RN/212
21.30
Bundesminister für Wirtschaft, Energie und Tourismus Mag. Dr. Wolfgang Hattmannsdorfer: Sehr geehrte Damen und Herren! Geschätzter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher auf der Besuchergalerie und vor den Bildschirmen! Wir setzen heute die größte Reform des Strommarktes der letzten 20 Jahre um, und ich möchte mich eingangs bei der grünen Fraktion für die Zustimmung und dafür, dass die grüne Fraktion diese Reform möglich macht, bedanken. – Herzlichen Dank! (Beifall bei ÖVP und Grünen, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Hofer [NEOS].)
Das Billigstrom-Gesetz ist die erste große Reform der Bundesregierung (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Was wird da jetzt billig? – Abg. Kickl [FPÖ]: Das wird ein Bumerang, der sich gewaschen hat!), final umgesetzt und geliefert mit dem ganz klaren Auftrag, gemeinsam für den Aufschwung in Österreich zu arbeiten. Das Billigstrom-Gesetz ist der Beweis, dass diese Bundesregierung nicht nur zu Reformen bereit ist, sondern diese auch umsetzt. (Abg. Kickl [FPÖ]: Die Weihnachtsoffensive!) Das Billigstrom-Gesetz ist der Beweis, dass diese Bundesregierung liefert. (Abg. Kickl [FPÖ]: Die Weihnachtsoffensive der Verliererampel!)
Und dieses Gesetz, diese 140 Seiten Billigstrom-Gesetz sind ein Paradigmenwechsel. (Der Redner hält ein Schriftstück mit dem Titel „Billigstrom-Gesetz“ in die Höhe. – Abg. Hammerl [FPÖ]: Da steht jetzt Günstigstrom-Gesetz!) 140 Seiten, 191 Paragrafen tragen eine klare Handschrift einer neuen österreichischen Energiepolitik (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Wie heißt es denn jetzt wirklich: Billigstrom oder Günstigstrom? – Zwischenruf des Abg. Kaniak [FPÖ]): sicherer, sauberer und leistbarer Strom für die Österreicherinnen und Österreicher, für die Haushalte, für die Betriebe. Und wir haben als Bundesregierung - - (Zwischenruf bei der FPÖ.) – Ich kann es gerne nochmals herhalten. (Der Redner hält neuerlich das Schriftstück mit dem Titel „Billigstrom-Gesetz“ in die Höhe.) So schaut es aus. (Zwischenruf des Abg. Kickl [FPÖ]. – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Aber da steht Günstigstrom! Aber da steht Günstiger-Strom-Anbieter!) – Ihr (in Richtung FPÖ) hättet die Chance zuzustimmen. (Abg. Hammerl [FPÖ]: Da steht aber „Günstiger-Strom“!) Noch geht es, gell, noch geht es. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Hammerl [FPÖ]: Ich glaube, du hast das falsche Gesetz! Kann das sein? – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Sie haben was Falsches! Da steht was anderes!)
Wir haben etwas in neun Monaten umgesetzt, bei dem uns bereits seit 2021 ein Vertragsverletzungsverfahren droht (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Aber das Billigstrom ist ja gar nicht abgestimmt, Herr Minister!), und uns ist das innerhalb von nur neun Monaten gelungen, weil wir pragmatisch und ohne ideologische Scheuklappen verhandelt haben, weil wir auf Augenhöhe mit allen Beteiligten und unter Einbindung der Länder, der Interessenvertretungen, der Energieversorger und der Opposition verhandelt haben.
Dieses Gesetz wurde in den letzten Wochen öffentlich breit diskutiert – 550 Stellungnahmen –, und wir haben uns dieser Diskussion auch gestellt, weil auch zur Politik gehört (Abg. Hammerl [FPÖ]: Zehnmal müssen wir zu euch kommen, dass ihr uns überhaupt Termine gebt!), dass man sich als Politik stellt und auch bereit ist, in einen Diskurs einzutreten, wenn es Diskussionsbedarf gibt, wenn es Fragen gibt. (Abg. Kickl [FPÖ]: Bumerang!) Und Fakt ist, dass der Inhalt unseres Gesetzes, so wie es von der Bundesregierung vorgelegt wurde, in Wahrheit jetzt auch genau so beschlossen wird.
Was sind aus meiner Sicht die drei großen Kapitel dieses Gesetzes? – Das erste zentrale Kapitel lautet: ein Kosten-Runter-Paket für günstigere Strompreise, für billigeren Strom in Österreich. Und die FPÖ kann es drehen und wenden, wie sie will. Wer dieses Gesetz liest (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Welches?), liest klar und deutlich, dieses Gesetz bringt sinkende Strompreise. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Hammerl [FPÖ]: Günstiger oder Billiger?)
Erstens: eine Preis-Runter-Garantie. Wenn die Strompreise an der Börse fallen, müssen sie an den Endkunden weitergegeben werden.
Zweitens: eine Netzkostenbremse. Eine halbe Milliarde Euro wird zur Senkung der Netzkosten zur Verfügung gestellt (Abg. Hammerl [FPÖ]: Das ist das Geld der Netzkostenkunden! Die sind schon da, die haben schon gezahlt!), weil die Netzkosten kein Sparschwein sind, weil die Netzkosten dazu da sind, so gering wie möglich zu sein. (Abg. Kassegger [FPÖ]: Wo steht die halbe Milliarde? Wo ist die?) Und bester Beweis, Kollege Kassegger, sind die Netzkosten schon im kommenden Jahr. Was ist dieser Bundesregierung gelungen? (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Nichts, gar nichts, null!) – Dass sie um 1,1 Prozent, damit deutlich unter der Inflation, steigen. (Abg. Kassegger [FPÖ]: Mit Auflösung der Rücklagen! Das sind ja alles Taschenspielerschmähs! – Abg. Hammerl [FPÖ]: Das ist alles schon eingezahlt worden!) Und so funktioniert Politik: nicht nur ankündigen, nicht nur von irgendwelchen Maßnahmen träumen (Abg. Kickl [FPÖ]: Sie fahren gerade mit Vollgas in Richtung Wand!), sondern liefern und umsetzen. Und das macht diese Bundesregierung. (Beifall bei der ÖVP.)
Drittes Beispiel: Wir schreiben erstmals fest, dass leistbare Preise auch Bestandteil der Satzungen der Energieversorgungsunternehmen sind (Abg. Hammerl [FPÖ]: Aber nur der öffentlichen! Bei den Privaten ist es wieder wurscht!), sodass sie diese Ausrede beenden, dass sie wegen des Aktienrechts vielleicht keine leistbaren Strompreise liefern könnten. Diese Ausrede gibt es mit diesem Gesetz nicht mehr, weil damit auch den Satzungen verbindliche Vorgaben gemacht werden.
Und viertens: Wir führen einen Sozialtarif für 280 000 besonders von Armut betroffene Haushalte ein, weil auch das eine Frage der Verantwortung in Zeiten wie diesen ist.
Erstes Paket: Kosten-Runter-Paket.
Zweites Paket: ein Paket für unsere Wirtschaft, für den Wirtschaftsstandort Österreich. Wir schaffen Rechtssicherheit, was Direktleitungen betrifft, wir schaffen Rechtssicherheit, was geschlossene Verteilernetze betrifft. Das ist vor allem für die energieintensive Wirtschaft, für die energieintensive Industrie von zentralster Bedeutung. Und wir schaffen auch die Möglichkeit von Power Purchase Agreements über ein Jahr hinaus, um auch die Möglichkeit langfristiger Stromverträge zu schaffen. Und wir schaffen für Unternehmen die Möglichkeit von Energiegemeinschaften, auch was die Einbindung von Direktleitungen und das Einspeisen von Überschuss ins öffentliche Netz betrifft. Das ist eine Reform, die unsere Wirtschaft dringend braucht, eine Reform für die energieintensive Wirtschaft – zweites Paket: Standortpaket.
Drittes Paket: Dieses Stromnetz bekommt mit dem heutigen Tag ein neues Betriebssystem: fairer, gerechter, digitaler. Und, Kollege Kassegger, Sie haben angesprochen, welches Potenzial nicht im Netzausbau liegt. (Zwischenruf des Abg. Kassegger [FPÖ].) Wenn das genauso gemeint ist, wie Sie es gesagt haben, müssen Sie allein aus diesem Grund zustimmen, weil wir durch eine klügere Nutzung der Netze (Abg. Hammerl [FPÖ]: Deshalb habt ihr die Spitzenkappung jetzt wieder reduziert!), durch mehr Intelligenz auch in der Netzpolitik (Zwischenruf des Abg. Kassegger [FPÖ]), durch eine Digitalisierung – und das sagen nicht wir, sondern Expertinnen und Experten (Abg. Hammerl [FPÖ]: Auf die hört ihr nicht!) – 30 Prozent Potenzial im Netz heben. Und wenn die Pläne für den Ausbau 40 Milliarden Euro ausmachen (Abg. Hammerl [FPÖ]: 53!) – 50 Milliarden Euro; richtig; danke für die Korrektur –, ist das ein mehr als wesentlicher Beitrag zur Senkung der Netzkosten. (Abg. Hammerl [FPÖ]: Deshalb habt ihr die Spitzenkappung reduziert!) Und allein dieses Kapitel wäre ein guter Grund, dem Gesetz zuzustimmen.
Wir führen verpflichtend dynamische Stromtarife ein, wir führen einen Infrastrukturbeitrag für Einspeiser ein. Einspeiser müssen sich in Zukunft auch an der Netzkostenfinanzierung beteiligen. Wir bevorteilen und bevorzugen Speicher, weil genau Speichertechnologie die Zukunftsfrage für unsere Energieversorgung ist.
Wir führen die Spitzenkappung ein, weil damit das Netz intelligenter genutzt werden kann, und wir werden erstmals den Stromnetzausbau bundesweit koordinieren und die Netzgesellschaften zu mehr Zusammenarbeit zwingen.
Das alles sind Gründe im dritten Paket für ein neues Betriebssystem unseres Energiesystems – ein dritter Grund, warum diesem Gesetz heute eigentlich alle Parteien zustimmen sollten. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Schroll [SPÖ] und Hofer [NEOS].)
Mir war immer wichtig, dass dieses Gesetz noch heuer beschlossen wird. Ich weiß, dass wir dafür kritisiert worden sind, weil wir dieses Gesetz jetzt auf die Tagesordnung gesetzt haben, weil wir gesagt haben, dieses Gesetz muss jetzt aus einem ganz einfachen Grund beschlossen werden – und da nehme ich die Kritik gerne an –: weil wir wollen, dass die Österreicherinnen und Österreicher so schnell wie möglich von diesem Gesetz profitieren, dass so schnell wie möglich diese Maßnahmen umgesetzt werden können.
Und mir ist auch klar, dass so ein Gesetz nur mit einer Zweidrittelmehrheit möglich ist. Das bedeutet eine Vierparteieneinigung und ist auch die riesengroße Chance für dieses Haus, für dieses Parlament, in einer Zeit, in der es immer mehr um Partikularinteressen und Einzelinteressen geht, zu beweisen, dass in den großen Fragen dieser Zeit – und die Frage der Energieversorgung, die Frage der Stromversorgung, ist so eine große Frage dieser Zeit – die Parteien, egal ob Regierung oder Opposition, bereit sind, zusammenzuarbeiten.
Dieses Ergebnis liegt nun vor. Frau Abgeordnete Gewessler hat es angesprochen: Es waren am Schluss intensive Verhandlungen, am Wochenende, am Feiertag, weil alle Seiten darum gerungen haben, eine möglichst gute Lösung zusammenzubekommen.
Und ich glaube, die Anpassungen, die wir inhaltlich in zehn von 190 Paragrafen gemeinsam vorgenommen haben, können sich auch sehen lassen. Wir konkretisieren die Netznutzungsentgelte; damit wird auch ein neuer Versorgungsinfrastrukturbeitrag geschaffen, einfach, transparent und klug ausgestaltet, mit dem klaren Bekenntnis, dass es in Zukunft die Beteiligung der Einspeiser zur Netzfinanzierung gibt. Wir haben klar festgelegt, dass diese Netznutzungsentgelte, dieser Versorgungsinfrastrukturbeitrag, mit 0,05 Cent pro Kilowattstunde festgesetzt wird, mit genau dem Wert, den wir als Bundesregierung, immer basierend auf einer Verordnung der Europäischen Union, auch genannt haben.
Das berechtigte Anliegen der Opposition war aber, dass das nicht durch die E-Control geregelt werden soll, nicht auf eine Verordnung der EU Bezug nehmen soll, sondern klar unter quasi Verantwortung der Bundesregierung, des Bundesministers, festgesetzt werden soll, sodass es da mehr Planbarkeit und auch mehr Sicherheit gibt.
Wir bekennen uns auch dazu, dass es eine Freigrenze von 20 kW für private Nutzer gibt und damit auch sichergestellt ist, so wie von uns auch vorgeschlagen, dass Häuslbauer und Hausbesitzer davon nicht betroffen sind. (Beifall bei der ÖVP.)
Sehr geehrte Damen und Herren, dieses Gesetz steht auch für einen Politikstil, zu dem sich diese Bundesregierung klar bekennt: Pragmatismus statt Ideologie (Ruf bei der FPÖ: Mogel, Mogel, Mogel!), Professionalität und Gestaltungsanspruch (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Scheinverhandlungen der Führung, Parallelverhandlungen der Führung, falsch sein, das ist ein super ...!) im politischen Bereich, und vor allem Brücken zu bauen, um den Kompromiss zu ringen und zu kämpfen und gemeinsam Lösungen zu suchen.
Ich habe mich bereits bei der Opposition – bei den Grünen – bedankt, dass dieses Gesetz mit vier Parteien auch möglich ist. Ich möchte mich namentlich bei den Energiesprecherinnen und Energiesprechern bedanken: bei Tanja Graf (Zwischenruf des Abg. Hafenecker [FPÖ]), bei Alois Schroll, bei Karin Doppelbauer und bei Lukas Hammer (Beifall bei ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen), dass es wirklich möglich war, in einem intensiven Finale dieses Gesetz auf den Weg zu bringen. Ich möchte mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unseres Ministeriums am Stubenring bedanken, stellvertretend – (in Richtung des Abg. Hammerl, der sich mit anderen Abgeordneten unterhält:) Kollege Hammerl, ich bitte jetzt, wenn wir den Mitarbeitern danken, dass wir das alle tun – bei Sektionschef Benedikt Ennser, bei Frau Stellvertreterin Marta Hodasz und beim gesamten Team rund um Georg Beretits. Ich ersuche darum, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – sie sitzen ganz bescheiden links in der letzten Reihe – einmal einen Riesenapplaus kriegen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen sowie des Abg. Hammerl [FPÖ].) Was ihr in den letzten Monaten geleistet habt, war sensationell.
Mein letzter Dank gilt unserer Frau Staatssekretärin Elisabeth Zehetner neben mir, die genauso wie die gesamte Sektion, wie das gesamte Wirtschaftsministerium mit ihrem Team hartnäckig, verlässlich und professionell gearbeitet hat. Liebe Lisi, danke, du bist der Motor, dass in diesem Land energiepolitisch so viel weitergeht. (Beifall bei ÖVP und NEOS. – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Darum hat er sie am Anfang nicht einmal mitgenommen!)
Sehr geehrte Damen und Herren, der heutige Beschluss ist aber auch ein klarer Auftrag an diese Bundesregierung, dass wir in diesem Tempo weiterarbeiten – und ich kann Ihnen versichern, im Wirtschaftsministerium und in der gesamten Bundesregierung arbeiten wir konzentriert und unter Hochdruck weiter. Der nächste Schritt wird sein, dass wir bereits nächste Woche in einer Sitzung im Parlament dank unserer Staatsbeteiligungen den Österreicherinnen und Österreichern 0,5 Milliarden Euro zur Verfügung stellen werden (Abg. Kassegger [FPÖ]: Zurückzahlen! – Zwischenruf des Abg. Hafenecker [FPÖ]), um eine weitere ganz konkrete Maßnahme zu setzen, um die Strompreise zu senken.
Wir arbeiten daran, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien vorangetrieben wird, denn je mehr Angebot, desto günstiger auch die Preise – und wir werden mit unserer Industriestrategie zum Jahreswechsel (Ruf bei der FPÖ: Ah ja!) ganz klar festlegen (Abg. Hammerl [FPÖ]: Ah ja, die gibt’s auch noch, oder wie?!), dass die Frage der energiepolitischen Rahmenbedingungen genau der entscheidende Wettbewerbsfaktor für Österreich und unsere Industrie ist. Sehr geehrte Damen und Herren, wir bleiben dran, immer klar mit dem Ziel vor Augen, gemeinsam am Aufschwung zu arbeiten. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und NEOS. – Abg. Hammerl [FPÖ]: Habt’s nicht einmal angefangen!)
21.43
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Stark. Die eingemeldete Redezeit: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.