RN/136
Präsident Peter Haubner: Ich nehme die Verhandlungen über Tagesordnungspunkt 9 wieder auf.
Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Julia Herr. – Ich stelle Ihre Redezeit auf 4 Minuten ein, Frau Abgeordnete.
RN/137
18.01
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Vielen Dank, Herr Präsident. – Sehr geehrtes Hohes Haus und liebe Zuschauer und Zuschauerinnen zu Hause! Für alle, die sich jetzt fragen, worüber die jetzt hier im Hohen Haus diskutieren, und sich darüber wundern, warum der Schutz der Ozeane auf einer Tagesordnung im österreichischen Nationalrat ist – die Verwirrung kann man vielleicht nachvollziehen –: Es stimmt, Österreich hat bekanntlich seit 107 Jahren keinen Zugang mehr zum Meer. Die Ozeane unseres Planeten beeinflussen trotzdem tagtäglich unser Land und auch unser Klima und somit unseren Alltag.
Ich würde auf diese Frage vielleicht auch gleich eine Gegenfrage stellen: Wem gehört denn die Hochsee, über die wir heute sprechen, die Ozeane? Also da geht es jetzt nicht um die Küstengebiete, sondern wirklich um das weite, offene Meer. Wem gehört denn das? Und die Antwort ist: Die Hochsee gehört niemandem. Sie ist kein Privatbesitz. Sie unterliegt auch keinem nationalen Recht in irgendeiner Art und Weise. Oder wie man es auch sagen könnte und wie ich es charmanter finde: Die Hochsee gehört uns allen, und deshalb spricht die UNO auch von einem gemeinsamen Erbe der Menschheit. Dieses Erbe müssen wir schützen, und deshalb beschließen wir heute hier und jetzt einen Antrag, eine Aufforderung an die Bundesregierung, das internationale Hochseeschutzabkommen in Österreich zu ratifizieren, also ins nationale Recht zu implementieren. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Bernhard [NEOS].)
Dieses Abkommen umfasst mehr als zwei Drittel der Weltmeere und es schafft endlich auch verbindliche Regeln für den Schutz der biologischen Vielfalt unserer Meere, sodass die Ozeane nicht länger leergefischt werden können. Bisher – dass man sich das vorstellen kann – ist nur circa 1 Prozent der gesamten Meeresfläche tatsächlich unter Schutz gestellt. Es ist also wirklich allerallerhöchste Eisenbahn, und warum? – Weil die Realität unserer Ozeane wirklich dramatisch ist. Ein Drittel der Fischbestände ist mittlerweile überfischt. Wir sprechen da von industriellen Langflotten. Das sind Schiffe, die Hunderte Meter lang sind, die regelrecht ganze Meeresgebiete leerfischen. Besonders zerstörerisch für die Ozeane sind die sogenannten Grundschleppnetze. Das sind Netze, Riesennetze, die kilometerweit über den Meeresboden gezogen werden und dabei den Meeresboden regelrecht umpflügen. Dabei wird alles Mögliche zerstört, auch Korallenriffe. Es ist eigentlich ein unglaublicher Eingriff in unsere Meere, den wir da durchführen, und bei dieser Art der Fischung kann man auch überhaupt nicht kontrollieren, welcher Fisch dabei gefangen wird und welcher nicht. Diese industriellen Fangflotten fangen jedes Jahr 300 000 Delfine, Wale und andere Meeressäuger, und wenn die dann tot gefunden werden, werden sie zurück ins Meer gekippt.
Wer ein romantisches Bild von der internationalen Fischerei hat, bei der ein Fischer in seinem kleinen Fischerboot sitzt und mit einer Angel einen Fisch fängt, dem muss ich leider sagen: Das ist schon lange nicht mehr die Realität. Wir sprechen heute von einer industrialisierten Fischerei, die immer mehr Fische von immer tiefer aus dem Ozean zieht und bei der auch niemand mehr kontrollieren kann, ob nicht auch illegaler Fischfang stattfindet aufgrund der Profitgier, die da in den letzten Jahren zum Tragen gekommen ist. Und wir können auch nicht garantieren, dass solche illegal gefangenen Fische in Österreich nicht auf unseren Tellern landen – wer sich fragt, was das Ganze mit uns zu tun hat.
Deswegen setzen wir mit dieser Ratifizierung ein ganz klares Signal: Wir stehen auf der Seite von jenen, die Verantwortung für unseren Planeten, auch für unsere Ozeane, für die kommenden Generationen übernehmen wollen.
Vielleicht zum Abschluss: Die Fischerei ist natürlich ein legitimer Wirtschaftszweig. Wir wissen, dass ganz viele Menschen ihren Arbeitsplatz in diesem Zweig haben, und das ist auch in keinster Art und Weise ein Widerspruch, denn wenn man sich für den Schutz der Meere einsetzt, wenn man zum Beispiel Teile des Meeres unter Schutz stellt und sagt, dass dort jetzt nicht mehr gefischt werden darf, dann erholen sich die Fischbestände massiv, dann gibt es wieder mehr Fische und dann kann auch wieder mehr gefischt werden. Dementsprechend ist der Schutz unserer Ökologie, unseres Planeten auch für alle Wirtschaftstreibenden in diesem Sektor, die es ehrlich meinen und die nicht internationale Schutzbestimmungen illegal umgehen, hilfreich. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Reiter [ÖVP].)
18.06
Präsident Peter Haubner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Michael Bernhard. Ich stelle Ihre Redezeit auf 3 Minuten ein, Herr Abgeordneter.
RN/138
18.06
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Danke, Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen und geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Ich schließe nahtlos an die Rede meiner Vorrednerin Julia Herr an: Warum ist ein Abkommen wichtig, das die internationale Hochsee betrifft? Was hat das mit Österreich zu tun?
Ich würde gerne einen kleinen Blick zurück werfen, weil das nicht allen bekannt ist. Österreich ist, was die internationalen Verhandlungen zu Abkommen betrifft, sozusagen eine echte Seemacht. Wir haben bereits 1982 bei der UN-Konvention für das internationale Seerecht eine Vorreiterrolle gehabt, weil wir nämlich als Österreich Sprecher für die landlocked countries waren, das heißt für die Binnenstaaten dieser Welt. Wir haben damals die Verhandlungen geführt, was die Seegrenzen, was den Schutz des Meeresbodens betroffen hat, und sind eben am Verhandlungstisch gesessen und haben mitgestaltet und wurden sozusagen nicht gestaltet. In dieser Tradition hat Österreich danach auch Persönlichkeiten hervorgebracht, die am Internationalen Seegerichtshof beispielsweise gearbeitet haben, die in der internationalen Forschung, in der Naturwissenschaft, aber auch in der Sozialwissenschaft tätig waren und tätig sind. Obwohl wir keinen Meereszugang haben, haben wir eine sehr starke Expertise und auch international anerkannte Kompetenz in diesem Bereich – bedeutet: Wir haben Erfahrung und werden international anerkannt.
1982 waren die Verhandlungen betreffend die Seegrenzen und den Meeresboden. Was 1982 nicht verhandelt wurde, war die sogenannte Wassersäule, also alles, was zwischen Boden und Oberfläche stattfindet. Julia Herr hat es schon gesagt: Da geht es um sehr viel. Es geht um zwei Drittel der Oberfläche dieser Erde und es geht um mehr als 90 Prozent des Wassers, das in den Ozeanen fließt. Das bedeutet, dass wir hier einen wahren Schatz haben: auf der einen Seite einen ökologischen Schatz, den es auch zu schützen gilt, auf der anderen Seite aber auch einen, der noch sehr unerforscht ist. Bei diesem Abkommen geht es darum, dass die Forschung einen geordneten Zugang zu den Ozeanen hat. Das Abkommen beinhaltet auch, die Vertragsstaaten beim Aufbau von technischen Kapazitäten und Forschungskapazitäten zu unterstützen. Es klärt auch die Verteilung der Ressourcen zwischen dem globalen Norden und dem globalen Süden, auch was die Gewinne aus dieser Forschung betrifft, und es ermöglicht auch einen geordneten Zugang für die Wirtschaft, beispielsweise die Pharmaindustrie im Bereich der Entwicklung neuer Medikamente, weil dort genetische Ressourcen vorhanden sind, die noch nicht erforscht sind.
Wir wollen mit diesem Antrag einen Schritt weitergehen als die reine Ratifizierung. Wir wollen, dass die österreichische Außenpolitik sich tatsächlich am Verhandlungstisch aktiv einbringt, wie das schon in den Achtzigern und Neunzigern der Fall war, damit wir eben mitgestalten können und nicht gestaltet werden. Somit können wir einen aktiven Beitrag leisten, der über Österreich hinausgeht, und wir freuen uns sehr über eine Annahme dieses Antrages. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordneten der SPÖ sowie der Abg. Reiter [ÖVP].)
18.09
Präsident Peter Haubner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Olga Voglauer. Ich stelle auch Ihre Redezeit auf 3 Minuten ein, Frau Abgeordnete.
RN/139
18.09
Abgeordnete Dipl.-Ing. Olga Voglauer (Grüne): Danke, Herr Präsident! Spoštovana Visoka Hiša! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Das ist ein wichtiges Abkommen, das hier ratifiziert werden soll, und es ist alles, was von Kollegin Herr und auch Kollegen Bernhard, die das eingebracht haben, gesagt wurde, vollkommen richtig und wichtig, nämlich zu klären: Wem gehört die hohe See? Wie teilen wir uns Rohstoffe, Fischfang et cetera? Wie teilen wir uns in Zukunft die Forschung? Wie kommen wir da voran und wer kann daran teilhaben? Das ist wichtig und richtig.
Eine Frage, die sich aber schon auftut, ist: Sie bringen einen Entschließer ein und wir geben der Bundesregierung einen Auftrag. Es wäre halt schön, wenn wir es endlich einfach ratifiziert hätten, denn dann wären wir schon einen Schritt weiter. (Beifall bei den Grünen.)
Die Dringlichkeit: Ja, schön, dass wir es heute auch diskutieren können, das ist wichtig, aber tun Sie etwas! Auch dieser Entschließer ist nichts anderes als wieder eine Ankündigung. Ich frage mich schon: Wenn gerade in solchen Bereichen nicht einfach das Tun möglich ist und es wieder die Ankündigung über das Parlament durch einen Entschließer braucht – dann ist es vielleicht etwas zu langsam? (Beifall bei den Grünen.)
Fakt ist aber auch, dass dieses Abkommen alleine nicht reichen wird. Es braucht gute Kontrolle, dass dieses Leerfangen, dass dieser Raub an der Biodiversität, am gesamten Ökosystem der Ozeane, der hohen See zu einem Ende kommt, denn wie heute hier schon festgehalten wurde: Es ist am Ende des Tages ein riesengroßer Fundus – bei Weitem nicht zu Ende erforscht –, der uns in der Medizin, aber auch in vieler anderer Hinsicht helfen wird, auch zukünftig noch Antworten zu finden, wenn zum Beispiel, so wie jetzt aktuell, manche Antibiotika neu erforscht werden und wir weitere Fortschritte erzielen können.
Gleichzeitig sind dem Raubbau an Rohstoffen und den Plünderungen nach wie vor kein Ende gesetzt. Das Abkommen wird nur ein erster Schritt sein können. Neben diesem Schritt wird es weitere Bemühungen geben. Es wird nicht nur an Österreich liegen, glauben Sie mir, sondern auch an den Ländern, die Zugang zur hohen See haben, und auf die einzuwirken, zukünftig eine andere Zukunft zu bauen, einen anderen Umgang zu haben und zu verfestigen, soll ein Ziel der österreichischen Außenpolitik sein. Ob am Verhandlungstisch oder nicht am Verhandlungstisch: Die Grundhaltung sollte es zumindest sein. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Herr [SPÖ].)
18.12
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Carina Reiter. – Ich stelle Ihre Redezeit auf 3 Minuten ein, Frau Abgeordnete.
RN/140
18.12
Abgeordnete Carina Reiter (ÖVP): Danke, Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuschauerinnen und Zuschauer! Wir haben jetzt schon einiges zum Abkommen gehört. Es ist schon ausgeführt worden, worum es im Detail geht.
Das Anliegen des Abkommens ist ein wichtiges. Die hohe See macht ja rund zwei Drittel unserer Weltmeere aus, und weniger als 1 Prozent ist bisher geschützt. Dieses Abkommen ist also durchaus sehr zentral, weil Biodiversität nicht nur am Land stattfindet, das findet ja natürlich auch in den Gewässern – wir haben heute eh schon einen Exkurs gehabt, vom Bach über den Fluss zum See bis ins Meer – statt. Das ist natürlich dementsprechend auch wichtig.
Das sind unsere Lebensadern. Wir in Österreich haben das Glück, dass wir sehr hohe Lebensqualitäten und Wasserqualitäten haben, dass wir uns auch sehr strenge Rahmen setzen. Deswegen ist es, glaube ich, auch wichtig, dass ein Binnenstaat bei diesem Abkommen dabei ist, auch um Know-how einzubringen, vielleicht Dinge voranzutreiben oder anzusprechen. Das ist, glaube ich, sehr entscheidend.
Ich möchte auf ein paar Dinge eingehen, die vorher in der Debatte angesprochen wurden – zwischendrin haben wir dann noch ein, zwei andere parlamentarische Aktionen gesetzt bekommen. Kollege Spalt von der FPÖ hat angesprochen, dass das ja eigentlich ein Wahnsinn ist, dass der Umweltminister zur Weltklimakonferenz fährt und sich für das Klima einsetzt. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Das ist in der Denkweise eher umgedreht, würde ich jetzt eher sagen, weil es eigentlich nicht verwerflich sein kann, dass der Umweltminister zur Weltklimakonferenz fährt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Da passieren Richtungsweisungen, da passieren Weichenstellungen, bei denen es wichtig ist, dass Österreich mit am Tisch sitzt, mitverhandelt und sich auch einbringt. Ich glaube, das ist sehr wichtig, dass der Umweltminister vor Ort ist. Alles andere wäre, glaube ich, ein sehr trauriges Zeichen. Wenn man sich andere Länder anschaut, die eigentlich wichtige Partner sein sollten, wie die USA: Das geht eigentlich in eine falsche Richtung.
Dann hat er noch gesagt: „Wenn man schon in Österreich nicht die Welt retten kann, dann fliegt man ans andere Ende der Welt“. – Das ist halt das: Es hängt alles zusammen, nicht nur die Flüsse, sondern auch das Klima. Vielleicht ist der eine oder andere im Sachunterricht – weiß ich nicht – eingeschlafen oder nicht anwesend gewesen. Die Weltmeere haben einen sehr großen Einfluss auf unser Klima.
Wenn man zum Beispiel den Golfstrom hernimmt, der ja die Wärme rund um den Planeten verteilt und eigentlich für stabile Klimabedingungen, besonders in Europa, sorgt: Da gibt es ganz interessante Studien. Die sind fachlich belegt, die kann man sogar lesen – vielleicht gibt es sogar Hörbücher. Das sind Dinge, die uns beeinflussen. Deswegen darf uns als Binnenstaat die hohe See nicht egal sein. Das ist sehr, sehr wichtig. (Abg. Spalt [FPÖ]: Das habe ich auch nicht gesagt!)
Wenn es darum geht, darüber zu reden, dass man ja eh für den Schutz und Erhalt der Natur ist, aber nur im Inland und nicht im Ausland: Das funktioniert halt so auch nicht. Die Welt ist leider keine kleine blaue Festung. Vielleicht machen Sie Ihr Festungstor einmal ein bisschen auf und sehen dann die Zusammenhänge, die es in der Natur gibt, die es in den Meeren, die es in den Gewässern gibt. Das macht es nämlich aus. Deswegen müssen wir regional, national, europäisch, aber auch global denken, wenn es um Umwelt- und Klimaschutz geht. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)
18.15
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Peter Schmiedlechner. – Ich stelle Ihre Redezeit auf 4 Minuten ein, Herr Abgeordneter.
RN/141
18.16
Abgeordneter Peter Schmiedlechner (FPÖ): Danke, Herr Präsident! (Zwischenruf des Abg. Hörl [ÖVP].) Frau Staatssekretär! Sehr geehrte Zuseher! Ratifizierung des UN-Hochseeabkommens: Na ja, die biologische Vielfalt der Meere schützen, da kann ja sozusagen niemand etwas dagegen haben, möchte man meinen. Jetzt stellt sich dann die Frage, was wir als Österreich, als Binnenland, mit der Hochsee und mit den Meeren zu tun haben. (Abg. Bernhard [NEOS]: Habe ich gerade erklärt!)
Für eine „baldige Ratifizierung des UN-Übereinkommens über die biologische Vielfalt der Meere von Gebieten außerhalb nationaler Hoheitsbefugnisse“: Österreich soll „bei weiteren Implementierungsschritten des Abkommens eine aktive Rolle“ einnehmen. – Es erweckt jetzt schon sehr stark den Eindruck, dass wir unbedingt dieses Abkommen abschließen müssen, damit der Herr Umweltminister, der übrigens nicht da ist – der ist in Brasilien, ganz wichtig, er rettet die Welt (Ruf bei der ÖVP: Ja!) –, dann vielleicht wieder einmal Geld verbraten kann, wieder zu einer Konferenz fliegen kann und wieder einmal nicht im eigenen Land ist.
Wenn man es sich dann genau anschaut, muss man sagen, ein alter Spruch heißt: Zuerst kehren wir vor der eigenen Tür, dann schauen wir uns mal woanders um! (Abg. Zarits [ÖVP]: Fangt bei euch an!) – Wir hätten in Österreich genug Probleme, aber der Herr Bundesminister ist in Brasilien. (Abg. Reiter [ÖVP]: Dann fang mal vor der eigenen Türe zu kehren an! Dein Besen ist noch recht unbenutzt!) Wir hätten genug Probleme, zum Beispiel wenn man sich Österreichs Gewässer anschaut. Der Fischotter räumt die Bäche, die Flüsse leer, die Kormorane, der Wolf, die Zerstörung der Biodiversität durch invasive Arten (Abg. Bernhard [NEOS]: Angriff von außen!), der Verlust der Biodiversität durch die Zerstörung der Landwirtschaft – aber der Herr Minister ist in Brasilien. (Abg. Zarits [ÖVP]: Wo ist er genau? – Rufe bei der FPÖ: Belém! – Heiterkeit und Zwischenrufe bei ÖVP, SPÖ und NEOS.)
Das muss man sich natürlich einmal geben. (Unruhe im Saal.) Natürlich verteidigt (Abg. Reiter [ÖVP]: Ja gib es dir einmal, vielleicht lernst du was!) die ÖVP das jetzt (Präsident Haubner gibt das Glockenzeichen), die ganzen Jahre nichts zusammenbringen, lieber nach Brasilien fahren (Abg. Reiter [ÖVP]: Stimmt ja gar nicht!), UN, UNO. (Abg. Reiter [ÖVP]: Du weißt ja gar nicht, was du redest!) – Ach so, ja, na gut. (Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.) Es ist ja ganz schön, nicht? Tatsache ist aber, dass die Fakten anderes belegen. (Abg. Reiter [ÖVP]: Alternative Fakten, oder wie?!) Tatsache ist, dass wir einen Haufen Probleme in Österreich haben. Tatsache ist, dass der Herr Minister nicht da ist. (Abg. Zarits [ÖVP]: Wo ist er?)
Im Gegenteil (Abg. Reiter [ÖVP]: Ja, weil er Probleme löst und nicht so wie du nur daherredet!), wenn man sich dann die ganzen Vorschläge anschaut, die wir in den Ausschüssen einbringen: Die werden stets von der ÖVP vertagt. Das heißt klar und deutlich: Arbeitsverweigerung. (Zwischenruf der Abg. Reiter [ÖVP].) Das heißt klar und deutlich, dass die ÖVP nichts arbeiten will. (Abg. Reiter [ÖVP]: Das ist immer das Gleiche! Hast du nie eine neue Idee gehabt?) Sie will weiter wie bisher. Deswegen ist es höchste Zeit, dass ihr den Platz für uns freimacht, dass wir endlich etwas für die Österreicher und Österreicherinnen weiterbringen. (Beifall bei der FPÖ. – Rufe bei der FPÖ: Bravo! – Zwischenrufe bei der ÖVP.)
18.19
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Antonio Della Rossa. – Ich stelle Ihre Redezeit auf 3 Minuten ein, Herr Abgeordneter.
RN/142
18.19
Abgeordneter Mag. Antonio Della Rossa (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Zusehende und Zuhörende hier im Saal – falls noch welche da sind – und vor den Bildschirmen zu Hause! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann es mir nicht verkneifen, noch einen kurzen Kommentar zur dringlichen Debatte zu machen, weil Frau Belakowitsch ja die Antifa als Terrorgruppe sehen will. (Abg. Spalt [FPÖ]: Zur Sache!)
Ich werde Ihnen ganz kurz erklären, was das heißt, Antifa: Anti heißt gegen, fa ist die Abkürzung für Faschismus, also gegen Faschismus. (Abg. Spalt [FPÖ]: Zur Sache!) Falls Sie nicht wissen, was Faschismus ist: Das ist die Bewegung, die im letzten Jahrhundert der größten Verbrechen an der Menschheit schuldig war; und ja, ich bin Antifaschist, und ich glaube, ganz Österreich ist antifaschistisch, spätestens seit 1945. (Beifall bei der SPÖ.)
Jetzt zur Sache, meine Damen und Herren! Ich kann diesen Affekt des Kollegen Spalt als gelerntem Vorarlberger, als Bergmensch, durchaus verstehen. Wir kennen von den Meeren vor allem das schwäbische Meer, das man auch als Bodensee kennt. (Heiterkeit des Abg. Lindner [SPÖ].) Als Allererstes habe ich mir auch gedacht: Na ja, wir haben ja kaum Berührungspunkte zur Hochsee, was haben wir damit zu tun? – Mehr als wir glauben. Das haben wir heute auch schon gehört.
Aber, Herr Spalt, wir sind da nicht alleine, es geht nämlich der ganzen Menschheit so. Es ist unglaublich, aber es gibt einen Trabanten, der nennt sich Mond. Dieser ist fast 400 000 Kilometer weit weg, wir haben ihn komplett kartiert. (Abg. Spalt [FPÖ]: ... Trabanten ...!) Ja, wir kennen uns an der Oberfläche des Mondes sehr gut aus – die Tiefsee kennen wir nicht, wir kennen 80 Prozent der Tiefsee nicht.
Jetzt könnte man glauben, na ist ja gut, da ist noch nie einer von uns gewesen – also, Herr Spalt, Sie und ich definitiv nicht, aber die ganze Menschheit nicht, als Menschheit waren wir da noch nie. Jetzt könnte man meinen: Ja, ist doch toll, dann können wir das zumindest nicht zerstören. Das Traurige ist: Leider weit gefehlt, weil Klima ist ein globales System, liebe FPÖ, das haben Sie anscheinend nicht verstanden. Da können Sie keine Grenzen ziehen oder Ihre Festungen bauen oder Mauern, das ist dem Klima relativ egal, das wird Österreich immer betreffen, und deshalb ist es ganz, ganz wichtig, dass wir dieses Abkommen auch wirklich ratifizieren. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abg. von Künsberg Sarre [NEOS].)
Da es hier schon blinkt (auf das blinkende rote Lämpchen auf dem Rednerinnen- und Rednerpult blickend), nur kurz noch inhaltlich zu der Sache, warum Österreich da mitmachen muss: Es ist auch unser Verhalten, es ist unser CO2-Ausstoß, der dazu führt, dass die Meere sich erwärmen, dass sie sauer werden. Wir müssen uns vorstellen: Wir haben ganz viele von diesen Spezies, die in diesem unbekannten Bereich leben, wahrscheinlich noch gar nie kennengelernt und schon ausgerottet. Dieses Abkommen ist nicht nur ein tolles Papier, es ist eigentlich, wenn man es genau liest, eine Notbremse, die wir dringend ziehen müssen; und deshalb bitte ich Sie, das zu unterstützen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)
18.22
Präsident Peter Haubner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Markus Hofer. Redezeitwunsch: 1 Minute.
RN/143
18.22
Abgeordneter MMag. Markus Hofer (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist vielen nicht bewusst, welche historische Bedeutung das Thema der Meere, das Thema der Hochsee für Österreich hat. Wir haben völkerrechtlich dafür sehr viel getan, sehr viel geforscht und uns sehr viel eingesetzt.
Wenn wir aber über die Meere der Welt und die dortige Biodiversität reden, kann man immer auch einen kurzen Absprung auf die Binnengewässer machen, die wir heute schon einmal haben, und bei diesen Binnengewässern habe ich mich zu einer tatsächlichen Berichtigung durchgerungen und gesagt, dass die DDSG seit 1995 keine Personenschifffahrt mehr hatte. – Das ist nicht richtig, ich habe nur nicht gut recherchiert. Frau Kollegin Götze hat in ihrer Rede recht gehabt, dass es die DDSG als Blue Danube mit ein paar Schiffen noch gibt. Da hat sie richtig recherchiert, und das wollte ich ihr noch einmal sagen. – Danke. (Beifall bei NEOS, ÖVP, SPÖ und Grünen.)
18.24
Präsident Peter Haubner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Roland Baumann. – Ich stelle die Redezeit auf 3 Minuten ein, Herr Abgeordneter.
RN/144
18.24
Abgeordneter Roland Baumann (SPÖ): Danke, Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseher:innen hier im Saal und zu Hause! Heuer hat die Expo, die Weltausstellung, in Osaka stattgefunden, und diese Ausstellung ist an sich schon ein schönes Format der internationalen Zusammenarbeit: circa 160 Länder, die sich für ein halbes Jahr an einem Ort präsentieren, austauschen und sich somit mit der gemeinsamen Zukunft als Weltgemeinschaft auseinandersetzen. Auch eine offizielle Delegation aus Österreich ist dort gewesen.
Dort wurde die Bedeutung gesunder Ozeane für Menschen hervorgehoben und betont, dass die internationale Zusammenarbeit für die Bewältigung globaler Nachhaltigkeitsherausforderungen und die Erhaltung der natürlichen Ressourcen von entscheidender Bedeutung sind. Dieses Abkommen ist ein wichtiger internationaler Schritt, um die Ozeane zu schützen. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich habe diese Weltausstellung heuer das erste Mal besucht und war von einem Land besonders begeistert: Portugal. Portugal stellte seinen Pavillon unter das Motto: Ocean, the Blue Dialogue, präsentierte sich als eine Nation, die mit dem Meer eng verbunden ist, und betonte seine entscheidende Rolle beim Schutz der Ozeane.
Im Sinne einer internationalen Zusammenarbeit ersuche ich noch einmal um Zustimmung zu diesem Übereinkommen und lese jetzt noch einen Text aus dem portugiesischen Pavillon vor, in dem sie die Perspektive geändert haben. Dieser Text wurde von einem imposanten Video begleitet und widerspiegelt ein Gespräch des Ozeans mit einem Menschen:
„The Ocean’s Point of View“ – die Sichtweise des Ozeans: Dein ganzes Leben hängt von mir ab, aber du scheinst das vergessen zu haben. Ich werde es dir zeigen. Du schmilzt meine Gletscher – ich werde dein Zuhause überfluten. Wenn du Müll auf mich wirfst, werde ich ihn dir zurückschicken. Wenn du heute all meine Ressourcen abbaust, habe ich morgen nichts mehr, was ich dir geben kann. Lass mich dir sagen: Es liegt in meiner Natur, zu erschaffen. Ich bin nicht derjenige, der in Gefahr ist. Du bist es. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abg. von Künsberg Sarre [NEOS].)
18.26
Präsident Peter Haubner: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.
RN/145
Präsident Peter Haubner: Wir kommen somit zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 289 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „baldige Ratifizierung des UN-Übereinkommens über die biologische Vielfalt der Meere von Gebieten außerhalb nationaler Hoheitsbefugnisse“.
Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit, somit angenommen. (54/E)