10.44

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Vielen Dank, Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundeskanzler Schallenberg, mit Ihnen geht es mir ein bisschen wie mit Karl Nehammer: Ich glaube Ihnen persönlich jedes Wort, ich glaube aber der ÖVP kein Wort mehr. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der Grünen sowie der Abg. Krisper [NEOS].)

Sie haben Herbert Kickl vor der Nationalratswahl ausgeschlossen und Sie tun das auch heute. Wenn ich Sie je richtig kennengelernt habe: Sie haben das nicht aus irgendwelchen persönlichen Befindlichkeiten getan, sondern weil Sie überzeugt sind, dass Herbert Kickl schlecht für dieses Land ist.

In den letzten Wochen haben wir alle erleben müssen, dass in der ÖVP zunehmend Kräfte an Einfluss gewonnen haben, das Ruder übernommen haben, die im Hintergrund bereits Gespräche mit der FPÖ geführt haben (die Abgeordneten Strasser [ÖVP] und Bogner-Strauß [ÖVP]: So ein Blödsinn! – Abg. Wöginger [ÖVP]: Das ist einfach eine glatte Lüge!) und Schritt für Schritt nicht nur die Koalitionsverhandlungen sabotiert haben (Abg. Strasser [ÖVP]: Geh, Philip! Das ist ja komplett unwürdig, was du da sagst! – Zwischenruf des Abg. Egger [ÖVP]), sondern auch den eigenen Bundeskanzler Karl Nehammer geopfert haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Diesen Menschen ist es um Macht, um persönlichen Einfluss, um Klientelinteressen gegangen und denen war die Glaubwürdigkeit und die Werthaltung, all das, was man vor den Wahlen versprochen hat, plötzlich völlig egal.

Wenn wir gerade bei gebrochenen Wahlversprechen sind: Immer wenn es darum geht, sozusagen das zu brechen, was man vorher angekündigt hat, ist einer ganz vorne mit dabei, und das ist Herbert Kickl.

Wenn es um die eigenen Posten geht, ist er jetzt ganz vorne mit dabei. Diejenigen, die ihn schon länger kennen, wissen ja, Herbert Kickl ist oft beseelt von Begrifflichkeiten. Er hat solche Dinge, die ihm so wichtig sind, die ihm am Herzen liegen, die er immer wieder zum Thema zu machen versucht. Das sind solche Dauerschleifen und Schallplatten, die er oft bedient. Lange Zeit war es das System, da hat er sich immer wieder verfolgt gefühlt. Wir wissen beide nicht ganz genau was das System ist (Abg. Kickl [FPÖ]: Ich schon!), aber lange Zeit hat es immer geheißen: System, System, System!

Dann hat er sich eine Zeitlang von der Weltgesundheitsorganisation verfolgt gefühlt, dann war er vom Pferdewurmmittel beseelt, hat immer wieder monatelang nur vom Pferdewurmmittel geredet, hat versucht, die Menschen für das Pferdewurmmittel zu begeistern. Dann ist er irgendwann darauf gekommen und hat gesagt: Die berittene Polizei, das wäre doch etwas! Das Tanken wird immer teurer, die Polizeiautos, machen wir eine berittene Polizei! 

Jetzt hat er etwas ganz Neues entwickelt, vor dem Hintergrund dieser gebrochenen Versprechen (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Also ihr habt euch wirklich die Seele aus dem Bewusstsein verhandelt! – Abg. Kassegger [FPÖ]: Also wenn wir schon bei der Dauerschleife sind!) hat er etwas ganz Neues entwickelt, ihr werdet es von ihm oft gehört haben: Jetzt ist ihm die Ehrlichkeit ganz, ganz wichtig. 

Die Ehrlichkeit hat Herbert Kickl jetzt, da es um Posten geht, da es um Macht geht, für sich entdeckt. Dabei erleben wir doch alle, dass ÖVP und FPÖ jetzt seit Tagen eigentlich ein Spielchen spielen, wer nämlich als allererstes die Wahlversprechen gebrochen hat. Das ist so ein bisschen wie Hase und Igel im Wettlauf: Christian und Herbert, man weiß nie, wer zuerst die Wahlversprechen gebrochen hat. Wir sind aber leider mittendrin, und das schadet natürlich auch dem Vertrauen in diese Demokratie und die Republik. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Begonnen hat das alles – Kollege Schwarz hat das heute auch schon aufgedeckt – bereits während der Nationalratswahl. Jetzt kann man sagen, das Budgetdesaster in allen Ausformungen haben wir alle miteinander nicht erahnen können, sehr wohl aber, dass das, was Magnus Brunner uns vorgelegt hat, nicht halten wird, dass das alles ein Wahlkampfschmäh ist. Man hätte Jan Krainer nur ein paar Mal zuhören sollen. (Abg. Bogner-Strauß [ÖVP]: Besser nicht!) Wir haben doch alle bereits gewusst, was auf Österreich zukommt. ÖVP und FPÖ sind damals einen anderen Weg gegangen. Sie haben gesagt: Vergessen wir die Schulden im Hintergrund, vor der Wahl ist es doch lässig, wenn man ein paar Milliarden versprechen kann!, und dann haben sie 18 bis 19 Milliarden Euro Steuersenkungen versprochen. 

18 bis 19 Milliarden Euro Steuersenkungen: Aus diesen Steuersenkungen und den Zuckerln werden jetzt milliardenschwere Kürzungen für die breite Masse. Ihr habt dann gegenseitig die Wahlprogramme voneinander abgeschrieben. Heute weiß man davon nichts mehr, und der Herr Ehrlichkeit, der Herr Klartext – Herr Kickl – ist dann heute nicht einmal mehr bereit, der Bevölkerung reinen Wein einzuschenken.

Da gibt es so wunderschöne Formulierungen – ich habe es mir extra aufgeschrieben –: „keine neuen Steuern“ hat es heute so oft geheißen, „keine neuen Steuern“. Was aber in Wahrheit der Schmäh dahinter ist, da war der Finanzminister ehrlich, das sind dann wunderschöne Wortschöpfungen: Das heißt dann plötzlich „Ergänzungen“ und „Anpassungen im Steuersystem“, „Lückenschlüsse“ – also keine neuen Steuern, aber es geht um „Lückenschlüsse“. (Heiterkeit der Abg. Schmidt [SPÖ].)

Für die Familie, die jetzt einen Tausender weniger in der Brieftasche hat, ist das keine Kürzung, das ist ein „Lückenschluss“ in der Brieftasche – der „Lückenschluss“ aufgrund der Politik von ÖVP und FPÖ. (Beifall bei der SPÖ.)

Da hat sich Herbert Kickl anscheinend in den letzten Tagen über Weihnachten schon besonnen: In der Vergangenheit war sein guter, alter Freund, mit dem er aufgewachsen ist, Karl-Heinz Grasser, auch ein Weltmeister der Inszenierung im Bereich der Budgetpolitik. Ob er so ehrlich war, Herbert Kickl, das wage ich zu bezweifeln, aber das ist anscheinend das neue Vorbild.

Ich möchte es hier in dieser Runde noch einmal sagen, und das ist die zentrale Entscheidung, vor der wir stehen: Wird sozusagen die breite Masse jetzt zur Kasse gebeten oder werden die breiten Schultern in Zukunft einen gerechten Beitrag leisten?

Das ist unser Zugang. Es wird schwierig, es wird eine Herausforderung für alle werden, aber diese Frage der Gerechtigkeit ist eine ganz zentrale. 

Aus unserer Sicht, – das ist heute in der ersten Debatte auch oft diskutiert worden – ist es völlig unverständlich, dass die breite Masse – die Pensionistinnen und Pensionisten, die Pendler und alle Menschen, die tagtäglich aufstehen, zur Arbeit gehen – zur Kasse gebeten wird und Energiekonzerne und Banken nichts zahlen sollen. All diejenigen, die jahrelang den Wahlkampf der ÖVP finanziert haben, müssen nichts zahlen, die breite Masse wird zur Kasse gebeten. (Beifall bei der SPÖ.)

Und weil nach mir Christian Stocker sprechen wird: Sie werden es erleben – man würde das vielleicht gar nicht vermuten, er hat sich ja in den letzten Tagen als Kunstturner versucht –, er wird hier eine 180-Grad-Pirouette versuchen. – Lieber Christian Stocker, ich darf dich persönlich bitten: Nimm dir ein Beispiel an Bundeskanzler Schallenberg! Für ihn gilt nämlich das, was er vor der Wahl gesagt hat, auch nach der Wahl. Bitte geh in dich! Du kannst es auch in deiner Broschüre selbst nachlesen. Das ist eine Frage des Vertrauens in die Politik und in eure eigenen Grundwerte. Komm zu dir und verhindere einen Volkskanzler Herbert Kickl! (Beifall bei der SPÖ.)

10.50

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Stocker. Eingestellte Redezeit: 6 Minuten.

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.