RN/146
18.09
Abgeordnete Dipl.-Ing. Olga Voglauer (Grüne): Danke, Herr Präsident! Spoštovana Visoka Hiša! Lieber Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ja, so schön, wie Sie diesen Titel vorgelesen haben, lieber Herr Präsident, kann ich es ja kaum wiederholen, aber noch einmal zu Ihrer Wiederholung. Der Titel dieses Tagesordnungspunktes heißt „Bio- und Tierwohlkriterien bei der Lebensmittelbeschaffung: nicht abschwächen, sondern umsetzen!“ – das klingt, wahrscheinlich werden Sie mir recht geben, gut. Das wollen wir alle.
Aber darum wird es heute hier nicht gehen, denn das werden wir hier heute nicht beschließen. Das wird keine Mehrheit finden. Das war ein Antrag, den wir Grüne im Landwirtschaftsausschuss eingebracht und dort debattiert haben. Zu unserer Verwunderung gab es keine Zustimmung der Regierungsparteien, von NEOS, SPÖ und der ÖVP, sondern es gab einen eigenen Antrag, aber zu dem kommen wir noch.
Worum geht es bei der Lebensmittelbeschaffung des Bundes? – In Wirklichkeit ist es nichts anderes als der Einkaufswagen der Republik. Mit einem Nationalen Aktionsplan zur nachhaltigen Beschaffung haben wir festgelegt und haben sich die Ministerien auch selbst verpflichtet, wie sie einkaufen. Und unter anderem steht dort, dass sie bis zum Jahr 2030 über 55 Prozent an Biolebensmitteln einkaufen werden. Es steht dort, dass sie aktuell 30 Prozent erreichen wollen. Es steht dort, dass man sich bereits heute dazu bekennt, mehr als 50 Prozent an Tierwohlfleisch einzukaufen und bis 2030 wohlgemerkt 100 Prozent an Tierwohlfleischprodukten einkaufen muss. So hat man sich verpflichtet. Ich verstehe als Verpflichtung: Man muss das dann so tun.
Daraufhin, damit das nicht abgeschwächt wird, haben wir als Grüne nachgefragt und erfahren, dass es durchaus unterschiedliche Gespräche gibt, unterschiedliche Fachgruppen gibt, die sich damit beschäftigen, wie das in Zukunft genauer gehandhabt wird. Da haben wir erfahren, dass man genau diese Kriterien abschwächen will. Man will das Tierwohlkriterium streichen und auch bei der biologischen Landwirtschaft und beim Anteil der Biolebensmittel, die in diesem Einkaufswagen der Republik landen, zukünftig etwas abschwächen beziehungsweise – na ja, wir kommen ja dann zum Antrag, der heute auch abgestimmt wird – vielleicht gibt es da gar keine Prozente mehr, die man vorschreiben wird.
Sie sehen also: Die nachhaltige Lebensmittelbeschaffung in Österreich ist in Gefahr und man wollte das eigentlich still und heimlich irgendwo beschließen. Das haben wir Grüne nicht zugelassen. (Beifall bei den Grünen.)
Doch Sie werden sich vielleicht fragen: Was wollen denn die Regierungsparteien, was wollen die NEOS, was will die SPÖ, was will die ÖVP, in Zukunft haben? – Na ja, sie arbeiten ganz nach dem Motto: Tierwohl raus, Tierqual rein!, weil das ist es dann. Wir haben das schon vor einigen Monaten bei dem Beschluss zum Tierschutzgesetz erlebt, als es um die Jahrhundertchance gegangen ist, endlich den Vollspaltenboden bei der Schweinehaltung zu verhindern, zu beschränken, einfach einen Schlussstrich zu ziehen. Auch da hat diese Bundesregierung nicht geliefert. Sie hat das Gesetz so verwässert, dass der Vollspaltenboden in der Schweinehaltung jetzt einbetoniert ist. Und der nächste Schritt ist, dass das Fleisch aus dieser Haltung in der öffentlichen Beschaffung jetzt Standard wird, und ich sage Ihnen eins: Das dürfen wir alle gemeinsam nicht zulassen! (Beifall bei den Grünen.)
Also, Tierwohl geht raus, bio geht raus. Und wie nennt das die Bundesregierung in ihrem Antrag? – Sie nennt das in ihrem Antrag „Stärkung der biologischen und regionalen sowie tierwohlgerechten Lebensmittelbeschafftung im Bundesbreich und Begleitung des laufenden naBe-Überarbeitungsprozess“. Ja, dieser Titel ist so lang, dass man ihn sich kaum merken kann, aber man sieht da schon: Na ja, an und für sich ist das gescheit. Dann geht man davon aus: Na ja, wenn jetzt 30 Prozent bio wären, dann muss ja die Stärkung dann in die Richtung gehen, dass wir in Zukunft statt 55 Prozent 70 Prozent haben. Oder: Wenn wir sagen, wir stärken das Tierwohlsiegel, dann würde man davon ausgehen, dass man sagt: Wir erreichen die 100 Prozent viel schneller.
Aber nein, wenn Sie sich dann den Antrag der Regierungsparteien durchlesen – ich frage mich wirklich, ob den jetzt die ÖVP allein geschrieben hat oder ob doch die NEOS und die SPÖ dabei anwesend waren –: Da werden Sie nichts mehr finden. Da ist das Tierwohl nicht einmal im Entschließungstext genannt, das Wort Tierwohl kommt bei Ihnen nicht mehr vor. Wie geht das? Sie stellen als SPÖ die Tierschutzstaatssekretärin und haben sich hier heraußen vor wenigen Monaten gelobt, wie toll das Tierschutzgesetz ist, aber in diesem Entschließungsantrag bringen Sie das Tierwohl nicht einmal in einem Wort rein. Da muss ich Sie schon fragen, ob Sie bei der textlichen Gestaltung dieses Entschließungsantrages anwesend waren. (Beifall bei den Grünen.)
Liebe NEOS, ich schätze die Arbeit von Karin Doppelbauer in dem Bereich der nachhaltigen Beschaffung von Lebensmitteln gerade in den letzten Jahren sehr. Nur, liebe Kollegin Doppelbauer, wo warst du, als das geschrieben wurde? Wir haben erkannt – und das ist ein Problem –, dass die nachhaltige Beschaffung überhaupt nicht in der Form geliefert hat, wie wir das wollten, dass erst die Ministerien umstellen mussten, dass die Bundesbeschaffung erst umstellen musste. Warum hast du nicht Sorge dafür getragen, dass wir bei der Umsetzung vorankommen, dass ein Turbo reinkommt, dass wir Wege suchen, wie wir schnellstens für die Köche und Köchinnen in öffentlichen Einrichtungen entbürokratisieren und die Ziele erreichen? Das war nicht der Weg, den du gewählt hast. Du hast den Weg gewählt: Streichen wir das geschwind raus, dann müssen wir die Ziele nicht erreichen und dann schaut es auch gut aus. Ich finde, das ist beschämend. (Beifall bei den Grünen.)
Aber noch beschämender ist, dass wir, als wir das beschlossen haben und die Tierwohlkriterien niedergeschrieben wurden, hier Zeug:innen mehrerer Reden geworden sind, in welchen du, Kollege Strasser, eines getan hast: Du hast jedes Mal gesagt: Wer Tierwohl will, muss auch Tierwohl kaufen!, und: Es gibt im Einzelhandel noch so viel zu tun! – Und das Gegenbeispiel war immer die öffentliche Beschaffung, denn die geht jetzt mit Vorbild voran.
Wo warst du, lieber Kollege, als dieser Entschließungsantrag geschrieben wurde, mit deinem moralischen Zeigefinger, der nämlich dafür Sorge trägt, dass die öffentliche Hand vorangeht, dass diese Betriebe zum Beispiel in der Schweinehaltung in – wie man es so oft nennt – mehr Tierwohl investieren – TW30, TW60, TW100 wird das gerne bei der ÖVP genannt, das hat dann gleich so eine Nummer wie ein, weiß ich nicht, Winterreifen (Zwischenruf des Abg. Schmuckenschlager [ÖVP]) –, wo warst du, als das geschrieben wurde? Warum geht da die öffentliche Hand nicht mit Vorbild voran? Wo ist da die Verantwortung der Republik? Wo ist da ein wirklich korrekter Einkaufswagen der Republik? Wo ist der Weg, wie wir dort hinkommen? Was sagt die ÖVP, was sagt der Bauernbund den Bäuerinnen und Bauern, die darauf gezählt haben, dass die 76 Millionen Euro, die der Bund in die öffentliche Lebensmittelbeschaffung investiert, auch dafür aufgewendet werden, dass ihre Investitionen in Tierwohl, in biologische Landwirtschaft gerechtfertigt sind und auch bezahlt werden? Wo wart ihr? (Beifall bei den Grünen.)
Ihr als Bauernbund, wo wart ihr da, als das geschrieben wurde? Das ist ein Antrag, meine Damen und Herren, der hätte niemals, niemals das Licht des Tages erblicken dürfen, denn mit diesem Entschließungsantrag ist eines klar: Als Nächstes – ich sage Ihnen die Zukunft voraus – werden die Ministerien diese Selbstverpflichtung zu mehr Tierwohl und zur biologischen Landwirtschaft aufgeben. Wir werden im Aktionsplan der nachhaltigen Beschaffung keine Ziele mehr festgeschrieben haben, denn daran wird im Hintergrund jeden Tag akribisch gearbeitet.
Es kommt also auf uns gemeinsam als Konsument:innen, als politische Parteien darauf an, dass wir uns dem entgegenstellen. Es ist nicht egal, wie wir einkaufen. Es ist auch eine ethische Verantwortung, wie wir einkaufen. Und das nicht nur zu Hause für den eigenen Kühlschrank, sondern auch für den Kühlschrank, der die Republik versorgt.
Also, liebe NEOS und liebe SPÖ, ich halte fest: Botschafterinnen für Tierqual und Handlangerinnen der Agrarindustrie, dafür seid ihr nicht gewählt worden. (Abg. Doppelbauer [NEOS]: Wow!) Mit diesem Motto seid ihr nicht angetreten, aber jetzt schafft ihr solche Fakten. (Abg. Doppelbauer [NEOS] – erheitert –: Also ganz ehrlich!) Aus nachhaltiger Beschaffung wird nachhaltige Abschaffung. Auch das ist eine Leistung. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Lindinger [ÖVP]: Wir sind Lobbyisten für die österreichischen Familienbetriebe! – Abg. Egger [ÖVP]: Immer schön, wenn man über was redet, wo man sich nicht auskennt!)
18.18
Präsident Peter Haubner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Albert Royer. – Ich stelle Ihre Redezeit auf 4 Minuten ein, Herr Abgeordneter.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.