RN/39
12.03
Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister! In dieser Aktuellen Stunde geht es um nicht weniger als die Weiterentwicklung eines freien, gemeinsamen und starken Europas und damit um unser Gegenmodell zu Putins Weltbild. Putin setzt auf Angst, auf Erpressung, auf Propaganda und Gewalt. Europa setzt auf Freiheit, auf Rechtsstaatlichkeit, auf Zusammenarbeit und auf die simple Wahrheit. Grenzen werden in Europa nicht mit Panzern verschoben und Demokratie wird nicht mit Desinformationen zersetzt – und das ist ein Faktum.
Frau Ministerin, ich will auch klar sagen: Ich unterstütze Sie in Ihrem Bekenntnis zur Verteidigung Europas. Ja, es braucht Investitionen in die Verteidigung – da treffen wir uns –, damit Abschreckung auch glaubwürdig wird, damit wir unsere Bevölkerung schützen können. Ja, es braucht genauso Investitionen in Entwicklungszusammenarbeit, weil Sicherheit nicht erst an der Grenze beginnt. Wenn Menschen vor Ort Perspektiven, Stabilität und auch Schutz haben, dann stärkt das auch unsere Sicherheit. Frau Ministerin, die Stärkung der OSZE – da treffen wir uns genauso – ist absolut richtig. Gerade Österreich als Sitzstaat hat da eine besondere Verantwortung. Die OSZE ist einer der wenigen Formate, das in Krisen zumindest die Kommunikationskanäle, die kleinen, wenigen, die wir haben, offenhalten kann. Wir wissen: Wo Kommunikation abreißt, da eskaliert es auch. Deswegen ist es so wichtig, die OSZE nicht nur am Leben zu halten, sondern in Zukunft auch zu stärken. (Beifall bei den Grünen.)
Es braucht aber auch Klarheit, Frau Ministerin, ein klares Bekenntnis zu Sky Shield. Auch da warten wir auf ein eindeutiges Zeichen der Bundesregierung. Gerade beim Schutz des Luftraums und bei modernen Kooperationen der Luftabwehr in Europa ist es kein Nice-to-have, sondern eine logische Konsequenz aus der Bedrohungslage, die wir aktuell haben. Ich frage Sie direkt: Wo bleibt die Aktualisierung der österreichischen Sicherheitsstrategie? Sie haben uns angekündigt, dass sie noch dieses Jahr kommt, dass endlich ein parlamentarischer Prozess gestartet wird. Wir Grüne begrüßen ausdrücklich, dass Sie Bürger:innenbeteiligung organisieren und mit Menschen diskutiert haben. Ich finde das richtig und wichtig, weil Sicherheitspolitik auch Akzeptanz braucht, weil sie Eingeschlossenheit braucht – das finde ich auch gut. Was aber zuletzt aus dem Entwurf bekannt geworden und uns durch die Medien zugespielt worden ist, ist dramatisch. Da geht es um Russland, um Abhängigkeit, um Energie. Der Eindruck entsteht, dass zentrale Lehren aus den letzten Jahren verwässert werden. Wenn aus einer Sicherheitsstrategie im Energiebereich Passagen gestrichen werden, die uns unabhängiger machen würden, dann ist das nicht Pragmatismus, das ist ein Einknicken, Frau Ministerin. (Beifall bei den Grünen.)
So wird herausgestrichen, dass wir bis 2027 aus russischem Gas, aus russischen Erdgaslieferungen aussteigen sollen. Wir – Leonore Gewessler und wir als Grüne – haben monatelang, jahrelang dafür gekämpft, dass diese Passage drinnen bleibt – bis zum Schluss –, weil es so wichtig ist und wir endlich von russischem Gas unabhängig werden müssen. Frau Ministerin, Sie haben das selber gefordert. Wenn das jetzt wieder herausgestrichen wird, frage ich mich: Wo sind Sie eingeknickt? (Beifall bei den Grünen.)
Es wirkt wie ein Kniefall, nicht nur vor der ÖVP, sondern auch vor Putin, und es bremst eine Klimapolitik, die uns aus fossiler Erpressbarkeit herausführt, denn wir haben es doch gesehen: Gasabhängigkeit ist auch ein Sicherheitsrisiko. Wer fossile Abhängigkeit verlängert, verlängert die Erpressbarkeit und stärkt jene, die Europa spalten wollen.
Auch der Klimawandel ist in dieser Regierung nicht mehr eine krisenhafte Entwicklung, sondern laut der österreichischen Sicherheitsstrategie ein Megatrend – ein Megatrend! Es ist gerade cool, über Klimapolitik zu reden. Da frage ich mich schon: Wo sind da die Grundsätze der NEOS hingekommen, die sich im Wahlkampf immer so für den Klimaschutz eingesetzt haben? Wie gesagt: Mich wundert es nicht, dass Sie sich mit der Sicherheitsstrategie noch zurückhalten und nichts ans Parlament liefern.
Zur Ukraine: Dieser Krieg ist kein Regionalproblem, sondern er ist ein Angriff auf die europäische Friedensordnung. Die Ukraine verteidigt nicht nur Territorium, sie verteidigt auch die Idee, dass ein freies Land selbst entscheidet, wohin es gehört, und Europas Antwort muss heißen: Solidarität, Sanktionen, Unterstützung – so lange wie nötig.
Jetzt geht es wieder um das Politische – was auch immer verstärkt wird –, nämlich um das russische Narrativ der FPÖ. Herbert, wer Sanktionen schlechtredet, wer russische Propaganda relativiert, wer europäische Geschlossenheit sabotiert, spielt nicht Frieden sondern Putins Spiel. (Abg. Kickl [FPÖ]: Das ist 2022 vergeigt! Vergeigt! Jetzt steht die Ukraine ... da!) Ihr seid keine Patrioten, ihr verratet Österreich. – Das ist der Punkt: Ihr verratet das Ganze. Das ist pervers. Herbert, das ist die Perversität in der gesamten Geschichte. (Beifall bei den NEOS.) Ihr spielt euch als große Neutralitätsfetischisten auf, aber in Wirklichkeit seid ihr Verräter in diesem Spiel. (Präsident Haubner gibt das Glockenzeichen.)
Präsident Peter Haubner: Den Schlusssatz, bitte.
Abgeordneter David Stögmüller (fortsetzend): FPÖ - - (Ruf bei der FPÖ: ... Staatszielbestimmung!) – Nein.
Präsident Peter Haubner: Den Schlusssatz, bitte.
Abgeordneter David Stögmüller (fortsetzend): Sehr gerne. – Was ihr macht, ist brandgefährlich, weil es genau das ist, was der Kreml will: ein schwaches, ein zerstrittenes Europa. (Abg. Kickl [FPÖ]: ... was 2022 passiert ist! ) Ihr seid die Handlanger, ihr seid die Verräter in diesem Spiel, und das werden wir nicht mitgestalten. (Beifall bei den Grünen.)
12.09
Präsident Peter Haubner: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.