RN/3
Bildung
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Wir gelangen zur Fragestunde.
Die Fragestellungen durch die Damen und Herren Abgeordneten werden von den beiden Rednerpulten im Halbrund vorgenommen, die Beantwortung durch den Bundesminister für Bildung vom Rednerpult der Abgeordneten aus.
Für die Anfrage- und Zusatzfragesteller ist jeweils 1 Minute Redezeit vorgesehen. Die Beantwortung der Anfrage soll 2 Minuten, jene der Zusatzfragen jeweils 1 Minute nicht übersteigen.
Wenige Sekunden vor Ende der jeweiligen Redezeit werde ich auf deren Ablauf aufmerksam machen.
Bevor ich zum Aufruf der 1. Anfrage komme, ersuche ich die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Österreichs, so wie es in der Präsidiale vereinbart worden ist, diese kleinen Plakate, die ja auf einen guten Tag hinweisen – heute ist der Internationale Tag der Kinderrechte, das ist ein sehr positiv besetztes Thema –, trotzdem zu entfernen. Wir haben in der Präsidiale besprochen, dass diese Schildchen nach 1 Minute entfernt werden. (Die Abgeordneten der SPÖ entfernen die zuvor beschriebenen Aufsteller.) – Danke schön.
Wir kommen nunmehr zur 1. Anfrage, 53/M, des Abgeordneten Hermann Brückl. – Bitte, Herr Abgeordneter.
RN/4
Abgeordneter Hermann Brückl, MA (FPÖ): Vielen Dank, Herr Präsident! Guten Morgen, Herr Minister! Herr Minister, als außerordentliche Schüler gelten jene, die dem Regelunterricht nicht folgen können, weil sie nicht ausreichend Deutsch können. Im Schuljahr 2024/25 beispielsweise lag dieser Anteil bei den Wiener Erstklässlern bei nahezu 50 Prozent, das bedeutet also, dass fast die Hälfte dieser Schüler wie gesagt dem Unterricht nicht folgen kann. Das stellt eine große Herausforderung für das Bildungssystem dar, und Schüler ohne ausreichende Sprachkenntnisse verlangsamen auch den Fortschritt der gesamten Klasse.
Herr Bundesminister!
„Wie wollen Sie sicherstellen, dass Schüler ohne ausreichende Deutschkenntnisse nicht den Lernerfolg der Mitschüler gefährden, wenn die Deutschförderung sogar während des Regelunterrichts stattfinden kann?“
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA: Schönen guten Morgen am Tag der Kinderrechte! Es ist ein Kinderrecht, die Sprache gut zu lernen, und in Österreich ist es wichtig, die deutsche Sprache zu erlernen, denn die deutsche Sprache ist der Schlüssel für eine gelungene Bildungslaufbahn. Am besten kann diese erworben werden, wenn die Kinder ein Sprachförderangebot bekommen und die Bildungseinrichtung – das heißt, die Schule und die Klassenlehrkraft – engagiert diese Sprachförderung vorantreibt.
Meine Grundauffassung ist, Eigenverantwortung ist ein hoher Wert. Verantwortung am Schulstandort zu übernehmen, wie die Deutschförderung am besten stattfindet, hat auch die höchsten Ergebnisse, die wir uns erwarten. Wenn am Standort ein Deutschförderkonzept erarbeitet wird, ist es aus meiner Sicht effektiver, als wenn ein Modell für alle Schulen stattfindet. Auch im bisherigen Modell war es ja so, dass bei einer Schüleranzahl von wenigen Kindern ein integrativer Unterricht stattgefunden hat; auch bisher schon gab es eine gewisse Durchmischung. In Zukunft haben die Schulen ein Regelmodell, das ist das bisherige, oder sie haben aufgrund von pädagogischer Arbeit und Konzepten ein eigenes autonomes Modell, mit dem sie sowohl integrativ Deutschförderung machen können als auch in eigenen Klassen oder in eigenen Kursen.
Es wird nicht ein Modell für jede Schule geben, sondern individuell pro Standort angepasst. Aufgabe des Ministeriums und der Schulaufsicht ist es, die Qualität sicherzustellen, denn alle Kinder haben ein Recht auf guten Spracherwerb.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Zusatzfrage?
RN/4.1
Abgeordneter Hermann Brückl, MA (FPÖ): Unter dem Titel der Schulautonomie übertragen Sie oder überlassen Sie jetzt sozusagen die Entscheidung über die Organisation der Deutschförderung den Schulen vor Ort. Mit welchen konkreten, differenzierten Maßnahmen, Herr Bundesminister, stellen Sie aber sicher, dass die notwendige Sprachförderung im Regelunterricht den Lernfortschritt, wie gesagt, der Mitschüler nicht ausbremst, sondern dass beide Gruppen effektiv unterstützt werden?
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA: Da geht es um eine Sprachvermittlung, die weit über einen Deutschförderkurs oder eine Deutschförderklasse hinausgeht, nämlich um einen sprachbewussten Unterricht. In allen Unterrichtsgegenständen kann eine Deutschförderung stattfinden, und so muss es auch gedacht werden: Schule als Ort der Förderung.
Aber ja, es gibt Kinder, die einen besonderen Deutschförderbedarf haben, und die bekommen auch zusätzliche Ressourcen. Das heißt, die Schule bekommt pro außerordentlichen Schüler zusätzliche Ressourcen zugeteilt, und das unabhängig vom Modell der Deutschförderung. Damit ist sichergestellt, dass bei den Kindern, die Förderbedarf haben, die Förderung auch stattfindet.
Es geht einerseits um die Quantität der Ressourcen, die wir aufgestockt haben, und andererseits um die Treffsicherheit der Maßnahme, und ich vertraue darauf, dass die Schulen, die ja pädagogische Erfahrung haben, die sich auskennen, die richtigen Modelle wählen werden. Das ist auch eine Form der Autonomie, nämlich die organisatorische Autonomie.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Zusatzfrage.
RN/4.2
Abgeordneter Nico Marchetti (ÖVP): Wie schon angesprochen: Deutschförderung ist eine der größten Herausforderungen in den Schulen. Jedes vierte Kind hat nicht Deutsch als Muttersprache. Das ist eine große Herausforderung für die Gesellschaft, für die Schulen und auch für die Lehrkräfte. Wir haben damals die Deutschförderklassen eingeführt und es war dann auch eine Verbesserung im Vergleich zu davor, als es kein einheitliches Modell gab, messbar. Jetzt haben wir uns dafür entschieden – Sie haben das auch präsentiert –, dass die Deutschförderklassen der Mindeststandard sind, dass wir davon nicht weiter abgehen, sondern quasi schulautonom nur noch bessere Modelle, die ein noch besseres Ergebnis erzielen, eingeführt werden. Deswegen interessiert uns natürlich insbesondere das Thema Qualitätssicherung. Wie werden Sie zur Weiterentwicklung der Deutschförderung in Sachen Qualitätssicherung auch für einen Ausbau im Bereich des Personals Vorsorge treffen, Herr Minister?
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA: Autonomie bedeutet nicht nur Freiheit, sondern auch Verantwortung – das ist die zweite Seite der Medaille, um gute Ergebnisse zu erzielen, auch in der Deutschförderung. Das heißt, wenn von dem Regelmodell abgegangen wird, dann mit der Intention, dass es qualitativ besser funktioniert, nämlich dass die Deutschförderung schneller stattfindet.
Aufgabe von mir als Minister und insbesondere der Schulaufsicht ist es, die Qualität sicherzustellen, nämlich über die Qualitätssicherung. Es gibt laufend Gespräche der Schulen mit der Aufsicht, mit den Schulqualitätsmanagerinnen und -managern in unserem Land, um sich gemeinsame Ziele zu geben, und Teil dieser Gespräche wird es auch sein, die Deutschförderung zu besprechen und, wenn es eigene autonome Modelle gibt, die Qualitätssicherung sicherzustellen.
Wir haben Leistungsdaten von allen Schulen durch unsere IKM-plus-Erhebungen, und wenn wir in Zukunft sehen, dass autonome Modelle nicht zu den Ergebnissen führen, haben wir die Möglichkeit, über die Schulaufsicht zu intervenieren und zu Verbesserungen beizutragen. Und wenn der schulautonome Rahmen qualitativ nicht erfüllt werden kann, gibt es auch ein Regelmodell, das dann zur Anwendung kommen kann.
Ich bin zuversichtlich, dass die Schulstandorte, die sich Gedanken machen, auch ein qualitativ gutes Angebot für die Schülerinnen und Schüler zur Verfügung stellen werden. Wir werden auch wissenschaftlich evaluieren, welche Form der Deutschförderung – in Zukunft wird es ja unterschiedliche Modelle geben – besonders effektiv ist, um aufgrund von dieser wissenschaftlichen Erkenntnis dann noch besser zu werden.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Nächste Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Juvan. - Bitte, Herr Abgeordneter.
RN/4.3
Abgeordneter Mag. (FH) Janos Juvan (NEOS): Herr Bundesminister, als Kärntner ist es ja grundsätzlich meine Grundüberzeugung, dass Sprachenvielfalt gerade für unsere Kinder eine riesige Chance ist. Wenn wir aber auf den notwendigen Kompetenzerwerb und Lernerfolg in den Schulen schauen, dann sehen wir eben auch, dass es eine große Herausforderung ist. Insbesondere die aktuelle Pisa-Studie belegt, dass ein Viertel der Kinder die Grundkompetenzen in Mathematik und Deutsch nicht beherrscht. Daher auch meine Frage an Sie: Welche Überlegungen Ihrerseits gibt es denn, im Zusammenhang mit der Ausgestaltung der mittleren Reife sicherzustellen, dass am Ende der Pflichtschulzeit zumindest diese grundlegenden Kompetenzen bei allen Kindern bestehen?
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA: Die Grundkompetenzen in der Bildung sind das Fundament, und wie bei einem Haus gilt, wenn das Fundament nicht steht, werden auch die Stockwerke darüber nicht stabil sein. Das Fundament in der Bildung sind die Grundkompetenzen Lesen, Schreiben, Rechnen und aus meiner Sicht heutzutage auch der Umgang mit dem Internet als vierte Grundkompetenz. Diese werden wir und diese müssen wir in allen Altersstufen, bis zum Ende der Schulpflicht, stärken.
Jetzt ist es aber leider so, wie Sie erwähnt haben, dass es einige Jugendliche gibt, die die Schulpflicht absolvieren, die Grundkompetenzen allerdings auch dann nicht beherrschen, und das stellt für unsere Gesellschaft, aber insbesondere auch für die Kinder, für die Jugendlichen nach Ende der Schulpflicht eine schwierige Situation dar, weil es auch am Arbeitsmarkt in diesem Bereich weniger Jobs gibt. Darum haben wir uns vorgenommen und im Koalitionsübereinkommen festgehalten, eine mittlere Reife einzuführen. Das ist eine Abkehr von der schulrechtlichen Vorstellung, dass eine bestimmte Anzahl an Schuljahren ausreicht, hin zu einer Kompetenzorientierung, indem mit einer mittleren Reife überprüft wird, ob diejenigen, die nicht mehr schulpflichtig sind, auch wirklich die Grundqualifikationen mitbringen. Wenn sie es nicht tun, wird es weitere Förderangebote geben.
Dieses Projekt ist gerade in Diskussion, um es im Laufe der Legislaturperiode in Umsetzung zu bringen.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Nächste Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Oxonitsch. – Bitte, Herr Abgeordneter.
RN/4.4
Abgeordneter Christian Oxonitsch (SPÖ): Danke schön und guten Morgen auch von meiner Seite. – Es ist ja schon besprochen worden, es ist jetzt erfreulicherweise tatsächlich so, dass sich Schulstandorte für bessere Modelle zur Deutschförderung entscheiden können. Es gab ja große Kritik der Wissenschaft, aber auch von vielen Schulstandorten, dass dieses starre Modell die optimale Förderung der Kinder letztendlich eigentlich behindert. Danke, dass da tatsächlich ein neues Modell aufgesetzt wurde.
Klar ist auch: Eine wesentliche Verantwortung kommt natürlich auch dem Lehrpersonal zu. Was werden Sie tun, um die Qualität bei Deutsch als Zweitsprache in der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung, Pädagoginnen- und Pädagogenausbildung zu stärken?
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Herr Bundesminister.
Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA: Eine ganz wichtige Frage, denn die Deutschförderung kann nur so gut sein, wie die Qualität der Lehrkraft es zulässt, und es geht auch darum, ob es ausreichend Lehrkräfte gibt. Dementsprechend haben wir die Anzahl der Lehrkräfte für die Deutschförderung auf bis zu 1 300 Planstellen aufgestockt. Um diese mit fachkundigen Personen zu besetzen, nämlich denjenigen, die auch Deutsch als Zweitsprache und Deutsch als Fremdsprache als Kompetenz haben, haben wir die Fortbildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten ausgebaut. Es gab beispielsweise schon im Sommer eine eigene Akademie für Lehrkräfte, die sich in den Bereichen Deutsch als Zweitsprache, Deutsch als Fremdsprache weiterbilden wollten, die sehr gut angenommen worden ist.
Diese Bemühungen werden weiter anhalten. Auch während der Schulsemester gibt es laufend Fortbildungen, Ausbildungen, um die Lehrkräfte noch besser zu qualifizieren und ausreichend Personal zu haben, das in diesem Bereich geschult ist. Das ist das Ziel mittelfristig: dass ausschließlich Personen, die auch Aus- und Weiterbildungen haben, in diesem Bereich der Sprachförderung zum Einsatz kommen.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Wir kommen zur 2. Anfrage, 56/M, jener des Abgeordneten Nico Marchetti. – Bitte, Herr Abgeordneter.
RN/5
Abgeordneter Nico Marchetti (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wir halten, was wir puncto Kopftuchverbot versprochen haben. Es ist jetzt im Ministerrat eine Vorlage zu diesem Thema beschlossen worden. Das Kopftuchverbot für Mädchen ist eine ganz wichtige Normsetzung, die wir da vornehmen, weil eine Botschaft, glaube ich, einfach klar ist – und wenn ich die Aussagen der Oppositionsparteien dazu richtig verstanden habe, sehen das alle so –: dass Extremismus in der Schule keinen Platz hat. Wenn Mädchen vor der Geschlechtsreife ein Kopftuch tragen, ist das Extremismus. Auch die Auffassung der IGGÖ, die sagt, dass vor der Geschlechtsreife kein Kopftuch getragen werden muss, besagt das – auch wenn sie es jetzt kritisiert. Also ich glaube, es ist eine sehr, sehr wichtige Normsetzung.
Daher frage ich Sie auch:
„Welche positiven Auswirkungen erwarten Sie sich vom Kopftuchverbot für Schülerinnen unter 14 Jahren in Bezug auf Selbstbestimmung, Kinderrechte und schulische Entwicklung?“
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA: Das Kopftuchverbot für Mädchen unter 14 Jahren hat zum Ziel, ihre Kinderrechte zu stärken, nämlich das Recht auf freie Entwicklung, ohne Fremdzuschreibung und ohne Zwang. Da sind wir natürlich in einer Grundabwägung von Grundrechten: auf der einen Seite das Grundrecht des Kinderrechts, das auch in der Verfassung verankert ist, und auf der anderen Seite das Grundrecht auf Religionsfreiheit. Dementsprechend haben wir den Weg gewählt, dass wir es bis zum Alter von 14 Jahren verankern. Ab 14 gibt es die Religionsmündigkeit, Mädchen dürfen dann selbst entscheiden, welche religiösen Symbole und Zeichen sie zur Schau tragen. Jüngere Mädchen sind zu schützen, ich sehe uns als Gesellschaft gefordert, sie zu schützen, ihre Entwicklung zu schützen und sie auch vor Gruppendruck vonseiten junger Burschen, die als Sittenwächter auftreten und jungen Mädchen sagen, wie sie sich zu kleiden haben, zu schützen.
Das Ziel ist hier eine freie Entfaltung aller Kinder in Österreich, unabhängig vom religiösen oder kulturellen Hintergrund, und das kann nur gelingen, wenn es auch gemeinsame Normen und Werte gibt. Da werden die Mädchen begleitend über eigene Programme unterstützt, und auch die Bubenarbeit wird verstärkt, nämlich auch auf die Buben einzuwirken, die manchmal – und das ist abgrundtief abzulehnen – Druck auf junge Mädchen ausüben.
Dementsprechend bedeutet diese Initiative, die zum Glück auch schon im Ministerrat beschlossen ist, einen Schutz und eine Stärkung von jungen Mädchen in unserer Gesellschaft.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Zusatzfrage?
RN/5.1
Abgeordneter Nico Marchetti (ÖVP): Es wurde teilweise schon erläutert, aber vielleicht noch einmal ganz konkret: Welche Begleitmaßnahmen zum Kopftuchverbot, insbesondere in pädagogischer Hinsicht, werden gesetzt, sodass man nicht nur das Kopftuch verbietet, sondern natürlich auch einen Prozess dahinterstellt, der auch gewährleistet, dass es erstens auch vollzogen wird und zweitens eine Verbesserung für die Mädchen erzielt werden kann.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA: Zusätzlich zu den vorhin kurz skizzierten Themen der stärkeren Mädchen- und Burschenarbeit werden wir in unterschiedlichen Bereichen, nämlich beispielsweise auch des Unterrichts im Bereich der politischen Bildung, diese Themen aufgreifen und auch verstärken, nämlich eine Selbstbestimmung und Eigenverantwortung im Aufwachsen stärker in die politische Bildung zu integrieren.
Darüber hinaus sind Informations- und Aufklärungsgespräche vorbereitet, weil wir das Kopftuchverbot geplant mit nächstem Schuljahr in Kraft setzen werden, und bis dorthin haben wir Zeit, auch die Schulen aufzuklären und zu informieren.
Wir haben darüber hinaus vor, auch die Schulpartnerschaft einzubeziehen, nämlich auch die Erziehungsberechtigten. Es gibt da auch eine Verantwortung der Eltern, dass die Kinder ihre Kinderrechte gewahrt bekommen, und da haben auch Eltern eine Verantwortung. Dementsprechend wird es auch einen Sanktionsmechanismus gegenüber den Eltern geben, wenn sie sich in diesem Bereich nicht an die Gesetzeslage halten, und das geht nur über eine gemeinsame Einbeziehung der unterschiedlichen Schulpartner.
Was als Begleitmaßnahme eingeführt wird, ist eine Stufeneskalation, ein Eskalationsmechanismus, dass nicht gleich als Erstes eine Strafe an der Tagesordnung steht, sondern vorher Aufklärung und Information, aber dann, wenn das Gesetz nicht eingehalten wird, gibt es selbstverständlich auch eine Sanktion gegenüber den Eltern.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Nächste Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Giuliani-Sterrer. – Bitte schön.
RN/5.2
Abgeordnete Mag. Marie-Christine Giuliani-Sterrer, BA (FPÖ): Herr Minister, wir kennen die Zahlen, und Sie, denke ich, auch: Nach einer Studie des Österreichischen Integrationsfonds aus 2019 stellen viele hier Lebende ihre religiösen Vorschriften über das österreichische Recht. Auch das 2017 eingeführte Verschleierungsverbot wird täglich unterlaufen und es wird schlicht und einfach ignoriert. Ein Blick in das Stadtbild genügt, abgedeckt wird das Gesicht auch ganz einfach nur mit Masken.
Jetzt kommt das Kopftuchverbot mit Strafen, wohlgemerkt im äußersten Fall von 200 bis 800 Euro.
Meine Frage ist simpel: Was passiert also beim zweiten, dritten, vierten Verstoß? Können sich Eltern faktisch freikaufen, einmal zahlen und weitermachen wie bisher? Welche Mechanismen sind vorgesehen, um sicherzustellen, dass dieses Gesetz nicht genauso zahnlos wird wie das Verschleierungsverbot? (Abg. Scherak [NEOS]: Ist noch gar nicht beschlossen!)
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA: Ein einmaliges Freikaufen wird nach dem vorliegenden Gesetzesvorschlag nicht möglich sein. Es ist nämlich gleich zu sehen wie Parkstrafen, die werden auch nicht einmalig bezahlt, sondern können immer wieder auferlegt werden. Durch den erhöhten Strafrahmen, hier gibt es fast eine Verdoppelung vom bisherigen Strafrahmen im Schulbereich, kann auch eine wieder auferlegte Strafe, die dann erhöht ausgesprochen wird, zu einem regelkonformen Verhalten führen.
Es wird an den Verwaltungsbehörden liegen, die Höhe der Strafen festzumachen. Aus bisheriger Erfahrung gelten wiederholte Verstöße als erschwerter Grund, um den Strafrahmen zu erhöhen. Mit einem Strafrahmen bis 800 Euro haben wir da eine sehr spürbare Sanktion. Dementsprechend glaube ich nicht, dass es zu der von Ihnen angenommenen Dynamik des Freikaufens kommen wird.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Nächste Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Schuh. – Bitte schön.
RN/5.3
Abgeordneter Mag. Harald Schuh (FPÖ): Schönen guten Morgen, Herr Minister! Die Tageszeitung „Heute“ zitierte letzte Woche einen Lehrervertreter, wonach sich eine nicht näher bestimmte Anzahl muslimischer Lehrer weigert, ihren Kolleginnen die Hand zu geben. Die Gründe für dieses Verhalten kann man erahnen. Ebenfalls erahnen kann man, wie solches Lehrpersonal zum Kopftuchverbot steht.
Wie gedenken Sie, mit derartigen Lehrern umzugehen, die ihr offensichtlich Frauen abwertendes Weltbild in der Lehrerschaft ausleben und potenziell auch in den Unterricht tragen?
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA: Mir ist wichtig, dass alle Menschen, die in Österreich leben und die nach Österreich zuziehen, auch die Grundwerte unserer Gesellschaft teilen und auch übernehmen. Die Grundwerte sind Demokratie und Pluralismus als zwei Beispiele, aber genauso die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Dementsprechend ist es insbesondere im Schulbereich wichtig, Männern und Frauen, das heißt weiblichen und männlichen Lehrkräften mit dem gleichen Respekt zu begegnen und auch klarzumachen, wenn dies nicht geschieht, dass dies in Österreich nicht willkommen ist.
Es gibt da vorgesetzte Personen, die die Verantwortung haben, auch auf so ein Fehlverhalten hinzuweisen und darauf hinzuwirken, dass kulturelle Normen, die wir in Österreich haben, auch gelebt werden, nämlich eine Grundmenge an Respekt auch gelebt wird. Das gilt sowohl bei Lehrpersonen als auch, wo ich es stärker wahrnehme, bei Eltern gegenüber Lehrpersonen, denn Eltern haben männliche und weibliche Lehrpersonen in Österreich gleichermaßen zu respektieren.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Wir kommen zur dritten Anfrage, 51/M, des Abgeordneten Mag. Heinrich Himmer. – Bitte, Herr Abgeordneter.
RN/6
Abgeordneter Mag. Heinrich Himmer (SPÖ): Guten Morgen, Herr Präsident! Guten Morgen, Herr Minister! Ich glaube, es ist ein unglaublich guter Tag, wenn wir am Internationalen Tag der Kinderrechte Bildung ganz an den Anfang der Sitzung hier stellen. Das freut uns alle sehr und es ist auch ein großes Danke, glaube ich, dass wir damit den Menschen, die in der Bildung arbeiten, ausdrücken.
Ganz besonders freut es mich und uns in der Sozialdemokratie, dass eine langjährige Forderung aus der Praxis, aus der Wissenschaft, jetzt auch umgesetzt wird, nämlich mehr Autonomie und Flexibilisierung in der Deutschförderung.
Meine Frage dazu lautet, Herr Minister:
„Welche konkreten Möglichkeiten werden durch das neue schulautonome Deutschfördermodell mit dem Ziel einer besseren sprachlichen Förderung der Schüler:innen geschaffen?“
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA: Sie haben es richtig angesprochen, es wurde lange aus der Sprachwissenschaft, aber auch aus der Praxis eingefordert. Es gibt da auch eine begleitende wissenschaftliche Evaluierung von Frau Prof.in Spiel, die aufgrund ihrer Analyse genau darauf hingewiesen hat, nämlich dass es autonome Spielräume in der Deutschförderung geben soll. Das ist die eine Säule, mit der in Zukunft die Schulen die Möglichkeit haben werden, ein noch besseres Modell für sie zu entwickeln.
Es gibt auch weitere Begleitmaßnahmen, nämlich dass auch die Form der Spracherhebung über den Mika-D-Test verbessert wird. Auch das war Teil der Evaluierung von Frau Dr.in Spiel, dass der Mika-D-Test in Zukunft die Sprachfähigkeit der Schülerinnen und Schüler besser auch im Kontext feststellen soll und damit auch eine größere Flexibilität bekommt.
Es gibt da auch eine Entbürokratisierung für die Schulen, nämlich dass dieser Mika-D-Test in Zukunft einmal pro Jahr verpflichtend sein wird und damit auch die Belastung für die Schulen in diesem Bereich reduziert wird.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Zusatzfrage? (Abgeordneter Himmer [SPÖ] verneint dies.) – Nein? Dann gibt es eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schwaighofer. – Bitte.
RN/6.1
Abgeordneter Sebastian Schwaighofer (FPÖ): Geschätzter Herr Minister, trotz größter Bemühungen linker Schlepper-NGOs und linker Politiker ist es noch so, dass es in Österreich doch auch Kinder gibt, die Deutsch als Muttersprache haben, und über die müssen wir jetzt kurz einmal reden, weil es schlicht und ergreifend so ist, dass viele Kinder, die sozusagen die letzten Österreicher in ihrer Klasse sind, mit großem Mobbing aufgrund ihrer Herkunft konfrontiert sind, und über dieses Mobbing sollte man meiner Meinung nach nicht hinwegsehen. Wir sehen durch ganz Europa schockierende Videos von Demütigungen an den einheimischen Kindern dieser Nationen. Das gibt es auch in Österreich.
Deswegen meine Frage ganz konkret: Was wollen Sie als Minister unternehmen, dass eben diesen Kindern, die in Brennpunktschulen die letzten Österreicher sind, auch gegen Mobbingerfahrungen geholfen wird, oder sind die schlicht und ergreifend vergessen worden?
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Herr Bundesminister.
Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA: Ich möchte, dass alle Kinder, unabhängig von der Herkunft, in Österreich gut gefördert werden, und so selbstverständlich auch die von Ihnen angesprochene Gruppe der autochthonen Österreicherinnen und Österreicher. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Alle haben ein Recht auf gute Förderung, und da gibt es auch unterschiedliche Gruppen, nämlich diejenigen, die Förderbedarf haben, nämlich auch Mängel im Spracherwerb haben, und diejenigen, die exzellent sind und besonders gefördert gehören.
Alle diese Gruppen sollen im Schulsystem über individuelle Förderung miterfasst werden, weil die Frage zur Deutschförderung ist: Ja, es gibt auch Kinder von österreichischen Eltern, die Förderbedarf in der deutschen Sprache haben, und auch die sollen eine Förderung bekommen, denn unabhängig von der Herkunft sollen alle Kinder gut die deutsche Sprache beherrschen, sowohl in schriftlicher als auch in mündlicher Form.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Wir gelangen nunmehr zur 4. Anfrage, 59/M, jener der Frau Abgeordneten Mag. Martina von Künsberg Sarre.
RN/7
Abgeordnete Mag. Martina von Künsberg Sarre (NEOS): Herr Minister! Die Gesellschaft verändert sich unglaublich schnell, die Anforderungen an unsere Kinder und Jugendlichen steigen, auch die Anforderungen an Schule und Beruf. Die damit verbundene Frage ist, welche Kompetenzen und welches Wissen Kinder und Jugendliche zukünftig brauchen, um ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. Schule und Unterricht müssen aufs Leben vorbereiten. Welche Reformen sind geplant, damit Schule und Unterricht Kinder und Jugendliche gut auf das Leben und zukunftsrelevante Themen vorbereiten?
Die schriftlich eingebrachte Anfrage hat folgenden Wortlaut:
„Welche Reformen sind geplant, damit Schule und Unterricht Kinder und Jugendliche auf zukunftsrelevante und praxisnahe Themen vorbereiten?“
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Herr Bundesminister.
Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA: Ich sehe es genauso, dass die Schule gut auf das Leben vorbereiten muss und soll.
Da geht es um zwei Themenbereiche: Grundkompetenzen, die wir vorhin schon angesprochen haben, sind die Basis dafür, aber auf dieser Basis müssen wir aufbauen. Die Kompetenzen des 21. Jahrhunderts, das ist für mich die Kritikfähigkeit, das ist Kreativität, das ist Kooperationsfähigkeit und Kommunikationsfähigkeit. Das sind die Skills, die wir heutzutage in einer sich ständig verändernden Welt benötigen. Darum wird es auch unsere Aufgabe sein, das Schulsystem stärker in diese Richtung zu bringen, dass die Fächer, dass die Lehrpläne diese Kompetenzen beinhalten und die Jugendlichen gut auf das Leben vorbereiten.
Gestern durfte ich ein neues Projekt in einem dieser Bereiche vorstellen, nämlich Finanzbildung. Finanz- und Wirtschaftsbildung ist ein ganz essenzieller Bestandteil für ein selbstständiges, für ein unabhängiges Leben. Aus meiner Sicht müssen alle Schülerinnen und Schüler in der Schulzeit etwas von Finanz- und Wirtschaftsbildung mitbekommen, beispielsweise wie ein Mietvertrag abzuschließen ist, was bei einem Mietvertrag zu beachten ist. Das sind Themen, die neben einer klassischen Allgemeinbildung für das Leben besonders wichtig sind.
Ich habe deshalb den Plan für die Zukunft, den Plan Z, ins Leben gerufen; er wird bis zum Ende des ersten Quartals 2026 gemeinsam mit den Betroffenen – Schülerinnen und Schülern, Lehrkräften und Eltern – und auch Expertinnen und Experten ausgearbeitet, um unser Schulsystem für unsere komplexe, sich schnell verändernde Gesellschaft fit zu machen, um die Kinder und Jugendlichen zu befähigen, ein selbstständiges und glückliches Leben zu führen.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Zusatzfrage gewünscht? (Abg. von Künsberg Sarre [NEOS]: Ja, bitte!)
RN/7.1
Abgeordnete Mag. Martina von Künsberg Sarre (NEOS): Wie wird der Erfolg dieser Reformen gemessen werden?
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Herr Bundesminister.
Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA: Der Erfolg von Bildungsreformen muss über Leistung gemessen werden, denn das Ziel von Bildung ist auch, Leistung feststellbar zu machen. Die Leistung können wir über Grundkompetenzen – Lesen, Schreiben, Rechnen –, über eine Zentralmatura beispielsweise überprüfen.
Neben diesem Leistungsaspekt, den ich für wichtig erachte, geht es auch darum, ob die Schülerinnen und Schüler gerne in die Schule gehen. Das ist – zumindest quantitativ, bisher – schwieriger zu messen, halte ich aber für ganz essenziell, weil Freude am Lernen auch die Leistungen und damit die Chancengerechtigkeit verbessert. Unabhängig von der Herkunft, vom finanziellen Hintergrund der Eltern sollen nämlich alle Kinder gute Bildungschancen bekommen, und daran werden alle Bildungsreformen zu messen sein.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Wir gelangen zur Zusatzfrage des Abgeordneten Süleyman Zorba. – Bitte, Herr Abgeordneter.
RN/7.2
Abgeordneter Süleyman Zorba (Grüne): Herr Bundesminister! Wir hören in den letzten Tagen und Wochen immer mehr von digitaler Unabhängigkeit. Die Schule soll ja aufs Leben vorbereiten, und Sie haben auch einige Reformen angekündigt. Jetzt wäre meine Frage, ob im Bildungsbereich, wo sich viele Gewohnheiten des Lebens manifestieren, angesichts dieser Notwendigkeit von digitaler Souveränität auch im schulischen Bereich passieren soll, was beim EU-Gipfel vor wenigen Tagen angekündigt wurde, nämlich dass ein massiver Umstieg auf Open Source geplant ist; auf der einen Seite im Anwendungsbereich – ob man da auf Alternativen setzen möchte –, andererseits eben auch auf Betriebssystemebene. Möchten Sie da einen Vorstoß machen, und, falls ja, wann wird es so weit sein?
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Herr Bundesminister.
Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA: Ich schätze Ihren Einsatz für digitale Souveränität. Ich erachte das auch als ein wichtiges politisches Ziel, das wir in Europa haben sollten. Es ist allerdings so, dass wir in einigen Bereichen von Programmen und auch Clouds abhängig sind, beispielsweise von amerikanischen Dienstleistungen. Das ist nicht prinzipiell schlecht, aber wir brauchen europäische Alternativen und auch frei zugängliche Lizenzen, Open-Source-Lizenzen und -Produkte. Das ist mein Anliegen, dass wir stärker auf diese Formen von Produkten setzen. Es gelingt in einigen Bereichen, aber noch nicht in allen.
Was mir aber besonders wichtig ist, ist, dass wir gute, digitale Bildungsmedien in Österreich forcieren. Wir reden jetzt viel über digitale Plattformen, IT-Systeme. Besonders wichtig ist aber, die Digitalisierung und auch die künstliche Intelligenz dafür zu nützen, dass wir Bildungsmedien des 21. Jahrhunderts haben, digitale Bildungsmedien, die in den Schulen zur Anwendung kommen. Da ist auch ein Projekt geplant, um Schulen in Zukunft einen Warenkorb zu geben, um digitale Produkte für sich einkaufen zu können.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Nächste Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Paul Stich. – Bitte, Herr Abgeordneter.
RN/7.3
Abgeordneter Paul Stich (SPÖ): Vielen Dank, Herr Präsident! Guten Morgen, Herr Minister! Wir haben jetzt viel darüber gesprochen, dass die Schule in den unterschiedlichsten Bereichen auf das Leben vorbereiten muss, nicht nur, um sich bei einem Mietvertrag nicht abzocken zu lassen, sondern unter anderem auch, um die Teilhabe am politischen System vorzubereiten. Wir wissen aus den diversen Untersuchungen und Erhebungen, dass das Interesse von jungen Menschen an politischen Prozessen eigentlich stetig zunimmt. Im Regierungsprogramm ist ja auch die Etablierung des Schulfaches Demokratiebildung in der Sekundarstufe I vorgesehen.
Meine Frage wäre konkret: Was ist der aktuelle Stand in Ihrem Ministerium in Bezug auf die Umsetzung und inhaltliche Eckpfeiler, zum Beispiel Lehrpläne?
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Herr Bundesminister.
Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA: Ich halte die Stärkung der Demokratiefähigkeit in unserer Gesellschaft für sehr wichtig, auch um als Gesellschaft gemeinsame Grundwerte zu leben.
Die Schule ist der Ort, um über Demokratie zu sprechen und Demokratie auch zu lernen; das ist ein Prozess des Erlernens, des Greifbarmachens, dementsprechend ist es das Ziel der Regierungsparteien – steht auch im Koalitionsübereinkommen –, ein Fach Demokratiebildung einzuführen. Es gab bisher erste Beratungen dazu, nämlich demokratisch, offen geführte Beratungen, und zwar bei einem runden Tisch am 15.10. mit Expertinnen und Experten aus Praxis, Verwaltung und Wissenschaft, wo darüber diskutiert worden ist, wie so ein Fach Demokratiebildung ausgestaltet sein soll, in welchen Schulstufen es stattfinden soll, ob da benotet werden soll oder nicht, welche Fachinhalte und welche Kompetenzen vermittelt werden sollen.
Das ist noch ein laufender Prozess, ich halte es auch für wichtig, mit den Stakeholdern weiter im Dialog zu sein, um da auch konstruktiv voranzukommen, um dann Lehrplanarbeitsgruppen einzuberufen und auch Abstimmungen mit Schulbuchverlagen zu machen. Das werden in diesem Prozess hin zu einem eigenen Fach Demokratiebildung die nächsten Schritte sein.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Nächste Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Wendelin Mölzer. – Bitte, Herr Abgeordneter.
RN/7.4
Abgeordneter Wendelin Mölzer (FPÖ): Herr Bundesminister, wenn man Ihnen bei Ihren Antworten so zuhört, bekommt man ein bissl den Eindruck, Sie glauben noch ans Christkind und an den Osterhasen, nicht nur unsere Jüngsten; also das ist schon manchmal: „widewidewitt“, ich mache es mir, wie es gefällt! (Beifall bei der FPÖ.)
Kommen wir zu meiner Frage: Wir alle wissen, dass es leider Gottes oft vorkommt, dass im Unterricht durch Lehrkräfte, aber auch in Schulbüchern der Versuch vorhanden ist, Kinder politisch zu indoktrinieren. Egal ob Gendersprache, die nicht sehr schön ist, LGBTQ-Propaganda, Klimahysterie oder vielleicht auch der Versuch, bestimmte politische Parteien wie die FPÖ schlechtzumachen: Das hat in unseren Klassenzimmern nichts verloren.
Daher meine Frage: Was tun Sie, Herr Minister, um einen weltanschaulich neutralen Unterricht in den Schulklassen zu gewährleisten?
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Herr Bundesminister.
Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA: Weltanschaulich neutrale Bildungsvermittlung ist die Grundaufgabe von Bildung und von Schule, auch die Verantwortung der Pädagoginnen und Pädagogen und darüber hinaus der Lehrpläne; es ist ganz genau darauf zu schauen, dass faktengetreue Inhalte vermittelt werden, die weltanschaulich neutral sind, das heißt, dass weder in die von Ihnen gewünschte rechte ideologische Richtung geführt wird noch in eine linke. (Abg. Kickl [FPÖ]: Normal! – Abg. Mölzer [FPÖ]: Neutral!) Das heißt, wichtig ist, eine neutrale Vermittlung von unterschiedlichen Sichtweisen mitzugeben, im Rahmen von Demokratieunterricht zum Beispiel auch unterschiedliche Meinungen zu diskutieren.
Ich glaube nicht, dass Schule ein Ort sein sollte, der frei von Meinungsdiskussion ist, denn wir als Menschen müssen lernen, unseren Verstand zu verwenden und auch kritische Diskussionen zu führen. Dementsprechend halte ich auch nichts von Cancel Culture, weder von links noch von rechts, wo man sagt: Das darf nicht diskutiert werden!; sondern wir brauchen auch Orte der Diskussion – und ja, auch Schule ist ein Ort gesellschaftlicher Diskussion. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Wir gelangen zur nächsten Zusatzanfrage, jener von Frau Abgeordneter Jeitler-Cincelli. – Bitte, Frau Abgeordnete.
RN/7.5
Abgeordnete Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA (ÖVP): Vielen Dank. – Herr Minister, Sie haben ja vorhin schon angesprochen, Ihnen ist die Finanzbildung in den Schulen wichtig und es gibt einen Plan dazu.
Ich habe neulich mit meinem 23-jährigen Sohn gesprochen, der gesagt hat, etwas vom Besten in der Schule war das Ecomania-Planspiel – also die Kinder machen das ja auch gerne –: Volkswirtschaft einfach, verständlich erklärt. Für mich ist es auch der beste Schutz gegen Populismus: in Eigenverantwortung zu kommen, mit wirtschaftlichem Verständnis.
Jetzt konkret die Frage: Es gibt da ja schon viele Modelle. Wie kann man das konkret in einen ganz normalen Unterricht implementieren? Was ist da Ihre Vorstellung?
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA: Es ist tatsächlich sehr erfreulich, dass die Schülerinnen und Schüler sich mehr Finanz- und Wirtschaftsbildung wünschen. Das wurde über die Jugendstudie erhoben, bei der herausgekommen ist, dass das Fach, das von den Schülerinnen und Schülern am meisten gewünscht wird, Finanz- und Wirtschaftsbildung ist. Das ist sehr erfreulich. Mit diesem Schuljahr haben 50 Bundesrealgymnasien mit Wirtschaftsschwerpunkt ein eigenes Fach Wirtschaft eingeführt. Ich durfte eine dieser Schulen in Tirol besuchen und habe gesehen, mit welcher Leidenschaft die Schülerinnen und Schüler dabei sind, insbesondere dann, wenn es auch um praktische Anwendung des Gelernten geht, beispielsweise um das Gründen von eigenen Unternehmen, das Entwickeln von eigenen Produktideen, das Vermarkten dieser Ideen und dann auch die Auseinandersetzung damit, was man dann mit Gewinnen macht, die man beim Verkauf von Produkten hoffentlich auch erwirtschaftet.
Ich bin der Auffassung, je lebensnäher an wirtschaftlichen Prozessen der Realität die Finanz- und Wirtschaftsbildung ist, desto erfolgreicher ist sie. Darum bin ich dankbar, dass es dazu in Österreich viele Initiativen gibt, auch die Stiftung für Wirtschaftsbildung, die da hervorragende Arbeit macht. Und jetzt in dieser Legislaturperiode geht es darum, diese Pionierarbeit, die schon geleistet worden ist, noch stärker ins Regelschulsystem zu übernehmen, daher stärker in die Lehrpläne aufzunehmen, dass auch im Regelunterricht Wirtschafts- und Finanzbildung fix verankert ist, weil eine gute Wirtschafts-, Finanz-, aber auch Verbraucher:innenkompetenz die Garantie für ein selbstbestimmtes und auch wirtschaftlich unabhängiges Leben ist.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Wir gelangen zur 5. Anfrage, 60/M, jener der Frau Abgeordneten Sigrid Maurer. – Bitte, Frau Abgeordnete.
RN/8
Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne): Sehr geehrter Herr Minister! Stellen Sie sich vor, Sie sind eine Mutter in der Steiermark, die eine Tochter hat, ein junges, aufgewecktes, kluges Mädchen, das sich nichts sehnlicher wünscht, als mit seinen Freundinnen und Freunden in die Schule zu gehen. Dieses Mädchen hat eine Behinderung, und es kommt an einem Tag die erschütternde Meldung, dass die Schulbehörde sagt: schulunfähig. – Für diese Familie, für dieses Kind bricht eine Welt zusammen.
Vor dem Hintergrund, dass in Oberösterreich neue Sonderschulen gebaut werden und wir einen bedenklichen Anstieg an schulunfähigen Kindern haben – vermutlich nicht aus medizinischen Gründen, sondern aus Platzmangel und Ressourcenmangel –, frage ich Sie am Tag der Kinderrechte, die auch für Kinder mit Behinderungen gelten müssen:
„Wie bewerten Sie die mit dem Ausbau der Sonderschulen sowie der steigenden Anzahl von Kindern, die als ,schulunfähig' eingestuft werden, einhergehende Rückwärtsbewegung bei der inklusiven Bildung?“
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Herr Minister.
Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA: Ich bin der Auffassung, dass alle Kinder gute Bildung genießen sollen und die besten Bildungschancen bekommen sollen, unabhängig nicht nur, wie vorhin erwähnt, von der Herkunft oder vom Einkommen der Eltern, sondern auch davon, ob Behinderungen oder auch chronische Erkrankungen vorliegen. Dementsprechend ist dieses gemeinsame Commitment und Verständnis auch im Koalitionsübereinkommen verankert, nämlich inklusive Bildung zu forcieren. Dementsprechend sehe ich den Bau von neuen Sonderschulen als kritisch und problematisch und auch als einen Bruch mit den Werten von UN-Konventionen, denen wir auch verpflichtet sind, nämlich dahin gehend, inklusive Bildung in Österreich zu ermöglichen und überall dort, wo es geht, inklusive Settings auszubauen.
Wir haben allerdings aufgrund der Kompetenzverteilung im Bildungssystem als Bundesgesetzgeber keine Möglichkeiten, die Ausgestaltung der Schulorganisationsstruktur auf Länderebene zu beeinflussen. Ich sehe es kritisch. Die Verantwortung dafür, wie die Schulstruktur organisiert ist, und auch dafür, ob zusätzliche Sonderschulen gebaut werden oder nicht, liegt aber auf Landesebene. Ich werde mich auch in Zukunft dafür einsetzen, inklusive Schulformen zu stärken und auch dafür zu werben, dass diese für die Kinder und auch für die betroffenen Eltern zur Verfügung stehen.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Zusatzfrage?
RN/8.1
Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne): Ich freue mich, dass Sie sich dazu bekennen, dass die UN-Konvention umgesetzt wird und Sonderschulen eigentlich nicht neu gebaut werden sollten. Ich frage Sie aber: Wie stellen Sie sicher, dass jedes Kind eine inklusive Bildung genießen kann und wir diese von uns ratifizierte UN-Behindertenrechtskonvention tatsächlich umsetzen?
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Herr Bundesminister.
Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA: Es gibt abseits der Ratifizierung der Konvention ja auch einen Nationalen Aktionsplan, in dem auch gemeinsam mit den Ländern vereinbart worden ist, wie die Schritte hin zu einer inklusiveren Gesellschaft auszusehen haben. Diesem Nationalen Aktionsplan fühle ich mich verpflichtet, für diesen werde ich werben, und dessen Umsetzung werde ich auch in der Weiterentwicklung des österreichischen Schulsystems einfordern.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Wir gelangen zur Zusatzfrage von Herrn Abgeordneten Manfred Hofinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.
RN/8.2
Abgeordneter Ing. Manfred Hofinger (ÖVP): Danke, Herr Präsident. – Herr Bundesminister, die Sonderschulen leisten eine großartige Arbeit. Auch in Oberösterreich wird viel inklusive Bildung angeboten, auch in diesen Sonderschulen, wie zum Beispiel auch in unserer Sonderschule, der Adalbert-Stifter-Schule in Ried im Innkreis.
Uns ist aber natürlich auch die inklusive Bildung ganz wichtig. Wir haben uns ja im Regierungsprogramm auf die Einführung eines verpflichtenden Moduls der inklusiven Pädagogik im Rahmen des regulären Lehramtsstudiums und auf die Einführung einer eigenständigen Lehramtsausbildung für Inklusion und Sonderpädagogik verständigt.
Wie steht es um die Umsetzung dieses Vorhabens?
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Herr Bundesminister.
Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA: Wichtig ist, dass wir ausreichend Expertise im Feld, nämlich in den Schulen, haben, sowohl in Sonderschulen als auch in inklusiv geführten Schulen oder auch in Integrationsklassen, nämlich Pädagoginnen und Pädagogen, die im Umgang mit Kindern mit Behinderung qualifiziert sind. Wir haben deshalb im Regierungsprogramm verankert, dafür wieder eine eigene Ausbildung einzuführen, weil es zu wenige in diesem Berufsfeld qualifizierte Pädagog:innen gibt.
Es gibt erste Überlegungen, wie dieser Punkt aus dem Regierungsprogramm umgesetzt werden kann, und es wird im nächsten Frühling eine erste auch inhaltliche Auseinandersetzung mit Expertinnen und Experten geben, um eine gemeinsame Diskussion darüber zu führen, was wir benötigen, in welcher Form dies eingeführt werden soll. Ich halte da zuerst die Diskussion mit der Fachcommunity, auch mit den Hochschulen, für wichtig, um dann weitere politische Schritte zu setzen. Dieser Punkt des Regierungsprogramms ist schon in Angriff genommen, aber noch im Diskussionsprozess.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Nächste Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Fiona Fiedler. – Bitte, Frau Abgeordnete.
RN/8.3
Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Danke schön. – Österreich ist laut der UN-Behindertenrechtskonvention zur inklusiven Bildung verpflichtet. Die Eltern haben angeblich eine Wahlfreiheit, dennoch entscheiden sich sehr viele Eltern für Sonderschulplätze für ihre Kinder, weil sie im derzeitigen System nicht ausreichend inklusives Angebot vorfinden. Zusätzlich werden in verschiedenen Bundesländern neue Sonderschulen gebaut.
Welche Schritte sind hinsichtlich eines inklusiven Bildungssystems für alle Schulen unter Berücksichtigung entsprechender Lehrpläne geplant, um Schüler:innen entsprechend ihren Bedürfnissen fördern zu können?
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Herr Minister.
Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA: Im Regierungsprogramm ist in dieser Hinsicht vieles verankert, beispielsweise die Weiterentwicklung des Fachbereichs Inklusion, Diversität und Sonderpädagogik; der schrittweise Ausbau von inklusiven Bildungsangeboten auch in der Sekundarstufe 2, wo es aktuell zu wenig gibt; die Anhebung beispielsweise der Deckelung für sonderpädagogische Förderung von 2,7 schrittweise auf 4,5 Prozent; die Einführung eines Rechtsanspruchs auf ein 11. und 12. Schuljahr, was ich für besonders wichtig erachte, weil jetzt die Eltern Bittsteller sind, und ich finde, wir sollten ihnen einen Rechtsanspruch geben, damit klar ist, dass auch Kinder mit Behinderungen ein 11. und 12. Schuljahr bekommen. Ich bin zuversichtlich, dass auch Schritte gesetzlicher Natur hier im Nationalrat in dieser Legislaturperiode möglich sind, um diesen Rechtsanspruch auch zu ermöglichen. Darüber hinaus – wie auch bei der Beantwortung der Frage zuvor erwähnt – geht es auch um die Frage des ausreichenden Personals in diesem Bereich, um die Kompetenzen im Feld zu verstärken.
Wie man sieht, ist in diesem Bereich genug zu tun. Es gibt auch den NAP II der bis 2030 gilt und in dem viele dieser Projekte verankert sind, und es ist unser gemeinsamer Auftrag, für eine bessere inklusive Bildung in Österreich zu sorgen.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Wir gelangen zur 6. Anfrage, 54/M, jene des Abgeordneten Christoph Steiner. – Bitte, Herr Abgeordneter.
RN/9
Abgeordneter Christoph Steiner (FPÖ): Danke, Herr Präsident. – Wir sehen ja in den letzten Tagen, Herr Minister, und auch wenn man sich die Tagesordnung anschaut, was die Regierung noch zuwege bringt. Ihr seid ja angetreten als die Regierung der Kompromisse, übrig ist jetzt, wenn überhaupt, noch der kleinste gemeinsame Nenner – wenn ihr ihn innerhalb eurer Dreiergeschichte überhaupt noch findet. Deshalb meine Frage:
„Warum lehnen Sie einen Beschluss des Kopftuchverbots im Verfassungsrang ab, obwohl Ihre ÖVP-Regierungskollegin Claudia Plakolm den Entwurf für verfassungskonform erachtet?“
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Herr Bundesminister.
Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA: Ich sehe die von Ihnen gestellte Frage und deren Inhalt genau als Beweis dafür, dass die Regierung gemeinsame, gute Kompromisse findet – und nicht einen kleinsten gemeinsamen Nenner – und gemeinsame Vorstellungen und Ergebnisse der Verhandlungen auch rasch in Politik umsetzt, wie beispielsweise ein Kopftuchverbot für unter 14-Jährige.
Ich als Verfassungspatriot erachte es als wichtig, dass wir unsere Verfassung achten und schützen – im Gegensatz zu Ihrer Vorstellung, dass wir einfach Sachen, die uns nicht passen, in den Verfassungsrang heben sollen (Abg. Kickl [FPÖ]: Ah geh!), damit sie dann nicht vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben werden. (Beifall bei NEOS und SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.) Das halte ich nicht für einen guten Ansatz in einem Land, in dem wir gemeinsam geschworen haben, die Verfassung zu achten. (Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Wer macht denn die Verfassung?) Dementsprechend sehe ich es als meine Aufgabe, dass wir einfachgesetzlich ein verfassungskonformes Gesetz beschließen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass das gelungen ist, aufgrund dessen, dass wir die erste Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes eingearbeitet haben und darüber hinaus die Begutachtung, die jetzt war, sehr ernst genommen haben, um ein verfassungskonformes einfachgesetzliches Gesetz zu beschließen. Wir haben ausreichend Bestimmungen in Österreich im Verfassungsrang. Wir brauchen nicht mehr. (Beifall des Abg. Hoyos-Trauttmansdorff [NEOS].)
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Zusatzfrage? – Bitte.
RN/9.1
Abgeordneter Christoph Steiner (FPÖ): Danke, Herr Präsident. Ja, ich sehe es genau anders: Sachen, die der Bevölkerung nicht passen, die die Bevölkerung unterwandern, müssen wir sofort verhindern und gehören natürlich in den Verfassungsrang – das noch kurz zur Erklärung.
Wir sind gerade in einer sehr gefährlichen Entwicklung. Herr Bildungsminister, ich habe es Ihnen im Ausschuss schon gesagt: Wenn es Lehrerinnen gibt, die fünf Jahre lang an einer Schule ohne Kopftuch unterrichtet haben und nach dem Sommer in diesem Jahr mit Kopftuch an die Schule zurückkommen, dann passiert gerade eine wahnsinnige Radikalisierung.
Daher meine Frage: Warum wollen Sie Lehrerinnen, die mit einer Vorbildwirkung im Staatsdienst arbeiten, nicht mit einem Kopftuchverbot versehen? Das gehört genauso mitgemacht, und da rede ich natürlich vom kleinsten gemeinsamen Nenner, weil Sie sich da wieder nicht drübertrauen. Das ist meine Frage.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA: Ganz einfach, weil dies nicht verfassungsgemäß wäre (Abg. Steiner [FPÖ]: Wer macht die Verfassung? Das sind schon wir!) und ich als Bundesminister keine Gesetze vorlege, die offensichtlich verfassungswidrig sind. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Wir gelangen zur 7. Anfrage, 57/M, jene der Frau Abgeordneten Mag. Romana Deckenbacher. – Bitte, Frau Abgeordnete.
RN/10
Abgeordnete Mag. Romana Deckenbacher (ÖVP): Schönen guten Morgen, Herr Bundesminister! Ich möchte zu Beginn aus eigener Erfahrung sagen, dass der Lehrberuf wirklich einer der schönsten Berufe ist. Nichtsdestotrotz haben unsere Pädagoginnen und Pädagogen nahezu täglich große Herausforderungen zu stemmen. Immer weniger Kinder können dem Unterricht folgen, weil sie der deutschen Sprache nicht mächtig sind. Sie sind mit Eltern konfrontiert, die der Mitwirkungspflicht nicht nachkommen, und ja, auch mit Aggression. Kritisiert wird auch der hohe Bürokratieaufwand: Dokumentationspflichten, Testungen und, und, und. Ich glaube, Herr Minister, Sie müssen mir recht geben, dass hier viel Zeit verloren geht, nämlich viel Zeit für das Wesentliche, für die Kernaufgaben der Pädagoginnen und Pädagogen, nämlich für das Unterrichten.
Jetzt meine Frage: Welche Maßnahmen setzen Sie zur Entlastung der Pädagoginnen und Pädagogen, damit diese einfach mehr Zeit für unsere Kinder und Jugendlichen haben und weniger für Bürokratie aufwenden müssen?
Die schriftlich eingebrachte Anfrage hat folgenden Wortlaut:
„Welche Maßnahmen setzen Sie zur Entlastung der Pädagoginnen und Pädagogen, damit diese mehr Zeit für unsere Kinder und weniger für Bürokratie aufwenden?“
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Herr Bundesminister.
Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA: Jede Minute, die wir in der Bildungsarbeit mit Kindern gewinnen, ist eine gewonnene Minute. Deshalb ist es mir wichtig, Bürokratie in den Schulen zu reduzieren und Freiräume und auch Autonomie zu stärken. Deshalb war auch eine meiner ersten Initiativen Freiraum Schule, wo 19 000 Pädagoginnen und Pädagogen, Direktorinnen und Direktoren und Bildungsinteressierte in Österreich teilgenommen und ihre Ideen eingereicht haben, wie Schule unbürokratischer stattfinden kann.
Es gibt noch laufend Veranstaltungen, heute beispielsweise noch eine am Abend, bei denen wir mit den Betroffenen gemeinsam diskutieren, was verbessert und vereinfacht werden kann. Einige Themen sind schon in die Arbeit miteingeflossen, beispielsweise beim Mika-D-Test, dass er nur noch einmal statt zweimal im Jahr verpflichtend gemacht werden muss.
Ich glaube, wir müssen die Entbürokratisierung bei allen politischen Projekten laufend mitdenken, wie wir diese einfach gestalten können oder auch Verwaltungsaufwand reduzieren können. Ich bin sehr zuversichtlich, dass durch Freiraum Schule sehr vieles herauskommen wird, was die Arbeitsrealität in den Klassenzimmern vereinfachen wird. Dieses Projekt ist nicht einmalig gedacht, sondern soll die ganze Legislaturperiode über Ergebnisse liefern und somit zu Entlastung in den Klassenzimmern führen.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.
RN/10.1
Abgeordnete Mag. Romana Deckenbacher (ÖVP): Damit der Schulalltag auch wirklich funktioniert, braucht es natürlich auch unsere Schulleiterinnen und Schulleiter, die wirklich tagtäglich enorme Verantwortung tragen. Sie sind nicht nur pädagogische Führungspersonen, sie sind Krisenmanager, Personalverantwortliche und sehr oft natürlich auch die erste Ansprechperson und Ansprechstelle für Eltern, und das alles trotz täglich wachsender Verwaltung. Viele stoßen dadurch auch vermehrt an ihre Grenzen der Belastbarkeit.
Meine Frage: Welche Maßnahmen setzen Sie, um die Schulleitungen in Bezug auf organisatorische, administrative und koordinative Aufgaben zu entlasten?
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Herr Bundesminister.
Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA: Die Schulleitungen sind der Schlüssel für gute Bildung und auch für eine Weiterentwicklung im Bildungssystem, ohne Leadership und Führungsverantwortung der Schulleitungen wird das nicht gehen. Darum sehe ich sie als die wichtigsten Verbündeten für gute Bildung, und deshalb ist es auch mein Anliegen, sie weiter zu stärken – zu stärken beispielsweise, indem weniger Bürokratie stattfindet, durch die Initiative Freiraum Schule, aber sie auch zu stärken, indem zusätzliche Ressourcen für die Führung der Schule zur Verfügung gestellt werden, insbesondere im Bereich der Pflichtschulen beispielsweise über die Etablierung der pädagogisch-administrativen Fachkraft über die nächsten Jahre hinweg oder auch über die Einführung eines mittleren Managements, das im Regierungsprogramm verankert ist und auch über Aktivmaßnahmen finanziert ist.
Neben dieser Stärkung durch Entlastung oder auch administrative Unterstützung geht es darum, Leadership der Schulleitungen zu verstärken und zusätzliche Programme zur Weiterqualifizierung von Schulleitungen ins Leben zu rufen, wo sich Schulleitungen auch austauschen können, voneinander lernen können und so ihre Leadershipfähigkeiten weiter verbessern können. In allen diesen drei genannten Bereichen gibt es aktuell Maßnahmen, die erarbeitet werden, die schon diskutiert werden und zum Teil auch schon in der Umsetzung sind.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Nächste Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Petra Tanzler. – Bitte schön.
RN/10.2
Abgeordnete Petra Tanzler (SPÖ): Danke, Herr Präsident. Guten Morgen, Herr Minister! Die Unterstützung der pädagogischen Arbeit ist ja auf vielen Wegen möglich, meine Frage dazu: Wie weit ist der aktuelle Stand der Umsetzung bei der Einführung der pädagogischen Assistenzen und der multiprofessionellen Teams?
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Herr Bundesminister.
Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA: Um die Schulleitungen und die Schulen insgesamt zu stärken, müssen wir ein stärkeres Unterstützungssystem in den österreichischen Schulen aufbauen und zur Verfügung stellen. Wir sind zwar in Österreich im europäischen und internationalen Vergleich mit relativ vielen Lehrkräften pro Schülerin und Schüler ausgestattet, aber mit zu wenig Angehörigen anderer Berufsgruppen. Darum ist es mein Anliegen, verstärkt andere Berufsgruppen in die Schulen zu holen, die Lehrkräfte unterstützen können, durch multiprofessionelle Teams, beispielsweise durch eine Verdoppelung der Zahl der Schulpsycholog:innen in den kommenden drei Jahren. Es sind auch aktuell Planstellen für die Schulpsychologie ausgeschrieben, um die Teams zu unterstützen.
Darüber hinaus gibt es erstmals Sozialarbeit an Bundesschulen, um auch Bundesschulen durch Sozialarbeiter:innen zu unterstützen. All das sind wichtige Maßnahmen, um die Schulen weiter zu unterstützen.
Für die von Ihnen angesprochene pädagogisch-administrative Assistenz für Pflichtschulen wurden in einem ersten Schritt im heurigen Jahr 193,5 Planstellen zur Verfügung gestellt. Im Vollausbau sollen das bis zu 600 Planstellen sein, damit auch Pflichtschulen, ähnlich wie aktuell Bundesschulen, zusätzliche Ressourcen haben, um sich um Themen wie Schulentwicklung, Unterrichtsqualität und auch Weiterentwicklung der Schulkultur kümmern zu können. Das sind notwendige Maßnahmen zur Verbesserung unseres Schulsystems.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Wir gelangen nun zur 8. Anfrage, 52/M, jene der Frau Abgeordneten Silvia Kumpan-Takacs. – Bitte, Frau Abgeordnete.
RN/11
Abgeordnete Silvia Kumpan-Takacs, MSc BA (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Guten Morgen, Herr Minister! Ja, es freut mich, dass wir am Tag der Kinderrechte hier heute im Rahmen der Fragestunde die Gelegenheit haben, uns dem Thema der Kinderbildung zu widmen. Eines der Kinderrechte ist das Recht auf Bildung, und die beginnt bekanntlich ganz früh. In der Elementarpädagogik allerdings herrscht aktuell ein großer Fachkräftemangel. Es ist daher positiv, dass die tertiäre Ausbildung gestattet wurde und dass auch Bafeps und Kollegs mit zusätzlichen Ausbildungsplätzen ausgestattet werden sollen.
Meine Frage: „Wie wird die Qualität und Wirksamkeit der Studiengänge in der Elementarpädagogik gesichert, um zu gewährleisten, dass künftig die Mehrheit der Absolvent:innen auch tatsächlich im Beruf verbleibt?“
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Herr Minister.
Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA: Für gute Kinderrechte braucht es eine starke elementare Bildung, davon bin ich überzeugt, und deshalb setzen wir Schritte, um die elementare Bildung zu stärken und auch zu verbessern.
Eine der größten Schwierigkeiten, die größte Problemstelle aktuell ist der Mangel an Pädagoginnen und Pädagogen, dem wir entgegentreten müssen, was wir über zusätzliche Ausbildungsformate auch schon tun. Wir stärken die bisherigen Formate, nämlich die Bafep als Schulform, Collegeformen für beispielsweise quer einsteigende Personen, aber genauso haben wir erstmals ein grundständiges Studium der Elementarpädagogik eingeführt. Das ist aus meiner Sicht in Wien gut angelaufen und soll die nächsten Jahre für andere Fachhochschulen und auch pädagogische Hochschulen erweitert werden, um eine neue Zielgruppe, nämlich Maturantinnen und Maturanten, die ein Studium danach anschließen wollen, für den Beruf der Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen zu begeistern und zu motivieren.
Die zweite Stellschraube neben mehr pädagogischem Personal sind natürlich die qualitativen Rahmenbedingungen in den Kindergärten. Auch da ist es mir wichtig, qualitative Verbesserungen zu erzielen, um so mehr Personal, aber auch gleichzeitig bessere Qualität und bessere Rahmenbedingungen zu haben.
Die Frage, ob diese Studiengänge auch evaluiert werden, kann ich mit Ja beantworten. Es gibt eine gesetzliche, sogar standardisierte Evaluierung für Wirksamkeit und Qualität dieser Studiengänge in der Elementarpädagogik. Diese wird auch vom Bildungsministerium ausgeschrieben. Es gibt da einen Wettbewerb der unterschiedlichen Hochschulen um die Plätze. Wir werden selbstverständlich die Qualität und auch die Frage, wie viele im Berufsfeld bleiben, mittelfristig beobachten und evaluieren.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Zusatzfrage?
RN/11.1
Abgeordnete Silvia Kumpan-Takacs, MSc BA (SPÖ): Sind auch Maßnahmen angedacht, um bereits ausgebildete Elementarpädagog:innen, die aktuell nicht im Feld sind, wieder in das Feld zurückzuholen?
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA: Das ist ein großes Ziel und ein großer Wunsch. Es gibt viele, die ausgebildet sind und aktuell nicht im Berufsfeld arbeiten. Die Politik kann ein bisschen etwas dazu machen und über Qualitätsmaßnahmen, die eingeleitet werden, und bessere Rahmenbedingungen einen Beitrag leisten. Ich glaube aber, es geht auch um gesellschaftliche Dynamiken: Wenn wir als Gesellschaft gesamt und auch als Politik die Arbeit der Elementarpädagogik mehr wertschätzen und ihr auch die Anerkennung geben, die sie verdient, werden wir mehr Personen wieder zurückgewinnen. Das sehe ich auch als unseren gemeinsamen gesellschaftlichen Auftrag.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Nächste Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Johanna Jachs. – Bitte, Frau Abgeordnete.
RN/11.2
Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Schönen Vormittag, Herr Bundesminister! Sie haben schon viel über die Sprachförderung in der Schule gesprochen, aber auch schon in elementaren Bildungseinrichtungen weisen Kinder erhöhten Bedarf an Sprachförderung auf. Da gibt es Zahlen, dass jedes vierte Kind unter den Vier- und Fünfjährigen schon wirklich erhöhten Sprachförderbedarf in der deutschen Sprache hat. Die Wirksamkeit dieser Förderung hängt natürlich auch oft mit den Kompetenzen des Personals zusammen. Wir haben uns im Regierungsprogramm darauf verständigt, dass wir spezifische regionale Sprachqualifizierungsmaßnahmen schaffen möchten, auch für Assistentinnen und Assistenten, inklusive Kostenübernahme für die Arbeitszeit der Betreiber. Da hätte mich interessiert, wie der aktuelle Umsetzungsstand ist.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA: Das ist eine ganz, ganz wichtige Maßnahme zur Stärkung der Sprache und der Kompetenz in der deutschen Sprache: im Kindergarten schon anzusetzen und dort auch die sprachliche Qualifikation der Assistentinnen und Assistenten zu verbessern. Da gibt es sehr unterschiedliche Rahmenbedingungen in den Bundesländern. Aktuell sind da die Bundesländer komplett autonom und eigenständig verantwortlich. Es gibt bereits Gespräche mit den Bundesländern, wie es gemeinsame Mindeststandards und damit auch gemeinsame Fördermaßnahmen geben kann, das ist aber noch in Verhandlung. Ich hoffe allerdings und bin zuversichtlich, dass es zu gemeinsamen Schritten und auch zur Verbesserung der Sprachfähigkeiten von Assistentinnen und Assistenten kommen wird.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Wir gelangen zur nächsten Zusatzfrage, gestellt von Frau Abgeordneter Barbara Neßler. – Bitte, Frau Abgeordnete.
RN/11.3
Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Danke schön. – Guten Morgen, Herr Minister! Wir bilden ja genug Elementarpädagogen und -pädagoginnen aus, nur wissen wir, dass sie oft innerhalb kürzester Zeit das Arbeitsfeld wieder verlassen. Jetzt wissen wir auch seit der Anfrage, dass die Länder die Mittel aus der 15a-Vereinbarung für die Verbesserungen für die Pädagogen und Pädagoginnen – sprich kleinere Gruppen, bessere Betreuungsschlüssel und so weiter – nicht abholen. Was gedenken Sie diesbezüglich konkret zu tun?
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA: Die Abrufung der 15a-Mittel ist nur ein Zwischenstand. Das ist so wie gestern beim Fußballspiel: Bei der Halbzeit ist es noch nicht vorbei. Erst wenn es vorbei ist, wird abgerechnet. So kann ich jetzt noch nicht vorhersehen, wie viel von den Mitteln bis zum Schluss von den Ländern abgerufen werden. Die Mittel sind vom Bund zur Verfügung gestellt, um sie zu verwenden, beispielsweise für einen quantitativen oder auch einen qualitativen Ausbau. Ich bin zuversichtlich, dass die Bundesländer noch mehr dieser Mittel abrufen werden. Gleichzeitig werden wir bald auch an einer neuen Vereinbarung arbeiten, um weiterhin mit den Bundesländern mittelfristig sowohl quantitative als auch qualitative Ausbauziele zu vereinbaren.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Wir gelangen nun zur 9. Anfrage, 55/M, jene des Abgeordneten Dipl.-Ing. Christian Schandor. – Bitte, Herr Abgeordneter.
RN/12
Abgeordneter Dipl.-Ing. Christian Schandor (FPÖ): Guten Morgen, Herr Präsident! Herr Bundesminister!
„Welche konkreten Maßnahmen werden Sie angesichts des deutlichen Anstiegs von Mobbing- und Gewaltvorfällen an Österreichs Schulen, die allein in Wien im vergangenen Schuljahr 2024/25 zu 784 Suspendierungen führten, setzen?“
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA: Die Anzahl der Suspendierungen in ganz Österreich ist zu hoch. Sie haben Wien herausgegriffen, hier ist es über die letzten drei Jahre auf hohem Niveau recht stabil: Es waren im Schuljahr 2024/25 784; das ist zwar etwas mehr als im Schuljahr davor mit 756, allerdings weniger als im Schuljahr 2022/23 mit 814. Damit befinden wir uns auf einem sehr hohen Plateau. Das Ziel muss sein, diese Zahlen in allen Bundesländern zu senken.
Es ist auch gerade eine Maßnahme zur Suspendierungsbegleitung in Gesetzwerdung, nämlich dass Schülerinnen und Schüler, die wegen Gewalt von der Schule suspendiert werden, nicht mehr einfach in den Park oder ins Einkaufszentrum geschickt werden, sondern eine Suspendierungsbegleitung mit pädagogischen und psychosozialen Elementen besuchen müssen, um so ihr Fehlverhalten zu reflektieren und damit eine Integration in die Klasse wieder gut stattfinden kann. Mit diesem Format bin ich zuversichtlich, dass wir die Anzahl der Suspendierungen mittelfristig senken können.
Gleichzeitig gibt es auch von außerhalb Angebote für Lehrkräfte: einerseits beispielsweise über die Schulpsychologie, aber auf der anderen Seite auch über kostenlose externe Workshops durch Starke Schule, starke Gesellschaft, wo Schülerinnen und Schüler für das Thema Mobbing, aber auch Extremismus sensibilisiert werden können und mit ihnen zu diesen Themen gearbeitet werden kann.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Eine Zusatzfrage?
RN/12.1
Abgeordneter Dipl.-Ing. Christian Schandor (FPÖ): In welchen konkreten Programmen zur Prävention von Gewalt werden Lehrkräfte künftig ausgebildet oder geschult, um eben im Schulalltag deeskalierend und präventiv eingreifen zu können? Gibt es solche Programme?
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA: Es gibt solche Programme, und es ist die Aufgabe der pädagogischen Hochschulen in Österreich, im Rahmen der Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften auch in diesem Bereich, nämlich Extremismusprävention und Konfliktmanagement, Schulungen und Fortbildungen anzubieten. Da gibt es unzählige Formen der Weiterbildung, die auch sehr gut angenommen werden. Wenn im Akutfall etwas passiert, gibt es auch Unterstützungsmaßnahmen, beispielsweise über die Schulpsychologie, die Lehrpersonen im Konfliktfall konkret unterstützt und ihnen auch Hilfestellungen zur Hand gibt.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Wir gelangen nunmehr zur 10. und letzten Anfrage, 58/M, jene der Frau Abgeordneten MMag. Dr. Agnes Totter. – Bitte, Frau Abgeordnete.
RN/13
Abgeordnete MMag. Dr. Agnes Totter, BEd (ÖVP): Vielen Dank, Herr Präsident! Schönen guten Morgen, Herr Minister! Schule im Ort bedeutet Leben im Ort. Schulen sind Herzstücke jeder Gemeinde und stärken das soziale Gefüge in den Regionen. Unser Ziel ist, dass Kinder nicht schon in jungem Alter zu Pendlern werden. Daher müssen auch die Besonderheiten des ländlichen Raums, insbesondere die Erhaltung von Klein- und Kleinstschulen und die Sicherung der Qualität dieser Schulen, eine besondere Rolle in der gesamthaften Entwicklung des Schulwesens einnehmen.
Daher ist meine Frage, Herr Minister:
„Was unternehmen Sie, um im Interesse des ländlichen Raums Standorte und Qualität von Klein- und Kleinstschulen zu sichern, damit Kinder nicht schon im Volksschulalter zu Pendlern werden?“
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Herr Bundesminister.
Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA: Schulen sind ganz bestimmt ein wesentlicher Teil einer sozialen Infrastruktur im ländlichen Raum und haben damit einen gesellschaftlichen Wert, der über die Bildung hinausgeht. Die konkrete Ausgestaltung der Pflichtschulen ist in der Verantwortlichkeit der Länder beziehungsweise sogar der Schulerhalterinnen und Schulerhalter – wie Kleinstschulen im ländlichen Raum organisiert sind. Als Bund geben wir einen gesetzlichen Rahmen mit Schulclustern vor: dass es, wenn es zu wenig Schülerinnen und Schüler pro Schulstandort gibt, sodass ein Schulunterricht und Schulbetrieb kaum mehr aufrechtzuerhalten ist, auch die gesetzliche Möglichkeit gibt, sich in Clustern mit einer gemeinsamen Leitung zusammenzuschließen. Ich halte das für einen wichtigen Schritt, auch für einen erfolgreichen Schritt, der in vielen Bundesländern gewählt wird, um so nicht zur Schließung von Schulen, sondern zur gemeinsamen pädagogischen und organisatorischen Bewirtschaftung der Schulen zu kommen, auch im Sinne der Kinder und Jugendlichen – dass es da eine gemeinsame Planung gibt.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Zusatzfrage? – Bitte.
RN/13.1
Abgeordnete MMag. Dr. Agnes Totter, BEd (ÖVP): Herr Minister, bereits zu Beginn Ihrer Amtszeit als Bildungsminister wurden per Verordnung – der Nationalrat musste nicht zustimmen – die Ressourcen an den kleinen Mittelschulen gekürzt. Diese Kürzungen betreffen vor allem den ländlichen Raum, denn dort haben wir viele kleine Mittelschulen. Ich denke aber, dass wir gerade die Mittelschulen im ländlichen Raum stärken sollten, und deswegen frage ich Sie: Was unternehmen Sie, damit in ländlichen Regionen die Möglichkeit gestärkt wird, Klassen mit AHS-Standard auch in Mittelschulen zu führen, also nicht nur in den Gegenständen Deutsch, Englisch und Mathematik?
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Herr Bundesminister.
Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA: Aufgrund der budgetären Lage der Republik müssen alle Ministerien einen Beitrag zur Konsolidierung leisten. Wir haben es uns im Bildungsministerium nicht einfach gemacht, zu diskutieren, wo Einsparungen möglich sind. Das Ziel war, dass sie so wenig wie möglich im Klassenzimmer ankommen. Es war aber nicht möglich, das Budget ohne dem zu schaffen. Deshalb gab es eine Maßnahme, dass bei kleinen Klassen von unter 14 Schülerinnen und Schülern das Teamteaching wegfällt. Das betrifft aber nicht nur den ländlichen Raum, sondern genauso den städtischen Raum, es sind nämlich Kleinstklassen über ganz Österreich verteilt – das anzumerken, ist mir auch wichtig.
Zur Stärkung von AHS-Standards in Mittelschulen gibt es bereits die Möglichkeit, dass an Mittelschulen auch AHS-leistungsdifferenzierte Pflichtgegenstände geführt werden. Das wird in Deutsch, Mathematik oder beispielsweise in lebenden Fremdsprachen auch immer wieder gemacht. Es obliegt der Schulautonomie, entsprechende Gruppenbildungen vorzunehmen. Modellregionen können ein Ansatz sein. Ich halte das auch für sinnvoll, so etwas im ländlichen Raum zu machen. So etwas sollten wir auch unterstützen. (Abg. Totter [ÖVP]: Vielen Dank!)
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Da alle Anfragen zum Aufruf gelangt sind, erkläre ich die Fragestunde für beendet. – Danke schön, Herr Bundesminister.