13.43

Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: Danke, sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Werte Zuschauerinnen und Zuschauer! In 13 Tagen ist Weihnachten, und das ist natürlich immer eine besondere Zeit, die man tunlichst mit Freunden, mit Familie, mit den eigenen Kindern verbringt. Es ist eine Zeit, die einem wirklich auch brutal vor Augen führt, dass die Ukraine jetzt schon nahezu den vierten Winter im Krieg lebt, dass dort viele Familien nicht gemeinsam feiern werden (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Die Russen feiern auch später!), viele Kinder von ihren Eltern getrennt sind, viele Familien durch den Krieg auseinandergerissen worden sind und die Ukraine wirklich mit unsäglichem Leid konfrontiert ist. Insbesondere das Schicksal der Kinder in der Ukraine nimmt uns alle sehr mit, und es ist auch für die österreichische Bundesregierung ein Auftrag, zu handeln.

Ich habe – ich glaube, es ist jetzt zwei Wochen her – den ukrainischen Menschenrechtsaktivisten Mykola Kuleba getroffen. Er ist der Vorsitzende der NGO Save Ukraine. Save Ukraine kümmert sich einerseits darum, von Russland deportierte Kinder wieder zurück in die Ukraine zu holen, den Kindern andererseits dann aber auch in dieser Zeit Unterstützung durch eine Begleitung, durch psychologische Betreuung, durch entsprechende Bildungsmaßnahmen, auch durch künstlerische Maßnahmen zu bieten, um sie wieder hin zu einem normalen Leben zu begleiten, soweit das möglich ist. 

Ich möchte Ihnen das ganz kurz zeigen: Einige dieser Kinder haben Weihnachtsbilder gemalt, wie wir sie alle kennen. (Die Rednerin hält einige Kinderzeichnungen mit weihnachtlichen Motiven in die Höhe und zeigt diese der Reihe nach.) Das ist natürlich sozusagen auch Teil der Auseinandersetzung mit ihren Traumata, die sie erlebt haben. Es sind wirklich sehr, sehr schöne dabei, die, glaube ich, vor allem Zeugnis davon geben, was sich die Kinder wünschen: nichts anderes als ein Leben in Frieden und Freiheit und ein Weihnachtsfest, das sie gemeinsam mit ihren Eltern, mit ihren Verwandten und vielleicht ihren Geschwistern verbringen können. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Ich bin daher sehr dankbar für diesen heutigen Antrag des Nationalrates, weil ich als österreichische Außenministerin der Aufforderung darin sehr gerne nachkomme. Ich bin vor allem auch dankbar dafür, dass ein Schlaglicht darauf geworfen wird, wie die Menschenrechtssituation in den von Russland besetzten Gebieten ist; wir haben ja im Außenpolitischen Ausschuss schon öfter darüber diskutiert. Man darf nicht vergessen, es sind nicht nur Zigtausende Kinder nach Russland oder nach Belarus deportiert worden, sondern es leben auch 1,6 Millionen Kinder in den Gebieten, die aktuell von Russland besetzt sind. Das heißt, das entspricht ungefähr der Anzahl der Kinder in ganz Österreich. Und wir wissen aus zahllosen Dokumentationen, wie die Menschenrechtssituation in diesen Gebieten, die von Russland besetzt sind, ist. Es ist von den Vorrednerinnen angesprochen worden: Es sind Folterungen, sexueller Missbrauch und widerrechtliche Tötungen an der Tagesordnung, und das alles wird von unabhängigen Institutionen dokumentiert. Das alles ist natürlich schon auch ein Grund dafür, warum die Ukraine sich dagegen wehrt, dass Russland Gebietsgewinne macht, weil natürlich genau das in diesen Gebieten, die von Russland besetzt sind, droht.

Ich glaube, es gilt vor allem aber auch, das Augenmerk darauf zu legen, dass wir alle Frieden wollen. Gerade jetzt ist eine Chance da, und ich hoffe auch, dass es bald gelingt, einen Frieden zu schaffen. Die Ukraine hat sich schon im März zu einem umfangreichen Waffenstillstand bereit erklärt. Wichtig ist, dass der Aggressor selber bereit ist, ernsthaft zu verhandeln. 

Ich sage das immer ganz einfach: Ich kann nicht untertags sagen, dass ich für Frieden bereit bin, und Nacht für Nacht weiter die Ukraine mit Bomben und Drohnen übersäen. Ich kann nicht in der Nacht Zivilistinnen und Zivilisten töten, zivile Infrastruktur, Spitäler, Schulen, Kindergärten, Energieeinrichtungen bombardieren und untertags sagen: Nein, nein, wir sind eh bereit, für Frieden zu verhandeln!

Jede Initiative auf dem Weg zu einem Frieden ist daher jetzt wichtig. Wichtig, glaube ich, für die Ukraine und wichtig auch für uns ist, dass es ein nachhaltiger Frieden ist, einer, der sicherstellt, dass der Aggressor nicht nach einiger Zeit sagt: Gut, ich bin für meine Aggression belohnt worden, ich mache jetzt einfach weiter, weil ich gelernt habe, das zahlt sich aus! Ich kann wieder mit militärischer Gewalt Grenzen verschieben, ich kann wieder mit militärischer Gewalt ein Land überfallen, und ich kann so meine politischen Interessen durchsetzen! – Dann wäre die Ukraine nicht frei und unabhängig und dann wäre auch Europa weiterhin bedroht. Was aber, glaube ich, schon auch wichtig ist, ist, dass es ein gerechter Frieden ist. Auch das ist ein wesentliches Merkmal dieses heutigen Antrages. 

Gerechtigkeit setzt sehr wohl voraus, dass wir Kriegsverbrechen nicht nur lückenlos dokumentieren (Abg. Kassegger [FPÖ]: Das ist ein großes Wort: „Gerechtigkeit“!) – es gibt unabhängige Institutionen, diese unterstützen wir auch, wie die UNO, wie die OSZE, wie den Europarat, die diese Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverbrechen dokumentieren –, sondern auch die Täter zur Rechenschaft ziehen. Gerechter Frieden bedeutet auch, dass die Menschen sicher sein können, dass die, die Kriegsverbrechen begangen haben, nicht einfach damit davonkommen. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Wir als offizielles Österreich unterstützen daher die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Das tun wir, indem wir die Ermittlungsarbeit des Internationalen Strafgerichtshofs, die Arbeit des UNO-Expertenteams zur Untersuchung von Fällen sexueller Gewalt sowie die Einrichtung des Sondertribunals für das Verbrechen der Aggression gegen die Ukraine unterstützen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir unterstützen auch Initiativen, die aktiv an der Rückbringung der angesprochenen deportierten Kinder mitarbeiten. Es gibt eine internationale Koalition für die Rückführung ukrainischer Kinder. Mit dieser internationalen Unterstützung und auch durch österreichischen Beitrag ist es gelungen, dass schon einige Kinder zurückgebracht worden sind und nun wieder in den Armen ihrer Familie sein werden, sodass sie jedenfalls hoffentlich auch gemeinsam Weihnachten feiern können.

Vielleicht last, but not least: Es gab erst letzte Woche, glaube ich, eine Sondersitzung der Generalversammlung der Vereinten Nationen, in der sich Österreich sehr aktiv dafür eingesetzt hat, dass es für die Rückkehr der ukrainischen Kinder eine Unterstützung durch eine UN-Resolution gibt. Das steht im Einklang mit unserem langjährigen österreichischen Engagement für den Schutz von Kindern, insgesamt von Zivilpersonen, in bewaffneten Konflikten. Diesen Weg werden wir weiter gehen. (Beifall bei NEOS und Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Vielleicht noch ein paar Worte zur Friedensschaffung oder zur Friedenssicherung in der Ukraine im Allgemeinen: Ich habe schon darauf hingewiesen, dass ich davon überzeugt bin, dass es Frieden braucht. Es braucht aber vor allem auch die Garantie, dass sich solch eine Aggression, solch ein Angriffskrieg nicht lohnt, dass der Aggressor nicht den Eindruck erhält, er kann seine politischen Interessen weiter mit militärischem Druck durchsetzen. 

Das sage ich auch ganz bewusst als Vertreterin unseres Landes, der Republik Österreich: Ein kleines Land wie Österreich hat Interesse daran, dass internationales Recht über allem steht, dass es etwas gibt, das alle verbindet, woran sich alle halten müssen. Das ist nun einmal das Völkerrecht und auch das humanitäre Völkerrecht. Wenn Regeln gar nicht mehr gelten, wenn nur noch die Stärke oder das Recht des Stärkeren zählt, anstatt die Stärke des Rechts, dann ist das keine Welt, in der wir als Österreich uns sicher fühlen können und in der wir als Österreich unsere Interessen durchsetzen können. 

Wir pochen darauf, dass sich Staaten untereinander in der Staatengemeinschaft Konflikte am Verhandlungstisch ausmachen, dass es weiterhin ein Pochen auf ein Gewaltverbot gibt, dass es weiterhin auch das Prinzip der Rechenschaftspflicht gibt, wenn es Kriegsverbrechen gibt. Diesen Weg werden wir auch weiter gehen. Hierfür setzen wir uns auch in unserer Arbeit in internationalen Organisationen ein, zum Beispiel in den Vereinten Nationen, wo ja auch unsere Kandidatur als nicht ständiges Mitglied des Sicherheitsrates ein Ausdruck dessen ist, wie hoch wir diese Fahne des Völkerrechts und des Multilateralismus halten. 

Ich möchte auch darauf hinweisen, dass sich selbstverständlich auch Österreich mit der Frage beschäftigt, wie wir den Frieden, sollte er hoffentlich bald möglich sein, absichern können. Da haben wir einiges zu bieten, gerade auch als Wien, gerade auch als Österreich. Erst vergangene Woche hat hier in Wien im Rahmen der OSZE, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, die Ministerkonferenz stattgefunden. 

Die OSZE ist solch eine internationale Organisation, die sehr wohl über die nötigen Mittel und das nötige Wissen verfügt, um Frieden auch nachhaltig abzusichern. Das ist jedenfalls ein Beitrag, zu dem Österreich definitiv bereit ist – das auch in der Zukunft einzufordern und hochzuhalten, dass wir selbstverständlich unsere Verantwortung dabei wahrnehmen, Frieden nachhaltig abzusichern.

Lassen Sie mich abschließend sagen: Ich danke dem Hohen Haus für diesen Antrag. Ich möchte in Richtung der Grünen sagen, dass selbstverständlich auch die Frage der russischen Einflussnahme, der russischen Informationsmanipulation ein enorm großes, massives Thema für die österreichische Bundesregierung ist. Es wird einen nicht zu geringen Teil in der überarbeiteten Österreichischen Sicherheitsstrategie einnehmen; das wird ein ganz wesentlicher Teil sein. (Abg. Stögmüller [Grüne]: Ich hoffe!) Warum? – Weil wir ein stolzes, souveränes Land sind, weil wir unsere Freiheit schätzen, weil wir unsere Würde schätzen, weil wir die offene Gesellschaft und unsere Demokratie schätzen und weil wir für unsere Kinder sicherstellen wollen, dass das auch so bleibt. (Abg. Disoski [Grüne]: Na, stimmts doch zu! – Zwischenruf des Abg. Stögmüller [Grüne].) 

Daher ist jegliche Einflussnahme von außen, von fremden Kräften, die versuchen, hier an Boden zu gewinnen, uns auseinanderzudividieren, zu spalten, Zwietracht zu schüren, und vor allem auch, unsere Demokratien dort anzugreifen, wo sie am verletzlichsten sind, nämlich im Recht, sich jederzeit auch beschweren zu können, abzulehnen. Das ist etwas, an dem wir auf jeden Fall auch weiterarbeiten werden. 

Ich danke jedenfalls für den Antrag, und ich kann Ihnen sagen, die österreichische Bundesregierung wird selbstverständlich bis zu einem umfassenden, nachhaltigen und gerechten Frieden an der Seite der Ukraine stehen, und darüber hinaus. – Danke. (Beifall bei NEOS, ÖVP und Grünen sowie des Abg. Silvan [SPÖ].)

13.54

Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Michael Gmeindl zu Wort.

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.