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Schlussansprache des Präsidenten

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Bevor ich die Sitzung schließe, ersuche ich noch um Ihre Aufmerksamkeit, wie es zum Jahresschluss auch so üblich ist. 

Sehr geehrte Damen und Herren hier im Saal und vor den Fernsehgeräten! Wäre die letzte Sitzung des Nationalrates am Freitag letzter Woche gewesen, hätte ich ein anderes Konzept für die Worte zum Jahresausklang verwendet. Ich hätte von zahlreichen Daten und Zahlen sprechen können, zum Beispiel von den 107 Gesetzesbeschlüssen in diesem Jahr, den 263 Stunden und 3 Minuten Sitzungsdauer oder den 3 912 Anfragen. Ich hätte über die Statistik über die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern – neun Bürgerinitiativen, 15 Petitionen und ein Volksbegehren, dazu 13 343 Anfragen an das Infoteam – berichten können.

An dieser Stelle darf ich meinen Dank allen aussprechen, die für das reibungslose Funktionieren im Haus verantwortlich sind. (Allgemeiner Beifall.) Das sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Parlament und in den Klubs. 

Wie professionell und lösungsorientiert das funktioniert, möchte ich an einem Beispiel aus der letzten Woche noch einmal eindrucksvoll vor Augen führen: als es darum ging, unseren Abgeordneten Klaus Fürlinger zu unterstützen, um seiner Tätigkeit im Parlament nachzugehen. Für mich war dies ein Meilenstein für den Anspruch, ein barrierefreies Parlament zu sein. 

Aktuelle Ereignisse gebieten es aber, dieses Konzept zu verwerfen und die Gedanken und Gefühle auf anderes zu legen. Es nähert sich die Zeit, in der bereits in der Frühzeit der Menschheit im Jahreskreis die Wintersonnenwende naht: Die Tage werden wieder länger, das Licht, das Helligkeit und Wärme spendet, kehrt zurück. In dieser Zeit feiert das Christentum Weihnachten, die Geburt Jesu, ein Fest nicht nur des Lichts und der Wärme, sondern auch der Liebe und Hoffnung. 

Aber es gehört zum Leben, dass die Zeit – und daher auch diese stillste Zeit – von Schicksalsschlägen belastet sein kann, wenn nicht alle Lieben beim Weihnachtsfest versammelt sind – getroffen von schweren Krankheiten bis hin zu tragischen Unfällen; wir bekommen diese Nachrichten nahezu tagtäglich ins Haus geliefert. Dass der Mensch Schicksalsschläge bewältigen kann, ja, muss, gehört zur menschlichen Natur und seiner Stärke. Hilfe und Stütze können Familie, Freunde und Mitmenschen sein, aber auch aus der Religion kann diese Kraft geschöpft werden.

Auch eine andere Religion feiert in diesen Tagen ihr Lichterfest. Jüdinnen und Juden in Österreich und in der ganzen Welt feiern Chanukka, auch in Australien. Wir mussten Zeugen und Zeuginnen davon werden, dass religiöser Fanatismus und eine Ideologie des islamistischen IS-Terrors einen Vater und seinen erwachsenen Sohn zu Meuchelmördern werden ließen, sogar ohne Rücksicht auf ihr eigenes Leben – ein feiges Attentat auf jüdisches Leben im Rahmen der Religionsausübung. Unser Mitgefühl gilt den Opfern dieser ruchlosen Tat, deren Angehörigen und Freunden. 

Wie so oft – allzu oft in den letzten Jahren – mussten wir bis heute erleben, wie durch Kriege, durch Terror und Kriminalität Menschenleben – ob alt oder jung, Frau oder Mann – vernichtet wurden, in Österreich und in der ganzen Welt; jeder hat seine Erinnerung. Dennoch: Es ist lebenswichtig, auch aus Schicksalsschlägen – auch wenn es aussichtslos zu sein scheint und wenn es sehr, sehr schwerfällt – neue Kraft zu gewinnen. Ich wünsche das, wir wünschen das allen Betroffenen. 

Möge dieses Weihnachten, dieses Chanukkafest und die vielen Neujahrsfeiern in anderen Kulturen und Religionen die Gedanken darauf richten, dass das Leben weitergehen muss. Das gilt auch für alle, die die Gesellschaft gestalten, vor allem für uns in der Politik: alles daranzusetzen, so viel wie menschenmöglich daranzusetzen, zukünftiges Leid zu verhindern oder zumindest zu lindern.

Mit diesen Gedanken wünsche ich Ihnen allen, hier im Haus und darüber hinaus, ein frohes Fest im Kreis Ihrer Liebsten und einen guten Jahreswechsel. 

Aus Respekt vor den unzähligen Opfern barbarischer Gewalt, zuletzt am letzten Sonntag in Australien, ersuche ich Sie, mit Ihren eigenen Gedanken den Saal in Schweigen zu verlassen.


Die Sitzung ist geschlossen.

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.