RN/166
Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichts Innsbruck, do. GZ. 39 Hv 56/25x - 1.15, um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Franz Hörl gemäß Art. 57 Abs. 3 B-VG (304 d.B.)
Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zum 13. Punkt der Tagesordnung.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Als Erster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Norbert Nemeth.
RN/167
19.38
Abgeordneter Mag. Norbert Nemeth (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Abgeordnetem Hörl wird eine Schädigung des Tier- und Pflanzenbestandes sowie eine Aufforderung zu mit Strafe bedrohten Handlungen vorgeworfen.
Der Immunitätsausschuss hat einstimmig beschlossen, da einen politischen Zusammenhang zu sehen und der behördlichen Verfolgung nicht zuzustimmen. Das wäre grundsätzlich Grund genug, sich hier heute eigentlich nicht zu Wort zu melden, dennoch ist dieses Auslieferungsbegehren der Rede wert, zumal es ein Unikum in der parlamentarischen Tradition darstellt.
Wenn ich sage, wir haben den politischen Zusammenhang bejaht, dann stimmt das eigentlich nur vordergründig. In Wahrheit ist nämlich das Auslieferungsbegehren des Landesgerichtes Innsbruck inhaltlich so dürftig, dass die Mitglieder des Immunitätsausschusses gesagt haben: Auf dieser Basis können wir genau gar nichts feststellen, und daher stellen wir uns im Zweifel schützend vor den Abgeordneten – in diesem Fall vor den Abgeordneten Hörl. (Beifall bei FPÖ, ÖVP und NEOS.)
Man kann vermuten, dass sich dieses Auslieferungsbegehren auf ein älteres Auslieferungsbegehren bezieht, allerdings sind Vermutungen in so wichtigen Angelegenheiten keine Basis, auf der wir unser freies Mandat ausüben können.
Ich habe bereits in den letzten Sitzungen betreffend das Auslieferungsbegehren des Abgeordneten Deimek darauf hingewiesen und eingemahnt, dass die Auslieferungsbegehren in ihrer Qualität immer schlechter werden, dass die Justiz weit hinter den Ansprüchen ihrer eigenen Erlässe zurückbleibt, wonach die Auslieferungsbegehren so zu formulieren sind, dass sie eine ausreichende Entscheidungsgrundlage für uns sind und dass uns auf Verlangen auch Aktenkopien zur Verfügung zu stellen sind.
Kaum war meine Rede verklungen, kam das Auslieferungsbegehren in der Sache Deimek und hat mich in einer traurigen Art und Weise bestätigt. Daher hat sich auch der Präsident des Nationalrates mit heutiger Post an die Justizministerin gewandt und die Einhaltung der diesbezüglichen Erlässe eingemahnt. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)
19.41
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Nikolaus Scherak.
RN/168
19.41
Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Wenn wir hier im Plenum über die Immunität von Abgeordneten diskutieren, dann wird das oft in der Bevölkerung nicht verstanden und kann der Hintergrund nicht nachvollzogen werden. Man muss sich das historisch überlegen.
Es geht darum, dass man vor vielen Jahren, als die Demokratie noch in den Kinderschuhen steckte – aber die Frage ist immer noch relevant –, Abgeordnete, die Funktionsfähigkeit eines Parlaments vor willkürlicher Verfolgung durch die Polizei, durch Ermittlungsbehörden und dergleichen schützen wollte.
Deswegen gibt es einerseits selbstverständlich die berufliche Immunität, das heißt, wir sind geschützt bei all dem, was wir hier sagen, aber andererseits auch die außerberufliche Immunität. Also wenn ein Abgeordneter im Rahmen seiner politischen Tätigkeit, sei es bei einer Pressekonferenz, bei einer Wahlveranstaltung oder wo auch immer, seine politische Meinung von sich gibt, ist er selbstverständlich auch geschützt, weil anderenfalls die Möglichkeit bestünde, dass die Justiz beispielsweise oder wer auch immer diesen Abgeordneten willkürlich verfolgt, das vielleicht auch bei einer großen Anzahl von Abgeordneten macht und dass am Schluss dieses Haus nicht mehr funktionsfähig ist. Das heißt, es gibt gute Gründe, wieso diese Immunität immer noch existiert.
Kollege Nemeth hat es schon angesprochen: Wenn die Justiz, die Staatsanwaltschaft, der Meinung ist, dass wir hier die Immunität eines Abgeordneten aufheben sollten, weil eine Tat, ein inkriminierter Sachverhalt nichts mit der beruflichen Tätigkeit des Abgeordneten zu tun hat, dann muss die Justiz, die Staatsanwaltschaft, das begründen.
Deswegen ist es so irritierend. Das ist ein nicht öffentliches Dokument, aber ich brauche gar nichts aus dem Dokument zu zitieren, weil – und das ist das Schlimme – in diesem Dokument nichts drinnen stand. Das Auslieferungsbegehren der Staatsanwaltschaft hat sich auf das bezogen, was auch im Bericht des Immunitätsausschusses steht, nämlich dass der Verdacht einer strafbaren Handlung nach § 181 StGB und § 282 StGB vorliegt. Ich weiß nicht, wie ich daraus ableiten kann, meine Aufgabe wahrzunehmen, nämlich zu schauen, ob es einen politischen Zusammenhang mit der Tätigkeit des Abgeordneten Hörl gab – weil ich noch nicht einmal weiß, was ihm vorgeworfen wird, außer etwaiger Tatbestände, aber ich kenne keinen Sachverhalt, ich kenne nichts!
Jetzt will ich selbstverständlich nicht sagen, dass das willkürlich von der Justiz ist, aber es ist hoch problematisch, weil wir unserer Tätigkeit als Abgeordnete im Immunitätsausschuss so gar nicht nachgehen können. Deswegen ist es für mich klar: Solange Auslieferungsbegehren so kommen und wir nicht einmal wissen, worum es geht, können wir weder feststellen, ob es einen politischen Zusammenhang gibt, noch können wir feststellen, dass es keinen politischen Zusammenhang gibt. Dementsprechend ist die einzig logische Antwort darauf, dass wir diesem Auslieferungsbegehren schlichtweg nicht stattgeben. (Beifall bei den NEOS.)
19.44
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christoph Zarits.
RN/169
19.44
Abgeordneter Christoph Zarits (ÖVP): Danke, Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann meinen Kolleginnen und Kollegen, meinen Vorrednern, nur recht geben und inhaltlich dementsprechend auch alles mittragen, was gesagt wurde.
Prinzipiell möchte ich zwei Punkte festhalten: Der Nationalrat und damit auch wir als Immunitätsausschuss sind nicht dazu da, darüber zu entscheiden, ob eine strafbare Handlung vorliegt, ja oder nein, sondern das ist allein die Aufgabe der Gerichte, und das ist gut so.
Unsere Aufgabe als Immunitätsausschuss ist es, festzustellen, ob eine inkriminierte Handlung im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Abgeordneten besteht. Das tun wir in vielen Fällen; der Immunitätsausschuss hat in dieser GP ja schon des Öfteren getagt.
Zum Fall Hörl möchte ich noch eines sagen: Am 29.9.2024 haben ja bekanntlich die Nationalratswahlen stattgefunden und danach wurde Franz Hörl für die ersten acht Monate kein Nationalratsmandat zugeordnet. So wurde auch ein Verfahren gegen ihn geführt, das am 17.6.2025 zu einem Freispruch geführt hat; nur dass man das bezüglich dieser Angelegenheit auch einmal erwähnt.
Was Kollege Scherak und Kollege Nemeth angesprochen haben, dass die Auslieferungsbegehren qualitativ so sind, wie sie eben sind, ich würde sagen, nicht das Gelbe vom Ei sind, dazu muss ich festhalten, das erschwert uns die Arbeit im Immunitätsausschuss natürlich sehr. Ich bedanke mich beim Nationalratspräsidenten, der die Diskussion darüber in die Präsidiale gebracht und einen Brief an die Justizministerin verfasst hat, dass wir als Immunitätsausschuss qualitativ höherwertige Auslieferungsbegehren haben wollen, um eben auf Grundlage von Fakten und Inhalten entscheiden zu können.
Ich bin dem Nationalratspräsidenten dankbar und hoffe, dass im nächsten Immunitätsausschuss, wann immer der auch sein möge, diese Begehren anders und qualitativ höherwertig gestaltet sind. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der NEOS.)
19.46
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Selma Yildirim.
RN/170
19.46
Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Danke sehr, Frau Präsidentin! Hohes Haus! Der Immunitätsausschuss hat sich gestern, also am Mittwoch, mit dem Ersuchen des Landesgerichtes Innsbruck um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten Franz Hörl befasst. Es wurde einstimmig ein Zusammenhang der inkriminierten Handlung mit der politischen Tätigkeit des Abgeordneten Hörl festgestellt. Die behördliche Verfolgung wird somit erst fortgesetzt, wenn der Herr Abgeordnete aus dem Nationalrat ausscheidet.
Wir haben natürlich im Ausschuss bereits mehrfach diskutiert, dass eine formal einheitliche Vorgehensweise wünschenswert wäre. Im Auslieferungsersuchen sollte der Sachverhalt für das Parlament erkennbar und nachvollziehbar sein. Die Abgeordneten, die im Immunitätsausschuss sitzen, sollten sich zumindest ein Bild vom Sachverhalt machen können. Daher ist es einfach zu wenig, nur auf Paragrafen hinzuweisen.
Warum wir doch zu diesem Schluss gekommen sind, ist bereits erwähnt worden. Es gab dieses Verfahren in der vorhergehenden Gesetzgebungsperiode. Aber anzunehmen, dass dann hier nach Ende einer Gesetzgebungsperiode die Informationen den neu gewählten Abgeordneten und dem neu eingesetzten Immunitätsausschuss zur Verfügung stehen, das ist, glaube ich, nicht zulässig. Insofern: Nur der Verweis auf bestimmte Paragrafen ohne eine Sachverhaltsdarstellung ist deutlich zu wenig.
Wir haben uns natürlich aus den Medien und aus der Berichterstattung und aus den Gesprächen in den Klubs den Sachverhalt mehr oder weniger zur Kenntnis gebracht und daher diesen Entschluss gefasst. Wie auch immer, auch schon mehrmals im Ausschuss besprochen und auch im Plenum debattiert: Es braucht diese einheitliche Vorgehensweise.
Die Historie belegt, dass die Parlamentspräsidentinnen und -präsidenten aus vergangenen Gesetzgebungsperioden schon mehrfach Schreiben an die Justizministerin beziehungsweise den Justizminister gestellt haben; das zeigt einfach ein Auszug aus den vergangenen 20 bis 25 Jahren. Nichtsdestotrotz bin ich froh, dass auch diese Präsidiale nach der Diskussion zu diesem Entschluss gekommen ist und der Herr Nationalratspräsident das Schreiben an die Justizministerin übermittelt hat.
Wir gehen davon aus, dass das in Zukunft besser funktioniert. Falls nicht, werden wir auf jeden Fall dranbleiben, dass wir unsere verfassungsmäßigen und geschäftsordungsmäßigen Aufgaben auch tatsächlich erfüllen können. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)
19.49
Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.
Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.
RN/171
Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 304 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:
In Behandlung des Ersuchens des Landesgerichts Innsbruck um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Franz Hörl wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, dass ein Zusammenhang zwischen der inkriminierten Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Franz Hörl besteht; einer behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Franz Hörl wird nicht zugestimmt.
Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig so angenommen.