RN/180

15. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Norbert Nemeth, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 4. Juli 1975 über die Geschäftsordnung des Nationalrats (Geschäftsordnungsgesetz 1975) samt Anlage 1, Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VO-UA) geändert wird (Untersuchungsausschuss-Livestream-Novelle 2025) (540/A)

Präsidentin Doris Bures: Damit kommen wir zum 15. Punkt.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Christian Hafenecker.

RN/181

20.09

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Danke, Frau Präsidentin. – Bevor ich zum eigentlichen Thema dieses Tagesordnungspunktes komme, nämlich der Ersten Lesung betreffend Livestream in Untersuchungsausschüssen, möchte ich noch ganz kurz auf die Rede von Frau Kollegin Duzdar zum letzten Tagesordnungspunkt replizieren. 

Frau Kollegin Duzdar, also das muss man schon einmal zusammenbringen, dass man eine Debatte, die sich eigentlich mit der Geschäftsordnung auseinandersetzt, zu einer Antisemitismusdebatte macht. Das ist aus meiner Sicht eigentlich ein unwürdiges Verhalten, das zu tun, und, Frau Kollegin Duzdar, ich gebe Ihnen an dieser Stelle schon auch eines mit: Ich würde der Sozialdemokratie raten, sich einmal mit ihren Altvorderen auseinanderzusetzen. Mir fällt da, wenn Sie über Antisemitismus sprechen, zum Beispiel Dr. Renner ein, mir fällt Herr Kunschak ein, der NSDAP-Mitglied gewesen ist, mir fällt Julius Tandler ein, der Ihrer Partei zuzuordnen ist, und natürlich auch Ihr ehemaliger Landeshauptmann Kery. Das heißt, Sie sollten diese Debatte nicht so einseitig führen, sondern setzen Sie sich bitte einmal mit Ihren Genossen auseinander, bevor Sie hier sozusagen obermoralisieren. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber zurück zum Thema Livestream im Untersuchungsausschuss: Sie wissen, das ist eine Diskussion, die wir hier im Haus schon sehr, sehr lange führen, weil wir schlicht und ergreifend in den letzten Untersuchungsausschüssen, vor allem jenen nach der neuen Geschäftsordnung, bemerkt haben, dass es wohl auch für die Qualität des Untersuchungsausschusses gut wäre, wenn es zu einer entsprechenden Liveübertragung kommt. Warum sage ich: für die Qualität des Untersuchungsausschusses? – Einfach deswegen, weil ich denke, dass eine Liveübertragung der Befragungen sowohl dazu führen würde, dass sich vielleicht der eine oder andere Befragende seine Fragen genauer überlegen würde, es auf der anderen Seite aber auch dazu führen würde, dass diese Spontanamnesie, die in Untersuchungsausschüssen immer wieder einsetzt, nämlich von Auskunftspersonen – ich habe da immer noch den ehemaligen Minister Blümel mit seinen 86 Erinnerungsverlusten im Kopf –, dass also ein amtierender Minister sozusagen so viele Gedächtnisausfälle hat, und das einfach nur deswegen, weil er Fragen nicht beantworten möchte, vielleicht nicht mehr machbar ist. Ich glaube, ein Politiker, der im Amt ist, müsste das dann schon rechtfertigen, warum er sich vor einem Untersuchungsausschuss so verhält. 

Also wie gesagt, ich sehe das auf beiden Seiten kritisch, keine Frage. Auch die Befragungen sind manchmal entgleist, aber nichtsdestotrotz muss man auch die Auskunftspersonen hierbei mit ins Kalkül ziehen. Und was sich dann als Nebeneffekt vielleicht auch einpendeln würde, ist das Filibustern im Zuge von Befragungen und sind auch sinnlose Wortmeldungen zur Geschäftsordnung – und ich stehe nicht an, zu sagen, dass sich da alle Fraktionen im Haus wohl auch selbst an der Nase nehmen müssten.

Die Geschichte dieser Liveübertragungen ist eine sehr, sehr lange. Wir haben vor zwei Jahren, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, dann zumindest einen Teildurchbruch insofern erzielt, als der damalige ÖVP-Generalsekretär Stocker, nunmehriger Bundeskanzler, zumindest einmal den Weg dafür freigemacht hat, dass die ÖVP auch darüber nachdenkt, zu diesen Liveübertragungen zu kommen. Leider ist aber die damals sehr schnell angestoßene Diskussion darüber auch gleich wieder eingeschlafen. Ich möchte darauf verweisen, Kollege Hanger, dass es damals – weil Sie immer etwas davon sagen, wer da im Lead ist – die ÖVP war, die es auch wieder hat einschlafen lassen. Das ist jetzt aber ohnehin vergossene Milch. Ich glaube, es wäre wichtig für uns alle, dass wir hier entscheidende Schritte weiterkommen.

Ich möchte mich gleichzeitig auch dafür bedanken, dass die Bereitschaft nach wie vor da ist und dass es jetzt natürlich auch darum geht, entsprechende rechtliche Fragen in diesem Zusammenhang noch zu klären und zu schauen, wie weit das dann auch kompatibel mit unserem Modus Operandi hier ist.

Ich möchte an dieser Stelle weiters auch noch erwähnen, dass es natürlich auch ein entsprechendes Interesse der Öffentlichkeit gibt, dass diese Liveübertragungen durchgeführt werden. Es gibt das Volksbegehren, das von immerhin 102 000 Personen unterschrieben worden ist. Das lässt schon darauf schließen, dass es wirklich ein dringendes Bedürfnis der Bevölkerung ist, hier mitzupartizipieren. Ich glaube, diesem Wunsch sollten wir uns nicht verschließen, und genau deswegen sollten wir eben diesen Weg auch fortsetzen. Nationalratspräsident Rosenkranz hat ja auch in seiner Antrittsrede hier entsprechend ins Treffen geführt, dass das auch eines seiner Ziele als Präsident des Nationalrates ist.

Ich denke, es ist jetzt auch nicht die große Hexerei, diesen Untersuchungsausschuss live zu übertragen, denn wir machen es ja zumindest schon fast live, insofern als Journalisten im Untersuchungsausschuss drinnen sitzen und insofern als es natürlich auch einen Liveticker aus dem Untersuchungsausschuss gibt. Warum soll man also nicht auch mit einer Videoübertragung dieses Angebot sozusagen verbessern und den Menschen auch die Möglichkeit geben, sich ungefiltert eine eigene Meinung zu bilden?

Es geht jetzt darum, es umzusetzen, und uns ist natürlich bewusst, dass es da auch Persönlichkeitsrechte gibt, die geachtet werden müssen. Es wird nicht im Interesse des Untersuchungsausschusses sein, dass man jetzt Beamte aus einzelnen Ministerien vor den großen medialen Vorhang holt – ich glaube, dieses Interesse hat keine der Fraktionen, die im Untersuchungsausschuss sind. Was aber sehr wohl zu diskutieren sein muss, ist, dass man natürlich von Personen und Persönlichkeiten aus der Politik oder auch aus der Wirtschaft, die Personen öffentlichen Interesses sind, in dem Zusammenhang auch verlangen können muss, dass sich diese auch entsprechend der Öffentlichkeit stellen.

Eine Frage, die sich natürlich in diesem Zusammenhang auch auftut, ist: Wie geht man dann mit Rechten Dritter um? Das heißt also: Wenn im Untersuchungsausschuss auch Namen von Unbeteiligten fallen, wie kann man da also sichergehen, dass die Persönlichkeitsrechte nicht verletzt werden? Das ist eine berechtigte Diskussion, die auch von Kollegen Hanger in diesem Zusammenhang schon eingebracht worden ist. Da wird man eine vernünftige Lösung finden müssen. Ich hoffe tatsächlich, dass wir es in der kurzen verbleibenden Zeit bis zum Beginn der Befragungen im Pilnacek-Untersuchungsausschuss noch schaffen, da zu einer tragfähigen Lösung zu kommen. Der Befragungsbeginn wird bekanntermaßen am 14. Jänner sein.

Ich möchte mich in diesem Zusammenhang auch beim Nationalratspräsidenten Rosenkranz insofern bedanken, als er jetzt mit dem Deutschen Bundestag Kontakt aufgenommen hat – nachdem wir uns als Fraktionsführer von allen Fraktionen darauf geeinigt haben, dass wir das gerne machen würden – und wir ehebaldigst auch eine Reise nach Deutschland unternehmen werden, um einfach mit den Kollegen dort zu besprechen, wie sie das handhaben. In Deutschland gibt es bereits eine Liveübertragung, da muss aber auch die Auskunftsperson damit einverstanden sein. Uns geht es da vor allem auch um den Modus Operandi im Zusammenhang mit den Rechten Dritter. 

Das heißt also, ich hoffe, dass wir da wieder ein Stück weiterkommen, dass wir eine gute Diskussion in diesem Zusammenhang führen – die kann man aus meiner Sicht auch durchaus emotionslos und pragmatisch führen –, und in diesem Sinne hoffe ich tatsächlich, dass wir dann irgendwann einmal auch eine Fünfparteieneinigung hier im Haus zusammenbringen und gemeinsam den Untersuchungsausschuss weiterentwickeln. (Beifall bei der FPÖ.)

20.16

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Andreas Hanger.

RN/182

20.16

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Danke, Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Es freut mich persönlich sehr, dass auch um diese Tages- beziehungsweise Abendzeit noch Besuch auf der Galerie anwesend ist, eine junge Gruppe aus Tirol – die Tochter, glaube ich, von Kollegin Falkner. Herzlich willkommen im österreichischen Parlament! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von FPÖ, SPÖ, NEOS und Grünen.)

Vor allem auch danke für das Interesse an dieser Debatte – und ich bin ja, wenn wir sie in dieser Qualität führen, sehr dafür, sie auch zu führen. Es gibt das berechtigte Interesse der Öffentlichkeit und es gibt auch sehr gute Argumente dafür, dass Untersuchungsausschüsse zukünftig live übertragen werden – das ist unbestritten –, aber wenn wir eine seriöse Debatte darüber führen, müssen wir auch das Spannungsfeld diskutieren: Einerseits der Abgeordnete, der parlamentarische Immunität genießt – Kollege Scherak hat das in der Debatte zu einem anderen Tagesordnungspunkt schon ausgeführt, wir als Abgeordnete sind im Parlament quasi geschützt, beruflich, außerberuflich, wir können im Zusammenhang mit dem, was wir hier im Parlament und auch in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss sagen, strafrechtlich, medienrechtlich kaum belangt werden –, für eine Auskunftsperson und auch für Dritte gilt das hingegen nicht. Das heißt, wenn es zu einer Verletzung von Persönlichkeitsrechten kommt, und das ist ja nicht auszuschließen, dann kann der Abgeordnete, die Abgeordnete nicht belangt werden, weil er oder sie eben die parlamentarische Immunität hat. 

Ich halte auch den Vorschlag, der jetzt von der Freiheitlichen Partei gekommen ist, für tatsächlich untauglich, denn der Vorschlag lautet ja, der Vorsitzende möge darüber entscheiden, wann übertragen wird und wann nicht. Da stellt sich aber natürlich die Frage: auf welcher rechtlichen Basis? Oder ist man dann der Willkür des Vorsitzenden ausgeliefert? Und wenn dann der Vorsitzende nämlich Persönlichkeitsrechte verletzt – das kann ja passieren –, dann ist er ja auch durch die parlamentarische Immunität geschützt.

Da sehen wir also schon einen sehr großen Zielkonflikt, den es aufzulösen gilt. Wir schauen uns aber, wie Kollege Hafenecker angesprochen hat, sehr gerne auch das Modell im Deutschen Bundestag an, und wenn es möglich ist, diesen Zielkonflikt zwischen parlamentarischer Immunität des Abgeordneten und den Rechten und Pflichten, die eine Auskunftsperson beziehungsweise Dritte haben, zu lösen, dann stehen wir natürlich auch einer öffentlichen TV-Übertragung positiv gegenüber. Wir sehen aber eine große Schwierigkeit, dieses Spannungsfeld aufzulösen. Ich bin aber sehr dafür, eine sachliche, gute juristische Diskussion zu führen. Wenn es möglich ist, dann sollten wir es tun, und wenn es nicht möglich ist, eben nicht. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

20.19

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kai Jan Krainer.

RN/183

20.19

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Danke, Frau Präsidentin. – Zunächst einmal danke für den Vorschlag. Er ist ja nur eine Trägerrakete – das ist auch von den Freiheitlichen selber so einreferiert worden –, weil ungelöste Fragen darin enthalten sind. Diese ungelösten Fragen sind nicht neu. Wir hatten eigentlich dieselben Fragen beim allerersten Untersuchungsausschuss nach dem – in der Zwischenzeit schon elf Jahre alten – neuen Untersuchungsausschussrecht. Da war nämlich die Frage – weil wir die Persönlichkeitsrechte achten müssen –: Dürfen wir Journalisten die Namen von Auskunftspersonen vorab geben, wenn das nicht Personen öffentlichen Interesses sind?

Das war eine Frage, die sich gestellt hat, wo wir als Abgeordnete angefangen haben, uns zu überlegen: Welche Namen dürfen wir ihnen geben, welche nicht. Da hat es damals eine Besprechung mit Vertretern der Parlamentsredakteure gegeben, und die haben relativ klar gesagt: Erstens, sie brauchen die Namen, um ihre Arbeit machen zu können, um recherchieren zu können. Sie müssen wissen, wer kommt, damit sie sich vorbereiten können. Sie müssen wissen, wie die Personen heißen und was die machen, damit sie sich auf ihre Tätigkeit, die journalistische Berichterstattung über Untersuchungsausschüsse, ordentlich vorbereiten können. – Okay, made a point

Und das Zweite ist, dass sie gesagt haben, dass sie über die Frage der Persönlichkeitsrechte sowieso jeden Tag befinden müssen, weil es ja das Mediengesetz gibt. Sie müssen jeden Tag entscheiden, ob Personen von öffentlichem Interesse sind oder nicht, ob man den Namen verwenden darf, ob man ein Bild drucken darf, ob man es verpixeln muss oder nicht. Und sie sind auch haftbar dafür, was sie tun. Wenn sie Persönlichkeitsrechte verletzen, dann kann ja die Person sie klagen, und die müssen dann ganz schön viel Geld zahlen. Wir wissen ja, dass das oft ganz, ganz große Summen sind, die da einzelne Medien zahlen mussten, nicht im Zusammenhang mit Untersuchungsausschüssen, sondern mit anderen Fragen.

So, und damals haben wir gesagt: Gut, einleuchtend, wir vollziehen nicht das Mediengesetz, wir müssen jetzt nicht eure Arbeit machen. Ihr bekommt die Namen, ihr recherchiert und ihr entscheidet aber auch, wen ihr in die Zeitung bringt und wen nicht. Eigentlich halte ich diese Lösung auch in diesem Fall für die einfachste Lösung: Wir gestatten Bild- und Tonaufnahmen, und die Journalisten entscheiden dann selbst, wen sie bringen. Sie haften auch dafür, sie sind selber dafür verantwortlich. Teile der Aussagen werden sie rausschneiden müssen oder mit einem Geräusch übertönen müssen.

Das weiß ich ja selbst, denn ich habe zum Beispiel einmal selber eine Auskunftsperson gefragt: Woher kennen Sie die Auskunftsperson B?, und die Auskunftsperson hat geantwortet: Na ja, unsere Kinder gehen dort und dort gemeinsam in die Volksschule. – Das haben wir dann später aus dem Protokoll herausgestrichen, und die Medien dürfen halt solche Sachen auch nicht bringen. Also das ist die Aufgabe der Medien, das zu machen. Wir machen das bei unserem Protokoll sehr ernsthaft, indem wir das wirklich durchgehen, Anonymisierungen vornehmen und Teile auch streichen, in denen es um persönliche Daten geht, die für den Untersuchungsausschuss auch nicht relevant sind und die Öffentlichkeit nichts angehen.

Dass wir das Mediengesetz vollziehen, dass wir uns jetzt überlegen, wer Person öffentlichen Interesses ist und wer nicht, dass wir uns als Politiker diesen Schuh anziehen, halte ich für keine gute Idee. Das sollen wirklich Journalisten machen. Die machen das jeden Tag, die sind Profis darin.

Ich bin ja jetzt schon ein paar Jahre in der Politik, und es soll ab und zu vorkommen, dass solche Entscheidungen, wenn wir sie treffen, eher nach parteipolitischen Gesichtspunkten getroffen werden als – jetzt unabhängig, von welcher Partei – nach objektiven Maßstäben. Lassen wir Journalisten ihre Arbeit machen, und wir machen unsere Arbeit! Die Frage, welche Person von öffentlichem Interesse ist, wen man im Fernsehen in Bild und Ton zeigen darf, wen man vom Ton her im Radio bringen darf, diese Entscheidungen sollen Journalisten treffen und nicht wir. Aber diskutieren wir das noch weiter. Das ist halt, glaube ich, die einfachste Lösung, auch aus den Lehren der letzten elf Jahre. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

20.23

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Nikolaus Scherak

RN/184

20.23

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Danke, Frau Präsidentin. – Die Debatte über die Verfahrensordnung des Untersuchungsausschusses ist leider eine dieser Debatten, bei der immer ein bisschen der Standort den Standpunkt bestimmt. Ich glaube, dass das nicht so sein sollte. Ich glaube, dass wir als Parlament ganz unabhängig davon, in welcher Funktion sich eine Partei gerade befindet, in der Regierung oder in der Opposition, eine Entscheidung treffen sollten, und das ist in den vielen Debatten, die ich dazu schon mitbekommen habe, leider nicht immer so gewesen.

Vor knapp zehn Jahren hat es ein Momentum gegeben, wo sich alle dieser Bedeutung bewusst waren und gesagt haben, ja wir schaffen es, dass der Untersuchungsausschuss ein Minderheitsrecht wird, weil damals die Aufklärung rund um die Hypo essenziell war – und dann hat man das zustande gebracht. Es war eine Kraftanstrengung hier im Parlament, weil die Überzeugungsnotwendigkeiten in den eigenen Fraktionen, insbesondere in denen, die damals in der Regierung waren, doch eher herausfordernd waren. Das macht man ja nicht so mir nichts, dir nichts.

Ein bisschen empfinde ich diese Debatte hier jetzt auch so. Es gibt schon viele unterschiedliche Lösungsmöglichkeiten, aber wenn man will, kann man diese Frage lösen. Ich schaue gerade auf Kollegen Darmann. Er war damals, vor zehn Jahren, dabei – ich erinnere mich an sehr intensive Verhandlungen –, Kollege Nemeth damals auch und auch andere. Man kann diese Dinge lösen. Genauso kann man die Frage der Liveübertragungen lösen. Ein Lösungsvorschlag ist das, was Kollege Krainer gesagt hat. Ich glaube, das ist einer, der funktionieren könnte. Vollkommen richtig: Medien vollziehen das Medienrecht seit vielen, vielen Jahren und wissen ganz genau, wer eine Person öffentlichen Interesses ist und wer das nicht ist.

Wir selbst haben einen anderen Vorschlag gemacht. Wir haben ja mehrere externe Funktionsträger im Untersuchungsausschuss: den Verfahrensrichter und den Verfahrensanwalt. Der Verfahrensanwalt ist übrigens explizit im Untersuchungsausschuss, um Persönlichkeitsrechte von Auskunftspersonen zu schützen. Es könnte ja auch dieser die Aufgabe übernehmen, die Persönlichkeitsrechte von Dritten zu schützen. Man kann darüber nachdenken, ob man die Übertragung zeitversetzt macht, sodass dazwischen die Möglichkeit besteht, falls wieder solche Fragen vom Kollegen Krainer kommen, die in Persönlichkeitsrechte eingreifen - - (Abg. Krainer [SPÖ]: Die Antwort war das Problem, nicht die Frage!) – Die Frage kann ein Problem sein – es kann auch der Fragestellende in Persönlichkeitsrechte eingreifen –, aber auch die Antwort.

Worum es hier geht: Das sind natürlich unbestrittenermaßen herausfordernde juristische Fragen, aber, Herr Kollege Hanger, man kann sie lösen. Wir debattieren das schon sehr lange. Was man braucht, sind der Wille und der Mut zu einer Lösung. Dann bin ich mir ganz sicher, dass man das schaffen könnte. 

Ich finde es schade, dass der Untersuchungsausschuss eingesetzt ist und die Regelungen noch nicht geändert wurden. Ich glaube, es würde einem Untersuchungsausschuss extrem guttun und auch auf die politische Kultur in diesem disziplinierend wirken, wenn das live übertragen würde, gerne zeitversetzt. Es ist nicht immer nur eine Frage der rechtlichen Schwierigkeiten, sondern es ist in allererster Linie eine Frage des politischen Willens. All diejenigen, die den politischen Willen vielleicht noch nicht so ausgeprägt haben wie ich, sollten sich überlegen, ob es nicht besser wäre für die Demokratie, wenn man sich einen Ruck gibt und es endlich schafft, dass der Untersuchungsausschuss auch öffentlich übertragen wird. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von FPÖ, SPÖ und Grünen.) 

20.27

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Nina Tomaselli

RN/185

20.27

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Danke, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin zwar erst fünf Jahre im Parlament, aber ich fühle mich immer wieder auch ein bisschen zurückgebeamt, weil man tatsächlich fast die Uhr danach stellen kann: Wenn ein neuer Untersuchungsausschuss ins Haus steht, kommt auch die Diskussion über die Liveübertragung. 

Es ist ja kaum von der Hand zu weisen, dass die Erwartung recht hoch ist – von den Journalistinnen und Journalisten, aber auch von interessierten Bürgerinnen und Bürgern, die sich endlich einmal ganz unverblümt und ohne jede Beschränkung ein eigenes Bild vom Untersuchungsausschuss machen wollen. Und dementsprechend wären wir wohl alle, jeder Einzelne der Beteiligten, gut beraten, dass wir schauen – so wie Kollege Scherak das gesagt hat –, dass wir die Lösungsorientierung in den Vordergrund stellen, dass wir das auch schaffen.

Jetzt wissen Sie genauso wie ich, wenn man das Ganze realistisch betrachtet, dass es da sicherlich Herausforderungen gibt, die man angehen muss. Auf der einen Seite gibt es das berechtigte Interesse an Information, an Transparenz des Parlaments gegenüber der Bevölkerung und auf der anderen Seite gibt es genauso ein berechtigtes Interesse an der Wahrung der Persönlichkeitsrechte. Das sind alles Herausforderungen. Ich habe deshalb Herausforderungen gesagt, weil man Herausforderungen angehen und auch schaffen kann, aber man muss natürlich auch gewillt dazu sein.

Es bringt halt nichts – so weit ist das auch klar –, wenn es mindestens eine Fraktion gibt, die zwar öffentlich sagt, ja, sie seien für den Livestream – es ist auch jene, die den Untersuchungsausschuss bei der Bevölkerung, in der Öffentlichkeit gerne verächtlich macht –, und wenn es dann um die tatsächliche Umsetzung geht, sieht man dann in der Diskussion das 26. Zwergenproblem von rechts und sagt: Oh Gott, wir haben über das noch gar nicht gesprochen, da können wir jetzt noch nicht zustimmen!

Ich finde es aber gut, liebe Kolleginnen und Kollegen der Freiheitlichen, dass Sie so eine Trägerrakete sozusagen eingebracht haben. Das hält die Diskussion jedenfalls am Laufen. 

Wenn Sie mich fragen, was realistisch ist – das fragen mich auch viele Bürgerinnen und Bürger; ich bin mir sicher, auch die Fraktionsführerinnen, Fraktionsführer der anderen Parteien des Untersuchungsausschusses –: Wird es noch etwas, bis der Untersuchungsausschuss anfängt? – Wahrscheinlich nicht, aber wenn wir wollen, wenn wir wirklich alle wollen, wenn wir es dann auch wirklich machen, dann würde es schon klappen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Krainer [SPÖ].)

20.30

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Norbert Nemeth.

RN/186

20.30

Abgeordneter Mag. Norbert Nemeth (FPÖ): Danke, Frau Präsidentin. – Abschließend zwei Anmerkungen: Dieser Antrag hat eine Trägerraketenfunktion, das ist richtig. Er ist keine reine Trägerrakete, dafür sind zu viele konkrete Vorschläge drinnen. Er dynamisiert aber natürlich das parlamentarische Verfahren, und das ist notwendig, denn das Schlechteste wäre, wenn uns der Verfassungsgerichtshof demnächst zwingt, in einer Husch-Pfusch-Aktion die Öffentlichkeit der Sitzungen neu zu regeln. 

So ein Szenario dräut, denn wir wissen, dass so ein Verfahren vor der Türe steht, und die Wahrscheinlichkeit, dass der § 17 als verfassungswidrig gehoben wird, ist gar nicht so gering. Deswegen wären wir gut beraten, die Zeit zu nutzen und rasch diese Bestimmung zu überarbeiten.

Der Antrag zeichnet sich dadurch aus, dass er sehr wenig invasiv ist, das heißt, er ändert die bestehende Rechtslage eigentlich nur minimal, in dem Ausmaß, das unbedingt notwendig ist, um das gewünschte Ziel herbeizuführen.

Er weist die Kompetenz dem Vorsitzenden zu, und das ist auch aus fachlicher Sicht, glaube ich, ein guter und richtiger Weg. Wir haben heute in der „Presse“ auch eine prominente Schützenhilfe erhalten. Der langjährige Verfahrensrichter Dr. Pöschl hat heute in einem Interview gesagt, er hält auch diese Lösung, diese Kompetenz der Kontrolle der öffentlichen Übertragung, für den richtigen Weg und würde diese Lösung unterstützen.

Frau Kollegin Tomaselli hat mit ihrer Einschätzung natürlich nicht unrecht. Parlamentarische Arbeitsgruppen haben immer so den Beigeschmack, etwas auf die lange Bank schieben zu wollen, und tatsächlich soll das dann und wann schon einmal vorgekommen sein, dass man Arbeitsgruppen einrichtet, um vorzutäuschen, man will Ergebnisse, die man aber in Wirklichkeit nur vereiteln will.

Wir haben jetzt diesen konkreten Antrag vorgelegt. Die ÖVP hat uns aufgefordert, das zu tun, fast drei Wochen nachdem wir den Antrag bereits vorgelegt hatten – also ich frage mich auch, wie Sie sich eigentlich auf Geschäftsordnungskomiteesitzungen vorbereiten, wenn Ihnen entgeht, dass Anträge eingebracht sind, die dort besprochen werden.

In dem Sinn: Die Zeit drängt. Das ist der Unterschied zu den Diskussionen, die wir in der Vergangenheit hatten. Ich bitte um Zuweisung an den Geschäftsordnungsausschuss und um zügige Aufnahme der Beratungen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Krainer [SPÖ].)

20.33

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen. 

RN/187

Zuweisung

Präsidentin Doris Bures: Ich weise diesen Antrag 540/A dem Geschäftsordnungsausschuss zu.