RN/39

12.27

Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause vor den Fernsehbildschirmen! Ich darf vielleicht eingangs meine Freude zum Ausdruck bringen, nach einer längeren Pause hier im Hohen Haus wieder für die Interessen der österreichischen Bevölkerung arbeiten zu dürfen. Das erfüllt mich mit großer Dankbarkeit und Demut, und mein Versprechen an dieser Stelle ist, mich für die Anliegen der Menschen in diesem Land einzusetzen, Probleme beim Namen zu nennen und Lösungen zu finden. Österreich soll besser und gerechter werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Heute befasst sich das Hohe Haus mit ganz wesentlichen grundrechtlichen Fragen der Strafprozessordnung, die jeden einzelnen Bürger und jede einzelne Bürgerin betreffen können. Lassen Sie mich vorausschicken: Je mehr richterliche Kontrolle im Justizsystem sichergestellt wird, desto besser und effizienter funktioniert unser Rechtsstaat. Zu wenig richterliche Kontrolle gibt es nicht. Macht, sehr geehrte Damen und Herren, braucht Kontrolle. (Beifall bei der FPÖ.)

Stellen Sie sich vor, Ihr Handy, Ihr Laptop, Ihre Daten werden eines Tages im Zuge einer Ermittlung beschlagnahmt und Behörden haben uneingeschränkten Zugang zu all Ihren privaten Fotos, Chatnachrichten, Screenshots, E-Mail-Korrespondenzen! 

In der Öffentlichkeit wurden in den letzten Jahren genug Beispiele bekannt, die grundlegende Fragen aufgeworfen haben: Wie weit dürfen die Ermittlungsbehörden bei der Sicherstellung und Auswertung von Daten gehen, um nicht die Grundfreiheiten des Einzelnen zu bedrohen? Welche Chatnachrichten, welche E-Mail-Korrespondenzen, welche Fotos sind von Relevanz für Ermittlungen, und welche sind der Privatsphäre des Einzelnen zuzuordnen? 

Der VfGH hat in seinem Erkenntnis vom 14. Dezember 2023 ganz richtig reagiert und ganz relevante Bestimmungen der Strafprozessordnung entsprechend aufgehoben: Er erachtete das Datenschutzgesetz und das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens als verletzt – eine politische Ohrfeige, sehr geehrte Damen und Herren, für die Regierungsparteien Schwarz und Grün, denn man kann durchaus den Eindruck gewinnen, dass oft bei den Grundrechten abwechselnd das linke und das rechte Auge an Blindheit erkrankt ist. Für uns von der Freiheitlichen Partei, sehr geehrte Damen und Herren, sind die Grundrechte jedenfalls unteilbar, wir haben beide Augen sehr weit offen. (Beifall bei der FPÖ.) 

In einem weiteren Urteil des EuGHs hat auch dieser die grundrechtswidrigen Bestimmungen der StPO als schwerwiegend, sogar als besonders schwerwiegenden Eingriff bezeichnet. Der EuGH bestätigt somit das, was der VfGH auch schon judiziert hat, und geht in seiner Entscheidung sogar darüber hinaus. Der EuGH fordert eine Interessenabwägung; der EuGH fordert eine Beschränkung im Umfang der Auswertung; der EuGH fordert eine Kategorisierung der Daten in Zeiträume und Zwecke, zu denen sie ausgewertet werden sollen. 

Beiden Urteilen ist gemein, dass ihre Ziele am besten mit einer effizienten gerichtlichen Kontrolle sowohl bei der Beschlagnahme als auch bei der Auswertung von Datenträgern erreicht werden können. Sehr geehrte Damen und Herren! Geboten ist die Einführung eines durchdachten, beweglichen Systems zwischen den Ermittlungsbehörden und dem Gericht, das einerseits eine effiziente Ermittlung und damit auch die Verfolgung und Aufklärung von Straftaten ermöglicht, andererseits aber auch den Grundrechtsschutz des Einzelnen sicherstellt. 

Es gibt auch ein Role-Model, sehr geehrte Damen und Herren, das sich allerdings in dem vorliegenden Entwurf von ÖVP, Grünen, SPÖ und NEOS nicht wiederfindet, nämlich die Regelungen zum Sichtungsverfahren für Berufsgeheimnisträger. In diesem Rahmen kommt den Gerichten und den IT-Experten eine tragende und wesentliche Rolle zu. Diese sind auch die Institutionen, die entsprechend sorgsam mit den Daten umgehen müssen, die Daten sichten müssen, die Daten auswählen müssen und dann den Staatsanwaltschaften und den Ermittlungsbehörden jene Daten zur Verfügung stellen, die auch für die Ermittlungen Relevanz haben. 

Dieses Role-Model, sehr geehrte Damen und Herren, hätten Sie in diesen Gesetzentwurf einbauen müssen, und das ist nicht erfolgt. Der vorliegende Initiativantrag der Kollegen Gerstl und Zadić genügt daher diesen Ansprüchen aus unserer Sicht nicht. Das Urteil des EuGHs wird nicht ausreichend berücksichtigt und der grundrechtliche Schutzbereich, der eigentlich in diesem Judikat vorgegeben ist, wird nicht vollends ausgenützt. 

Zentrales Element ist und bleibt, sehr geehrte Damen und Herren, die gerichtliche Kontrolle, die entsprechend aufgewertet gehört. Die Zugriffe auf Datenträger sollen durch Richterbeschluss begrenzt werden, sie sollen nachvollziehbar und überprüfbar werden. Die Aufbereitung der Daten muss mit kompetenten Fachleuten erfolgen. Da muss die Justiz wirklich entsprechende Experten einstellen und im umfassenden Ausmaß aufrüsten. 

Nehmen Sie den Grundrechtsschutz der Betroffenen ernst und werten Sie die gerichtliche Kontrolle im Sinne unseres Antrages und im Sinne des VfGH-Erkenntnisses und des EuGH-Urteils auf! Stimmen Sie unserem Initiativantrag zu, er wird dafür Sorge tragen! – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

12.32

Präsident Peter Haubner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Selma Yildirim.