11.09
Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Danke, Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Um gleich auf den Punkt zu kommen: Kein Mädchen darf dazu gezwungen werden, ein Kopftuch zu tragen. Nicht mit zehn, nicht mit 14, nicht unter Zwang, nicht aus Angst und nicht aufgrund von Druck ausgehend von Familie oder von Mitschülern. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und NEOS.)
Eines kommt mir aber hier in dieser Debatte wirklich zu kurz. Wieder einmal wird ein gesellschaftspolitisches Problem auf dem Rücken junger Mädchen ausgetragen. (Ah-Rufe bei der ÖVP.) Schon wieder werden junge Mädchen ins Visier genommen, aber nicht jene, von denen das Problem ausgeht. (Abg. Gödl [ÖVP]: Zwei Sätze ...!)
Warum sprechen wir nicht über Bubenarbeit? Denn das Problem fängt nicht am Kopf vom Mädchen an, sondern das Problem fängt in den Köpfen derer an, die viel zu oft mit der Idee von Kontrolle und Unterdrückung aufwachsen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Taschner [ÖVP].)
Warum sprechen wir nur über Strafen und warum sprechen wir nicht über Unterstützung von Lehrpersonen, die das dann als Sheriffs – ja, müssen sie machen – in den Klassenzimmern managen müssen? Warum sprechen wir nicht darüber, wie wir Radikalisierung in den Schulen von Anfang an unterbinden können, um ein besseres Miteinander zu schaffen? (Beifall bei Grünen und NEOS. – Zwischenruf des Abg. Wurm [FPÖ].)
Wir sprechen nicht darüber, weil diese Regierung nichts (Abg. Wurm [FPÖ]: ... Barbara!) davon ins Gesetz geschrieben hat. (Abg. Steiner [FPÖ]: Remigration!) Es wurden Begleitmaßnahmen besprochen, aber es bleibt faktisch ein Gesetz, das nur auf das Kopftuchverbot hinausläuft – ohne echte Begleitung, und das heißt, das Problem wird lediglich verschoben. (Beifall bei den Grünen.)
Und das Schlimmste: Sie verstoßen mit diesem Gesetzestext nach Meinung zahlreicher Experten und Expertinnen gegen die Verfassung (Zwischenruf des Abg. Michael Hammer [ÖVP]) und das können Sie hier draußen auch nicht schönreden. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe der Abgeordneten Taschner [ÖVP] und Totter [ÖVP].)
Liebe Kolleginnen und Kollegen: Ja, wir sind für ein Kinderkopftuchverbot (Abg. Taschner [ÖVP]: Aber?), aber wir stimmen bestimmt keinem unausgereiften, verfassungswidrigen Gesetz zu. (Abg. Gödl [ÖVP]: Stehen Sie als Richterin da vorne?)
Bevor sich Kollege Shetty jetzt empört und ein Video postet, dass die Grünen nicht mitgestimmt haben, lassen Sie mich eines ganz klar sagen: Wenn die Regierung ein Gesetz vorlegt, das der Verfassung widerspricht (Abg. Taschner [ÖVP]: Woher wissen Sie denn das?), dann ist es unsere Verantwortung als Abgeordnete, dann ist es unsere Verantwortung und unsere Pflicht, dass wir dagegenstimmen – darauf haben wir einen Eid geleistet –, denn da geht es nicht um Klicks, da geht es nicht um Likes, da geht es um Rechtssicherheit. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Gödl [ÖVP]: Wir haben Gewaltenteilung in Österreich! – Abg. Totter [ÖVP]: ... das Parlament!)
Dass die SPÖ bei diesem Pfusch mitmacht, obwohl es laute Bedenken gibt, verstehe ich auch nicht, aber es wundert mich auch nicht. Nochmal, um es ganz deutlich zu sagen: Ein verfassungswidriges Gesetz (Abg. Gödl [ÖVP]: Woher wissen Sie das?) schützt kein einziges Mädchen, sondern es schwächt lediglich unseren Rechtsstaat. (Ruf bei der ÖVP: Überlassen Sie das bitte dem Verfassungsgerichtshof!) Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber mir ist dieses Hohe Haus heilig, und ich bin froh, dass ich bei einer Partei bin, die demokratiepolitisches Verständnis (Rufe bei der ÖVP: Oh!) über populistischen Stimmenfang setzt. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Michael Hammer [ÖVP].)
Und ja, es wäre die Aufgabe einer Regierung, Mädchen zu schützen, die Selbstbestimmung der Frau zu stärken (Abg. Totter [ÖVP]: Genau das tun wir!), bei den Ursachen anzufangen, ein besseres Miteinander zu schaffen. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch [FPÖ].) Wenn dieses kaputte Gesetz aber alles ist, was die Regierung auf die Beine stellen kann, dann, muss ich sagen, haben Sie Ihren Auftrag als Regierung nicht verstanden. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Gödl [ÖVP]: Ja, Frau Richter! – Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Sehr bescheidener grüner Applaus!)
11.12
Präsident Peter Haubner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Martina von Künsberg Sarre. – Ich stelle Ihre Redezeit auf 3 Minuten ein, Frau Abgeordnete.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.