15.43
Abgeordneter MMag. Jakob Grüner, LL.M. (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Meine Damen und Herren! Wir behandeln einen Entschließungsantrag der Freiheitlichen Partei, und ich sage es gleich vorweg und gebe es auch zu und ich habe es mehrmals im Justizausschuss gesagt: Dinge, die – weil es gerade erwähnt worden ist – zu verbessern sind, darf man auch ansprechen, und ich und meine Fraktion sind der Stoßrichtung, die Sie verfolgen, nicht abgeneigt, aber ich sage Ihnen jetzt auch, warum wir, meine Fraktion, Ihren Antrag heute ablehnen.
Wir tun dies aus mehreren Gründen: Ich glaube, es ist schon deutlich festzuhalten – und da repliziere ich auch auf meine bisherigen Beiträge im Justizbereich –: Wir haben einen funktionierenden Rechtsstaat und den sollten wir uns auch nicht schlechtreden lassen. Die Unabhängigkeit der Richterschaft ist die Grundlage eines funktionierenden Rechtsstaates. Wenn allerdings Teile der Bevölkerung das Gefühl haben, dass Befangenheiten da sind, dann muss man auch darüber sprechen und dann darf man auch darüber diskutieren, wie man das System verbessern kann, insbesondere auch mit Blick auf andere Rechtsstaaten in Europa, und es gibt dafür Beispiele. Die Meinungen unserer Kammern zu diesem Thema sind ja, da Kollege Tschank und Kollege Stefan aus rechtsberatenden Berufen sind, auch bekannt.
Warum gehe ich heute bei diesem Entschließungsantrag auch nicht mit? – Erstens: Wir haben Ihnen zugesagt oder gesagt, dass wir nicht immer alle Anträge in den Ausschüssen vertagen. Wir haben den heute vorliegenden Antrag auch nicht vertagt, sondern wir haben ihn abgelehnt, und das gibt uns die Möglichkeit, das Thema auch hier zu debattieren. – Punkt eins.
Punkt zwei: Eingriffe in die Justizgesetzgebung sind hochsensibel – ich glaube, dem kann jeder hier zustimmen. Die von Ihnen genannten vier Punkte sind aus meiner Sicht – aber ich maße mir nicht an, das besser zu wissen – in manchen Teilen nicht praktikabel. Die Expertenmeinungen gehen hier auseinander.
Dritter Punkt – und den halte ich für sehr wesentlich –: Sie beziehen sich primär auf das Strafrecht. Was ist mit den Befangenheitsregeln in der Zivilprozessordnung, im Verwaltungsverfahren, im Verwaltungsstrafrecht? Auch darüber gibt es lange Diskussionen in der Lehre, auch in der Richterschaft, dass es da entsprechende Harmonisierungen geben sollte.
Vierter Punkt – und den halte ich für ganz besonders wichtig –: Die Frau Justizministerin und die Bundesregierung haben es im Regierungsprogramm festgeschrieben: Wir haben eine umfassende StPO-Reform vor, 20 Jahre nach der letzten großen StPO-Reform. Solche Dinge, die wesentliche Eingriffe in unsere Justizgesetzgebung sind, sollten dort im gesamthaften System mit behandelt werden. – Frau Bundesministerin, ich nehme an, dass Sie das Thema auch entsprechend mitnehmen.
Fünftens: der Stil des Antrages. Ich muss Kollegin Selma Yildirim recht geben: Das Nennen von Richtern in einer Zeit, in der wir wissen, dass Richterinnen und Richter persönlich angegriffen werden, halte ich für einen nicht so guten Stil.
Sechster Punkt – aber das ist eine persönliche Meinung –: Ob jetzt eine zusätzliche Instanz in jedem Fall eine Erleichterung darstellt und nicht zu weiteren Prozessverzögerungen führt, kann man auch diskutieren.
Ich habe klar gesagt, dass wir das diskutieren müssen, und meine Fraktion sieht hier auch Diskussionsbedarf. Ich habe auch klar gesagt, warum wir den Antrag heute trotzdem ablehnen.
Hohes Haus! Parteipolitik hat in der Justiz nichts verloren, da sind wir uns einig, aber Parteipolitik hat auch und insbesondere in der Justizgesetzgebung nichts verloren, zu keinem Zeitpunkt. Wenn wir uns in der Situation befinden, dass weite Teile der Bevölkerung im Unglauben sind, dass Befangenheiten entsprechend aufgegriffen werden, dann haben wir Diskussionsbedarf. Frau Bundesministerin, ich nehme an, Sie nehmen das im Zuge der großen Reform mit (Bundesministerin Sporrer nickt zustimmend), und ich bitte Sie, dass die Regierung da auch entsprechend liefert. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Yildirim [SPÖ].)
15.47
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Wotschke. Eingemeldete Redezeit: 2 Minuten. – Bitte schön.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.