RN/29
10.32
Abgeordneter Süleyman Zorba (Grüne): Danke, Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Herr Staatssekretär! Wir haben in den letzten Monaten und Jahren immer auf dieses Thema gedrängt, auch mit dem Antrag, den wir im Ausschuss eingebracht haben, weil digitale Unabhängigkeit im Jahr 2025 kein nerdiges Nischenthema, sondern wirklich ein sicherheitspolitisches Problem ist, das wir angehen müssen.
Zunächst möchte ich mich beim Herrn Staatssekretär für seine Initiative, die er auf europäischer Ebene auch als Vorreiter gestartet hat, bedanken. Es ist aber ganz wichtig, und das muss man wirklich deutlich dazusagen, dass wir die Hausaufgaben hier auch machen müssen, denn sie nur auf europäischer Ebene zu fordern, wird zu wenig sein. Da werden wir dementsprechend Druck machen. (Beifall bei den Grünen.)
Ich bin etwas über den Umstand irritiert, dass bei diesem Gipfel auch Unternehmen wie Palantir, wie ich den Zeitungen entnommen habe, am Tisch gesessen sind. Ich bin nicht wirklich ganz überzeugt davon, ob wir in dieselbe Richtung wie diese Techkonzerne aus den USA ziehen, die uns in Europa mehr oder weniger zu Feinden erklärt haben. Ich glaube, da muss man vielleicht noch einmal drüberschauen, welche Partner man da mit ins Boot nimmt. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Deimek [FPÖ].)
Damit sind wir auch ein bisschen beim Kern des Problems, nämlich dass sich die geopolitische Lage ja dramatisch verschärft hat. Kurz: Vor wenigen Tagen hat Elon Musk einen kompletten Meltdown erlebt, weil die Europäische Kommission eine Strafe nach dem Digital Services Act dahin gehend ausgesprochen hat, dass seine Plattform Transparenzpflichten und Berichtspflichten nicht nachkommt. Er hat dann herumgewütet: Die Europäische Union muss abgeschafft werden! Zensur, Zensur, Zensur! – Auch Mitglieder der US-Regierung haben da mit eingestimmt.
Vielleicht hierzu ein paar Worte zu den Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ: Danke, dass Sie den Antrag von mir für gut befinden, aber da werden Digitalgesetze von uns in Europa, die wir über Jahre erkämpft haben, angegriffen. Diese Digitalgesetze sind dazu da, dass wir unsere Bürgerinnen und Bürger in Europa vor großen Techkonzernen schützen. Sie stellen sich jedes Mal an die Seite jener, die diese Digitalgesetze angreifen und abschaffen möchten. Das heißt, die FPÖ hat sich ihre Partner ausgesucht: ein Milliardär, der die Europäische Union abschaffen möchte, ein Kreml, der von dieser Spaltung profitiert, eine US-Administration, die die Digitalgesetze, die wir haben, als Angriff auf Europa diffamiert. Und von wem bekommen sie Support in Österreich? – Von Herbert Kickl, also von der angeblich patriotischen Partei. Ich glaube, man muss sich wirklich gut überlegen, welche Personen und Unternehmen man sich als Partner nimmt, um nicht jedes Mal an der Seite von destruktiven Kräften zu stehen, egal ob sie aus Moskau oder aus Washington sind. (Beifall bei den Grünen.)
Die FPÖ ist aber nicht allein eine Gefahr für die Digitalgesetze, die wir in Europa haben: Im Rahmen des sogenannten digitalen Omnibusses wird jetzt massiv Druck auf unsere europäische Gesetzgebung gemacht. Gesetze, die unsere Bürgerinnen und Bürger vor großen Techkonzernen schützen sollen, sollen jetzt unter dem Vorwand der Vereinfachung aufgeweicht werden, weil Donald Trump aus Washington Druck macht. Dazu muss ich ganz klar sagen, Herr Staatssekretär: Wenn diese Regierung das mit der digitalen Unabhängigkeit ernst meint, müssen wir uns beim Thema digitaler Omnibus ganz klar dagegenstellen, und das klipp und klar. (Beifall bei den Grünen.)
Denn: Auf der einen Seite versuchen wir, unsere digitale Unabhängigkeit aufzubauen und auf der anderen Seite wird daran gearbeitet, dass man die Digitalgesetze, die wir haben, aufweicht. Dazu muss man klar sagen: Die Techkonzerne aus den USA oder aus China versuchen, europäisches Recht mit Füßen zu treten. Sie sitzen dabei ehrlicherweise auch ein bisschen am längeren Ast, weil wir nicht die Unabhängigkeit besitzen, uns ganz klar dagegenzustellen. Das muss man irgendwo zur Kenntnis nehmen und man muss dementsprechend anfangen, an diesen Aufgaben zu arbeiten.
In den letzten Monaten habe ich ja einige parlamentarische Anfragen geschrieben, und bei einer war ich wirklich etwas verwundert. Ich zitiere aus der Beantwortung des Bundeskanzlers: Die Klassifizierung nach europäischen und nicht europäischen Unternehmen sei schwierig, weil man Produkte ja von Zwischenhändlern kaufe, die in der Europäischen Union sitzen. – Mit Verlaub, das ist eine Themenverfehlung. Es geht nicht darum, ob man die Lizenzen von einem Zwischenhändler, der in Europa sitzt, kauft. Das Problem ist, woher diese Software kommt und wohin die Daten gehen. Ich hoffe, dass man sich in Zukunft vielleicht ein bisschen besser anschaut, was genau man denn mit digitaler Unabhängigkeit meint, denn nicht der Zwischenhändler ist das Problem, sondern der Hersteller. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Jeitler-Cincelli [ÖVP].)
Deshalb haben wir auch diesen Antrag eingebracht, der konkrete Forderungen auflistet: nämlich, dass wir einmal quasi einen digitalen Kataster aufstellen sollten, damit wir überhaupt wissen, wo welches Problem besteht und einen Überblick haben, und dass wir uns dann schrittweise die Rahmenbedingungen anschauen, in welchen Bereichen wir wann umsteigen können. Da hat das österreichische Bundesheer ja ganz gut vorgelegt und auch international damit Schlagzeilen erreicht. Ich wünsche mir, dass wir das dann auch in jedem anderen Ministerium so bekommen. Ein ganz wichtiger Hebel sind die Vergabekriterien, dass die digitale Souveränität als Qualitätsmerkmal mit hineingenommen wird, und Förderprogramme, womit wir freie Software unterstützen, freie europäische Software auch stärker in den Mittelpunkt rücken.
Das alles sind Dinge, die auch von der Regierung in einem Ministerratsvortrag festgehalten wurden. Es reicht aber halt eben nicht, wenn es im Ministerratsvortrag festgehalten wird, sondern man muss ins Tun kommen.
Unser Antrag, den wir mit ganz konkreten Maßnahmen befüllt haben, wurde leider abgelehnt. Danach gab es einen gemeinsamen Antrag im Ausschuss: Die Regierung fordert die Regierung auf, dass sie innerhalb der nächsten sechs Monate in dem Bereich die Arbeit aufnehmen soll.
Ich hoffe also, dass da etwas passiert. Digitale Souveränität ist kein Thema für Sonntagsreden, da geht es wirklich um demokratische Selbstbestimmung auch in Europa, dass wir unabhängig agieren können, uns bewegen können und nicht einer Erpressbarkeit ausgesetzt sind, gegen die wir nichts tun können. Wir müssen da wirklich Fahrt aufnehmen. Wir werden, Herr Staatssekretär, in dem Bereich auch weiterhin Druck machen, aber Sie dort unterstützen, wo Sie unsere Unterstützung benötigen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Jeitler-Cincelli [ÖVP] und von Künsberg Sarre [NEOS].)
10.38
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächste zu Wort gemeldet: Frau Abgeordnete Jeitler-Cincelli. – Ihre eingemeldete Redezeit beträgt 4 Minuten. Bitte, Frau Abgeordnete.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.