RN/161

19.02

Abgeordneter Albert Royer (FPÖ): Danke, Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Das ist jetzt natürlich ein Thema, das einigermaßen betroffen macht. Natürlich herrscht noch mehr Betroffenheit vor Weihnachten, weil es wirklich vielen Bauern und Bäuerinnen nicht gut geht in diesem Land. Es gibt diese Studie über soziale und psychische Belastung, da kommt ganz klar heraus, dass etwa die Hälfte der Bauern und Bäuerinnen – 45 Prozent – im vorigen Jahr mit psychischen Problemen gekämpft haben. Der Hauptgrund ist Überlastung und Überforderung. In der Gesamtbevölkerung waren es nur halb so viele Menschen. 

Was natürlich auch sehr tragisch ist: Mit Leuten, die an Suizid denken oder im schlimmsten Fall diesen dann ausführen, sind wir in der Landwirtschaft gegenüber der Gesamtbevölkerung auch überrepräsentiert. Viele Bauern und Bäuerinnen – vor allem Bauern – wissen dann halt keinen Ausweg mehr, der Druck ist wirklich enorm. Das liegt natürlich – und das kann ich der ÖVP nicht ersparen – an der falschen Agrarpolitik der letzten 40 Jahre, in denen ihr immer am Ruder wart. Dieses Wachsen oder Weichen, das ihr wirklich bis an die Spitze getrieben habt, hat zu dieser Situation geführt. Darum stimmt es auch, wenn ich immer wieder sage: Bauernbund ist Bauernschwund. Das kann man statistisch nachlesen: Neun Betriebe hören pro Tag auf.

Wenn man ein bisschen zurückgeht in der Geschichte: Als ich in den Neunzigerjahren angefangen habe, Bauer zu sein, da hat man mit 25 Milchkühen eigentlich noch schön leben können. Das war überschaubar, der Druck war noch nicht ganz so groß. Heute haben wir Betriebe mit 60 Kühen und mehr. Ich gebe zu, es gibt einen technischen Fortschritt, sowohl bei den Maschinen am Feld draußen als auch im Stall mit mittlerweile sehr vielen Melkrobotern; aber der technische Fortschritt wird halt auch wieder dadurch aufgefressen, dass die Betriebe jetzt alle doppelt oder dreimal so groß sind und in Summe trotzdem viel weniger Leute am Hof leben beziehungsweise am Hof mitarbeiten.

Der wirtschaftliche Druck ist einfach enorm, die Investitionen in den technischen Fortschritt kosten enorm viel Geld. Wir reden mittlerweile von Stallbauten – 20 000 Euro pro Stück Vieh im Rinderbereich ist normal – von 1 Million Euro und aufwärts. Der Milchpreis geht in Wellen auf und nieder. Wenn er oben ist, kommt man über die Runden, wenn er wieder zurückgeht, so wie wir jetzt eine Phase haben, dann sind die Kreditraten nur sehr, sehr schwer abzubezahlen. Wie gesagt: Die Bauern sind sehr unter Druck, haben Bankkredite, die sie bedienen müssen. Der Bankdirektor fragt nicht, wie der Milchpreis gerade ist, sondern der will einfach seine Raten haben.

Wenn ich auf meine eigene Vergangenheit zurückblicke, als ich 18 Jahre alt war und mich entschieden habe, dass ich Bauer werde – mit voller Begeisterung dazumal –, galt einfach das Versprechen: Wenn du Bauer wirst, musst du wahrscheinlich viel arbeiten. Du verdienst wahrscheinlich nicht so viel, aber du bist ein freier Mensch, und du bist ein freier Bauer. Mittlerweile ist natürlich dieses Bürokratiemonster dazugekommen. Da fragt man sich wirklich: Wo ist er, der Sepp? Wo ist der Schellhorn? Wir brauchen in der Landwirtschaft in vielen Bereichen massive Deregulierung.

Ein kritischer Bereich – ich möchte es ganz kurz streifen – sind natürlich die Tierschutzauflagen. Ja, wir wollen alle Tierschutz, dazu verpflichten wir uns auch, aber wenn du halt eine Kuh hast, die auf einem Fuß marod ist, und du hast sie im Klauenstand und behandelst das, dann springt die am nächsten Tag nicht wie ein junges Viecherl durch die Gegend, sondern das dauert eine Zeit. Wenn du sie dann auf der Weide hast, und du hast einen Nachbarn, der dich nicht mag, hast du eine Anzeige und den Amtstierarzt am Hof. Also ich kenne jedenfalls einen Betrieb in Pruggern im Ennstal, der hat schon vor Jahren mit der Viehhaltung aufgehört, weil er in einem Sommer fünf Anzeigen gehabt hat und gesagt hat, das tut er sich nicht mehr an.

Jetzt muss man aber eines noch dazu sagen: Ich glaube, wir Bauern, wir denken in Generationen. Ich glaube, es ist für jeden der allerschwerste Schritt, mit der Landwirtschaft aufzuhören, wenn drei, vier Generationen diese davor betrieben haben. Die haben ja auch keine leichten Zeiten gehabt, und irgendwo ist man ja den Vorfahren verpflichtet. Darum will jeder weitermachen, auch wenn der Betrieb vielleicht schon unrentabel ist und jeder bis zum Abwinken arbeitet. 

Ein Thema möchte ich vielleicht noch streifen, auch wenn die Lampe schon blinkt: Es ist ja eh schon die Hälfte der Bauern, es sind schon sehr, sehr viele im Nebenerwerb, weil man von der Landwirtschaft allein nicht mehr leben kann. Sie gehen 40 Stunden in einer Firma arbeiten, dann reißen sie sich daheim noch den Haxen aus, und dann haben sie noch mit Bürokratie und Auflagen zu kämpfen. Dann heißt es eben irgendwann: Der Stall passt nicht mehr – Tierschutzauflagen –, jetzt braucht man auch noch einen neuen Stall. Der kostet, wie ich gesagt habe, 500 000 bis 600 000 Euro aufwärts, auch für einen Nebenerwerbsbetrieb. Das ist ja nicht leistbar, deshalb haben wir wirklich die große Sorge, dass zu viele aufhören. Es werden uns dann in weiterer Folge auch die Almen zuwachsen. Wir haben jetzt schon weniger Almvieh, weil gerade die kleinen Betriebe fehlen. 

Vielleicht eines noch am Schluss: Ich habe mit einem Melkmaschinentechniker geredet, mittlerweile habe ich auch ein Gespräch mit meinem Landmaschinenhändler und auch mit dem Amtstierarzt geführt. Jeden von den dreien habe ich gefragt: Was glaubt ihr? Wie viele Betriebe hören in den nächsten zehn Jahren auf? Jeder von den dreien, also der Melkmaschinentechniker, der Amtstierarzt und der Landmaschinenhändler, hat mir das Gleiche gesagt: In den nächsten zehn Jahren werden in meiner Gegend noch einmal die Hälfte der Betriebe aufhören.

Wie gesagt, da muss man sich politisch einmal dagegenstemmen. Das läuft so nicht weiter, wie die ÖVP da tut, das passt so nicht. Wie gesagt, diese Fälle sind tragisch. Alles, was man in diesem Bereich an psychischer Unterstützung leisten kann, ist natürlich begrüßenswert. Ich glaube aber, es muss uns als Gesamtgesellschaft einmal das Problem bewusst sein, dass wir wirklich an der Kippe sind, dass wir bald zu wenige Bauern haben, und dann haben wir die Versorgungssicherheit in diesem Land auch nicht mehr. Dann schaut es eben in Krisenzeiten auch nicht mehr gut aus. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FPÖ.)

19.08

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager.

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.