RN/87
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Wir gelangen zur kurzen Debatte über den Antrag der Abgeordneten Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen, dem Kulturausschuss zur Berichterstattung über den Entschließungsantrag 246/A(E) eine Frist bis 11.12.2025 zu setzen.
Wir gehen in die Debatte ein.
Ich ersuche nun Herrn Abgeordneten Koza, die Debatte zu eröffnen. Die Redezeit beträgt maximal 10 Minuten. – Bitte.
RN/88
15.01
Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher!
Ich arbeite in der Filmbranche, die typischerweise fast ausschließlich projektbezogene Stellen anbietet. Das reicht von mehreren Monaten bis hin zu einzelnen Tagen. Dazwischen lässt es sich kaum vermeiden, sich gelegentlich beim AMS anmelden zu müssen. Mit der neuen Regelung können leider kurze Dienstverhältnisse nicht angenommen werden. Man verbleibt somit länger ungewollt in der Arbeitslosigkeit. Es verschärft sich die Lebenssituation von Menschen, die sich ohnehin in prekären Arbeitssituationen befinden, und drängt sie in Armut beziehungsweise in ein Dasein als Dauergast beim AMS – ein wirkliches Armutszeugnis für das Kulturland Österreich, Kulturschaffende so geringzuschätzen. – Zitatende. Das schreibt eine Betroffene aus Wien in ihrer Stellungnahme zum von den Regierungsparteien beschlossenen Zuverdienstverbot bei Arbeitslosigkeit.
Und in einer anderen Stellungnahme heißt es: In künstlerischen Berufen sind Erwerbsverläufe häufig projektbezogen. Phasen bezahlten Engagements wechseln sich mit Zeiten ohne Aufträge ab, in denen man faktisch arbeitslos ist. Ein striktes Zuverdienstverbot ist für viele Kunstschaffende existenzbedrohend und führt dazu, dass man künstlerische Tätigkeit aufgeben oder unterbrechen müsste und damit genau jene beruflichen Perspektiven verliert, die mittelfristig wieder aus der Arbeitslosigkeit herausführen. – Zitatende.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist ein Auszug aus Stellungnahmen, Schreiben und Briefen, die wir alle in den letzten Monaten insbesondere von Kulturarbeiter:innen erhalten haben, verbunden mit dem dringenden Appell, das Zuverdienstverbot noch einmal zu überdenken oder zumindest für entsprechende Ausnahmeregelungen zu sorgen. Und genau darum geht es in der heutigen Kurzdebatte zu unserem Fristsetzungsantrag betreffend den Antrag auf Ausnahmeregelungen für Kulturschaffende.
Es ist längst nicht der einzige Antrag, in dem wir Grüne Ausnahmeregelungen vom Zuverdienstverbot fordern, und das längst nicht nur für Kulturschaffende, sondern auch für andere Personengruppen, die von einem Zuverdienstverbot bei Arbeitslosigkeit besonders stark betroffen sind. (Beifall bei den Grünen.) Es wird auch nicht der letzte Antrag bleiben. Morgen werden wir einmal mehr Ausnahmen vom Zuverdienstverbot beantragen, weil die Zeit schlicht und einfach drängt.
Um wen geht es? – Es geht um die bereits erwähnten Kulturschaffenden. Es geht aber auch um Menschen in Wissenschaft und Lehre, denen die Berufsausübung mit dem Zuverdienstverbot massiv erschwert, teilweise sogar regelrecht verunmöglicht wird, und es geht um Menschen, für die ein Zuverdienst bei Arbeitslosigkeit oft die einzige Möglichkeit ist, finanziell einigermaßen über die Runden zu kommen, um Menschen, die jetzt schon als besonders armutsgefährdet gelten. Es geht um Alleinerzieher:innen, die aufgrund der Kürzungspolitik der Regierung – Stichworte Abschaffung des Klimabonus, keine Inflationsanpassung von Familienleistungen – ohnehin bereits Hunderte Euro pro Jahr verlieren und denen jetzt die Regierung auch noch die Möglichkeit nimmt, bei Arbeitslosigkeit ihr mageres Haushaltseinkommen geringfügig aufzubessern. Und es geht um Menschen, die vor oder bereits in einem Entschuldungsverfahren stehen, die ihren Job verloren haben und denen mit dem Zuverdienstverbot das einzige Einkommen genommen wird, das zur Bedienung der Forderungen aus dem Privatkonkurs herangezogen werden kann. Da wird Menschen in besonderen Notlagen aktiv der Zugang zur Entschuldung verbaut.
Und die Anfragebeantwortung durch das Sozialministerium (ein Schriftstück in die Höhe haltend), die gestern eingegangen ist, hat unsere Kritikpunkte am Zuverdienstverbot quasi vollumfänglich bestätigt, und sie belegt auch, wie sehr dieses Zuverdienstverbot soziale Härten und berufliche Unsicherheiten in besonders betroffenen Bereichen noch verstärkt.
Ein paar Beispiele: Erstens: Nur wer mindestens 26 Wochen vor Beginn seiner oder ihrer Arbeitslosigkeit neben einem vollversicherten Verhältnis geringfügig dazuverdient, darf diese Geringfügigkeit auch in die Arbeitslosigkeit mitnehmen. So, nur: Viele Projekte und Engagements gerade von Kulturschaffenden gehen gar nicht erst über ein halbes Jahr. Das heißt, entsprechend wird es schlichtweg auch nicht möglich sein, ein daneben eventuell bestehendes geringfügiges Beschäftigungsverhältnis mitzunehmen. Viele Kulturschaffende sind also von vornherein aus dieser Ausnahmeregelung ausgeschlossen.
Ein zweites Beispiel: Das Zuverdienstverbot zwingt Kulturschaffende geradezu in die Scheinselbstständigkeit, also in noch unsicherere und noch schlechter abgesicherte Beschäftigungsverhältnisse, um wenigstens irgendetwas neben der Arbeitslosigkeit dazuverdienen zu dürfen, weil es für das AMS schlichtweg kaum zu überprüfen ist, ob eine selbstständige Tätigkeit vor oder nach der 26-Wochen-Frist angeboten worden ist. Für die Betroffenen werden aber die Arbeits- und Lebensbedingungen dadurch nur noch prekärer. Wenn das das Ziel der Regierung war, dann hat diese Regierung endgültig jeglichen sozialen Kompass verloren (Beifall bei den Grünen), wenn nicht, dann gehört es schnellstens geändert, meine sehr geehrten Damen und Herren, am besten gleich morgen durch Zustimmung zu unserem Antrag.
Und drittens: Wie absurd das Zuverdienstverbot auf Lehrende in der Wissenschaft wirkt, zeigt das Beispiel einer Biologin. Sie ist in einem Forschungsprojekt beschäftigt und hat daneben einen geringfügigen Lehrauftrag an der Uni. So, jetzt läuft das Projekt aus, die junge Forscherin sucht um Arbeitslosengeld an, bekommt Arbeitslosengeld. Gleichzeitig läuft auch ihr Lehrauftrag aus, aber für das nächste Semester darf sie erst gar keinen Lehrauftrag annehmen, weil sie ja sonst das Arbeitslosengeld verlieren würde, weil ja die Lehraufträge nicht als zusammenhängendes geringfügiges Beschäftigungsverhältnis gelten. Das heißt: kein Fuß mehr in der Wissenschaft, die Perspektive geraubt und die berufliche Existenz gefährdet.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieses Zuverdienstverbot ist praxisfremd, nimmt keine Rücksicht auf bestimmte spezifische Berufsgruppen und ihre typischen Erwerbsverläufe. Es verursacht nur völlig unnötige soziale Härten. Und dieses unsinnige Zuverdienstverbot wird auch kaum die erhofften Einsparungen bringen, weil einerseits die Arbeitsmarktsituation schlecht ist und andererseits Betroffene, die bisher noch dazuverdienen konnten, vermehrt Sozialhilfe beantragen werden, um ihr Arbeitslosengeld aufzustocken. Und das belastet wieder die Sozialhilfebudgets der Länder.
Dieses Zuverdienstverbot ist schlicht und einfach Pfusch, es ist unsozialer Pfusch. (Beifall bei den Grünen.)
Es muss ja auch schon ein erstes Mal repariert werden: Morgen werden wir hier beschließen, dass Personen in längeren AMS-Schulungen, zum Beispiel Bezieher:innen eines Pflegestipendiums, aus dem Zuverdienstverbot herausgenommen werden, weil auch die davon betroffen gewesen wären, und viele hätten dann mittendrin ihre Ausbildung abbrechen müssen, weil sie sie sich schlichtweg nicht leisten können hätten. Es ist gut, dass das nun geändert wird, aber, meine sehr geehrten Damen und Herren: Wenn schon ändern, dann bitte gleich gescheit und umfassend, mit den notwendigen Ausnahmen für Beschäftigte in Kultur, Wissenschaft, Lehre, mit Ausnahmen für Menschen in Schulungsverfahren, für Alleinerzieher:innen!
Morgen haben Sie die Chance. Nehmen Sie unseren Antrag an, oder bringen Sie zumindest einen eigenen ein! Übernehmen Sie Verantwortung und warten Sie nicht darauf, dass Sie von den Folgen Ihrer Ignoranz gegenüber den Lebensrealitäten von Menschen in projektorientierten Berufen, von Menschen mit Schuldenproblemen und von Alleinerzieher:innen irgendwann eingeholt und überrollt werden! Beenden Sie Verunsicherung und Perspektivenraub! Noch haben Sie die Gelegenheit. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)
15.10
RN/89
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Bevor wir in der Rednerliste voranschreiten, darf ich sehr herzlich eine Delegation des Parlaments der Republik Moldau begrüßen (Allgemeiner Beifall): Frau Marina Morozova, die Vorsitzende der Freundschaftsgruppe mit Österreich und Herrn Marcel Spatari, den Vorsitzenden des neu eingerichteten Ausschusses für europäische Integration. – Herzlich willkommen im Hohen Haus! Wir freuen uns sehr über den laufenden und vielfältigen, engen Austausch unserer beiden Parlamente auf politischer und administrativer Ebene – diesmal im Rahmen eines Twinning-Projekts. A warm welcome to the Austrian Parliament! (Allgemeiner Beifall.)
Die Redezeit der nunmehr zu Wort gemeldeten Abgeordneten beträgt gemäß der Geschäftsordnung maximal 5 Minuten. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder von Staatssekretärinnen und Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.
Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Belakowitsch. Ich erteile es ihr. – Bitte, Frau Abgeordnete.
RN/90
15.11
Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Worum geht es in dieser Kurzdebatte? – In der letzten Sitzung des Sozialausschusses wurde mit den Stimmen der Regierungsparteien letztendlich beschlossen, die Zuverdienstgrenze bei Bezug von Arbeitslosengeld – es wurde vor einigen Jahren eingeführt, dass Personen, die beim AMS sind, geringfügig dazuverdienen dürfen – abzuschaffen.
Jetzt muss man sagen: Es hat alles etwas für sich. Natürlich macht das Sinn – ich sehe es persönlich als sehr sinnvoll –, wenn Menschen, die beim AMS sind, auch geringfügig dazuverdienen dürfen. Erstens, weil sie sich so vielleicht ein bisschen ihren Lebensstandard erhalten können, aber was zweitens auch ganz wesentlich ist, ist natürlich, dass sie den Zugang zur Wirtschaft, also zur Arbeitswelt, nicht verlieren. Auf der anderen Seite steht das Argument der Regierungsparteien, die sagen, es ist für die Kontrolle total schwer, denn manche sind dann nur geringfügig angestellt, arbeiten aber viel mehr, was ja natürlich nicht mehr erlaubt wäre. Es haben also beide Argumente natürlich etwas für sich.
Nun haben Kollege Koza und die Grünen einen gesamtändernden Abänderungsantrag eingebracht und es waren – das muss man ehrlicherweise auch sagen – die Grünen, die auf Personen in der Pflege hingewiesen haben. Es haben aber auch die Pflegeverbände an uns alle hier geschrieben, dass vor allem auch Personen, die im Rahmen des Pflegestipendiums eine Ausbildung über das AMS machen, davon betroffen wären und vielfach aber mit dem Pflegestipendium allein nicht auskommen können. Die kommen aus anderen Berufen, haben Verpflichtungen, vielleicht eine Familie, und viele von ihnen haben neben dieser nicht ganz einfachen Ausbildung auch noch zusätzlich geringfügig dazuverdient. Ja, Herr Kollege Koza, Sie haben vollkommen recht, da hat die Regierung schon die erste Reparatur machen müssen.
Die Grünen haben in der letzten Sitzung des Sozialausschusses einen gesamtändernden Abänderungsantrag eingebracht, dem wir auch zugestimmt haben, der auch durchaus sinnvoll ist, nämlich diese Ausnahmeregelungen auch auszuweiten: für Personen eben nicht nur im Pflegestipendium, sondern auch im Fachkräftestipendium, für sonstige Ausbildungsmaßnahmen des AMS, für wissenschaftliche Tätigkeit, für Lehrtätigkeit – all das, was Sie ja auch erwähnt haben, Herr Kollege Koza – und auch für Künstler.
Aber jetzt muss ich Ihnen ehrlich sagen: Das haben Sie erwähnt, das steht aber in diesem Antrag, den Sie jetzt zur Fristsetzung bringen, gar nicht so. Da geht es einzig und alleine um Künstler, und ganz ehrlich: Da habe ich dann schon ein bisschen ein Problem damit, dem zuzustimmen (Abg. Koza [Grüne]: ... noch mehr ...!), denn das ist dann wirklich nur eine ganz kleine Personengruppe. Die picken wir dann heraus (Abg. Koza [Grüne]: Die waren ja auch im Antrag!) und sagen: für die, weil die ja so unendlich großartige Kunst leisten und sich das Leben sonst nicht leisten können. Wissen Sie, da tue ich mir dann ein bisschen schwer. Das ist dann genau eine Personengruppe, die offensichtlich das AMS zum Lebensmodell erhebt (Ruf bei den Grünen: Nein!), und für die alleine, muss ich Ihnen sagen, bin ich nicht bereit, eine Zustimmung zu dieser Fristsetzung zu geben.
Wir werden das Thema morgen ohnehin sehr, sehr ausführlich diskutieren. Wenn wir das tatsächlich auch großzügiger denken, großzügiger betrachten, dann macht das durchaus Sinn. (Abg. Koza [Grüne]: Wir bringen morgen den Antrag eh ein!) Es gibt ja auch noch andere freie Berufe, so wie Sie es in Ihrem gesamtändernden Abänderungsantrag gebracht haben. Im Übrigen gäbe es auch noch die freien Journalisten. Was ist, wenn die arbeitslos sind? Die kommen nämlich bei Ihnen im Antrag auch gar nicht vor, die könnte man auch noch hineinschreiben, um wirklich einmal einen Personenkreis abzudecken, der tatsächlich betroffen ist. (Abg. Koza [Grüne]: Wir bringen den morgen eh ein!)
Aber eine Gruppe alleine, Herr Kollege Koza – das ist etwas, dem wir unsere Zustimmung nicht geben werden. Ich finde es nicht ganz fair von Ihnen, dass Sie sich hierherstellen und über Lehrtätigkeit, wissenschaftliche Tätigkeit reden – um die es heute aber eben gar nicht geht. (Abg. Koza [Grüne]: Aber morgen schon!) Das muss ich Ihnen sagen, das ist schon ein bisschen eine Täuschung der Zuseherinnen und Zuseher, denn die erwarten sich, dass das auch drinnen steht, was Sie erzählen. (Abg. Koza [Grüne]: Kommt morgen!) Wir werden morgen sehen, wie sich die Mehrheitsverhältnisse darstellen. Es ist ja nicht davon auszugehen, leider Gottes, dass sich die Regierung irgendwo bewegt.
Es kommt natürlich dazu – und das muss ich Ihnen auch sagen, Herr Kollege Koza –: Wir wissen alle, die finanzielle Situation ist, wie sie ist. Daran hat die grüne Regierungsbeteiligung auch ihren Anteil. (Abg. Koza [Grüne]: Mit dem Zuverdienst hat das nichts zu tun!) Die ist nicht unschuldig an diesem Budgetdefizit, das wir in Österreich derzeit haben (Abg. Koza [Grüne]: Ganz anderes Thema!), wenn auch zu einem kleineren Anteil – der größere Anteil sitzt (in Richtung ÖVP) hier und liegt bei den Ländern; da ist auch Wien dabei, da kann sich die SPÖ auch nicht ausnehmen. (Abg. Koza [Grüne]: Ganz anderes Thema!) Wir werden morgen aber darüber diskutieren, ausführlich. Heute werden wir der Fristsetzung jedenfalls keine Zustimmung geben. (Beifall bei der FPÖ.)
15.16
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Michael Hammer. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.
RN/91
15.16
Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf, bevor ich zu diesem Antrag kurz Stellung nehme, im Namen meiner Kollegin Romana Deckenbacher eine Vertretung der Berufsschullehrer aus Oberösterreich sehr herzlich hier im Hohen Haus begrüßen. – Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)
Zum Thema Arbeitslosengeld, wie man generell damit umgeht und auch zur Zuverdienstgrenze möchte ich aus Sicht meiner Fraktion ein bisschen grundlegender einleitend ausholen. Es ist einfach so – und wir verschreiben uns dem auch –, dass es Sozialsysteme, soziale Absicherungen, Versicherungen braucht, die entsprechende Hilfestellung geben, ein Schutznetz sind, dort Hilfe bieten, wo es notwendig ist, aber auch missbrauchssicher und treffsicher sein müssen. Ich möchte da einige Beispiele aufgreifen.
Zum Beispiel – und das war in der Koalition mit den Grünen mühsam, zum Glück gibt es jetzt andere Zuständigkeiten (Abg. Koza [Grüne]: Zum Glück!) – zum Thema Bildungskarenz: Die wurde natürlich eingeführt, um eine Karenz zu nehmen, um sich fort- und weiterzubilden – beruflich weiterzubilden. Das ist aber keine Maßnahme zur Verlängerung eines Karenzurlaubs. Darum haben wir Schritte gesetzt, um diese Bildungskarenz entsprechend zu adaptieren, damit sie genau denen zugutekommt, die sie auch brauchen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Koza [Grüne]: Ihr habt sie abgeschafft in Wirklichkeit!)
Das zweite Beispiel ist die Regelung zur Altersteilzeit. Auch da muss man sich immer wieder bewusst sein: Warum wurde etwas eingeführt? – Die Altersteilzeit wurde aus arbeitsmarktpolitischen Gründen eingeführt, um jüngeren Menschen Zugang zum Arbeitsplatz zu geben und ältere Menschen durch die Altersteilzeit früher in Richtung Pensionierung gehen zu lassen. Das war aber eine arbeitsmarktpolitische Maßnahme. (Weiterer Zwischenruf des Abg. Koza [Grüne].) Was ist passiert? – Es ist die Altersteilzeit zu einer Frühpensionierung geworden. Auch dort haben wir gegengesteuert, weil das nicht die ursprüngliche Intention war. (Abg. Koza [Grüne]: Aber das haben wir gemeinsam gemacht!)
Jetzt sind wir beim Arbeitslosengeld: Ja, selbstverständlich ist es notwendig, dass jemand, der arbeitslos wird und in der Arbeitslosenversicherung ist, entsprechend Arbeitslosengeld bekommt. Es ist aber nicht grundsätzlich intendiert, dass man zum Arbeitslosengeld unbeschränkt dazuverdienen soll. Darum haben wir auch bewusst die Zuverdienstgrenzen eingeführt, weil wir dieses System auch entsprechend treffsicher gestalten wollen. Natürlich wollen wir, dass Anreize nicht falsch geleitet werden, denn wenn man zum Arbeitslosengeld unbegrenzt dazuverdienen kann, dann ist das möglicherweise nicht der Anreiz, möglichst rasch wieder in Vollbeschäftigung, in eine komplette Anstellung zu kommen. (Abg. Koza [Grüne]: Trotzdem ...!) Wir wollen diesen Leistungsanreiz und dieses System haben. (Abg. Koza [Grüne]: Stimmt ja nicht!)
Wir würden darüber hinaus gehen, aber das war in der Koalition mit den Grünen nicht möglich. Wir – Bundesminister Kocher – haben Modelle für ein degressives Arbeitslosengeld (Abg. Koza [Grüne]: Die habt ihr jetzt eh umgesetzt!) vorgelegt, damit man genau diese Anreize, wieder in Vollbeschäftigung zu kommen, noch stärker ausbaut. Das war leider nicht möglich (Abg. Koza [Grüne]: Weil ihr alles kürzen wolltet!), aber mit den Maßnahmen zum Zuverdienst setzen wir diesen Anreiz und schaffen auch diese Motivation, wieder in Vollzeitarbeit zu kommen. (Beifall bei der ÖVP.)
Es wurde schon angesprochen: Es ist ein bisschen eine skurrile Diskussion heute, weil Kollege Koza – das hat Kollegin Belakowitsch ja auch schon angesprochen – von etwas spricht, was in dem Antrag gar nicht steht, was erst morgen kommt. (Zwischenruf der Abg. Gewessler [Grüne]. – Abg. Koza [Grüne]: Hast nicht zugehört bei der Rede!) Das hätte man eigentlich alles auf die morgige Debatte verlagern können. Im Ausschuss war die Diskussion ja auch sehr oberflächlich.
Es ist einfach so – Sie haben es ja angesprochen und es steht morgen auf der Tagesordnung –: Ja, wir haben einzelne Nachbesserungen in diesem Modell vorgenommen. (Abg. Koza [Grüne]: ... mit den Kulturschaffenden!) Das geht natürlich dort, wo jemand in Aus- und Umschulung ist – bei Pflegestipendianten, die wir dazunehmen. Es gibt ja auch schon Ausnahmen: ältere Menschen (Abg. Koza [Grüne]: Bringt Kulturschaffenden nichts!), die schon geringfügig tätig waren, bevor sie in der Arbeitslosigkeit waren; vor allem, wenn auch Behinderungen und gesundheitliche Einschränkungen vorhanden sind. (Abg. Koza [Grüne]: Bringt Kulturschaffenden auch nichts!) Natürlich schaut man immer, dass das entsprechend treffsicher bleibt, dass wir das zielgerichtet ausgestalten.
Ich komme aber wieder zurück zum Ausgangspunkt: Es kann nicht so sein, dass das Arbeitslosengeld für viele Berufsgruppen, die dauerhaft nur geringfügig beschäftigt sind oder projektbezogen arbeiten, die dauernde Absicherung ist – und so ist es auch nicht intendiert. Sie haben einige Berufsgruppen angesprochen. Ich möchte schon festhalten, dass im Regierungsprogramm natürlich drinsteht, dass es da arbeits- und sozialrechtliche Absicherungen braucht, weil wir auch diese Berufsgruppen entsprechend berücksichtigen wollen. (Abg. Koza [Grüne]: Die Leute brauchen keine Arbeitsgruppe, die Leute wollen eine Beschäftigung!) Daran wird auch gearbeitet, aber Ihr Antrag schießt über das hinaus, und dem nähern wir uns nicht an. (Beifall bei der ÖVP.)
15.20
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächste zu Wort gemeldet: Frau Abgeordnete Auer. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
RN/92
15.20
Abgeordnete Mag. Katrin Auer (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, uns als Sozialdemokrat:innen ist eines ganz, ganz wichtig – das wissen wir natürlich alle, aber ich möchte es hier am Eingang der Debatte noch einmal betonen –, nämlich: Wir kämpfen für leistbares Leben, für gerechte Entlohnung, für Fair Pay, also für gleichen Lohn für gleiche Arbeit, nicht nur in Kunst und Kultur, sondern generell – und da natürlich auch für die Verringerung von atypischen Beschäftigungsverhältnissen. (Beifall bei der SPÖ.) All dem zugrunde liegt natürlich der Kampf für Geschlechtergerechtigkeit.
Tatsächlich ist es so, dass sich generell auf unserem Arbeitsmarkt die atypische Beschäftigungsform immer mehr ausbreitet; sie macht mittlerweile schon über ein Drittel aller abhängigen Beschäftigungsformen aus – und das nicht nur im Kunst- und Kulturbereich, sondern generell. Atypisch heißt, dass es nicht unbefristete und nicht Vollzeitbeschäftigungen sind und dass dadurch natürlich die beschäftigten Menschen einem wirtschaftlichen und sozialen Risiko ausgesetzt werden. Das, was wir in unserer Regierungsarbeit und in unserer politischen Arbeit tun, ist natürlich, dass wir Menschen prinzipiell aus der Arbeitslosigkeit in Beschäftigung, aber dann auch aus dem Erwerbsleben gesund in die Pension bringen möchten.
Die vorliegende Novelle des Arbeitslosenversicherungsgesetzes, die wir bereits beschlossen haben, hat prinzipiell ihre Berechtigung. Es geht nämlich tatsächlich darum, Menschen aus der Arbeitslosigkeit in Beschäftigung und am besten in Vollzeitbeschäftigungsverhältnisse zu bringen, nur: Das Erwerbsleben von Künstlern und Künstlerinnen und Kulturschaffenden unterscheidet sich prinzipiell stark von klassischen Erwerbsbiografien. Das Atypische ist in Kunst und Kultur typisch – und das ist nicht das Verschulden der Künstler:innen und Kulturschaffenden. Das hat nichts mit deren persönlichem Können, Talent oder Erfolg zu tun, sondern so ist die Branche strukturiert und so funktioniert das System. Künstler und Künstlerinnen sind oft in Minijobs mit Tagesengagements prekär beschäftigt und wechseln ständig zwischen selbstständiger und unselbstständiger Beschäftigung. Dadurch ergeben sich all diese Problemstellungen in arbeits- und sozialrechtlicher Sicht.
Wir gehen von den Lebensrealitäten aus; und da finde ich den Antrag von den Grünen ja schon wieder sympathisch: Ihr geht auch tatsächlich von den Lebensrealitäten aus, ihr hört auch den Menschen zu. Wir tun das auch, weil uns einfach würdiges Arbeiten, gerechte Entlohnung und vor allem soziale Sicherheit ganz, ganz wichtig sind. Was ist da schon immer das Geheimrezept der Sozialdemokratie gewesen? Das ist die gewerkschaftliche Organisierung, das sind Kollektivverträge, Fair Pay, Lohntransparenz, Bekämpfung von Gender-Pay-Gaps und die generelle Verbesserung für Vollzeitbeschäftigung. (Beifall bei der SPÖ.)
Nicht nur das tun wir, sondern wir kämpfen generell für ein leistbares Leben. Wir haben die Mietpreisbremse beschlossen, wir kämpfen gegen die Teuerung, gegen die hohen Lebensmittelpreise, wir führen den sozialen Energietarif ein und wir bauen auch die ganzjährige Kinderbetreuung aus. Alle, die sich im Feld auskennen, wissen: Das ist ganz, ganz wichtig, um Vollzeitbeschäftigung zu erreichen. (Beifall bei der SPÖ.)
Tatsache bei diesem Thema ist, dass beide Ministerien – sowohl das Sozialministerium als auch das Kunst- und Kulturministerium – im Hintergrund seit Monaten intensiv an möglichen Lösungen arbeiten.(Abg. Koza [Grüne]: ... es sind noch keine da!) Es wurden bis jetzt keine gefunden. (Abg. Koza [Grüne]: So ist es! – Zwischenruf der Abg. Gewessler [Grüne].) Es wird weitergearbeitet. (Abg. Koza [Grüne]: Einfach Zuverdienst aufmachen!) Es gibt eine interministerielle Arbeitsgruppe; das sind keine leeren Versprechungen, da zerbrechen sich wirklich sehr, sehr viele gute Köpfe den Kopf (Abg. Koza [Grüne]: Ja, ich weiß es eh, aber ...!); und es werden auch alle Stakeholder eingebunden, aber die Sachlage ist sehr komplex, sehr spezifisch – und es fehlt uns leider auch die Datengrundlage.
Es besteht aber ein absolutes Verständnis für die Thematik und auch für die Dringlichkeit, und deswegen geht es um eine gemeinsame Anstrengung aller Experten und Stakeholder. Wir haben volles Verständnis, wir haben offene Ohren und sind immer für die berechtigten Anliegen aus der Kunst- und Kulturbranche erreichbar. Natürlich geht es darum, dass wir generell atypische Beschäftigungsverhältnisse zurückdrängen, aber in der Kunst- und Kulturbranche gibt es manche Bereiche, in denen man diese atypischen Beschäftigungsverhältnisse akzeptieren muss. Trotzdem müssen wir dafür sorgen, dass es würdige Arbeitsverhältnisse gibt – und da braucht es Kreativität, Innovation und Mut. Gerade in Kunst und Kultur sind das Eigenschaften, die diese Branche auszeichnen. (Beifall bei der SPÖ.)
15.25
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächste zu Wort gemeldet: Frau Abgeordnete Auinger-Oberzaucher. – Bitte, Frau Abgeordnete.
RN/93
15.25
Abgeordnete Mag. Gertraud Auinger-Oberzaucher (NEOS): Vielen Dank, Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, heute wurde schon sehr, sehr viel gesagt. Ich kann einigen Argumenten auch sehr viel abgewinnen.
Das Schöne, wenn es um Kunst und Kultur geht, ist, dass es dann so eine gewisse Einigkeit in diesem Haus gibt – nämlich über die Bedeutung von Kunst und Kultur in diesem Land. Sie sind einfach Teil dessen, was das Land zusammenhält, hinterfragt, aber auch weiterbringt – und sie prägen natürlich unsere Demokratie, unsere Bildung und unsere Vorstellung von Freiheit.
Kunst und Kultur entstehen aber – und das haben wir auch schon mehrmals gehört – unter besonderen Bedingungen: oft projektbasiert, befristet, grenzüberschreitend, mit stark schwankenden Einkommen, aber auch unter sehr hoher persönlicher Verantwortung. Das weiß ich nicht nur aus den vielfältigen Medien und den vielen Zuschriften, die wir bekommen haben, sondern auch aus vielen Jahren der persönlichen Erfahrung in diesem Bereich. Diese Erwerbsrealität ist nicht die Ausnahme, sie ist der Normalfall geworden, von atypisch zu typisch. Unsere Verantwortung ist es, diese Realität wirklich ernst zu nehmen und abzubilden und zu berücksichtigen. (Abg. Koza [Grüne]: Ja, dann macht es!) Unsere Verantwortung ist es aber auch, eine Budgetrealität zu berücksichtigen. (Abg. Koza [Grüne]: Das hat mit dem Budget nichts zu tun!)
Was wir sehen, ist, dass nicht nur in Kunst und Kultur hybride Erwerbsformen längst Realität geworden sind. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Koza [Grüne].) Da geht es nicht nur um Kunst und Kultur. Es ist schon angesprochen worden: Es ist auch die Kreativwirtschaft, es ist der Journalismus, es ist die Wissenschaft, es ist die Veranstaltungsbranche und viele mehr, wie die Erwachsenenbildung oder auch die IT. Im Kunst- und Kulturbereich bildet sich diese Vielfalt in besonders konzentrierter Form ab. Das heißt: kürzere und längere Engagements, selbstständige Tätigkeiten. Wir alle kennen das aus eigener Erfahrung oder aus dem, was uns in den letzten Wochen, Monaten und Jahren zugetragen wurde.
Allein an der Tatsache, dass wir in Österreich zumindest für einige einen Künstler-Sozialversicherungsfonds haben – ein eigenes Instrument, das eine soziale Absicherung schafft –, zeigt uns, dass wir diese besondere Erwerbstätigkeit und diese besondere Realität in der Kunst- und Kulturbranche auch wirklich ernst nehmen. Das wird auch als eine mutige Maßnahme in dem aktuellen EU-Bericht über den Status der Künstlerinnen und Künstler genannt.
Uns ist aber auch bewusst: Vielfalt lässt sich nicht in Regeln pressen, es geht nicht immer so. Umso wichtiger ist es, dass es bereits jetzt gewisse Ausnahmen gibt – Kollege Hammer hat es schon genannt –, nämlich branchenübergreifend und für alle: für Menschen mit lange bestehenden geringfügigen Jobs, für Langzeitarbeitslose, für ältere Beschäftigte oder auch für Menschen mit Behinderung sowie für den Wiedereinstieg nach längerer Krankheit. Zusätzlich wird auch morgen noch eine erste Reparatur umgesetzt, sodass auch Schulungen und gleichzeitig eine geringfügige Beschäftigung möglich sind.
Ich glaube, in manchen Situationen ist der Reparaturmodus anzuerkennen und auch anzuwenden. Allerdings muss, glaube ich, die zentrale Frage für uns alle sein: Wie kann man langfristig gute Rahmenbedingungen für künstlerisches Arbeiten insgesamt stärken – sozial, wirtschaftlich und gesellschaftlich? Ausnahmeregelungen sind schließlich keine gute Basis für die Zukunft. (Zwischenruf des Abg. Koza [Grüne].) Ich bin überzeugt – und Kollegin Auer hat es auch schon erwähnt –, diese Debatte wird uns weiter beschäftigen. Es gibt genug, die sich damit sehr intensiv auseinandersetzen – nämlich nicht nur im Kulturbereich, sondern quer durch alle Branchen –, weil der Arbeitsmarkt sich einfach rasant verändert. Wir haben es heute schon gehört: Atypische Beschäftigungsverhältnisse sind zu typischen geworden – und ich glaube, genau an diesen Rahmenbedingungen müssen wir uns orientieren. Unsere Aufgabe ist es, Rahmenbedingungen zu schaffen, die mit dieser Realität auch wirklich Schritt halten – zukunftsfähig, fair und verlässlich. (Beifall bei den NEOS.)
Meine Damen und Herren, ich glaube, gerade in Kunst und Kultur gilt: Wer Veränderung lebt, braucht ein System, das genau diese Veränderung ermöglicht. Ein starkes Kulturland wird von Freiheit, von Vielfalt und von Rahmenbedingungen geprägt, die auch morgen noch tragen; und an diesen arbeiten wir permanent. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)
15.30
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Nächste Rednerin: Frau Klubvorsitzende Gewessler. – Bitte, Frau Klubvorsitzende.
RN/94
15.30
Abgeordnete Leonore Gewessler, BA (Grüne): Herr Präsident, herzlichen Dank! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Warum gibt es diese Kurzdebatte heute? – Weil wir wieder einmal eine Husch-Pfusch-und-Hau-drauf-Maßnahme dieser Regierung diskutieren müssen, die in diesem Fall ganze Berufsgruppen konkret in schwere Not zu bringen droht.
Freischaffende Künstlerinnen und Künstler und viele Menschen, die hinter den Kulissen arbeiten, sind eben nicht auf Dauer beschäftigt, sondern für Produktion um Produktion, für Film um Film. Projekte werden über Monate vorbereitet und die Arbeit hört auch nicht auf, selbst wenn am Papier zwischen den Arbeitsverhältnissen Lücken liegen. Das gilt auch für Forschungsprojekte an der Uni, und auch für Vorlesungen und Lehrveranstaltungen gelten andere Zeitpläne. Wenn die Regierung da jetzt drüberfährt, gefährdet sie die Existenz und die Zukunft dieser Menschen in der Kultur- und der Wissenschaftsbranche. (Beifall bei den Grünen.)
Das Schlimme ist: Diese brutalen Kürzungen machen ja unterm Strich nicht einmal budgetär einen Unterschied, aber sie bedeuten große Probleme für die Menschen, für die Betroffenen. Deswegen gibt es heute die Möglichkeit, mit dieser Debatte einen Teil dieses Fehlers zu korrigieren, und deswegen gibt es morgen einen gesamtändernden Antrag, der offensichtlich nötig ist, wenn ich den Reden der Regierungsfraktionen hier zuhöre. (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Das ist gut, wenn ihr euch gesamt verändert!)
Die soziale Kälte, die wir in dieser Diskussion hier spüren, zieht sich ja schon seit Monaten durch das Programm dieser Regierung. Sie schützt die Milliardenkonzerne, die keinen fairen Beitrag haben, aber sie kürzt bei jenen, die viel für unsere Gesellschaft leisten. Ich denke an die vielen Mütter in unserem Land, die sich zerreißen, um Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. Es wäre Aufgabe der Politik, sicherzustellen, das Leben dieser Frauen leichter zu machen und die Kinderbetreuung endlich überall flächendeckend zu verbessern. (Beifall bei den Grünen.)
Stattdessen müssen viele Familien jetzt für das Essen im Kindergarten mehr zahlen. Überall steigen die Preise, aber die Familienleistungen wurden eingefroren, ganz so, wie es die FPÖ ins Budget geschrieben hat. Es gibt Familien, die sich jetzt zweimal überlegen müssen, ob sich die Ganztagsbetreuung noch ausgeht oder ob es jetzt wieder heißt: Die Mama wird es schon richten, sie bleibt daheim. Es macht mich wirklich wütend, wie wir mit dem Leben dieser Familien in diesem Land umgehen. (Beifall bei den Grünen.)
Wir sehen die soziale Kälte dieser Regierung aber auch daran, wie mit den Menschen umgegangen wird, die in der Pflege arbeiten, die sich Tag für Tag für das Wohl unserer Allerliebsten aufopfern, an ihre Grenzen gehen und Unglaubliches leisten. Und ja: Sie werden morgen einen ganz offensichtlichen Fehler korrigieren, aber damit ist es noch längst nicht getan, denn: Was passiert in Salzburg? – Dort will sich die Regierung offensichtlich den Pflegebonus einfach einsackeln, um sich Lücken im Budget zu stopfen, dort sagt die schwarz-blaue Landesregierung: Das Geld ist nicht da, aber genau für diesen Pflegebonus gibt es ja das Geld vom Bund. Ich hätte mir von einer sozialdemokratischen Sozialministerin erwartet, dass sie sich da auf die Füße stellt und auf den Tisch haut. Aber das Einzige, was sie sagt, ist: Sie hofft auf ein Umdenken. – Das reicht nicht. Das ist kein Übernehmen von Verantwortung und davon kann sich niemand der Betroffenen auch nur irgendwas kaufen. (Beifall bei den Grünen.)
Die Pflegekräfte in Salzburg bangen jetzt, dass ihnen im nächsten Sommer wirklich ein ganzes Monatsgehalt gestrichen wird. Das Beispiel in dieser Debatte, die Beispiele, die ich gerade gebracht habe, all diese Beispiele zeigen: Diese Regierung verliert ihren sozialen Kompass. Für immer mehr Betroffene geht es da nicht nur um ein paar Euro, da geht es schlicht und ergreifend um Existenz. Das letzte soziale Netz in diesem Land wird löchriger.
Ich bin überzeugt, dass das in Österreich nicht so sein soll; das können wir besser. Ich will, dass jeder Mensch in diesem Land sich auf eines verlassen kann, nämlich auf den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Ich will, dass kein Mensch auf der Straße landet, weil es einen Schicksalsschlag gibt, der das Leben auf den Kopf stellt. Ich will, dass die Kinder sicher aufwachsen und die gleichen besten Chancen haben. Deswegen werden wir Grüne sicher nicht leise sein und zuschauen, wie die Regierung die wichtigen sozialen Errungenschaften der letzten Jahre jetzt einfach auf einen Schlag zertrümmert. (Beifall bei den Grünen.)
Es gibt kein Geld!: Das ist sicher keine Ausrede, weil scheinbar für die Privilegien, für die Superreichen, für die klimaschädlichen Subventionen, für die Autobahnen genug da ist. Gerade da könnten tatsächlich Milliarden gespart werden und trotzdem kürzt die Regierung bei den Familien, bei den Kindern und bei den hart arbeitenden Menschen in diesem Land.
Deswegen, liebe SPÖ, das S in eurem Namen steht nicht für Schnellstraßen durchs Naturschutzgebiet. Liebe ÖVP! Weihnachten ist, vielleicht konzentriert ihr euch darauf beziehungsweise denkt wieder einmal an die christlich-sozialen Werte, an die Nächstenliebe zum Beispiel! (Beifall bei den Grünen.)
15.35
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.
Die Debatte ist geschlossen.
RN/95
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen, dem Kulturausschuss zur Berichterstattung über den Entschließungsantrag 246/A(E) eine Frist bis 11.12.2025 zu setzen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Fristsetzungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.