RN/24
11.00
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Schallenberg, gleich vorweg: Danke, dass Sie der Republik zur Verfügung stehen – es ist keine leichte Zeit, das soll gesagt sein –, und doch will ich Sie gleich mit einem Zitat konfrontieren: „Fußabstreifer, Fahndungslisten – das ist eine Diktion, die die Gesellschaft spaltet. Das wollen wir als ÖVP nicht“. „Es wird keinen Bundeskanzler Kickl geben – nicht mit uns.“ – Das sind nicht meine Worte, das sind Ihre Worte. Letztes Jahr war ein Kanzler Kickl für die ÖVP noch ein No-Go, und heute – so traurig das ist – halten Sie ihm, halten Sie der kommenden Regierung eigentlich nur den Sessel warm. So weit ist es gekommen. (Präsident Haubner übernimmt den Vorsitz.)
Ich zitiere gleich weiter. Noch im Wahlkampf sagte Herr Stocker, ÖVP-Parteiobmann, über Herrn Kickl: „eine Gefahr für unsere Demokratie“, er will „unsere Wirtschaft in eine Katastrophe führen“, „nicht regierungsfähig“. Den Wählern und Wählerinnen wurde da ein Schauspiel sondergleichen vorgespielt: eine Stimme für die ÖVP sei eine Stimme gegen Kickl. Und jetzt? – Da weiß man heute nicht, ob man lachen oder weinen soll, wenn ich ehrlich bin. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Disoski [Grüne].)
Es geht noch weiter: Kickl, der „bewusst Hass“ sät und ein „Sicherheitsrisiko“ ist – Zitat ÖVP-Innenminister Karner, der jetzt mit ihm verhandelt. Kickl, „Gefahr für die Sicherheit unseres Landes“, sagte ÖVP-Verteidigungsministerin Tanner. Kickl, „ein absolutes No-Go“, „unmöglich als Regierungschef“, sagte – Zitat – Claudia Plakolm, ÖVP-Jugendstaatssekretärin. Herbert Kickl, der die „Pressefreiheit mit Füßen tritt“, sagte ÖVP-Medienministerin Raab, die jetzt ebenfalls mit der FPÖ verhandelt.
Ich frage Sie alle, wie Sie heute hier sitzen: Ehrlich, wie geht es Ihnen jetzt damit? (Beifall bei SPÖ und Grünen.) Wie geht es Ihnen? (Abg. Stögmüller [Grüne]: Keine Glaubwürdigkeit! – Zwischenbemerkung von Bundesministerin Tanner.) Wie es mir geht? – Ich sage das alles nicht mit Genugtuung (Abg. Stögmüller [Grüne]: Keine Glaubwürdigkeit!), Frau Ministerin Tanner, sondern in ehrlicher Sorge um dieses Land Österreich. Ich habe das, was ich vor der Wahl gesagt habe, nämlich ernst gemeint – und ich sage es heute noch, im Gegensatz zu Ihnen. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)
Wir müssen uns die Frage stellen – und Sie sich auch –: Warum das alles? (Ruf bei der ÖVP: Weil ihr ...!) Weil der ÖVP ein Kanzler Kickl lieber ist als eine Bankenabgabe? Sie nehmen all das in Kauf, damit Banken ja keinen Beitrag leisten müssen, um das Budgetdesaster ein wenig zu sanieren (Abg. Meinl-Reisinger [NEOS]: … keinen Beitrag leisten müssen?), obwohl die Banken in den letzten Jahren 34 Milliarden Euro Gewinn gemacht haben?! (Abg. Scherak [NEOS]: Was machen die Banken? Steuern zahlen! Das checkst du nicht!) Trotzdem sollen sie ja keinen Beitrag leisten?! (Zwischenruf des Abg. Wöginger [ÖVP].)
Wir sind nicht verantwortlich für diesen Budgetscherbenhaufen, es waren zig ÖVP-Finanzminister am Werk, und trotzdem hätten wir uns dem gestellt. Wir wollten eine gerechte Budgetsanierung, bei der alle einen fairen Beitrag leisten – ganz nach der Devise (Abg. Meinl-Reisinger [NEOS]: … Defizitverfahren!): Gemeinsam schaffen wir es, dass Österreich wieder gut dasteht. Und viele in der ÖVP wollten das auch – das stimmt, Herr Klubobmann Wöginger. Viele in der ÖVP haben sich bemüht, mitzumachen, doch es gab leider eine kleine Gruppe in der ÖVP, die immer gesagt hat: alle außer. Alle sollen einen Beitrag leisten, außer die Energiekonzerne, obwohl diese Rekordgewinne noch und nöcher gemacht haben (Abg. Wöginger [ÖVP]: Die haben wir vereinbart gehabt! Ich halte das nimmer aus! Ich halte das wirklich nimmer aus! – Abg. Scherak [NEOS]: Unfassbar!), alle außer die Vermieter, obwohl die Mieten um bis zu 25 Prozent gestiegen sind, alle außer eben die Banken, obwohl diese ihre Gewinne verdreifacht haben! (Abg. Wöginger [ÖVP]: 400 Millionen haben wir ausgemacht! – Ruf bei der FPÖ: Gemeinde Wien!) Und jetzt kommt es auch genau so, powered by FPÖ. (Zwischenruf des Abg. Krainer [SPÖ].)
Die Arbeitnehmer:innen, die Pensionist:innen, die Mieter:innen, die können ruhig zahlen, aber die Großkonzerne und Banken nicht. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Das ist das, was jetzt passiert.
Ich lese für die Zuschauer und Zuschauerinnen zu Hause nur einen Satz vor, den wir alle gerade per Mail zugeschickt bekommen haben – Sie haben das Mail von der Wiener Börse sicher auch bekommen –: Sehr geehrte Frau Abgeordnete, mit einem historischen Allzeithoch inklusive Dividenden, einem weiteren Rekordjahr, verlief das Jahr 2024 an der Wiener Börse ausgesprochen positiv. (Abg. Meinl-Reisinger [NEOS]: Ja, Gott sei Dank! Wir brauchen einen Kapitalmarkt!) – Die Dividenden sind geflossen. (Abg. Meinl-Reisinger [NEOS]: Das ist ja unfassbar! Mit diesem Kurs …! – Zwischenruf des Abg. Scherak [NEOS].) Aber, Frau Meinl-Reisinger, wissen Sie, was passiert, wenn die Banken so viele Gewinne machen? – Es bringt der Bevölkerung nichts, es bringt den Aktionären und Aktionärinnen etwas! Den Aktionär:innen bringt es etwas. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Meinl-Reisinger [NEOS]: … sind nicht regierungsfähig! – Zwischenruf des Abg. Scherak [NEOS].) Sie finden das überspitzt? Liebe Zuschauer und Zuschauerinnen zu Hause, wenn Sie der Meinung sind, das sei doch etwas überspitzt, will ich Ihnen nur eine Frage stellen: Wissen Sie, wer gerade die Verhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ zum Thema Steuern und Finanzen leitet? – Richtig, es ist der Raiffeisen-Generalsekretär.
Wie geht es jetzt weiter? – Wir sagen das, was wir vor der Wahl gesagt haben, auch nach der Wahl; wir sagen das, was wir vor der Wahl versprochen haben, auch jetzt: Wir müssen die Teuerung bekämpfen. (Abg. Kickl [FPÖ]: So wie in Wien!) Wir brauchen einen Mietpreisstopp, auch aus budgetären Gründen; über das Budget haben wir heute schon viel gesprochen. Die viel zu hohe Inflation der letzten Jahre hat sich natürlich auch durch das Budget gefressen, hat die Mieten nach oben getrieben. Wenn wir jetzt nicht tätig werden, dann droht im April die nächste Mieterhöhung (Abg. Meinl-Reisinger [NEOS]: Hättet ihr einen Vorschlag gemacht! Ich hab’ drauf gewartet, wochenlang!); richtig, der nächste Preisanstieg bei den Richtwertmieten: weitere 3,5 Prozent. Ein Mietpreisstopp stellt Gerechtigkeit her, wo sie dringend notwendig ist, und würde Wohnen wieder leistbar machen.
Die Stadt Wien hat es im Übrigen vorgezeigt. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Dort wurde im gesamten letzten Jahr 2024 im Gemeindebau keine einzige Miete erhöht, und auch 2025 wird das nicht passieren (Beifall bei der SPÖ), dort, wo die Stadt Wien zuständig ist. Was in Wien möglich ist, wollen wir für ganz Österreich.
Ich bringe folgenden Antrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Mietpreisstopp für alle Mieten und ein Sofortpaket für leistbares Wohnen“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die einen echten und sofortigen Teuerungstopp für die eigenen vier Wände bewirken kann. Die notwendigen Maßnahmen dazu umfassen insbesondere
- die Aussetzung der Indexierung der Richtwertmieten bis 31. Dezember 2027,
- die Aussetzung der Indexierung der Kategoriemieten bis 31. Dezember 2027,
- die Aussetzung der Indexierung der freien Mieten (inklusive Geschäftsraummieten) bis 31. Dezember 2027,
- ab 1. April 2028 erfolgt die Indexierung von Mietverträgen nur mehr bis max. 2% p.a.,
- die Wiedereinführung der Wohnbauinvestitionsbank zur Unterstützung der Mieterinnen und Mieter in Genossenschaftswohnungen
- Die Einführung von Strafbestimmungen bei wiederholten Verstößen gegen das Mietrechtsgesetz
- Das Verbot von befristeten Wohnungsmietverträgen für institutionelle Vermieterinnen und Vermieter“
Machen wir endlich einmal etwas für die breite Mehrheit der Bevölkerung, nicht nur für die, die Dividenden abkassieren können! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
11.07
Der Gesamtwortlaut des Antrages ist unter folgendem Link abrufbar:
RN/24.1
Mietpreisstopp für alle Mieten und ein Sofortpaket für leistbares Wohnen (4/UEA)
Präsident Peter Haubner: Der Antrag wurde ordnungsgemäß eingebracht und steht somit in Verhandlung.
Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Klubobmann August Wöginger zu Wort gemeldet. – Herr Klubobmann, Sie gelangen zu Wort.