RN/42
12.43
Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, betraut mit der Vertretung der Bundesministerin für Justiz, Johannes Rauch: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich darf hier stellvertretend für die Justizministerin zum vorliegenden Tagesordnungspunkt Stellung nehmen.
Es wurde bereits ausgeführt: Die Genese dieses Antrages heute geht auf ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zurück, der am 14.12.2023 festgestellt hat, dass die Regelungen, wie sie bestanden hatten, nicht verfassungskonform sind.
Das heißt, die Regelung zur Sicherstellung von Gegenständen aus Beweisgründen ist aufgehoben worden, und es war dann die Notwendigkeit gegeben, innerhalb eines Jahres eine Neuregelung zu veranlassen. Die Arbeiten dazu haben im Justizressort rasch begonnen, bereits vor Weihnachten 2023, und sind dann sehr präzise fortgeführt worden.
Es hat sich dann allerdings gezeigt, dass für die Neuregelung dieser – wie gesagt worden ist – hochkomplexen Problematik auch Bedenken geäußert worden sind. Das hat dann dazu geführt, dass die Justizministerin die doch recht kurz bemessene Begutachtungsfrist – diese ist ja von einzelnen Abgeordneten kritisiert worden – auf sechs Wochen verlängert hat, einfach um Expertinnen, Experten und den Stakeholdern die Möglichkeit zu geben, sich da auch fachlich einzubringen. Damit war klar, dass die Beschlussfassung vor dem Sommer jedenfalls nicht mehr möglich sein wird.
Die Komplexität besteht schlicht darin – Abgeordneter Scherak hat es ausgeführt –, eine wirklich möglichst präzise Abwägung zwischen zwei ganz grundlegenden Interessen zu treffen: einerseits dem Interesse der Allgemeinheit an einer effizienten, raschen und treffsicheren strafrechtlichen Verfolgung und andererseits jenem an der Wahrung des Grundrechts auf Privatsphäre und Datenschutz. Das sind Punkte, die sich mitunter widersprechen können und die nicht einfach in der Abwägung sind. Die Quintessenz aus den Stellungnahmen war dann: Eine Regelung, die es nur der Polizei und in bestimmten Fällen den Gerichten erlaubt, die Aufbereitung der Daten beschlagnahmter Datenträger, eben zum Beispiel Handys, durchzuführen, war weder vom Verfassungsgerichtshof gefordert noch praxistauglich, würde sie doch zu Beweismittelverlusten und einer ungebührlichen Verlängerung von Ermittlungsverfahren führen.
Daher haben wir dann unter Einbindung der Stakeholder den Entwurf insofern abgeändert, als die Staatsanwaltschaften weiterhin ihre Leitungsbefugnis im Ermittlungsverfahren umfassend wahrnehmen können und trotzdem die vom Verfassungsgerichtshof vorgegebenen Gesichtspunkte befolgt werden.
Der Verfassungsgerichtshof hat eine strenge Abwägung zwischen der Verpflichtung des Staates, Verbrechen zu verfolgen, auf der einen Seite und dem Grundrecht auf Datenschutz auf der anderen Seite gefordert. Dem wird nun bestmöglich nachgekommen.
Und ja, es wird so sein, dass wohl in der Praxis und im Wege einer Evaluierung dann überprüft werden wird müssen, ob das so hält, ob es praxistauglich ist, oder ob allenfalls noch Nachbesserungen notwendig sind.
Der zweite Teil des vorliegenden Antrags, der zweite Teil des Strafprozessrechtsänderungsgesetzes, der sich dem Opferschutz widmet, ist medial und in der Öffentlichkeit ein bisschen untergegangen, ist aber nichtsdestoweniger wichtig.
Wir setzen damit eine langjährige Forderung um, wir stärken den Opferschutz. In Zukunft haben Opfer die Möglichkeit, gegen eine Anzeigenrücklegung auch vorzugehen. Dazu bekommen Opfer und Beschuldigte bereits ab dem ersten Tag Akteneinsicht und nicht erst ab förmlicher Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, wie es derzeit der Fall ist.
Zusätzlich erweitern wir die Prozessbegleitung für minderjährige Zeug:innen von Gewalt. Künftig haben Minderjährige, die Zeug:innen von Gewalt wurden, Anspruch auf psychosoziale und juristische Prozessbegleitung.
Ebenso sorgen wir mit einer Präzisierung der Zuständigkeiten für einfachere Verfahrensregeln für alle Opfer von Hass im Netz.
Wir schaffen einschlägige Expertise, indem wir für die Bezirksgerichte und Gerichtshöfe erster Instanz zukünftig Spezialzuständigkeiten für Verfahren wegen Gewalt im sozialen Nahraum, sogenannter häuslicher Gewalt, schaffen. Damit setzen wir einen wichtigen und bereits seit Langem geforderten Schritt im Gewaltschutz um.
Das sind meines Erachtens sehr viele kleine Schrauben, von denen wir im Gewaltschutz immer sprechen, an denen jetzt gedreht werden kann.
Bedanken möchte ich mich – auch stellvertretend für die Justizministerin – bei der Sektion IV des Justizministeriums, die sich da enorm eingebracht hat, nämlich in Person des Herrn Sektionsleiters und der Frau Abteilungsleiterin. Das war auch wegen der Kurzfristigkeit und der Komplexität ein massives Thema.
Da angesprochen worden ist, dass es wohl auch eine Ressourcenfrage sein wird, künftig dem Gesetz auch in der umfassenden Gebührlichkeit Platz zu schaffen, muss ich sagen: Ich gehe davon aus, dass das, was in den letzten Jahren unter Alma Zadić stattgefunden hat, nämlich tatsächlich eine Stärkung der Justiz, eine stärkere Ausstattung mit finanziellen Mitteln, eine höhere Dotierung auch beim Personal, auch von der künftigen Bundesregierung mit derselben Konsequenz fortgeführt wird, denn eine unabhängige Justiz ist eine tragende Säule der Demokratie. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)
12.49
Präsident Peter Haubner: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Agnes Sirkka Prammer zu Wort gemeldet.