RN/61
13.01
Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie! Ja, wir sehen jetzt hier ein bisschen etwas von der Opposition mit zwei Anträgen, bei denen man ein Stück weit sieht, wie orientierungslos die sind.
Das Erste ist der Antrag der Grünen. Kollege Ofenauer ist schon darauf eingegangen, wie lange die grüne Fraktion damals gebraucht hat, um eine ÖSS weiterzuentwickeln. Den Grünen kann es jetzt auch nicht schnell genug gehen, die wieder abzuschaffen und zu erneuern. Das ist ja auch besonders lustig. Dann erachte ich es als durchaus notwendig, zu sagen: Wenn wir gestern die Ergebnisse aus den Bürgerforen präsentieren, nämlich etwas Neues machen, Bürger einbeziehen, mitnehmen auf dieser Reise, und dann heute hier ein Antrag gestellt wird, dass bis Ende des Monats die ganze ÖSS fertig sein soll, ist das halt ein Stück weit unseriös. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Stögmüller [Grüne]: Der Antrag ist schon drei Monate alt!)
Aber kommen wir zur Partei, bei der unseriös eigentlich im Namen drinnen stehen sollte, nämlich zur FPÖ. Ich habe mir diesen Antrag schon im Ausschuss sehr genau angeschaut. – Kollegen, Sie waren ja dabei. Aber ich habe ihn jetzt danach noch einmal angeschaut: Es ist schon immer wieder aufs Neue frappierend, was Sie von sich geben und wie inkonsistent Sie sind. Herr Kollege Gmeindl hat hier gerade gesagt: Die FPÖ hat eine ganz klare Linie zur Neutralität.
Ich werde Ihnen in den nächsten paar Minuten aufzeigen, wie unklar diese Linie eigentlich ist, und nicht über Jahrzehnte, sondern auch über wenige Jahre. Ich finde es besonders bemerkenswert, dass Herr Klubobmann Kickl bei Ihrem Leibthema – das ist nämlich das wichtigste Thema für die FPÖ, hat man manchmal das Gefühl – hier nicht anwesend ist und gleich die Flucht ergreift. Aber auch das wird seine Gründe haben, auch dazu kommen wir. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Lausch [FPÖ].)
In diesem Antrag haben Sie fünf Punkte. Sie wurden zahlreich vorgetragen, gehen wir sie vielleicht einmal durch.
Also das Erste: vermitteln statt Sanktionen. Sie sagen in diesem Absatz zwei Dinge: Österreich soll verhandeln, Verhandlungsort sein und so weiter, sonst still sein. Was sagen Sie damit? – Damit sagen Sie: Österreich soll still sein, wenn Kinder entführt und umgebracht werden, wenn Massaker an Orten stattfinden. – Dann soll Österreich still sein? Dann soll Österreich still sein und sagen: Na ja, verhandeln wir irgendwann einmal! (Abg. Fürst [FPÖ]: Das ist so lächerlich!) – Das ist lächerlich, Frau Kollegin. Da haben Sie vollkommen recht: Das ist lächerlich. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Aber dann ist ja die zweite Sache: Sie sind gegen Sanktionen – leider ist Generalsekretär Schnedlitz, glaube ich, gerade nicht da. Sie sagen immer: Sanktionen helfen nichts und wir sind gegen Sanktionen und so weiter. Ich habe Ihnen etwas aus dem Jahr 2020 mitgebracht, das ist jetzt nicht so lange her, und zwar eine OTS des Herrn Generalsekretär Schnedlitz, der ist ja eine wichtige Persönlichkeit, glaube ich, bei Ihnen (Zwischenruf des Abg. Stögmüller [Grüne]), nach dem Klubobmann wahrscheinlich eine der wesentlichsten Personen. Schnedlitz, FPÖ, eine OTS von Ihrem Parlamentsklub: „Kriegsdrohungen Erdogans müssen harte, umfassende Sanktionen zur Folge haben“. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Ofenauer [ÖVP].)
Also wofür sind Sie jetzt? Sind Sie für Sanktionen oder gegen Sanktionen? Es gibt eigentlich eine ganz einfache Ableitung davon: Sie sind dann für Sanktionen, wenn es Türken sind, wenn es Ihre Feindbilder sind. Sie sind dann gegen Sanktionen, wenn es Ihre Freunde sind, mit denen Sie Freundschaftsverträge haben. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ. – Abg. Kassegger [FPÖ]: Und Sie nicht, oder wie? Meister des Doppelstandards!) – Ich bin in beiden Fällen für Sanktionen. Das ist aber eine andere Frage.
Kommen wir zum zweiten Punkt: „Wirtschaft nicht politisieren“. Bei dem Punkt habe ich relativ lange gebraucht, um zu verstehen, was Sie wollen, denn der ist eigentlich genauso wie der erste Punkt, es geht eigentlich auch noch um die Sanktionen. Dann habe ich ein bisschen recherchiert – und das sagt auch sehr viel über die Arbeit der FPÖ aus –: Woher kommt denn dieser Antrag? Es gibt einen Antrag von Klubobmann Kickl, zu dem komme ich dann nachher noch einmal, von vor drei oder vier Jahren, aus dem Jahr 2022 ist der, der eigentlich wortident ist. (Abg. Kaniak [FPÖ]: Wenn wir Forderungen von vor drei Jahren aufgreifen sind wir inkonsistent?!) Dort ist das auch ein bisschen logischer, aber damals war halt die Situation anders. Jetzt haben Sie halt Copy and Paste gemacht, wie Sie es so oft machen, und deswegen macht das heute weniger Sinn.
Aber im Prinzip sagen Sie in diesem zweiten Punkt, dass es so ist, dass die Sanktionen nicht treffen. Das ist falsch. Das ist wissenschaftlich falsch. Es gab in Russland im Sommer Gasprobleme beziehungsweise Benzinprobleme, weil es nicht dort ist. In Russland steigt die Staatsverschuldung massiv und die Inflation ist besonders hoch. (Abg. Kassegger [FPÖ]: Bei uns nicht?!) Wissen Sie, da muss man nur wieder auf die Suche gehen, warum Sie jetzt sagen: Na ja, das wirkt nicht und so weiter! – Na ja, das Problem ist: Dort, wo es wirklich wirkt, das sind wieder Ihre Freunde. Zum Beispiel ein Herr Konstantin Malofejew sagt selber in einem Interview – vielleicht kennen Sie ihn, ich habe ihn nicht gekannt – 2016, er hat so großartige Beziehungen zu Putin und er hat so großartige Beziehungen zur FPÖ. – Aber das sind genau die Personen, die heute leiden. Und er hat jetzt gerade erst in einem Interview gesagt: Die EU ist so böse, diese Sanktionen sind furchtbar!, weil er halt auf einer der Sanktionslisten steht, wie so viele Ihrer Freunde. (Zwischenruf des Abg. Oberhofer [NEOS].) Genau dort wirken sie und genau dort sollen sie auch wirken. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Stögmüller [Grüne]. – Abg. Kassegger [FPÖ]: Das ist so lächerlich!)
Kommen wir zum nächsten Punkt: keine Transportzone, keine Kriegsgeräte durch Österreich. – Auch das ist ein besonders schöner Punkt. Jetzt muss man auch da ein bisschen in die Historie gehen. Wissen Sie, auf welchem Gesetz diese ganzen Transporte fußen, die durch Österreich stattfinden? Es ist relativ einfach: Sie fußen auf dem Truppenaufenthaltsgesetz. Wissen Sie, wann das beschlossen wurde? – 2001. Wer war 2001 in der Regierung? – FPÖ und ÖVP. (Abg. Stögmüller [Grüne]: Oh! – Rufe bei den NEOS: Oh!) Das Gesetz, über das Sie sich tagtäglich aufregen, haben Sie selber eingebracht und verhandelt und beschlossen. Also irgendwie geht sich das alles nicht mehr aus. (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Stögmüller [Grüne].)
Kommen wir zu Punkt vier: höheres Budget für Landesverteidigung. Ich finde es auch schön, dass Sie das immer wieder fordern. Ich bin ja der Meinung, dass das vollkommen richtig ist. Es steht auch im Regierungsprogramm. (Abg. Kassegger [FPÖ]: Jetzt kommt die Kunasek-Schallplatte!) Dann habe ich mich weiter damit beschäftigt und dann habe ich noch einmal diesen Antrag von vor ein paar Jahren gefunden: Klubobmann Kickl, wie gesagt, nahezu wortgleich. Wenn man sich den Punkt dort anschaut, 2022, steht dort plötzlich nur 1 Prozent des BIPs.
Jetzt stelle ich mir die Frage: Warum war die FPÖ 2022 für 1 Prozent des BIPs, 2025 für 2 Prozent? (Abg. Kaniak [FPÖ]: Das ist ganz einfach: weil es 2020 erst bei ...!) Dann ist die zweite Frage, die ich mir stelle: Wer ist da wesentlicher? Der Klubobmann, der – aus welchen Gründen auch immer – bei so einer Debatte davonläuft, oder der Verteidigungssprecher? (Abg. Kassegger [FPÖ]: Absurd!) Ich habe ja eine Theorie, wie das kommt. 2022 hat Herr Klubobmann Kickl noch gehofft oder geglaubt oder Angst gehabt, dass er in die Regierung kommt und Verantwortung übernehmen muss. Dann hat er ganz genau gewusst, dass er möglicherweise Schwierigkeiten haben könnte. Deswegen hat er lieber tief gestapelt, anstatt der Realität in die Augen zu schauen. (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Stögmüller [Grüne]. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Dann schauen wir uns die Budgetsituation sonst an! Die FPÖ in der Regierung: 2018, Verteidigungsminister Kunasek wird Ihnen alles etwas sagen (Abg. Kassegger [FPÖ]: Ja, ich habe schon gewartet auf die Kunasek-Schallplatte!), Budget Verteidigung: 2,25 Milliarden Euro; 2026 5,184 Milliarden Euro. Das ist nach Adam Riese mehr als doppelt so viel. Also zu kommen und zu sagen: Die Bundesregierung bringt nichts weiter, das Budget ist nicht gesichert! – Wir haben das höchste Verteidigungsbudget aller Zeiten, weil wir zusammengearbeitet haben. Auch Sie haben dankenswerterweise in diesem Punkt mitgearbeitet. Ich glaube, das ist ein Erfolg und das sollte man hier auch nicht schlechtreden. (Beifall bei NEOS und ÖVP sowie des Abg. Stögmüller [Grüne].)
Punkt fünf: Anhängselpolitik beenden, irische Klausel nutzen. – Ja, also erstens einmal müssen wir uns wieder anschauen, wie das historisch ist. 1995: Damals gab es einen klaren Ausschluss dieser Neutralitätsklausel, über die gesprochen wurde. Das haben wir auch schon im Ausschuss debattiert. Die irische Klausel hat eigentlich historisch eine ganz andere Notwendigkeit gehabt, und da ging es eigentlich um die Nato-Staaten, dass die auch weiterhin enger zusammenarbeiten können. (Abg. Stögmüller [Grüne]: Genau!)
Aber in diesem ganzen Zusammenhang Neutralität habe ich mir dann selber ein Weihnachtsgeschenk gemacht und mir ein Buch geschenkt. Ich habe es leider nicht ausgehalten, mich so lange zurückzuhalten und es nicht zu lesen, habe es dann aber gemacht. Das ist jemand, den Ihr Klubobmann, leider heute nicht anwesend, als besonders wesentliche Person bezeichnet.
Er schreibt im Jahr 2024 auf Facebook über diese Person: „Ich konnte von ihm vieles lernen und unsere gemeinsame politische Zeit ist für mich bis heute sehr bedeutend. Wir werden genau das fortführen, was er leider nicht mehr zu Ende bringen konnte.“ – Jetzt raten Sie einmal, wer das war! Es war Dr. Jörg Haider. (Abg. Oberhofer [NEOS]: Oh!) Er hat ein tolles Buch geschrieben:„Friede durch Sicherheit / Eine österreichische Philosophie für Europa‟. Das ist (das genannte Buch in die Höhe haltend) wirklich lesenswert. Ich empfehle es Ihnen – vielleicht finden auch Sie es unterm Christbaum –, weil man da einiges herausnehmen kann. Ich zitiere ein paar Passagen daraus (Abg. Kassegger [FPÖ]: Ja, kennen wir!), aber ich würde viel lieber eine Lesung machen. Ich würde mich auch zur Verfügung stellen, in Ihrem (in Richtung FPÖ) Parlamentsklub das ganze Werk vorzutragen. (Heiterkeit und Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen. – Abg. Kassegger [FPÖ]: 30 Jahre!)
Seite 29: „Selbstbehauptungswille“ – das ist ja etwas, das Ihnen, glaube ich, immer wichtig ist. Das ist ja immer Ihre Herleitung der Neutralität. „Die Einigung Europas ist nicht nur aus sicherheitspolitischen Überlegungen wünschenswert und notwendig. Notwendig ist sie vor allem aus dem Willen zur Selbstbehauptung.“ – Also ein klares proeuropäisches Bekenntnis, weil: Nur Europa macht uns sicher. Das kann man dann weiterlesen.
Ich habe ein weiteres Zitat für Sie unter dem Kapitel „Ein sicheres Europa‟: „Langfristiges Ziel ist die Schaffung einer gesamteuropäischen Sicherheitsordnung.‟ (Beifall bei den NEOS. – Die Abgeordneten Ofenauer [ÖVP] und Stögmüller [Grüne]: Hört! Hört!) – Das sagt der Herr, dessen Vermächtnis Ihr Klubobmann fortführen will. Das will ich Ihnen nur mitgeben.
Wir gehen weiter in diesem Buch und kommen zu einem meiner Lieblingsthemen, nämlich Seite 154 – vielleicht mitschreiben, dass Sie es dann schneller finden! – unter dem Kapitel „NATO-Erweiterung vor EU-Erweiterung‟. Da steht dann wortwörtlich: „NATO als einzige funktionierende kollektive Verteidigungsorganisation der Garant für Frieden und Stabilität in Europa.‟ – Ich glaube, das ist auch sehr, sehr klar.
Dann, ein paar Zeilen weiter unten: „Österreich hat diese Entwicklung im eigenen Interesse‟ – eigenes Interesse, das ist das, was Sie immer bei Neutralität sagen – „durch einen raschen Beitritt zur NATO zu fördern‟. – Das ist, glaube ich, auch sehr, sehr klar. (Beifall bei den NEOS.)
Zum Thema Neutralität hat er auch einiges geschrieben. Ich habe ein besonders schönes Zitat von Seite 173 herausgenommen : „Auch die Neutralität – ein Mittel zum Zweck und kein Wert an sich –‟ – das sagt der, dessen Vermächtnis Sie fortführen wollen (Abg. Kassegger [FPÖ]: Das genau wollten wir nicht fortführen!) – „ist de facto nicht mehr von Bedeutung.‟ (Abg. Kassegger [FPÖ]: Sie tun zu sehr verallgemeinern! – Ruf bei der FPÖ: Veraltet!) – Verallgemeinert und veraltet ist es wahrscheinlich. Herr Kassegger, ist es veraltet? (Beifall bei den NEOS. – Abg. Oberhofer [NEOS]: Das ist topaktuell!) Herr Kassegger, finden Sie, es ist veraltet, oder was? (Abg. Kassegger [FPÖ]: Total unseriös!) – Unseriös?
Schauen Sie, ich habe mir das angeschaut, das kommt aus dem Jahr 1996. (Abg. Kaniak [FPÖ]: 30 Jahre ist das her! – Abg. Fürtbauer [FPÖ]: Wie alt warst denn du da?) Das ist nämlich das nächste Argument, das immer von da drüben (in Richtung FPÖ) kommt: 1996 ist total lange zurück! (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ich habe mir das angeschaut. Es steht in jedem Buch ein Impressum drinnen. Im Impressum – herausgegeben hat das damals die Freiheitliche Akademie – steht drinnen, dass dieses Werk nachgedruckt wurde. Wissen Sie, wann es nachgedruckt wurde? – 2020. (Heiterkeit und Beifall bei NEOS und Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ. – Abg. Fürtbauer [FPÖ]: Na und?)
Kommen wir zum Schluss: Wissen Sie, wer es damals hat nachdrucken lassen? Wer war denn Präsident Ihrer Akademie im Jahr 2020? (Abg. Stögmüller [Grüne]: Der Herbert!) – Genau, es war der leider abwesende Klubobmann Herbert Kickl. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und Grünen. –Ruf bei den NEOS: Oh!)
Ich glaube, es ist sehr eindeutig, dass sich bei Ihnen alles im Kreis dreht, insbesondere Ihre eigene Position. Ich glaube, Sie sollten dieses Werk über Weihnachten lesen. Ich gebe es Ihnen auch gerne mit. Ich markiere es Ihnen auch gerne und komme auch gerne zu einer Weihnachtslesung. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei NEOS, ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Ruf bei den NEOS: Bravo!)
13.13
Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Bundesministerin Klaudia Tanner zu Wort. – Bitte, Frau Ministerin.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.