14.41
Abgeordneter Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP) (mithilfe einer KI-erzeugten Stimmimitation): Hohes Präsidium! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Als im Zuge meiner Erkrankung unter anderem meine Sprache gelitten hat, habe ich mich auf die Arbeit im Hintergrund zurückgezogen und in den letzten Monaten und Wochen versucht, meine Erfahrung und mein Fachwissen als Rechtsanwalt in die Justizpolitik einzubringen.
Im Zuge meiner Tätigkeit wurde ich dann auf Zero Project aufmerksam gemacht. Ich durfte Herrn Mag. Michael Pichler – übrigens der Bruder der sehr geschätzten Kollegin Scheucher-Pichler – kennenlernen, der mir vorgeschlagen hat, einen Stimmavatar von mir zu erschaffen. Ich gestehe, dass ich anfangs eher skeptisch war. Ich ließ mich am Ende doch überzeugen. Das beste Argument war, dass ich als Beispiel in der Öffentlichkeit dienen sollte und damit anderen Menschen in ähnlichen Situationen Hoffnung geben kann. (Allgemeiner Beifall.)
Wir hatten dann im Rahmen der Justizausschusssitzung einen Testlauf, der ganz gut funktioniert hat, auch wenn Kollegin Zadić meinte, mein Avatar würde sehr wienerisch klingen. Ich versichere, dass wir hart trainieren werden, dass der Avatar ein oberösterreichisches Idiom erlernt. (Allgemeiner Beifall. – Heiterkeit bei Abgeordneten der Grünen.)
Die heutige Premiere im Plenum und damit in der Öffentlichkeit ist dann schon noch einmal etwas anderes – das konnten Sie teilweise der medialen Berichterstattung entnehmen. Mein Dank für diese Premiere gilt nebst dem genannten Mag. Pichler auch Herrn Dipl.-Ing. Morandell, der sich viele meiner alten Reden anhören musste, um meine Stimme nachzubauen. Ein großes Dankeschön an das Präsidium des Nationalrates, das die Tür für dieses Experiment sofort weit aufgemacht hat, und – last, but not least – der besten Parlamentsdirektion der Welt, von der sich einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehr für diese Sache engagiert haben, denen ich noch gesondert meinen Dank abstatten werde. Als Abschluss dieser Einleitung wünsche ich mir, dass der Inhalt der Rede auch beachtet wird, nicht nur die Form der Darbringung. (Allgemeiner Beifall.)
Nun zur Sache selbst, also zum Missbrauch im Abmahnwesen: Wie immer, wenn wir in diesem Haus nolens volens Anlassgesetzgebung betreiben, liegt ein bisher nicht bekannter Verstoß gegen die Rechtsordnung oder ein Missbrauch eines bestehenden Rechts vor. Diesmal sind es Eigentümer von Grundstücken, leider unterstützt von Kollegen aus der Anwaltschaft, die aus vermeintlichen Besitzstörungen ein Geschäftsmodell gemacht haben.
Es ist dies kein Einzelfall, denken Sie an das UWG oder die oftmals unverschämten Forderungen von Fotografen nach dem Urheberrecht. Da werden überhöhte Kosten verrechnet und Schadenersatzforderungen erfunden, um aus Lappalien ein einträgliches Geschäft zu machen. Aus Sicht der Eigentümer ist das ein massiver Missbrauch eines Rechts, aus Sicht der Kollegen immer am Rand von Ehre und Ansehen des Anwaltsstandes, wie es so schön im Disziplinarrecht heißt.
Nachdem einige Bezirks- und Landesgerichte nicht ganz wussten, wie sie mit dem Phänomen umgehen sollten, trat der Präsident des OGH auf und erklärte, der OGH würde gerne einen Beitrag zur Vereinheitlichung der Judikatur leisten. Dies ist insofern bemerkenswert, als gerade der Zugang zum Höchstgericht bei Sachen, die nicht so eine große Bedeutung haben, gesetzlich eingeschränkt worden ist. Das Bundesministerium für Justiz sprang auf diesen Zug auf, während hier im Haus vor allem beim Eingriff in die Tarife des Rechtsanwaltstarifgesetzes und später des Gerichtsgebührengesetzes hörbares Unbehagen vorhanden war, dies einerseits, weil wir mit dem Eingriff in die Tarife – wie so oft bei Anlassgesetzgebung – die rechtstreue Mehrheit bestrafen, also die Besitzer, die tatsächlich in ihrem Besitz gestört worden sind, und jene überwältigende Mehrheit der Anwaltskollegen, die ihre Kosten korrekt verzeichnen und keine Fantasieforderungen stellen. Das Unbehagen bezog sich auch darauf, dass man als Gesetzgeber für die Vereinheitlichung des Rechtes zuständig ist und nicht Gerichte, die das Recht anwenden sollten, das wir hier beschließen.
Schon der angesehene britische Höchstrichter Lord Jonathan Sumption hat anlässlich seiner Pensionierung vor einigen Jahren in einer viel beachteten Rede vor der Justizialisierung der Demokratie gewarnt, freilich nicht ohne den Hinweis an die Gesetzgeber, bei der Formulierung von Gesetzen sorgfältiger zu sein und mehr auf die Qualität der Gesetze zu achten. Diese wird nur allzu gerne auf dem Altar des politischen Kompromisses geopfert, indem man sich unbestimmter Begriffe bedient oder einfach Dinge auslässt, auf die man sich nicht einigen kann.
Man darf sich nicht wundern, wenn Gerichte dann in die offenen Gesetzeslücken hineinstoßen und – wohl systemwidrig – Richterrecht anstelle des gesatzten Rechtes schaffen. Ein spannendes Beispiel haben wir heute noch auf der Tagesordnung. Was immer die Gerichte uns zum neuen § 879a ABGB bescheren werden, der von unbestimmten Begriffen getragen ist. Schließlich haben wir uns als Gesetzgeber dann doch noch eingebracht. Ganz ohne materiell-rechtliche Stellungnahme zum Besitzschutz und zum Missbrauch desselben wollte das Parlament doch nicht bleiben.
Ein legistischer Eingriff in das Recht des Besitzes nur wegen allfälliger Störungshandlungen erschien uns allen als sehr schwierig. So gibt es eine Feststellung des Justizausschusses als inhaltliche Handreichung an Gerichte. In dieser sind ein paar Parameter klar definiert: Bei extrem geringfügigen Eingriffen, die kein vernünftiger Mensch als Nachteil empfindet, liegt keine Störung im Rechtssinne vor, und deren Geltendmachung verstößt gegen das Schikaneverbot.
Weiters wird festgestellt, dass geringfügige Eingriffe, wie etwa das einmalige kurzfristige Anhalten, Befahren oder Umdrehen auf einer befestigten Fläche, ohne dass dadurch jemand behindert worden oder ein Schaden entstanden ist, keine Störungshandlung darstellen. (Allgemeiner Beifall.)
Bei Störungen mit einem Kfz haftet der Halter für den Lenker.
Wir waren im Ausschuss auch der Meinung, dass die getroffenen Maßnahmen ausreichen werden, um Rechtssicherheit und Rechtsklarheit zu schaffen. Sollte dies wider Erwarten nicht der Fall sein, werden wir uns als Gesetzgeber neuerlich damit beschäftigen müssen. Kurios fand ich bei der Debatte über die inhaltlichen Vorgaben die Meinung Einzelner, man möge den Gerichten keine Vorgaben machen. Meine Antwort war eine Frage: Wer, wenn nicht der Gesetzgeber, wer, wenn nicht wir, soll Vorgaben machen und Vorschriften erlassen? (Allgemeiner Beifall.)
Wir als Gesetzgeber hier im Haus sind gefordert, unsere Position mit Qualität zu verteidigen und Rücksicht auf die große Mehrheit der rechtstreuen Bürger zu nehmen, indem wir ihnen das Leben wegen einiger weniger Grenzgänger nicht schwerer machen. Darauf sollten wir jedes Gesetz vor Beschluss prüfen.
Alles in allem ist das in einem längeren, durchaus qualitativen Dialog gelungen. Es war auch wichtig, die unmittelbar Betroffenen anzuhören, die gesetzlichen Vorhaben vorzustellen und zu diskutieren. Eine Ausschussfeststellung mit dem OGH als Background und einer Auslaufregel nach fünf Jahren sollten reichen, um Missbrauch zu beschränken oder gar zu verhindern.
Das war unsere Premiere. Ich danke für das große Interesse. Die Stimme war der KI geschuldet, die Rede war allerdings zur Gänze aus meiner Feder. Das Urteil, welcher Teil der bessere war, überlasse ich dem geneigten Zuhörer, also Ihnen, meine Damen und Herren! (Allgemeiner lang anhaltender, stehend dargebrachter Beifall.)
14.50
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.