RN/18

10.14

Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (Grüne): Danke, Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Geht’s der Wirtschaftskammer gut, geht’s der Wirtschaftskammer gut. – Ich zitiere „Willkommen Österreich“, und wenn eine Organisation es einmal dorthin geschafft hat, dann hat sie wirklich ein Problem. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Doppelbauer [NEOS]. – Abg. Kickl [FPÖ]: War der Werner dort nicht schon zu Gast?)

Das sieht man auch an den Gesprächen und den heftigen Diskussionen heute hier, aber auch in allen Gesprächen, die ich in den letzten Wochen geführt habe – und wahrscheinlich ist es Ihnen ähnlich gegangen –, ist irgendwann das Thema Wirtschaftskammer zur Sprache gekommen. Ich möchte jetzt gar nicht alle Verfehlungen, die da in den letzten zwei Wochen passiert sind – denn das ist wirklich nur die Spitze des Eisbergs –, aufrollen, sondern ich möchte zum Grundsätzlichen kommen.

Unter der Führung von Präsident Mahrer hat die Wirtschaftskammer leider wirklich die Bodenhaftung verloren, komplett den Bezug zu den Unternehmen verloren – und noch einmal: Das ist aus unserer Sicht nur die Spitze des Eisbergs. Die Wirtschaftskammer ist wie die Titanic, die zu sinken droht. (Beifall bei den Grünen.)

Präsident Mahrer ist Geschichte, und gerade gestern hat mir jemand gesagt: Dass es der Kammer wirklich so schlecht geht, sieht man auch daran, dass jetzt eine Frau den Karren aus dem Dreck ziehen soll. Erstmals seit 79 Jahren – die Kammer gibt es seit 1946 – ist eine Frau an der Spitze der Wirtschaftskammer. Auch das ist ein klares Zeichen, dass sich etwas ändern muss. Ich begrüße das und wünsche Martha Schultz alles Gute. (Beifall bei den Grünen.)

Es gibt nämlich wirklich viel zu tun. Krise als Chance – selten passt diese abgedroschene Phrase so gut wie da, denn ich möchte ganz klar sagen: Die Wirtschaftskammer hat eine wichtige Aufgabe, eine wichtige Funktion und Rolle in Österreich, und das ist im Rahmen der Sozialpartnerschaft. Es wurde schon sehr deutlich gesagt: Die Sozialpartnerschaft ist die Basis für die Stabilität im Land, für Aushandlungen von Kollektivverträgen, von Gehältern, von Arbeitsbedingungen, und all das brauchen wir dringend.

Gleichzeitig ist dafür aber auch die Pflichtmitgliedschaft erforderlich, weil das die nötige Legitimation für diese Verhandlungen gibt. (Abg. Kickl [FPÖ]: Wenn keiner mehr wählt!) Also daran dürfen wir nicht rütteln. Das heißt aber nicht, dass sich nicht ganz viel ändern muss.

Einen Punkt möchte ich schon lobend erwähnen: Die Kammer ist auch eine gute Serviceorganisation – das höre ich auch immer wieder von den Betrieben –, zum Beispiel bei Unternehmensgründungen, für gute Beratung oder – es wurde auch schon angesprochen – im Export, es gibt über 100 Außenhandelsstellen, und überall da unterstützt die Kammer auch wirklich gut; das muss man auch sagen. Insbesondere für kleine Betriebe ist das über die sehr geringen Beiträge relativ kostengünstig verfügbar, also sozusagen auch ein Ausgleich.

Gleichzeitig: Ja, die Kammer wird durch Beiträge finanziert, und wie kann es sein, dass die Kammer in einer krisenhaften Zeit 2 Milliarden Euro an Rücklagen ansammelt (Abg. Kickl [FPÖ]: Ja, das haben wir den Mahrer auch gefragt bei den Verhandlungen!) und darüber hinaus – darüber haben wir heute ausführlich diskutiert – den Funktionären massive Funktionsabgeltungserhöhungen zahlen kann? Da geht irgendetwas schief, und das versteht niemand. (Beifall bei den Grünen.)

Das zeigt, die Kammerbeiträge gehen komplett an der Realität vorbei – an der wirtschaftlichen Realität der Unternehmen, aber auch an der Situation –, und wir brauchen dringend eine Senkung einerseits der Kammerbeiträge und andererseits auch – das hören wir immer – der Lohnnebenkosten. Dafür haben wir schon Anfang des Jahres einen konkreten Gesetzesvorschlag eingebracht. Im Wirtschaftsausschuss wurde er zweimal wohlwollend diskutiert, aber immer wieder auf die lange Bank geschoben. Intern heißt das, er wurde vertagt. Ich gehe also davon aus, dass wir jetzt ernsthaft über das, was wir hier im Haus tun können, diskutieren und die Dinge auch umsetzen.

Noch ein Thema ist die sinkende Wahlbeteiligung: Sie ist um weitere 7 Prozentpunkte deutlich unter 30 Prozent gesunken, und das zeigt, die Kammer hat auch ein demokratisches Problem – Vertrauensverlust bei den Unternehmen. Man muss leider wirklich auch die ÖVP ansprechen: Seit Beginn der Wirtschaftskammer ist immer die ÖVP in der Führung, und es gilt, eine Demokratisierung der Wirtschaftskammer voranzutreiben.

Packen wir es an! Gehen wir es an! Krise als Chance! Wir haben hier viele Möglichkeiten, dass Kammergesetz entsprechend zu ändern. Ich appelliere an Sie: Für unseren Standort und vor allem für die Unternehmen ist das dringend nötig. (Beifall bei den Grünen.)

10.20

 Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.