RN/21

10.55

Abgeordnete MMag. Pia Maria Wieninger (SPÖ): Danke, Herr Präsident! Geschätztes Hohes Haus! Sehr geehrte Mitglieder des Europäischen Parlaments! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Sehr geehrte Frau Ministerin! Was habt ihr damals getan, als Russland Europa bedroht hat? Wie habt ihr uns beschützt? – Was werden Sie, was werden wir darauf antworten, wenn die kommenden Generationen uns diese Fragen stellen? 

Wenn wir heute, am Internationalen Tag der Menschenrechte, über die Europäische Union sprechen, dann geht es nicht nur um Verträge, um Institutionen, um Haushaltszahlen. Im Mittelpunkt steht ein politisches und gesellschaftliches Versprechen, ein Versprechen, das vor knapp 70 Jahren geboren wurde: nie wieder das Recht des Stärkeren über die Stärke des Rechts zu stellen. Unsere europäischen Grundwerte, wie der Schutz der Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, sind dabei unser Fundament. Diese Werte werden jedoch zunehmend unter Druck gesetzt, von autoritären Regimen außerhalb Europas, aber auch von politischen Kräften innerhalb Europas. Da müssen wir jetzt gar nicht weit über unsere Grenzen schauen, sondern da reicht, wie wir vorhin gerade miterleben konnten, ein Blick hinüber zur FPÖ, die die Zukunftsangst junger Menschen ausnutzt, Misstrauen sät und die einen gegen die anderen ausspielt. Wenn permanent Stimmung gegen Schwächere gemacht wird, wenn demokratische Medien verunglimpft werden, wenn EU-Institutionen oder die EU als Ganzes als Feindbilder gezeichnet werden, dann wird an den Grundpfeilern unserer Demokratie gerüttelt. (Abg. Kickl [FPÖ]: Die Medien macht ja ihr gerade hin!) Menschen werden verunsichert – ja, genau, von Ihnen (Abg. Kickl [FPÖ]: Ihr macht die Medien ja kaputt, gegenwärtig!) – und empfänglicher für radikale Ideen. (Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Babler zerstört die Medien und ...!)

Die europäische Erweiterung, insbesondere um den Westbalkan, ist daher mehr als ein politischer Prozess, sie ist ein Friedens- und Sicherheitsprojekt. Ein stärkeres vereintes Europa ist stabiler gegenüber autoritären Bedrohungen, vor allem gegenüber einem Russland, das mit Propaganda, Desinformation, hybriden Angriffen und militärischer Gewalt versucht, Grenzen und Demokratien zu destabilisieren. Und da müssen wir klar sein: Wer europäische Werte ernst nimmt, kann nicht gleichzeitig mit einem Russland sympathisieren, das diese Werte tagtäglich systematisch verletzt. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)

Die EU ist seit ihrer Gründung ein Garant für Frieden, Demokratie und wirtschaftliche Entwicklung. Wer Teil der europäischen Familie sein will, muss unsere Grundwerte achten, konsequent und glaubwürdig. Das gilt für Ungarn genauso wie für Serbien, aber auch die Ukraine. Beitritt bedeutet Reform. Demokratie, Minderheiten- und Frauenrechte, Kampf gegen Korruption: Das sind keine Hürden, das sind Voraussetzungen für ein erfolgreiches Europa von morgen. 

Ich sage aber auch ganz klar: Wir brauchen eine stärkere, handlungsfähigere EU, eine Reform unserer Entscheidungsstrukturen, und auch wenn es die FPÖ nicht hören möchte: Wir müssen mit einer Stimme nach außen sprechen, wenn wir an global entscheidenden Tischen sitzen wollen. (Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Wenn wir dabeisitzen wollen, dann müssen wir - -!) Wir brauchen aber auch eine progressive Handelspolitik, die hohe Standards in Bezug auf Arbeitnehmer:innenrechte, Menschenrechte, Gleichstellung der Geschlechter und Umweltschutz gewährleistet. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Welcher Geschlechter?) 

In diesem Zusammenhang ist es mir ein Bedürfnis, auf die jüngsten Entwicklungen rund um das Lieferkettengesetz Stellung zu nehmen: Das, was da gerade auf europäischer Ebene passiert, ist nämlich genau das Gegenteil von dem, was ich unter fortschrittlicher Handelspolitik verstehe. Es ist ein herber Rückschritt für den Schutz von Menschenrechten und Umwelt entlang globaler Lieferketten. Mit der Abschwächung dieses Gesetzes wird seine Wirkung stark eingeschränkt, und aus meiner Sicht macht es die EU auch unglaubwürdig, wenn beschlossene Gesetze unter dem Deckmantel der Deregulierung immer wieder verschoben, letztendlich aufgemacht und abgeschwächt werden. 

Wir brauchen ein Europa, in dem Wohlstand gerecht verteilt ist, um Konflikte zu vermeiden, ein Europa, das schützt, stärkt und zusammenhält. Die Erweiterung der EU ist daher eine klare Antwort auf Russlands Aggression. 

Als Europa- und Menschenrechtssprecherin der SPÖ gibt es für mich daher nur eine Antwort auf die Frage: Was habt ihr getan, um uns zu beschützen?: Wir haben Europa in all seiner Vielfalt geeint, haben uns nicht von Trump’schen Zwischenrufen beirren lassen, sondern sind unseren europäischen Weg – gepflastert vom Schutz von Menschenrechten, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit – zielstrebig weitergegangen und haben Europa somit nach innen und außen stabil und stark gemacht. – Danke. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Shetty [NEOS].)

11.00

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet: das Mitglied des Europäischen Parlaments, Frau Stürgkh. – Bitte.

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.