RN/52
13.21
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, das ist eine technische Novelle des Bundeshaushaltsgesetzes – das sind die Regeln, wie die Regierung ausgeben darf, wie sie mit dem Parlament kommunizieren muss, was wer genehmigen darf, was der Finanzminister genehmigen darf, wo er das Parlament informieren soll und dergleichen.
Großer Wurf ist das keiner, dieser fehlt. Es haben interessanterweise die Redner von FPÖ und ÖVP beide darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, dass das hier im Haus einstimmig beschlossen wird. Ich erinnere daran: Abgegangen von der Einstimmigkeit sind genau diese zwei Parteien, als sie nämlich das Abgehen vom Europäischen Semester über ein Budgetbegleitgesetz, ohne auch nur ein Wort mit irgendeiner anderen Partei hier im Haus zu reden, durchgepeitscht haben. Es ist schön, wenn diese zwei Parteien draufkommen, dass das keine gute Idee ist. Wir haben ja gleich gesagt, es ist keine gute Idee.
So, was fehlt? – Es fehlt, dass wir uns wieder ans Europäische Semester ankoppeln, an die europäischen Regeln. Die haben wir ja verlassen, nicht nur beim Budgetdefizit, sondern auch im Budgetprozess. Das Zweite ist: Das Rücklagenregime funktioniert schon lange nicht mehr. Und das Dritte ist, dass die Wirkungsorientierung, sagen wir einmal, Luft nach oben hat. Hier wurde vor allem auch eine Entschließung dieses Hauses nicht umgesetzt, nämlich dass die globalen Entwicklungsziele, die sogenannten SDGs, auch Teil der Wirkungsorientierung werden.
Ich gehe einmal davon aus, dass die neue Bundesregierung diese Punkte wird umsetzen müssen, und – ob wir Teil oder nicht Teil dieser Regierung sind, es ist vollkommen egal – wir sind da konstruktiv dabei und sind auch vor der Regierungsbildung der Meinung, dass das Bundeshaushaltsrecht hier einstimmig beschlossen werden soll. Ich habe mehrere einstimmig beschlossene Novellen hier im Haus verhandelt, insofern sind es nicht leere Worte, sondern ich habe ja schon bewiesen, dass wir dazu stehen.
Entscheidend sind aber nicht nur diese Regeln quasi zwischen Parlament und Regierung sowie regierungsinterne Regeln, sondern entscheidend sind vor allem die Budgetpolitik und auch die Kultur dahinter. Da ist ja in den letzten sieben Jahren etwas passiert, nämlich dass man, als die Freiheitlichen und die ÖVP 2017 gemeinsam die Regierung gebildet haben, das Wort Gegenfinanzierung irgendwie aus dem Vokabular gelöscht hat und ich manchmal den Eindruck hatte, man muss fast wieder einen Alphabetisierungskurs machen, um zu vermitteln, was das Wort Gegenfinanzierung bedeutet.
Das bedeutet nämlich, dass ich, wenn ich für jemanden eine Steuer senke oder eine Ausgabe erhöhe, gleichzeitig auch sagen muss, wie ich das Ganze finanziere, wer das Ganze bezahlt, nämlich durch die Erhöhung einer anderen Steuer oder durch die Senkung einer Ausgabe. Das, was in den letzten Jahren offenbar passiert ist, war, dass alle oder die meisten der Meinung waren: Ich bin nur fürs Ausgeben oder fürs Steuersenken zuständig, und irgendjemand anderer muss sich überlegen, wo er das Geld herholt!, nur: Es war kein anderer da, der das macht. Finanzminister Brunner hat es nicht gemacht, auch nicht Finanzminister Blümel, davor Finanzminister Müller, Finanzminister Löger – you name it –, keiner hat darauf geschaut.
Ehrlich gesagt, derjenige, der einen Vorschlag hat – was ja total okay ist –, eine Einnahme zu senken oder eine Ausgabe zu erhöhen, der soll bitte gleich dazusagen, wie man es finanziert und wie man es bezahlt. Diese Arbeitsteilung – der eine gibt das Geld aus und irgendein anderer, den niemand kennt, muss es zusammenhalten – hat sich als nicht funktionierend erwiesen, denn den anderen gibt es nicht, und Nikolo zu spielen, macht halt viel mehr Spaß, als das Geld zusammenzuhalten.
Das ist eine kulturelle Änderung, und natürlich gibt es jetzt drei Parteien, die sich in den letzten Jahren besonders darin hervorgetan haben, diese Kultur so zu leben, aber ich würde keine Partei von Haus aus davon freisprechen, quasi in diese Richtung zu gehen. (Heiterkeit des Abg. Kaniak [FPÖ].)
Aber das Ergebnis dieser sieben Jahre ist, dass wir jetzt ein übermäßiges Defizit haben. Wir haben ein übermäßiges Defizit – und deswegen werden wir auch ein Übermäßiges-Defizit-Verfahren haben, denn dafür sind diese Verfahren da. Und ja, das Ergebnis dieser Politik ist: Das Budget ist kaputt, das Defizit ist hoch, und das muss saniert werden.
Jetzt gibt es manche, die der Meinung sind, wir können uns noch ganz, ganz viel tiefer in die Krise hineinsparen. Nicht vergessen, seit zwei Jahren geht es mit der Wirtschaft bergab – und manche glauben, wenn man jetzt ganz viel spart, geht es dann wieder bergauf. Die Wahrheit ist: Nein, es geht nur tiefer nach unten. Die erste Pflicht ist es daher, zunächst einmal zu schauen, dass es mit der Wirtschaft bergauf geht – und nicht bergab wie in den letzten zwei Jahren. (Beifall bei der SPÖ.)
Das Zweite ist, zu schauen, dass wir dieses Budget sanieren. Da sagen alle Fachleute – bis auf die, die noch nie etwas mit dem Budget zu tun hatten und niemals irgendein Budget saniert haben –, das wird nur durch einen Mix aus einnahmen- und ausgabenseitigen Maßnahmen gehen. Alle, die sich auskennen, sagen das. Ein paar, die sich nicht auskennen, behaupten das Gegenteil. Ehrlich gesagt, hören wir doch auf die, die sich auskennen! Wir werden einen Mix aus einnahmen- und ausgabenseitigen Maßnahmen brauchen, und es müssen diejenigen, die stärkere Schultern haben, auch schwerer tragen und einen höheren Anteil tragen. Das wird notwendig sein. (Beifall bei der SPÖ.)
Der dritte Punkt ist, dass viele Teile unseres Staates in den letzten sieben Jahren nicht besser wurden – ich nenne nur den Gesundheitsbereich und den Bildungsbereich –, und wir werden auch in diese Bereiche investieren müssen. Das heißt, wir müssen uns auch die Spielräume schaffen, um unser Gesundheitssystem zu reparieren und um unser Bildungssystem besser zu machen.
Das sind die drei Grundsätze. Wir verhandeln in diese Richtung, wir stehen zu einem Vorgehen in diese Richtung und wir sind bereit – obwohl wir den Schaden nicht verursacht haben, weder den Schaden, der sich darin zeigt, wie es unserer Wirtschaft geht, noch den Schaden, der sich zeigt, wenn wir uns ansehen, wie es dem Budget geht –, das als Handwerker zu reparieren. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Martin Graf [FPÖ]: Die Excel-Liste vom Parteitag?)
13.28
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Jakob Schwarz. – Bitte.