RN/10

9.46

Abgeordnete Leonore Gewessler, BA (Grüne): Herzlichen Dank, Herr Präsident! Lieber Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich war ja zuerst fast angetan, wie ich den Titel dieser Aktuellen Stunde gehört habe, weil unsere Arbeit ein Ziel hat: „Aufschwung für Österreich!“ – Ich habe mir gedacht, vielleicht geht es jetzt endlich los. Der Bundeskanzler hat ja angekündigt, die Zeit des Redens ist vorbei. 

Ganz ehrlich, nachdem ich mir jetzt Ihre Reden angehört habe (Heiterkeit der Rednerin), liebe Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, lieber Herr Minister, muss ich sagen, da ist nicht viel übergeblieben – und schon sicher keine Euphorie. Ich meine, Überschriften allein machen keine Politik und ein neuer Titel für ein Gesetz macht noch lange kein gutes Gesetz. (Beifall bei den Grünen.)

Ganz ehrlich, ich glaube, den Unternehmerinnen und Unternehmern in diesem Land geht es genauso. Da gibt es vielleicht noch ein paar, die auf eine Wirtschaftspartei ÖVP hoffen, auf die ÖVP, die jahrzehntelang gesagt hat: Wir stehen an eurer Seite!, und dann stellen sie Tag für Tag fest – offensichtlich auch heute in dieser Debatte –: Die ÖVP als Wirtschaftspartei, das war einmal! 

Wenn man sich anschaut, was Sie heute hier präsentieren, dann herrscht für mich ein Gefühl vor, und zwar ist das Orientierungslosigkeit. Ich meine, das hört sich wie eine politische Midlife-Crisis auf der Suche nach sich selbst an – aber ohne eine Idee, wie man da wieder herausfinden soll. (Heiterkeit und Zwischenruf des Abg. Deimek [FPÖ].)

Ganz ehrlich, schauen wir es uns konkret an – es gibt eine lange Liste von Beispielen, und ich mache es an ein paar konkret –: Statt in die Zukunft zu investieren, klammern Sie sich an die Vergangenheit. Zum Beispiel beim Verbrenneraus auf europäischer Ebene: beschlossen mit den Stimmen der Volkspartei. Das sei richtig und wichtig, weil Industrie – Sie haben es jetzt in Ihren Reden sieben, acht Mal gesagt – Planungssicherheit braucht. Jetzt kämpfen Sie plötzlich gegen sich selbst. Statt bei der Wende vorne dabei zu sein, klammern Sie sich plötzlich wieder an die Vergangenheit. Sie wollen offensichtlich nicht, dass Europa weiterhin die besten Autos baut, sondern die dreckigsten Autos, und das um jeden Preis, während Sie die Zukunft links liegen lassen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Wurm [FPÖ]: Wir bauen bald gar keine Autos mehr!) 

Klimaschutz, Innovation, erneuerbare Energien: Überall dort, wo Österreichs Potenzial liegt, schauen Sie weg oder legen weitere Hürden in den Weg. Das ist mutlos und das ist zukunftsvergessen.

Und was bleibt dann über? – Große Worte. Ganz ehrlich, das kennen die Menschen in diesem Land mittlerweile als Muster schon sehr, sehr gut. ÖVP, SPÖ, NEOS sind Weltmeister im Ankündigen, und beim Umsetzen, beim Liefern passiert dann wenig.

Ich meine, haben Sie die Betriebe einmal gefragt, was sie wirklich brauchen? Ich glaube, die Antwort wäre klar: Sie brauchen Planungssicherheit, Verlässlichkeit, eine Regierung, die arbeitet, nicht eine, die ständig ankündigt. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wie soll man denn bitte investieren – guten Mutes investieren, langfristig Geld in die Hand nehmen –, wenn sich ständig alles ändert, wenn Sie ständig mit neuen Hackenschlägen kommen? 

Hören Sie einmal den mittelständischen Unternehmen in diesem Land zu! Ich kann Ihnen empfehlen, das „Morgenjournal“ von heute nachzuhören. Da war eine Reihe von denen zu hören, die gesagt haben: Diese Regierung zerstört meine Planungssicherheit, zerstört die Investitionssicherheit! – Das ist das Gegenteil von Planbarkeit. Politik entsteht eben nicht durch Schlagzeilen, nicht durch Pressekonferenzen, sondern durch klare, verlässliche Rahmenbedingungen, durch einen Staat, der Zukunft ermöglicht, und durch eine Politik, die diese Realitäten auch anerkennt und nicht bekämpft. (Beifall bei den Grünen.) 

Wir stehen in großen, globalen Veränderungen: Digitalisierung, Klimakrise, internationaler Wettbewerb. Andere Länder reagieren da entschlossen. Und was passiert hier? – Sie reden vom Aufschwung, liefern Stillstand; Sie reden von der Entlastung, bleiben dann vage; Sie reden von der Wirtschaft, blockieren aber die Investitionen, die wir dringend brauchen. Ein Fonds für den Netzausbau: Wo ist dieser? Eine Industriestrategie – wir alle erinnern uns, sie wurde pompös angekündigt –: Wo ist sie? Von der Entbürokratisierung in der Gewerbeordnung: keine Spur. – Oh, ich vergaß: Sie wurde heute wieder angekündigt. Es ist aber völlig klar: Ohne günstigen, sauberen Strom verliert Österreich, ohne moderne Infrastruktur verliert Österreich, und ohne eine Regierung, auf die man sich verlassen kann, verlieren wir wertvolle Zeit – Zeit, die wir nicht haben. (Beifall bei den Grünen.)

Wir Grüne stehen für eine Wirtschaftspolitik, die nach vorne schaut, nicht in den Rückspiegel. Wir wissen, eine starke Wirtschaft braucht Innovation, braucht Mut, braucht ein starkes Europa. Wir wissen, Klimaschutz ist kein Gegner, sondern der größte Standortvorteil dieses Jahrhunderts. Und wir wissen, die Betriebe, die heute investieren, sichern die Jobs von morgen. Wenn die ÖVP das nicht anerkennt oder nicht anerkennen will, dann soll bitte zumindest die Wirtschaft in diesem Land das nicht ausbaden müssen.

Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Österreich verdient eine Politik, die arbeitet, nicht ankündigt, eine Politik, die Entscheidungen trifft, nicht Ausreden sucht, und eine Politik, die den Aufschwung nicht verspricht, sondern möglich macht. Wir sind bereit dazu. Die Frage ist: Sie auch? (Beifall bei den Grünen.)

9.51

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hafenecker. – Bitte, Herr Abgeordneter. 

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.