20.06

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Lang hat es ja nicht gedauert, bis wir das erste Mal dieses Zuverdienstgesetz ändern müssen. Es wird heute endlich eine weitere Ausnahmeregelung beschlossen. Das ist gut so und das ist auch richtig so, aber es ist leider zu wenig.

Noch einmal zur Erinnerung: Ab 1. Jänner wird die Zuverdienstmöglichkeit zum Arbeitslosengeld abgesehen von ein paar wenigen Ausnahmen massiv eingeschränkt. Das hätte auch Menschen in AMS-Schulungen betroffen. Wir haben übrigens bereits im Juni einen Antrag eingebracht, in dem wir auch dafür Ausnahmen drinnen gehabt hätten, aber er wurde nicht angenommen – okay.

Das hätte auch Menschen in AMS-Schulungen getroffen, unter anderem auch Bezieher:innen eines Pflegestipendiums. Sehr viele Menschen, die diese Ausbildung machen, haben die unter der Voraussetzung begonnen, dass sie daneben auch dazuverdienen können, weil sie sich die Ausbildung sonst schlichtweg nicht hätten leisten können, weil eine Wohnung zu bezahlen ist, weil Energie zu bezahlen ist, weil Lebenshaltungskosten zu bezahlen sind. Die hätten, wenn sie tatsächlich unter das Zuverdienstverbot gefallen wären, diese Ausbildung einfach abbrechen müssen. Das hätte einerseits zu massivem Frust bei den Betroffenen geführt, auf der anderen Seite wären es für das AMS sinnlose Ausgaben gewesen – und das ist sehr teuer –, gerade in Sparzeiten.

Der Fehler wird korrigiert – das ist gut so, aber es reicht nicht. Das gesamte Zuverdienstverbot gehört repariert. Ich habe es gestern eh schon gesagt: Das Zuverdienstverbot trifft vor allem Menschen, die ohnehin schon unter besonders prekären Bedingungen leben und arbeiten müssen – Alleinerzieher:innen, eine besonders armutsgefährdete Gruppe, gerade wenn sie arbeitslos sind; Künstler:innen, Wissenschaftler:innen und Lehrende, die in der Regel Projektarbeit machen, sich also von Projekt zu Projekt rüberhanteln, dazwischen Phasen der Arbeitslosigkeit haben und den Zuverdienst brauchen, um ihre berufliche Existenz zu sichern; oder auch Menschen in Entschuldungsverfahren, für die der Zuverdienst oft das einzige Einkommen ist, damit sie überhaupt Forderungen aus der Privatinsolvenz begleichen können.

Zusätzliche vollversicherte Jobs, meine sehr geehrten Damen und Herren, werden sicher nicht entstehen, indem man den Leuten verbietet, dazuzuverdienen. Dafür werden die Ausgaben für die Sozialhilfe steigen, weil Betroffene, die nicht mehr dazuverdienen können, schlichtweg Sozialhilfe werden beantragen müssen, um über die Runden zu kommen.

Es sei auch noch einmal erwähnt: Aus 10 Prozent Arbeitslosen, die dazuverdienen, ein arbeitsmarktpolitisches Problem zu konstruieren, ist reichlich absurd. Das reale Problem entsteht bei den Betroffenen, wenn ihnen berufliche Perspektiven genommen werden. Wir wollen jedenfalls nicht, dass sich Menschen zwischen beruflicher Existenz und sozialer Absicherung entscheiden müssen. (Beifall bei den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Darum bringen wir einen gesamtändernden Abänderungsantrag des Abgeordneten Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen zum Ausschussbericht über den Antrag der Abgeordneten Wöginger, Muchitsch und Fiedler ein, der verteilt wurde, und ich erläutere ihn auch kurz in den Grundzügen.

Dieser Antrag beinhaltet zusätzliche Ausnahmeregelungen vom Zuverdienstverbot für Personen in allen AMS-Maßnahmen: für Menschen in künstlerischen, wissenschaftlichen und lehrenden Berufen, für Alleinerziehende sowie Personen in Schulungsverfahren beziehungsweise solche, die in der Vorbereitung eines Insolvenzverfahrens stehen. Gleichzeitig soll das AMS aus sonstigen gewichtigen Gründen Ausnahmen gewähren können.

Weiters wollen wir, dass die zuständige Ministerin beziehungsweise der Minister auch die Möglichkeit erhält, das Zuverdienstverbot zeitlich befristet auszusetzen, wenn die Funktionsfähigkeit des Arbeitsmarkts bedroht oder die ausreichende soziale Absicherung arbeitsloser Menschen nicht mehr gesichert ist – eine Aufgabe der Arbeitslosenversicherung übrigens –, wie etwa bei einem erheblichen Anstieg der Inflationsrate, bei anhaltend steigender Arbeitslosigkeit oder einer Rezession.


Meine sehr geehrten Damen und Herren, nutzen Sie die letzte Chance in diesem Jahr, um unnötige soziale Härten zu verhindern, stimmen Sie diesem Antrag zu! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

20.10

Der Gesamtwortlaut des Antrages ist unter folgendem Link abrufbar:

Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AA-43)

Präsidentin Doris Bures: Der gesamtändernde Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, in den Grundzügen erläutert, wurde auch verteilt und steht daher mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Melanie Erasim.

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.