RN/101

16.29

Abgeordneter Wendelin Mölzer (FPÖ): Danke, Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Zuseher und Zuseherinnen auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehbildschirmen! Es ist schon spannend, wie hier verfahren wird, wenn man auf der einen Seite versucht, irgendwie Dinge geradezubiegen, sie in die eine oder andere Richtung zu biegen, fünf Auslieferungsersuchen an den Nationalrat hinzustellen. Wenn man sich die drei konkreten anschaut – und das werde ich jetzt gleich inhaltlich tun –, kommt man schnell darauf, dass es da in Wahrheit um reine Politikshow geht.

Herr Kollege Hammer, Sie haben gerade viele richtige Sachen - - (Ruf bei den Grünen: Tatsache ist, das Singen ist keine polit- -!) – Lassen Sie mich ausreden! Sie haben gerade, Herr Kollege Hammer, viel Richtiges über das Lied und auch über das NS-Regime gesagt, keine Frage. Sie haben nur vergessen, ein paar Sachen dazu zu erzählen, die nicht ganz irrelevant sind.

Das Lied (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Hat’s noch ärgere Sachen gegeben, oder was?) – zur ÖVP komme ich dann noch, werden Sie schon sehen – wurde, wie Sie schon gesagt haben, von Max von Schenkendorf 1814 gedichtet, zu einer Melodie aus dem 18. Jahrhundert. (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Hat es zwei Mal das Lied gegeben?) Es ist eigentlich ein romantisches Lied (Zwischenruf des Abg. Ragger), das gesungen worden ist. Vielleicht sollten Sie sich historisch ein bisschen bilden, das ist relativ leicht auf Wikipedia oder dergleichen zu finden. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Michael Hammer.– Lassen Sie mich doch in Ruhe ausreden, bleiben wir bei den Fakten, bleiben wir ruhig! Nicht gleich zu schreien anfangen, zu Ihnen komme ich schon noch! – Das Lied wurde eben gedichtet, weil damals die Befreiungskriege gegen die napoleonische, französische Vorherrschaft in Europa, gegen die Hegemonie der Franzosen geendet haben. Es hat auf der einen Seite die Freude ausgedrückt, dass die beendet war, auf der anderen Seite aber, aus der Sicht der damaligen Zeit dann auch gleich in dem Lied implizierend, dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation nachgetrauert. Das ist die Originalfassung aus dem Jahr 1814, die wohl offensichtlich auch auf der Beerdigung gesungen worden ist.

Es gibt Parallelfassungen – schauen Sie nach, das ist auf Wikipedia ganz leicht zu finden! Es gibt eine Parallelfassung, die ist eher katholisch geprägt, in der sie vom Kaiser singen, das mag schon sein, aber in der Von-Schenkendorf-Fassung 1814 vom Heiligen Deutschen Reich, womit aber das Heilige Römische Reich gemeint ist. Das hat überhaupt nichts mit dem Nationalsozialismus oder dergleichen zu tun, das ist nämlich 120 Jahre vor dem Nationalsozialismus gewesen.

Keine Frage, das Lied ist von der SS und von den Nazischergen missbraucht worden. Es ist abgeändert worden, eine Strophe, die den Nazis nicht ganz gepasst hat, ist gestrichen worden, das ist überhaupt kein Thema, aber deswegen wird aus einem guten Lied noch lange kein böses Lied, das muss man einmal ganz klar festhalten. (Beifall bei der FPÖ.)

Ein weiterer Punkt, der dann schon spannend ist, es wurde ja schon erwähnt: Das hat auf einem Begräbnis stattgefunden, es hat sich da jemand offensichtlich auf eine quasi private Veranstaltung eingeschlichen. Darüber können wir jetzt diskutieren: Sie sehen es ja eher als private Veranstaltung, man könnte auch sagen, es war ein FPÖ-Bezirksvorsteher und deswegen war es eine politische Veranstaltung, aber wie auch immer. Also es hat sich jemand dort eingeschlichen und ein Video gemacht, das dann an die Staatsanwaltschaft weitergegeben, die diese Anzeige entgegengenommen hat.

Da bin ich schon sehr erstaunt, dass die StA da nicht hergeht und nachrecherchiert, beispielsweise mal auf Wikipedia googelt oder in ihren eigenen Akten nachsieht, sich – und da darf ich dann wortwörtlich zitieren – einen Auswertungsbericht der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst, also der DSN, ansieht, der vor einem guten Jahr entstanden ist, in dem es um Liederbücher gegangen ist und wo der Staatsschutz von der Staatsanwaltschaft, die das natürlich auch bekommen hat, beauftragt wurde, unter anderem auch das Lied „Wenn alle untreu werden“ zu bewerten. Und siehe da: Was hält der Staatsschutz dort fest? – Mit dem Lied wurde in der NS-Zeit jedoch auch Widerstand gegen das Regime zum Ausdruck gebracht. – Zitatende. Es geht dann noch sinngemäß so weiter, dass es eben verschiedene Fassungen gibt. Das habe ich schon erläutert.

Meines Erachtens hätte dann die Staatsanwaltschaft hergehen und sagen müssen, diese Anzeige ist mangels eines Anfangsverdachts zurückzulegen. Das hat man nicht gemacht, wir kennen die weitere Geschichte. Darauf will ich jetzt gar nicht weiter eingehen, aber ein Schelm, wer Arges dabei denkt, wenn es da nicht unter Umständen darum geht, doch die FPÖ zu diskreditieren, in ein gewisses Eck zu stellen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Maurer [Grüne]: Die FPÖ steht in diesem Eck! Man muss sie nicht dort hinstellen, sie steht dort!) – Frau Kollegin Maurer, lassen Sie mich doch bitte ausreden! 

Es ist interessant, wenn man da ein bissel weitergoogelt, da findet man zum Beispiel auch Aussagen von Heinrich Böll dazu. Heinrich Böll schreibt, dass das Lied tatsächlich auch eines des Widerstands war, dass man es in der Fassung, wie es eben von meinen Kollegen gesungen worden ist, sehr wohl den Nazischergen entgegengedonnert hat – in der richtigen Version, also in der ursprünglichen Version, nicht in der Naziversion. Also es ist recht offensichtlich. Es gibt von Heino eine Aufnahme des Liedes aus dem Jahr 1980, die ganz normal auf Youtube abzurufen ist. Also da brauchen wir nicht zu reden, da zu unterstellen, das wäre das SS-Treuelied, ist wirklich ein Unfug. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich finde es ganz spannend, dass sich die ÖVP da so wegduckt und nur über diese Formalismen diskutiert, anstatt dass man das auch festhält, was ich gerade festhalte.

Zum Abschluss meiner Rede darf ich vielleicht noch etwas zitieren, was vor allem einigen männlichen Kollegen unter den ÖVP-Abgeordneten – Stocker, Gerstl, Schmuckenschlager – aus dem Österreichischen Kommersbuch des MKV, einer katholischen Mittelschülerverbindung, und des ÖCV bekannt sein wird. Ich darf die dritte Strophe, die nicht von der SS gesungen wurde, sondern nur von meinen Kollegen, zitieren:

„Es haben wohl gerungen / die Helden dieser Frist, / und nun der Sieg gelungen / übt Satan neue List. / Doch wie sich auch gestalten / im Leben mag die Zeit, / Du sollst uns nicht veralten, / o Traum der Herrlichkeit.“ – Danke. 

16.34

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Lindner. Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.