RN/163

19.16

Abgeordnete Elisabeth Feichtinger, BEd BEd (SPÖ): Danke, Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Ich möchte nach meinem Vorredner jetzt thematisch wieder ein bisschen zur psychischen Gesundheit in der Landwirtschaft zurückkommen: Stellen Sie sich einen Bauernhof im ersten Morgenlicht vor. Die Arbeit beginnt lange bevor die Sonne aufgeht, und sie endet oft nicht, bevor sie untergegangen ist. 60 Stunden Arbeit in der Woche sind keine Seltenheit, sondern in der Landwirtschaft tatsächlich auch starke Realität. Ein Leben ohne Pause, ohne Wochenende, ohne Urlaub, ein Leben, das erfüllt ist von dem, dass man tagtäglich arbeitet. Work in Progress, wie ein Rad, das sich immer schneller dreht, und irgendwann fällt man raus. 

Unter solchen Bedingungen wundert eine Zahl nicht, und doch muss sie uns alarmieren: 46 Prozent der Menschen im land- und forstwirtschaftlichen Bereich berichten im letzten Jahr von psychischen Beschwerden. Doch noch bedrückender sind jene Zahlen, über die kaum jemand spricht, und zwar: 20 Prozent, das ist jeder Fünfte in diesem Berufsstand, haben schon einmal über Selbstmord nachgedacht. 15,6 Prozent haben ein tatsächlich erhöhtes Suizidrisiko, das sind mehr als doppelt so viele als in der übrigen Bevölkerung.

Das ist nicht irgendeine Zahl, das sind Menschen: Menschen, die an ihre Grenzen gekommen sind; Menschen, die nachts nicht mehr schlafen können, weil sie so belastet sind; Menschen, die denken, es gebe keinen Ausweg mehr aus ihrer Situation. Zu viele bleiben mit diesen Gedanken alleine, weil psychische Belastungen, psychische Krankheiten in diesem Umfeld absolut stigmatisiert sind. Man funktioniert einfach, man redet nicht darüber, es schaut keiner hin, und man schaut auch ganz viel weg, damit man das ja nicht thematisieren muss.

Wir sprechen da von einer Berufsgruppe, die unser Land ernährt, aber selbst oft kaum Zeit findet, um Luft zu holen, von Menschen, die in einem einzigen Moment alles verlieren können – durch Hagel, durch Dürre, durch Muren, durch Ereignisse, die niemand kontrollieren kann –, von Familien, die im selben Ort arbeiten, lieben und aber auch leben, und die zerbrechen können, wenn der Druck zu groß wird. 

Deshalb ist dieser Antrag vor allem sehr, sehr wichtig. Wir wollen psychosoziale Unterstützung ausbauen, Prävention stärken und vor allem die Informationen zu den Angeboten verbessern, denn viele wissen noch immer nicht, dass es diese Angebote gibt. Es braucht Vernetzung, es braucht niederschwellige Angebote, und es braucht das Signal, dass niemand in solch belastenden Situationen alleine gelassen wird. (Beifall bei der SPÖ.) 

Wir müssen aber auch weitergehen. Als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sagen wir immer: Arbeit darf niemanden in die Verzweiflung treiben. Wir kämpfen für eine Arbeitswelt, die die Menschen gesund bleiben lässt, körperlich und auch seelisch. Wir müssen ganz klar auf diese Menschen schauen. Wenn wir über Suizid in der Landwirtschaft sprechen, dann sprechen wir nicht über Zahlen, sondern über die Menschen, die heute noch leben könnten, wenn sie rechtzeitig unterstützt worden wären. 

Genau deshalb ziehen wir heute eine klare Linie: Niemand, der dieses Land ernährt, darf irgendwann glauben, dass sein eigenes Leben weniger wert ist als seine Arbeit. (Beifall bei der SPÖ.)

19.19

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Michael Bernhard.

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