RN/12

9.54

Abgeordnete Leonore Gewessler, BA (Grüne): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher im Saal und zu Hause! Ich werde mich jetzt nicht an der Aufarbeitung der Verhandlungen der letzten Wochen beteiligen. (Abg. Meinl-Reisinger [NEOS]: Sie waren ja nicht dabei! – Ruf bei der ÖVP: Sie waren ja auch nicht dabei! Das macht es schwierig!) Ich glaube, es gibt dafür bessere Settings als das Nationalratsplenum. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Sie brauchen sich nur entschuldigen!) – Die Kommentierung überlasse ich euch.

Es gibt bessere Settings als das Nationalratsplenum dafür, und ich halte das auch nicht für besonders zielführend. Ich halte es nicht für besonders zielführend, an der Realität der letzten fünf Jahre vorbeizudiskutieren. Herr Abgeordneter Fuchs und Herr Abgeordneter Krainer haben offensichtlich ausgeblendet, was in den letzten fünf Jahren Realität war. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Eine Entschuldigung reicht!) Wir hatten eine weltweite Pandemie mit Lieferkettenunterbrechungen und die Industrie konnte nicht produzieren. (Abg. Meinl-Reisinger [NEOS]: Aber andere Länder auch!) Natürlich hat das Auswirkungen auf die Wirtschaft, natürlich hilft und unterstützt man da, natürlich kostet das Geld. 

Dann kam ein Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. Wladimir Putin setzt Gas als Waffe ein, und das treibt die Preise. Natürlich unterstützt man da, damit Heizen in diesem Land leistbar bleibt. Dazu stehe ich. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Meinl-Reisinger [NEOS]: Ja, aber wie ihr es gemacht habt!) Natürlich kostet das Geld. Wir haben Härten abgemildert. Es war richtig, zu helfen. Und wie nach jeder Krise sind wir jetzt in einer Situation, in der man das Budget konsolidieren muss. Das war nach der Finanzkrise so – Herr Abgeordneter Krainer weiß das ja noch, er war damals schon Abgeordneter –, mit reger Beteiligung der grünen Partei, dass wir ein Budget konsolidieren mussten, und das ist auch jetzt so. (Abg. Krainer [SPÖ]: Das ist ja falsch!) Da sind wir uns ja alle einig, aber über das Wie sollten wir diskutieren.

Wie konsolidieren wir? Wie machen wir das jetzt? Da gibt es offensichtlich gravierende Unterschiede. Wenn ich mir anschaue, was aus diesen Verhandlungen bekannt geworden ist, dann ist die Methode anscheinend: Wenn Klima draufsteht, wird zusammengestrichen (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Sie haben alles gut gekennzeichnet! Suchbegriffe waren Klima und Gewessler! – Abg. Deimek [FPÖ]: Das ist auch gut so!), wurscht, wen es trifft, wurscht, was das für die Wirtschaft heißt, wurscht, ob es tatsächlich Geld bringt – wenn Klima draufsteht, dann muss es weg. Offensichtlich war das der Suchbegriff von Herrn Hafenecker. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Gewessler haben wir gesucht!) Gestrichen wird bei den E-Autos, bei den Solaranlagen, bei den Pendlern und Pendlerinnen, die umweltfreundlich pendeln, beim Klimabonus, beim Heizungstausch, beim Klimaticket, bei den ÖBB – wenn Klima draufsteht, dann muss es weg. 

Bei der FPÖ wundert mich das nicht, da es bei der FPÖ beim Thema Klima ja schon bei der Anerkennung der Fakten hapert – ja, der Klimawandel ist menschengemacht, wir haben da einen Auftrag (Beifall bei den Grünen – Abg. Martin Graf [FPÖ]: Das sagt der ... auch!) –, das wundert mich nicht. Aber liebe Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, was ihr da gerade macht, ist wirklich ein unglaublicher und abenteuerlicher Wendehals. Das Kernstück der ökosozialen Steuerreform, und Herr Bundesminister, das wissen auch Sie, war ein Versprechen: CO2-Preis und Klimabonus gemeinsam – und dieses Versprechen brecht ihr jetzt. (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben den Menschen gemeinsam erklärt, CO2 kriegt einen Preis, wir machen unser Klima, unsere Umwelt und unsere Zukunft damit kaputt, deswegen kriegt es einen Preis, aber wir haben ihnen versprochen, sie kriegen dieses Geld wieder zurück, weil die Bedingungen am Land und in der Stadt eben nicht dieselben sind, weil Klimaschutz nicht überall gleich einfach ist. 

Also liebe ÖVP, liebe Bürgermeister:innenpartei ÖVP, liebe selbsternannte Schutzpatronin-des-ländlichen-Raumes-ÖVP, ihr nehmt den Pendlerinnen und Pendlern aus dem Waldviertel, die darauf angewiesen sind, den Klimabonus weg, und das ist ein gebrochenes Versprechen. (Beifall bei den Grünen.)

Ihr habt euch offensichtlich in Dreierverhandlungen nicht auf einnahmenseitige Maßnahmen einigen können. Mit der FPÖ habt ihr eine Woche gebraucht, um eine einnahmenseitige Maßnahme zu finden. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Was ist denn das sonst, wenn man den Klimabonus abschafft? (Abg. Meinl-Reisinger [NEOS]: Den hätten wir auch abgeschafft!) – Eine Steuererhöhung, eine Steuererhöhung durch die Hintertür. (Beifall bei den Grünen. Ruf bei den Grünen: Genau!) Der CO2-Preis bleibt den Menschen, aber ausgeglichen wird er nicht mehr. Mit Kickl keine Koalition und keine neuen Steuern: ein gebrochenes Wahlversprechen nach dem anderen! – Sorry, null Punkte. (Beifall bei den Grünen.)

Es gibt noch einen zweiten Aspekt, auf den ich ganz kurz eingehen will. Das ist dieses Zickzack und die Frage, was das für die Wirtschaft bedeutet. Die Steuern auf Solaranlagen für den selbstgemachten Sonnenstrom werden erhöht, die Steuern für E-Autos auch gleich. Die Förderungen für neue Heizungen in Höhe von 100 Millionen Euro werden gestrichen. Was das Klima betrifft, passiert das offensichtlich aus ideologischen Gründen, aber Sie sind offensichtlich dahin gehend blind, was das für die Wirtschaft bedeutet. Wir haben den Betrieben ein Versprechen gegeben: Sie können Lehrlinge einstellen, sie werden Aufträge haben, das ist eine Zukunftsbranche. Was ihr aber jetzt macht, ist, euch mit einem Zickzackkurs zurück in die Vergangenheit zu bewegen. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Die chinesischen Fotovoltaikpaneele haben ... verkauft!) Das sagen euch eure ehemaligen Landesräte: Lest Herrn Paierl von der PV-Austria! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Sie haben eine Spur der Verwüstung durch die Wirtschaft gezogen!)

So, ich könnte noch lange reden, habe aber die Zeit nicht mehr. Den Preis für dieses Programm zahlen zukünftige Generationen, den zahlen unsere Kinder und Kindeskinder. Da geht es um Staatsverantwortung, die ihr vermissen lasst. (Beifall bei den Grünen.)

9.59

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächste zu Wort gemeldet: Frau Abgeordnete Kolm. (Ruf bei den Grünen: Jetzt kommt die ...! – Abg. Krainer [SPÖ]: Irgendwie ist es gerade 10 Grad kälter geworden!)