RN/123

17.13

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrtes Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Frau Staatssekretärin! Ich muss sagen, ich stehe hier jetzt mittlerweile mit vier Zetteln, weil ich im Laufe dieser Debatte fünf Mal, glaube ich, meine Rede umgeschrieben habe.

Ich kann es gar nicht in Worte fassen, Frau Kollegin Belakowitsch. Sie sind eine Frau, ich bin eine Frau. Sie haben gesagt: Gewalt gegen Frauen, das ist so ein starkes Thema, Sie haben Angst um Ihre Tochter. – Ich habe Angst um meine. Angesichts dessen, dass wir ständig erleben, dass sich in Österreich jede dritte Frau mit Gewalt auseinandersetzen muss, kann ich nicht verstehen, wie Sie, wenn wir sagen, da braucht es doch eine Verschärfung des Sexualstrafrechts, hier argumentieren können, dass es diese nicht braucht. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Das habe ich nicht gesagt! Ich habe gesagt, das nutzt nichts!)

Was wir vorschlagen – ich will es nur noch einmal zusammenfassen, dass wir alle wissen, wovon wir sprechen –, ist, dass nur das, was für alle Beteiligten bei einer sexuellen Handlung okay ist, auch gesellschaftlich okay sein soll, dass nur das, zu dem eine Frau auch ihren Konsens gibt, ihre Zustimmung gibt, auch okay sein kann. Wenn man Frauen da draußen auf der Straße fragt: Die sind erschüttert, wenn sie herausfinden, dass das noch nicht gilt. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie des Abg. Bernhard [NEOS].

Nur das, was für beide okay ist, ist auch gesellschaftlich okay. Nichts, was gegen den Willen einer Frau passiert, kann für uns akzeptabel sein. Das ist das, was die Forderung ist. Und wenn Sie sich jetzt hierherstellen und sagen: Nein, das braucht es nicht! (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Das stimmt ja nicht!), dann lässt mich das zweifeln. 

Wir brauchen aber nur ein bisschen den Blick zurückzuwerfen, liebe Kollegin der FPÖ, um zu sehen, wie das damals mit der Vergewaltigung in der Ehe war: Die SPÖ hat damals für die Frauen gekämpft. Sie haben dagegengestimmt. (Abg. Erasim [SPÖ]: Genau!) Wie es um den Po-Grapsch-Paragrafen gegangen ist, dass man Frauen nicht einfach so am Hintern oder auf der Brust anfassen kann, haben Sie dagegengestimmt. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Ja entschuldige bitte, das ist ja lächerlich!) Und Sie sagen jetzt: Wir haben eh schon Nein heißt Nein verankert, wir müssen nicht auch noch den Konsens verankern, das reicht eh! – Wer hat denn damals dagegengestimmt, als wir das verankert haben? – Das war auch die FPÖ. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)

Wenn wir darauf warten, dass Sie bereit sind, dass es Verbesserungen für Frauen gibt, mit denen man sie vor Gewalt schützen kann, wenn wir darauf warten, dass das für Sie okay ist, dann warten wir auf den Sankt-Nimmerleins-Tag. Das haben wir immer gegen die FPÖ durchkämpfen müssen, und wir werden auch jetzt nicht lockerlassen. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

Auch das, dass Sie gegen die Verschärfung beim Waffengesetz gestimmt haben, spricht Bände. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Es gab allein in den letzten fünf Jahren fast 50 Morde an Frauen, die durch Schusswaffen verursacht worden sind. Das ist einfach die ganz klare Statistik. Deswegen ist das natürlich auch ein wichtiger Schritt gewesen, um für mehr Sicherheit für Frauen und vor allem für ihre Kinder zu sorgen. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch [FPÖ].)

Und ein weiterer Punkt: Sie sagen – als wäre dieses Thema, das so vielschichtig ist, so einfach lösbar –, das sind alles nur die ausländischen Straftäter. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Na, ich habe genaue Zahlen vorgelegt! Ich habe nicht gesagt: alle!) Jetzt habe ich mir die Zahlen herausgesucht. Ich will mit Sicherheit gar nichts beschönigen: Im Jahr 2024 sind 1 443 Strafhandlungen gegen die sexuelle Integrität verzeichnet worden, davon sind über 1 000, das sind zwei Drittel der Fälle, von Österreichern und Österreicherinnen verursacht worden. Wenn man sich jetzt hinstellt und sagt: Nur die Ausländer sind das Problem!, dann ignorieren Sie diese 1 000 Fälle, die auch am Papier stehen. Wir differenzieren nicht (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Genau das ist ja das Problem!), für uns ist jeder Sexualstraftäter einer zu viel. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

Uns ist das egal, woher der kommt. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Uns ist das egal, was der für eine Staatsbürgerschaft hat. Uns ist das egal, was für eine Hautfarbe oder was für eine Herkunft er hat. Wir stehen immer auf der Seite der Frauen, ausnahmslos – ausnahmslos! Und immer ist beim Täter die Schuld zu suchen. Wenn Sie sich jetzt dafür aussprechen, dass wir uns schon wieder mit ihrem Wahn gegenüber Ausländern auseinandersetzen, dann muss man sagen, Sie lassen einfach 1 000 dieser Fälle der Gewalt gegen Frauen einfach unter den Tisch fallen. So einfach kann es nicht sein. Jede – jede! – sexualisierte Gewalt gegen Frauen ist zu ahnden, ist zu verurteilen, und es ist nicht danach zu differenzieren, woher der Täter kommt. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)

Zuletzt, weil es jetzt auch noch einmal gesagt worden ist: Wenn wir das Konsensprinzip verankern wollen, dass nur das, zu dem Frauen auch zustimmen, wirklich okay ist, dann setzen wir da überhaupt nicht, in keinster Art und Weise, das Recht aus, dass im Zweifel natürlich für den Angeklagten gilt. Das kann weiterhin aufrechtbleiben. Das wollen wir auch nicht angreifen. Das ist eine wichtige Säule der Justiz. Die Mehrheit der EU-Länder zeigt uns aber mittlerweile vor, dass man das umsetzen kann, dass man das implementieren kann.

Lassen Sie mich da mit einem letzten Argument schließen: In diesen Ländern, in denen dieses Prinzip verankert worden ist, sind die Verurteilungsraten gestiegen. Was senden wir für ein Zeichen an Frauen in diesem Land, an junge Mädchen in diesem Land, die zum Beispiel vergewaltigt worden sind, dann zur Polizei gehen und dann passiert gar nichts? (Ruf bei der FPÖ: Freispruch ...!) Das kann ja auch nicht das Zeichen sein, das wir an Frauen und an junge Mädchen senden. 

Natürlich muss es eine Änderung im Strafrecht geben, die klar die Verantwortung bei den Tätern sieht, nicht bei den Opfern – wo sich die Opfer dann hinstellen müssen und beweisen müssen, wie sehr sie sich gewehrt haben, ob sie sich richtig gewehrt haben, ob sie nicht noch mehr hätten tun können, um sich zur Wehr zu setzen. Das ist der falsche Zugang. Es muss die Frage gestellt werden – und zwar an den Täter –: Hat denn die betroffene Frau zugestimmt? – Dann verändert sich auch die Verurteilungsrate, und nicht mehr und nicht weniger wollen wir umsetzen. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie der Abg. Bogner-Strauß [ÖVP].)

17.19

Präsident Peter Haubner: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.