmal drei Wochen, vier Wochen, bis er es vollzieht. 

Da sagen wir Nein. Es darf keinen Vorratsbeschluss von einem Journalrichter geben, den dann der Staatsanwalt irgendwann vollzieht. Nein, da gehört ein ordentliches Verfahren her. Der Journalrichter gehört nur dann her, wenn es wirklich Gefahr im Verzug gibt. Wenn er das dann nicht innerhalb von 48 Stunden vollzieht, dann bedarf es wieder eines normalen Verfahrens. 

Ein weiterer Punkt, der so wichtig ist, ist die Trennung von Verfahren für den Einzelnen. Sie erinnern sich an Fälle, bei denen es 50 Verfahrensstränge gegeben hat und daher auch mindestens 50 Rechtsanwälte Einblick hatten und der Persönlichkeitsschutz des Einzelnen nicht gewährt wurde. Da hat er jetzt ein Recht auf Antrag auf Trennung des Verfahrens, denn jedermann hat ein Recht auf Datenschutz, auch wenn es die Strafverfolgung betrifft. Er hat ein Recht darauf, dass sein Verfahren nicht an die Öffentlichkeit kommt, was immer die Gefahr war, wenn solche Massenverfahren abgehalten wurden. 

Herr Kollege Stefan, jetzt bin ich mit Ihnen schon auch teilweise einer Meinung: Ja, auch für uns gibt es da einen Wermutstropfen. Der Wermutstropfen ist, dass wir nicht die komplette organisatorische Trennung von Datenaufbereitung und Datenauswertung zusammengebracht haben. Ja, das Gesetz ist somit ein Kompromiss, aber wir haben dafür ganz besondere Dokumentationsrechte in diesem Gesetz verpflichtend drinnen, und daher denken wir, dass das auch möglich ist. Die Strafverfolgungsbehörden – sowohl die Kriminalpolizei als auch die Staatsanwaltschaften – sehen, dass das auch so möglich sein muss. 

So ist dieses Gesetz eben trotzdem ein Gamechanger, weil das Recht auf Privat- und Familienleben, dieses Menschenrecht, auch vor den Strafverfolgungsbehörden nicht haltmachen darf. Ich danke daher allen, die heute dieses Gesetz beschließen wollen und beschließen werden. Sie sichern damit die Rechte der Menschen. Dafür sage ich ein großes Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.26

Präsident Peter Haubner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Markus Tschank.