RN/9

9.36

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrte Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf eingangs einmal ganz herzlich die Ortsgruppe Kaumberg begrüßen. – Danke für den weiten Weg hierher! (Allgemeiner Beifall.)

„Drei Jahre Krieg in der Ukraine“ ist das traurige Thema der heutigen Aktuellen Stunde – drei Jahre einer absoluten Weigerung der EU-Kommission, der meisten europäischen Politiker, auch unserer Bundesregierung, der Einheitspartei (Zwischenrufe bei der ÖVP), den Krieg sachlich, rational zu beurteilen, eine differenzierte Betrachtung der Kriegsursachen vorzunehmen (Ruf bei der ÖVP: Das ist unglaublich!), diplomatische Zurückhaltung bei den nicht beteiligten Ländern zu üben, Waffenstillstand und Verhandlungen einzufordern, um Leben zu schonen. Da wäre es wirklich darum gegangen, Leben von Soldaten zu retten.

Stattdessen haben wir irrationale, emotionale, moralisierende Reaktionen und vor allen Dingen ein zutiefst verantwortungsloses Vorgehen, vor allem in der Europäischen Union, gesehen. Es hat geheißen: bedingungslose Solidarität mit der Ukraine – die wir gar nicht geben können. Es gab eine totale Heroisierung des ukrainischen Präsidenten. Die Ukraine kämpft für unsere Freiheit, für unsere westlichen Werte, heißt es jetzt von Frau Meinl-Reisinger.

Worum geht es in diesem Krieg – wie immer leider –: Die Ukraine kämpft einmal vor allen Dingen für ihr eigenes Überleben. Es geht um Grenzen, es geht um Sicherheitsinteressen, es geht um die Nato-Erweiterung, es geht ganz brutal um Bodenschätze, Rohstoffe, die verschiedene Regionen haben wollen, es geht um den Meerzugang, und es geht wie immer, grausamerweise, um Milliarden. Denn: Money makes the world go round – und das gilt leider auch im Krieg. Um die westlichen Werte, die eigentlichen, geht es nicht.

Die EU hat Waffen und Milliarden geschickt; Frau von der Leyen hat gerade von 134 Milliarden Euro gesprochen. Ja, die haben sie von den europäischen Schreibtischsoldaten bekommen, aber sterben durften die Ukrainer am Schlachtfeld alleine (MEP Brandstätter [NEOS]: Wer hat sie getötet?), da waren wir nicht dabei, und das den dritten Kriegswinter. (MEP Brandstätter [NEOS]: Wer tötet?) So sieht die bedingungslose Solidarität mit der Ukraine aus. (Beifall bei der FPÖ. – MEP Brandstätter [NEOS]: Wer tötet? – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Können Sie einmal leise sein? – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der FPÖ und MEP Brandstätter [NEOS].)

Drei Jahre, und die Freiheitliche Partei hat recht behalten. Wir haben gesagt, dieser Krieg ist brandgefährlich, er ist für die Ukraine nicht zu gewinnen. Wir haben einen übermächtigen Gegner, wir haben es mit einer Atommacht zu tun. Es ist nicht unser Krieg, auch die Einmischung ist brandgefährlich. – Es tut mir leid, Herr Minister, natürlich wünschen wir Ihnen auch eine gute Zukunft, aber hier, in Ihrer letzten Ansprache im Parlament, davon zu sprechen, dass es erbärmlich sei, von unserer Neutralität zu faseln, finde ich keinen guten Abgang. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Kassegger [FPÖ].) Das ist geltendes Verfassungsrecht, das eigentlich eine der Leitlinien auch Ihrer Außenpolitik hätte sein sollen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger [NEOS].)

Wir haben auch recht behalten, dass die EU-Sanktionen den Krieg nicht beenden werden, nichts bringen. Sie schaden sicherlich der Zivilbevölkerung in Russland, vor allen Dingen aber haben sie noch viel mehr der europäischen Bevölkerung geschadet. Diese hat die steigenden Preise zu schultern – aber was tut man nicht alles für die westlichen Werte? Das müssen sie schon machen. 

Wir haben gesagt, es ist zu einem guten Teil auch ein Stellvertreterkrieg zwischen den USA und Russland. – Oh, um Gottes Willen, alles Blödsinn! – Russland wird sich umorientieren, haben wir gesagt. Wenn wir sie abstoßen, werden sie sich nach China, Indien richten (Abg. Meinl-Reisinger [NEOS]: Die Entscheidung haben sie selber getroffen!), sie werden das alles auffangen! – So ist es gekommen. Wir haben gesagt, es muss Verhandlungen geben, Russland wird unser Nachbar bleiben, wir brauchen ein vernünftiges Verhältnis, es wird sich nicht in Luft auflösen!

Nun gibt es die Verhandlungen, und wie reagiert die EU? – Von der Leyen, Macron, Merz und Co: Sie wollen sie nicht! Sie werden torpediert, durch einen Gipfel jetzt in Kiew, dann in Paris. Man will den Friedensschluss nicht, die deutschen Medien überschlagen sich. Merz sagt am Tag nach der deutschen Bundestagswahl: Die Ukraine muss gewinnen! Auch Frau Meinl-Reisinger spricht doch: Kein schneller Friede! – Ach so, jetzt diktieren die europäischen Politiker der Ukraine, wann sie den Frieden zu schließen und unter welchen Bedingungen sie ein Abkommen zu schließen hat! 

Herr Selenskyj ist schon weiter. Hoffentlich kommt es diese Woche noch zu einem Abkommensschluss mit den USA. Die Ukraine muss gewinnen, heißt ja übersetzt: Die sollen jetzt gefälligst bis zum letzten Soldaten kämpfen! Sie sollen auch noch in den Fleischwolf, wie das unsere Vorgeneration als Begriff noch so gut kennt, wenn es am Schluss, wo es nichts mehr bringt, heißt, es muss gehalten werden. Da wird nur mehr gestorben. 

Frau von der Leyen – ihr Beitrag in Kiew vor zwei Tagen –: Das Allerwichtigste in den nächsten Wochen ist die schnelle Lieferung von Waffen und Munition! (Abg. Schatz [SPÖ]: Die Zeit ist schon aus!) – Das ist die Zusammenarbeit, die da in der EU gemeint ist. Das ist brandgefährlich! Aber Gott sei Dank – ich komme zum Schluss – wird es das nicht spielen. Im Interesse der Ukraine, im Interesse von Europa liegt nur der Friedensschluss, dass die Verhandlungen zu Ende gebracht werden und dass wir mit dem Kriegstreiben endlich aufhören. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Das ist alles nur Blödsinn! Hafenecker! ... Blödsinn, was? – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Wenn du ein bisschen mehr zuhören würdest, ... verstehen! – Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Nein, den Blödsinn kann eh keiner verstehen!)

9.43

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächste zu Wort gemeldet: Frau Abgeordnete Edtstadler. Eingestellte Redezeit: 5 Minuten.