RN/17
10.09
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Danke, Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder auf der Regierungsbank! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen und liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir haben es in den letzten Wochen erlebt und die unternehmerische Realität gesehen, die wirklich so aussieht, dass jeder Unternehmer und jede Unternehmerin wirklich hart um jeden Kunden und jeden Umsatz kämpfen muss, dass sie oft mit dem Rücken zur Wand stehen, dass gegen Jahresende hin nicht wenige Unternehmerinnen und Unternehmer noch eine Ratenvereinbarung bei der Gebietskrankenkasse oder beim Finanzamt abschließen, dass viele besorgt auf das Budget für nächstes Jahr schauen und sich überlegen, wie sich die Personalkosten entwickeln, wie sich die Energiekosten entwickeln werden, wie sehr sie auch der Wettbewerb wieder unter Druck setzen wird.
In der gleichen Zeit, in der es unternehmerisch wahrscheinlich nicht viele im Land gibt, die total tiefenentspannt sind, haben sich die Wirtschaftskammerfunktionäre und -funktionärinnen 60 Prozent Bezugserhöhung gegönnt, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern 4,2 Prozent mehr Gehalt versprochen und damit eine einzige Sache wirklich unter Beweis gestellt: dass die Wirtschaftskammer nichts mit einer unternehmerischen Realität zu tun hat. (Beifall bei den NEOS.)
Wie soll eine Interessenvertretung Interessen vertreten, wenn sie ihre Mitglieder nicht versteht? Da hat Kickl vielleicht an einem einzigen Punkt seiner Rede wirklich recht gehabt. Nur muss man ehrlicherweise sagen – und das ist schon ein Riesenunterschied –: Während die Freiheitliche Partei immer die Grundfeste niederbrennen will und keine einzige Lösung vorbringt (Rufe bei der FPÖ: Doch! – Abg. Kassegger [FPÖ]: Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft, ganz einfach! Freiheit für die Wirtschaft, Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft!) – das ist schon ein Riesenunterschied; Herr Kickl, Sie haben abgesehen von der Frage der Pflichtmitgliedschaft keinerlei Reformvorschläge gebracht (Abg. Kickl [FPÖ]: Schauen S’ einmal ins Antragsarchiv zum Thema Wirtschaftskammer! – Abg. Kassegger [FPÖ]: Waren Sie bei der Regierungsverhandlung dabei, oder was?) –, möchten wir als NEOS und auch als unternehmerische NEOS, nämlich als Unos, über ganz konkrete Reformen sprechen. (Abg. Kickl [FPÖ]: Ja, ja, ihr machts denen jetzt die Lebensverlängerung!)
Wie könnte eine echte Unternehmer:innenkammer der Zukunft ausschauen? (Zwischenruf des Abg. Deimek [FPÖ].) – Eines ist vollkommen klar: Die Wirtschaftskammer muss nicht den österreichischen Föderalismus nachbauen. Wir brauchen keine zehn Wirtschaftskammern mit zehn Präsidentinnen und Präsidenten, mit 45 Vizepräsidenten und -präsidentinnen. (Abg. Kickl [FPÖ]: Aber ihr unterstützts das alles! Das ist ja der Grund eurer Regierungsbeteiligung: der billige Mehrheitsbeschaffer für genau das! – Abg. Kassegger [FPÖ]: Ihr deckts das alles!) Es reicht vollkommen aus, wenn man das Ganze auf maximal drei Regionalkammern zusammenfasst – das haben wir auch konkret vorgeschlagen –: eine für den Westen mit Sitz in Innsbruck, eine für den Zentralraum mit Sitz in Linz und eine für den Südosten mit Sitz in Graz. (Zwischenruf des Abg. Deimek [FPÖ].)
Da kann man tatsächlich viele Dinge, die auch von den Befürwortern der Kammer ins Feld geführt werden, nämlich Kollektivvertragsverhandlungen, Regionalität, Verstehen von unterschiedlichen Wirtschaftszweigen, sehr gut machen. Man kann dabei zwei Drittel der ganzen Wirtschaftskammerorganisation einsparen: Man kann von den 865 Organisationen, die es in der Wirtschaftskammer gibt, knapp 600 einsparen. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf des Abg. Kickl [FPÖ].)
Wer zwei Drittel der Wirtschaftskammerorganisation einspart, braucht auch keine 1,3 Milliarden Euro an Strafsteuer für das österreichische Unternehmertum mehr (Heiterkeit der Abg. Gewessler [Grüne]), der kommt mit wesentlich weniger Geld aus. Das ist auch unser erklärtes Ziel: Mitgliedsbeiträge sollen tatsächlich fallen. Bei der Kammerumlage 2 wurde vor 50 Jahren versprochen, sie temporär für notleidende Betriebe einzuführen. Sie kommt nur noch einem notleidenden Bereich zugute, nämlich dem Wirtschaftsbund mit den Funktionärsbezügen, und das braucht kein Mensch. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf des Abg. Linder [FPÖ]. – Abg. Kickl [FPÖ]: Die machen aber die Wirtschaftspolitik, die ihr unterstützt!)
Deswegen fordern wir Unos auch einen tatsächlichen Solidaritätsbeitrag. Wenn man über das Sparen redet, sollte man auch über sich selbst reden. Wir sind der Auffassung, dass die Wählergruppenförderung – das ist das Gegenüber der Parteienförderung –, die derzeit 25 Millionen Euro pro Jahr ausmacht, für alle Wählergruppen halbiert werden soll. (Abg. Shetty [NEOS]: Was sagt die Freiheitliche Wirtschaft dazu?) Wir würden da als Unos natürlich auch entsprechend mitmachen. Wir hoffen auf die Freiheitliche Wirtschaft, also dass sie auch sich selbst beschneiden würde. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Kassegger [FPÖ]: Fangen wir mal mit der KU 2 an, Kollege! Setzen S’ einmal durch in der Regierung, dass die KU 2 abgeschafft wird, dann reden wir weiter!)
Die Freiheitlichen sagen schon, bei sich selbst wollen sie nicht sparen, sie wollen nur bei den anderen sparen. – Das hat man, glaube ich, nicht so gut gehört. (Beifall bei den NEOS.)
Was es auch braucht, ist Transparenz. Wir fordern eine Konzernbilanzierung, damit wir einmal verstehen, was in der Wirtschaftskammer alles drinnen ist, wo das Geld versteckt ist (Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Deshalb seids in die Regierung gekommen: um Forderungen zu stellen! Die Reise ist zu Ende!), damit man auch weiß, wo man richtig sparen kann.
Jetzt lassen Sie mich auch zur Frage der Demokratisierung der Wirtschaftskammer etwas sagen: Wie konnte es denn so weit kommen? – Wenn eine Gruppe alleine Macht ausübt und die Kontrolle schwach ist und überall ausgehebelt wird, dann passiert so etwas zwangsläufig (Abg. Kickl [FPÖ]: Ah, eine Gruppe allein übt Macht aus! Ja, jetzt haben wir’s gehört!) – ich wage zu behaupten, egal welche politische Gruppe an der Macht ist.
Deswegen braucht es eine echte Demokratisierung. (Abg. Kassegger [FPÖ]: Im Umkehrschluss heißt das: Das gibt’s alles nicht!) Das heißt, wir brauchen ein anderes Wahlsystem, mit dem wir von 25 Prozent Wahlbeteiligung wegkommen, nämlich dahin, dass über ein E-Voting wirklich die Mehrheit der Unternehmerschaft abstimmt. Wir brauchen auch eine einfachere Möglichkeit für Kandidaturen. (Beifall bei den NEOS.)
Lassen Sie mich deswegen sagen: Es braucht eine komplett andere Kammer der Unternehmerinnen und Unternehmer. Am Ende muss immer – das muss auch vollkommen klar sein – auch das Ende der Pflichtmitgliedschaft stehen. Es braucht eine echte freiwillige Kammer der Unternehmerinnen und Unternehmer (Abg. Kassegger [FPÖ]: Richtig!), weil es am Ende des Tages kein Argument für eine Pflicht gibt. (Abg. Kassegger [FPÖ]: Richtig!) Es gibt nur eine Möglichkeit – und das ist für uns NEOS und für alle Unos vollkommen klar –: In unserem Herzen ist die Freiheit, und wir werden am Grab der Pflichtmitgliedschaft tanzen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Kassegger [FPÖ]: Aber nicht die nächsten fünf Jahre, weil da seids in der Regierung! – Zwischenruf des Abg. Linder [FPÖ].)
10.14
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Götze. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.