RN/88
15.58
Abgeordneter Christoph Zarits (ÖVP): Danke, Herr Präsident! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Kollege Ragger! Wir sind uns, glaube ich, einig darüber, dass heute um 8 Uhr der Immunitätsausschuss getagt hat – in den Dingen, die wir diskutiert haben, sind wir uns nicht einig. Ich möchte meine beziehungsweise unsere Sicht der Dinge dem Plenum und auch den Zuseherinnen und Zusehern näherbringen.
Fakt ist, dass die aktuelle Gesetzgebungsperiode seit sieben Wochen läuft, am 24. Oktober wurden wir angelobt. Fakt ist auch, dass in diesen sieben Wochen bereits fünf Auslieferungsbegehren an das Parlament, an den Herrn Nationalratspräsidenten, versendet wurden und alle fünf Begehren FPÖ-Mandatare betreffen. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Was sagt uns das? – Abg. Stefan [FPÖ]: Wer hat denn die Wahl gewonnen?)
Beim nächsten Tagesordnungspunkt geht es dann ja noch um drei weitere Abgeordnete, bei diesem geht es aber um die Auslieferung des Herrn Klubobmannes Nationalratsabgeordneten Herbert Kickl.
Nun zu den Fakten: Am 6. November erreichte den Nationalratspräsidenten Walter Rosenkranz ein Ersuchen der WKStA – der Korruptionsstaatsanwaltschaft –, die Immunität von Herbert Kickl aufzuheben, um wegen des Verdachts der Falschaussage gegen ihn zu ermitteln. Meiner Meinung nach wiegt dieser Vorwurf sehr, sehr schwer.
Ich war selbst bei der Befragung dabei, und diese Befragung beziehungsweise die Beantwortung der Fragen seitens des Herrn Kickl war sehr, sehr skurril – insbesondere seine Antworten zu den Inseratengeschäften und auch zur Bevorzugung mancher Medien seitens der FPÖ (Abg. Ragger [FPÖ]: Das ist eine Wertung! Das zu prüfen ist nicht deine Aufgabe!), zu seiner Zeit im Innenministerium (Abg. Ragger [FPÖ]: Bitte das protokollieren!), auch zu seiner Beziehung zur Werbeagentur Ideenschmiede – und auch zu Hansjörg Jenewein, der ja dementsprechend jetzt auch angeklagt ist. (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Den kennt er ja nicht!)
Nur nebenbei – das müssen die Zuseherinnen und Zuseher auch wissen –: Die WKStA führt darüber hinaus auch ein Verfahren wegen vermuteter Inseratenkorruption im Umfeld der FPÖ. Erwähnt sei auch noch – das ist jetzt strafrechtlich nicht relevant, aber für mich geht es zu weit und geht sich das in meiner Welt nicht aus –, dass in der Zeit von Herbert Kickl als Innenminister im BMI auch in rechtsnahen oder rechtsextremen Medien inseriert worden ist. Das lehne ich ab, so etwas kann eigentlich in Österreich nicht passieren, meine geschätzen Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ragger [FPÖ]: Nein, nur in der Landwirtschaftskammerzeitung! Ja, ja!) – Herr Kollege Ragger! Ich habe Ihnen zugehört, ich hoffe, Sie hören mir auch zu. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Es ist aber sehr schwierig, Ihnen zuzuhören!)
Wie ist die Sachlage im Fall Herbert Kickl und der Auslieferung? – Chats aus den Ermittlungsverfahren des Ibiza-Untersuchungsausschusses zeigen beziehungsweise deuten darauf hin, dass Herbert Kickl über die Verteilung von Inseraten informiert war, weil er Teil einer Chatgruppe war. Im Untersuchungsausschuss im April 2024 gibt er bekannt, er habe sich um Inserate nicht gekümmert – und diese Diskrepanz zwischen den Chats aus dem Ibiza-Untersuchungsausschuss und seiner Befragung im Ausschuss für SPÖ- und FPÖ-Korruption ist genau jene Diskrepanz, auf der die WKStA den Anfangsverdacht begründet.
Wichtig ist für mich – und da bin ich nicht Ihrer Meinung, das möchte ich auch noch dementsprechend erklären –: Herbert Kickl war im Untersuchungsausschuss nicht als Klubobmann oder Abgeordneter geladen, sondern als Auskunftsperson Herbert Kickl. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Na und? – Abg. Ragger [FPÖ]: Deswegen gibt es keine Immunität ...? Hallo?) Herbert Kickl wurde von Kollegen Hanger nicht über seine Zeit im Nationalrat befragt, sondern über seine Zeit – über die paar Monate – als Innenminister. (Abg. Kaniak [FPÖ]: Du bist jetzt auch nur als Redner vorne und nicht als Abgeordneter, oder was?) Daher greift meiner Meinung nach der Schutz der parlamentarischen Immunität in diesem Fall nicht, und ich bin der Meinung, dass die Regeln für alle gleichermaßen gelten müssen, auch für Herbert Kickl. (Abg. Ragger [FPÖ]: Was heißt berufliche Immunität? Probier einmal zu überlegen! Berufliche Immunität!)
Laut Ihrer Argumentation und Ihrem Antrag, in dem Sie sagen, dass der Auslieferung von Herbert Kickl nicht zugestimmt wird, würde das ja heißen, dass jeder Abgeordnete, der in einem Untersuchungsausschuss unter Wahrheitspflicht aussagen muss, sagen kann, was er will, und sich nicht an die Wahrheitspflicht halten muss. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch [FPÖ].)
Abschließend: Niemand steht über den Spielregeln unserer Demokratie, die wir uns in diesem Haus selbst gegeben haben, auch für Herbert Kickl gelten die gleichen Maßstäbe wie für jeden anderen Bürger. (Abg. Ragger [FPÖ]: Gleiches ist aber nicht gleich bei euch, das ist ein Unterschied!) Ich möchte noch an einen ähnlich gelagerten Fall von vor drei Jahren erinnern, als ein Spitzenpolitiker verdächtigt wurde, eine Falschaussage in einem Untersuchungsausschuss getätigt zu haben. Sie werden sich, glaube ich, daran erinnern, und Sie werden auch wissen, wen ich meine. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Der ist aber nicht immun! Der war Kanzler!) Da verlange ich von Herbert Kickl (Abg. Ragger [FPÖ]: Das ist eh die Chuzpe, dass … – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Der war ja nicht immun! Der war Kanzler! – Abg. Ragger [FPÖ]: Der Bundeskanzler war nicht immun!), dass er auch bei sich die gleichen Maßstäbe anlegt, die er damals von anderen eingefordert hat. Nach der Logik des Herbert Kickl hätte er eigentlich schon zurücktreten müssen, was ich eigentlich sehr, sehr begrüßen würde. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
16.03
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Yildirim. Eingestellte Redezeit: 4 Minuten.