Abgeordnete Margreth Falkner (ÖVP): Danke, Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Sie kennen die Situation in Tirol: Über den Brenner fahren dreimal so viele Lkws wie über alle Schweizer Alpenübergänge gemeinsam. Der Brenner ist also das Nadelöhr Europas im Nord-Süd-Verkehr. Was das für die rund 210 000 Menschen bedeutet, die direkt an der Autobahn leben, ist klar.
Im Rahmen eines Austauschs mit Mitgliedern des Verkehrsausschusses des Deutschen Bundestages haben wir die Frage der deutschen Zulaufstrecken zum Brennerbasistunnel intensiv diskutiert. Dieser Austausch war sehr konstruktiv, hat aber auch deutlich gezeigt, dass es weiterhin an verlässlichen Zusagen fehlt.
Meine Frage:
„Welche verbindlichen Zeitpläne und Finanzierungszusagen gibt es für die deutschen Zulaufstrecken zum Brennerbasistunnel, damit sichergestellt ist, dass der Tunnel bei seiner Inbetriebnahme nicht an fehlenden Zuläufen scheitert?“
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Herr Bundesminister.
Bundesminister für Innovation, Mobilität und Infrastruktur Peter Hanke: Ich darf vielleicht erst einmal ein wenig zum Brennerbasistunnel ausführen, denn es ist ein Jahrhundertprojekt, eine Einmaligkeit und ein essenzielles Schlüsselelement für die Zukunft des österreichischen und des europäischen Schienenverkehrs.
Dementsprechend befinde ich mich im guten Austausch mit meinem deutschen Amtskollegen Patrick Schnieder und habe zuletzt genau vor einer Woche in Brüssel die Möglichkeit gehabt, dieses Thema anzusprechen und auch verständnisvoll mit ihm zu diskutieren.
Eine Grundsatzentscheidung im Deutschen Bundestag zum Bau des Brennernordzulaufes ist nach aktuellem Stand für diesen Winter vorgesehen. Erst danach kann eine Priorisierung und eine endgültige Finanzierungsentscheidung durch die deutsche Bundesregierung erfolgen. Österreich kann diesen innerstaatlichen Entscheidungsprozessen Deutschlands naturgemäß leider nicht vorgreifen.
Umso wichtiger ist uns ein enger politischer Dialog, und ich darf Ihnen berichten, dass am 9. Februar der deutsche Bundesminister für Verkehr zu einem Staatsbesuch in Österreich sein wird. Wir werden diesen Anlass nutzen, die Notwendigkeit eines rechtzeitigen und kapazitätsgerechten Ausbaus des Nordzulaufes mit Nachdruck anzusprechen, weil ich weiß, wie leidend die Bevölkerung in Tirol mit diesem Thema konfrontiert ist.
Wir werden aber auch auf die Ergebnisse der Studie im Rahmen der Brenner Corridor Platform verweisen. Sie zeigen, dass bei Inbetriebnahme des Brennerbasistunnels ohne entsprechenden nördlichen Zulauf eine massive Überlastung droht und die Ziele der europäischen Verlagerungsstrategie gefährdet werden. Ohne einen rechtzeitigen Ausbau des deutschen Nordzulaufs können die Kapazitäten der Brennerachse nicht voll genutzt werden. Das würde nicht nur die österreichischen, sondern auch die europäischen Verlagerungsziele unterlaufen.
Wir werden alles tun, um in einer vernünftigen Entscheidung für den Wirtschaftsstandort insbesondere Süddeutschlands, Oberitaliens und Österreichs vorzugehen, und alles unternehmen, damit wir zeitlich ein bestmögliches Paket schnüren. Ich werde mich daher weiterhin bilateral mit Deutschland wie auch auf europäischer Ebene auf Planungssicherheit berufen und auf klare Finanzierungsentscheidungen und einen abgestimmten Zeitplan drängen, denn ich glaube, dieses Thema hat es wirklich verdient und wir alle haben lang genug darauf gewartet.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Zusatzfrage? – Bitte.
Abgeordnete Margreth Falkner (ÖVP): Meine Zusatzfrage: Wir wollen natürlich alle vom besten Fall ausgehen und davon, dass Pläne eingehalten werden, aber, Sie haben es ausgeführt, wir haben die Dinge nicht allein in der Hand. Welche Auswirkungen hat aus Ihrer Sicht ein weiteres Verzögern der deutschen Zulaufstrecken auf den Gesamtzeitplan sowie auf die Gesamtkosten des Tunnels?
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Herr Bundesminister.
Bundesminister für Innovation, Mobilität und Infrastruktur Peter Hanke: Hier gibt es eine gute Nachricht: Der Zeitplan und die Kosten des Brennerbasistunnels werden dadurch nicht verändert. Die Bauarbeiten laufen, wie Sie wissen, auf Hochtouren und sollen wie geplant umgesetzt werden.
Ich möchte aber dennoch betonen, dass der Nordzulauf auf deutscher Seite notwendig ist, um wie vorhin ausgeführt die volle Kapazität des Tunnels nutzen zu können. Auch wenn wir als Österreich nicht in die innerdeutschen Entscheidungsprozesse vorgreifen können, setze ich mich eben im intensiven Austausch dafür ein, dass uns das gelingen möge und dass wir hier ein zeitliches Korsett finden, das für die Tiroler Bevölkerung eine klare Hilfe sein wird.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Eine weitere Zusatzfrage von Frau Abgeordneter Neßler. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Einen schönen guten Vormittag, Herr Minister! Wir bleiben thematisch in Tirol. Sie haben es bereits angesprochen, jetzt eine ganz konkrete Frage: Können Sie ausschließen, dass die Notmaßnahmen zur Eindämmung der Lkw-Lawine auf der Brennerachse und insbesondere das Lkw-Nachtfahrverbot im Zuge der aktuellen Transitauseinandersetzung mit Deutschland, mit Italien, mit der EU-Kommission aufgeweicht oder sogar abgeschafft werden?
Bundesminister für Innovation, Mobilität und Infrastruktur Peter Hanke: Sehr geehrte Kollegin, ich darf das anführen, was ich vorhin teilweise schon ausgeführt habe: Die Belastung des Brennerkorridors durch den Transitverkehr ist unverändert hoch, hat sich also in diesen letzten Jahren noch nicht verbessert. Das bedeutet eine massive Belastung für die Gesundheit der Menschen entlang des Korridors und für die Umwelt und auch für die Infrastruktur selbst, die natürlich immer wieder aufwendig zu sanieren ist, und auch das muss da Platz finden.
Aus meiner Sicht ist daher klar, dass es am Brenner weiterhin wirksame Maßnahmen braucht, um die Belastung möglichst gut abzufedern und effizient zu verteilen. Daran ändert auch das laufende EuGH-Verfahren nichts. Ich stehe daher weiterhin voll und ganz hinter den bestehenden Notmaßnahmen in Tirol.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Wir kommen zu einer weiteren Zusatzfrage von Herrn Abgeordnetem Schroll. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Alois Schroll (SPÖ): Danke, Herr Präsident! – Herr Bundesminister, Sie haben es schon angesprochen, morgen ist die Eröffnung des sehr wichtigen Projektes Koralmtunnel. Ich glaube, strategisch, verkehrsstrategisch genauso wichtig in Österreich ist der Brennerbasistunnel. Deshalb meine Frage: Mit welchen Kapazitäten für den Brennerbasistunnel und damit auch für die deutschen Zulaufstrecken wird in Ihrem Ressort nach Inbetriebnahme des Brennerbasistunnels gerechnet?
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Herr Bundesminister.
Bundesminister für Innovation, Mobilität und Infrastruktur Peter Hanke: Sehr geehrter Kollege! Zu den künftigen Kapazitäten am Brennerkorridor: Sowohl mit der Inbetriebnahme des Brennerbasistunnels als auch in weiterer Folge der Zulaufstrecken, über die wir heute schon gesprochen haben, liegen umfassende Untersuchungen der Brenner Corridor Platform vor. Diese Studien sind zwischen Deutschland, Österreich und Italien eng abgestimmt. Österreich hat die Erarbeitung dieser Grundlage aktiv vorangetrieben. Die Ergebnisse bilden nun für alle drei Staaten eine zentrale und verlässliche Planungsbasis. Konkret gehen die Studien für den Querschnitt Innsbruck–Brenner in den 2030er-Jahren von rund 300 Zügen pro Tag aus; dabei sind sowohl die Bestandsstrecke über den Brennerpass als auch der Brennerbasistunnel zu berücksichtigen – also 300 Züge, das ist eine massive Nutzung des Tunnels, die da angestrebt wird.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Da alle Anfragen zum Aufruf gelangt sind, erkläre ich die Fragestunde für beendet und bedanke mich beim Herrn Bundesminister. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und NEOS sowie bei Abgeordneten der Grünen.)