RN/20
10.48
Abgeordnete Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Herr Präsident! Frau Minister! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Wir haben jetzt einen Hickhack zwischen NEOS und FPÖ gehört, der angesichts unserer Bedrohungslage erbärmlich ist. Wir müssen Lösungen finden. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Wer bedroht Sie?)
Wir leben in einer extrem polarisierten Welt (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Das nächste Wahlergebnis bedroht Sie, da haben Sie recht!) und wir brauchen einen Weg des Friedens und einen Weg der Mitte. (Ruf bei der FPÖ: Seid ihr euch eigentlich einig, was ihr wollt? Vor einem halben Jahr sagt ihr noch ...! Was jetzt?) Das beginnt einmal damit, dass man sich ansieht, was in den Dokumenten wirklich drinnen steht. Das US-Sicherheitspapier, die Sicherheitsstrategie haben vielleicht viele von Ihnen gar nicht gelesen. Herr Kollege Shetty, es wundert mich, dass du aus dem Dokument anscheinend zitierst, aber falsch zitierst. Weder das Wort populistische Parteien noch das Wort unterstützen steht da drinnen. (Abg. Wurm [FPÖ]: Bravo! Genau!)
Ich habe gerade das Dokument auf Deutsch übersetzt auf meinem Blog hochgeladen, damit man es selber nachlesen kann. gudrunkugler.at – das sind nur zwei Seiten, und man kann sich dann selber ein Bild machen. (Abg. Shetty [NEOS]: Was steht drinnen?)
Wir haben über Jahre hinweg die Amerikaner beschimpft – auch die NEOS waren in ihrer Wortwahl nicht zurückhaltend, obwohl ihr immer sagt, die transatlantische Achse ist so wichtig –, man braucht sich daher nicht zu wundern, wenn die Amerikaner sagen: Ja dann kümmert euch um eure Sachen selber!
Ich meine, dass wir in der neuen Situation, in der wir jetzt sind, wirklich darüber nachdenken müssen, was wir tun, um unsere Sicherheit zu gewährleisten. – Dazu eine Lebensweisheit: Wenn der Vogel aus dem Nest gestoßen wird, dann muss er fliegen lernen. Und die Frau Minister hat heute schon einiges Wichtiges dazu gesagt.
Ich hätte mir auch nicht gedacht, dass ich Vegetius einmal im Parlament zitieren würde: „Si vis pacem para bellum.“ – Wenn du Frieden willst, musst du dich auf Krieg vorbereiten. – Wir brauchen eine Friedensordnung, diese braucht aber Stärke, Standhaftigkeit und Verteidigungsbereitschaft. Und das bedeutet für uns als allerersten Schritt, eine strategische Interoperabilität unserer Streitkräfte herzustellen. Das heißt: technisch, organisatorisch und operativ. Das heißt aber auch – FPÖ! –, dass wir nach Russland hin abdichten müssen (Abg. Kickl [FPÖ]: Also ... Sicherheitsstrategie gegen Russland!) und dass wir miteinander arbeiten müssen, viele kleine Länder auf engem Raum miteinander arbeiten (Abg. Kassegger [FPÖ]: Kalter Krieg 2.0, oder was?); auseinanderzudriften ist gemeingefährlich. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Die Frau Außenminister hat gesagt, wir sind stark. – Ich wünsche mir, dass Sie recht haben, ich glaube aber, der Satz muss lauten: Wir müssen stark werden. Und auch der Wirtschaftsminister hat heute schon gesagt, dass in diesem amerikanischen Papier alles Mögliche drinsteht, und er kritisiert die Schärfe, aber vielleicht finden wir ein Körnchen Wahrheit, Dinge, an denen wir arbeiten müssen, damit wir stark werden.
Schauen wir es uns genau an: Es geht um Wirtschaft, Migration, Geburtenraten und kulturelle Identität und politische Freiheit. Vielleicht kann man ein Körnchen Wahrheit finden (Abg. Wurm [FPÖ]: Da sind mehrere Körnchen drinnen!), an dem wir arbeiten müssen. Ein Thema wurde heute in der Aktuellen Stunde schon eingehend diskutiert, nämlich: Wie geht es unserer Wirtschaft? (Ruf bei der FPÖ: Schlecht! – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Die liegt im Sterben!) Und nicht zu Unrecht heißt es im US-Sicherheitspapier, dass unser Anteil am Weltmarkt – leider – deutlich zurückgegangen ist. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Aber nicht mit Waffenindustrie!) Die schreiben: von 25 Prozent im Jahr 1990 auf heute 14 Prozent. Ich weiß nicht, ob man diese Zahlen verifizieren kann (Abg. Wurm [FPÖ]: Freilich kann man das!), aber was stimmt, ist: ein deutlicher Rückgang. Wir haben aber immer noch, liebe FPÖ, einen weit höheren Anteil am Weltmarkt, als unser Anteil an der Weltbevölkerung ausmacht. Das heißt, wir dürfen Europa nicht einfach abschreiben. Und selbst die USA sagen – ich zitiere –: „Europäische Sektoren von der Fertigung über Technologie bis hin zur Energie gehören weiterhin zu den robustesten der Welt.“ Europa ist Heimat modernster wissenschaftlicher Forschung und weltführender kultureller Institutionen. (Abg. Kassegger [FPÖ] – mit der Hand eine Bewegung schräg nach unten machend –: Aber so!) – Aber da gibt es etwas, das wir wieder aufbauen können. Wir müssen wieder stark werden. (Abg. Wurm [FPÖ]: Aber das geht nur mit uns!) Letzte Woche wurde das Entbürokratisierungspaket im Ministerrat beschlossen, das ist der richtige Weg! (Beifall des Abg. Taschner [ÖVP].)
Die USA sprechen aber auch von – ein als zu scharf kritisiertes Wort – zivilisatorischer Auslöschung (Abg. Wurm [FPÖ]: Ja, genau!), und da sprechen sie über Migration – aber wir machen Fortschritte in der Bekämpfung der illegalen Migration (Abg. Wurm [FPÖ]: Wo denn, Frau Kollegin? – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Wo denn, Kollegin?), sowohl auf Europaebene als auch auf österreichischer Ebene.
Die folgenden Zahlen kennen Sie, das müssen Sie zugeben, wenn Sie ehrlich sind, auch: Mit einer Geburtenrate von 1,3 verlieren wir in jeder Generation ein Drittel unserer Bevölkerung. Nur: Die Amerikaner kritisieren das bei uns, es geht ihnen aber auch nicht besser. Das sollten sie vielleicht dazusagen. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Woran liegt denn das? Welche Förderungen gibt es denn für Familien ...?)
Und sie sprechen von einem Verlust nationaler Identität und Selbstbewusstsein. Und dazu kann ich nur sagen: kulturelle Sicherheit ist nationale Sicherheit (Ruf bei der FPÖ: Die haben Sie aber über Bord geworfen!), und wir müssen auch unsere geistige Landesverteidigung wieder aufbauen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)
Das Thema - -
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Bitte zum Schlusssatz kommen.
Abgeordnete Dr. Gudrun Kugler (fortsetzend): Okay, ich muss leider zum Schluss kommen. Ich ende damit: Man kann sich seine Nachbarn nicht aussuchen, nicht im Westen und nicht im Osten – wer zur Geburtstagsparty eingeladen ist, kann man sich aussuchen (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Ich tät’ einmal gern wissen, wer bei Ihnen überhaupt noch Grundwehrdienst macht!) –, wir leben mit den Gegebenheiten, die wir vorfinden. Und hier können wir vielleicht als Österreicher einen Beitrag leisten, dazu beitragen, dass es die Kräfte am Tisch schaffen, über ihren Schatten zu springen. Das Sprichwort: über den eigenen Schatten springen, gibt es nicht auf Englisch und das gibt es auch nicht auf Russisch. Aber auf Deutsch heißt es, über den Tellerrand zu blicken und Eitelkeiten zu überwinden.
Wir müssen alles für den Frieden tun. – Tun wir alles für diesen Frieden! Tun wir es für unsere Kinder, verspielen wir ihn nicht! (Beifall bei der ÖVP.)
10.55
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Wieninger. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.