RN/5
Abgeordneter Nico Marchetti (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wir halten, was wir puncto Kopftuchverbot versprochen haben. Es ist jetzt im Ministerrat eine Vorlage zu diesem Thema beschlossen worden. Das Kopftuchverbot für Mädchen ist eine ganz wichtige Normsetzung, die wir da vornehmen, weil eine Botschaft, glaube ich, einfach klar ist – und wenn ich die Aussagen der Oppositionsparteien dazu richtig verstanden habe, sehen das alle so –: dass Extremismus in der Schule keinen Platz hat. Wenn Mädchen vor der Geschlechtsreife ein Kopftuch tragen, ist das Extremismus. Auch die Auffassung der IGGÖ, die sagt, dass vor der Geschlechtsreife kein Kopftuch getragen werden muss, besagt das – auch wenn sie es jetzt kritisiert. Also ich glaube, es ist eine sehr, sehr wichtige Normsetzung.
Daher frage ich Sie auch:
„Welche positiven Auswirkungen erwarten Sie sich vom Kopftuchverbot für Schülerinnen unter 14 Jahren in Bezug auf Selbstbestimmung, Kinderrechte und schulische Entwicklung?“
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA: Das Kopftuchverbot für Mädchen unter 14 Jahren hat zum Ziel, ihre Kinderrechte zu stärken, nämlich das Recht auf freie Entwicklung, ohne Fremdzuschreibung und ohne Zwang. Da sind wir natürlich in einer Grundabwägung von Grundrechten: auf der einen Seite das Grundrecht des Kinderrechts, das auch in der Verfassung verankert ist, und auf der anderen Seite das Grundrecht auf Religionsfreiheit. Dementsprechend haben wir den Weg gewählt, dass wir es bis zum Alter von 14 Jahren verankern. Ab 14 gibt es die Religionsmündigkeit, Mädchen dürfen dann selbst entscheiden, welche religiösen Symbole und Zeichen sie zur Schau tragen. Jüngere Mädchen sind zu schützen, ich sehe uns als Gesellschaft gefordert, sie zu schützen, ihre Entwicklung zu schützen und sie auch vor Gruppendruck vonseiten junger Burschen, die als Sittenwächter auftreten und jungen Mädchen sagen, wie sie sich zu kleiden haben, zu schützen.
Das Ziel ist hier eine freie Entfaltung aller Kinder in Österreich, unabhängig vom religiösen oder kulturellen Hintergrund, und das kann nur gelingen, wenn es auch gemeinsame Normen und Werte gibt. Da werden die Mädchen begleitend über eigene Programme unterstützt, und auch die Bubenarbeit wird verstärkt, nämlich auch auf die Buben einzuwirken, die manchmal – und das ist abgrundtief abzulehnen – Druck auf junge Mädchen ausüben.
Dementsprechend bedeutet diese Initiative, die zum Glück auch schon im Ministerrat beschlossen ist, einen Schutz und eine Stärkung von jungen Mädchen in unserer Gesellschaft.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Zusatzfrage?
RN/5.1
Abgeordneter Nico Marchetti (ÖVP): Es wurde teilweise schon erläutert, aber vielleicht noch einmal ganz konkret: Welche Begleitmaßnahmen zum Kopftuchverbot, insbesondere in pädagogischer Hinsicht, werden gesetzt, sodass man nicht nur das Kopftuch verbietet, sondern natürlich auch einen Prozess dahinterstellt, der auch gewährleistet, dass es erstens auch vollzogen wird und zweitens eine Verbesserung für die Mädchen erzielt werden kann.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA: Zusätzlich zu den vorhin kurz skizzierten Themen der stärkeren Mädchen- und Burschenarbeit werden wir in unterschiedlichen Bereichen, nämlich beispielsweise auch des Unterrichts im Bereich der politischen Bildung, diese Themen aufgreifen und auch verstärken, nämlich eine Selbstbestimmung und Eigenverantwortung im Aufwachsen stärker in die politische Bildung zu integrieren.
Darüber hinaus sind Informations- und Aufklärungsgespräche vorbereitet, weil wir das Kopftuchverbot geplant mit nächstem Schuljahr in Kraft setzen werden, und bis dorthin haben wir Zeit, auch die Schulen aufzuklären und zu informieren.
Wir haben darüber hinaus vor, auch die Schulpartnerschaft einzubeziehen, nämlich auch die Erziehungsberechtigten. Es gibt da auch eine Verantwortung der Eltern, dass die Kinder ihre Kinderrechte gewahrt bekommen, und da haben auch Eltern eine Verantwortung. Dementsprechend wird es auch einen Sanktionsmechanismus gegenüber den Eltern geben, wenn sie sich in diesem Bereich nicht an die Gesetzeslage halten, und das geht nur über eine gemeinsame Einbeziehung der unterschiedlichen Schulpartner.
Was als Begleitmaßnahme eingeführt wird, ist eine Stufeneskalation, ein Eskalationsmechanismus, dass nicht gleich als Erstes eine Strafe an der Tagesordnung steht, sondern vorher Aufklärung und Information, aber dann, wenn das Gesetz nicht eingehalten wird, gibt es selbstverständlich auch eine Sanktion gegenüber den Eltern.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Nächste Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Giuliani-Sterrer. – Bitte schön.
RN/5.2
Abgeordnete Mag. Marie-Christine Giuliani-Sterrer, BA (FPÖ): Herr Minister, wir kennen die Zahlen, und Sie, denke ich, auch: Nach einer Studie des Österreichischen Integrationsfonds aus 2019 stellen viele hier Lebende ihre religiösen Vorschriften über das österreichische Recht. Auch das 2017 eingeführte Verschleierungsverbot wird täglich unterlaufen und es wird schlicht und einfach ignoriert. Ein Blick in das Stadtbild genügt, abgedeckt wird das Gesicht auch ganz einfach nur mit Masken.
Jetzt kommt das Kopftuchverbot mit Strafen, wohlgemerkt im äußersten Fall von 200 bis 800 Euro.
Meine Frage ist simpel: Was passiert also beim zweiten, dritten, vierten Verstoß? Können sich Eltern faktisch freikaufen, einmal zahlen und weitermachen wie bisher? Welche Mechanismen sind vorgesehen, um sicherzustellen, dass dieses Gesetz nicht genauso zahnlos wird wie das Verschleierungsverbot? (Abg. Scherak [NEOS]: Ist noch gar nicht beschlossen!)
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA: Ein einmaliges Freikaufen wird nach dem vorliegenden Gesetzesvorschlag nicht möglich sein. Es ist nämlich gleich zu sehen wie Parkstrafen, die werden auch nicht einmalig bezahlt, sondern können immer wieder auferlegt werden. Durch den erhöhten Strafrahmen, hier gibt es fast eine Verdoppelung vom bisherigen Strafrahmen im Schulbereich, kann auch eine wieder auferlegte Strafe, die dann erhöht ausgesprochen wird, zu einem regelkonformen Verhalten führen.
Es wird an den Verwaltungsbehörden liegen, die Höhe der Strafen festzumachen. Aus bisheriger Erfahrung gelten wiederholte Verstöße als erschwerter Grund, um den Strafrahmen zu erhöhen. Mit einem Strafrahmen bis 800 Euro haben wir da eine sehr spürbare Sanktion. Dementsprechend glaube ich nicht, dass es zu der von Ihnen angenommenen Dynamik des Freikaufens kommen wird.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Nächste Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Schuh. – Bitte schön.
RN/5.3
Abgeordneter Mag. Harald Schuh (FPÖ): Schönen guten Morgen, Herr Minister! Die Tageszeitung „Heute“ zitierte letzte Woche einen Lehrervertreter, wonach sich eine nicht näher bestimmte Anzahl muslimischer Lehrer weigert, ihren Kolleginnen die Hand zu geben. Die Gründe für dieses Verhalten kann man erahnen. Ebenfalls erahnen kann man, wie solches Lehrpersonal zum Kopftuchverbot steht.
Wie gedenken Sie, mit derartigen Lehrern umzugehen, die ihr offensichtlich Frauen abwertendes Weltbild in der Lehrerschaft ausleben und potenziell auch in den Unterricht tragen?
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA: Mir ist wichtig, dass alle Menschen, die in Österreich leben und die nach Österreich zuziehen, auch die Grundwerte unserer Gesellschaft teilen und auch übernehmen. Die Grundwerte sind Demokratie und Pluralismus als zwei Beispiele, aber genauso die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Dementsprechend ist es insbesondere im Schulbereich wichtig, Männern und Frauen, das heißt weiblichen und männlichen Lehrkräften mit dem gleichen Respekt zu begegnen und auch klarzumachen, wenn dies nicht geschieht, dass dies in Österreich nicht willkommen ist.
Es gibt da vorgesetzte Personen, die die Verantwortung haben, auch auf so ein Fehlverhalten hinzuweisen und darauf hinzuwirken, dass kulturelle Normen, die wir in Österreich haben, auch gelebt werden, nämlich eine Grundmenge an Respekt auch gelebt wird. Das gilt sowohl bei Lehrpersonen als auch, wo ich es stärker wahrnehme, bei Eltern gegenüber Lehrpersonen, denn Eltern haben männliche und weibliche Lehrpersonen in Österreich gleichermaßen zu respektieren.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Wir kommen zur dritten Anfrage, 51/M, des Abgeordneten Mag. Heinrich Himmer. – Bitte, Herr Abgeordneter.