RN/10

9.43

Abgeordnete Mag. Karoline Edtstadler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher hier und an sämtlichen mobilen Endgeräten! Zunächst, Herr Präsident, möchte ich mich bei Ihnen herzlich für Ihre Worte bedanken. Wir alle sind nach wie vor von diesem islamistischen Anschlag mit IS-Bezug mitten in Österreich zutiefst betroffen. Ihre sichtbare Betroffenheit spiegelt wohl wider, was alle in diesem Lande empfinden – ob sie Töchter oder Söhne haben, ob sie in ihrer Familie Menschen haben, die tagtäglich für die Sicherheit dieses Landes eintreten, ob sie vom Tod dieses jungen Burschen direkt oder indirekt betroffen sind. Es spiegelt die Trauer und die Fassungslosigkeit wider. Dabei dürfen wir es aber nicht belassen! Wir müssen daraus die Hoffnung und die Kraft schöpfen, unsere Werte, unsere offene Gesellschaft mit allen uns zu Gebote stehenden Mitteln zu verteidigen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Betroffenheit darüber, dass Leid und Tod und Krieg herrschen, habe ich vor ziemlich genau zwei Jahren und drei Monaten ganz direkt erfahren, damals nämlich, als ich mich im November 2022 mit sechs weiteren Europa- und Außenministerinnen auf den Weg gemacht habe, um mit einem Nachtzug nach Kiew zu fahren – nach sämtlichen Sicherheitseinweisungen, wie man sich zu verhalten hat, nach der Aufforderung, bloß nicht die Jalousien im Zug nach oben zu geben, denn dann wäre man ein fahrbares Ziel, das auch Attacken auslösen könnte (Zwischenruf des Abg. Hafenecker [FPÖ]); von Polizei und Cobra begleitet, dort von Botschaftern mit zum Teil gepanzerten Wagen in Empfang genommen. 

Erst dann, wenn man im Land ist, wenn man erfährt, was Krieg tatsächlich bedeutet – wir alle sind ja Kinder des Friedens –, kann man im Ansatz nachvollziehen, was sich dort seit drei Jahren abspielt. An diesem Tag hat der bis dahin schlimmste Angriff auf die gesamte Ukraine stattgefunden und wir selbst waren über 2 Stunden im Bunker; danach: flächendeckender Ausfall der Infrastruktur, kein Strom. Kein Strom bedeutet, dass die Toilettenanlagen nicht funktionieren, kein Strom bedeutet, dass nicht geheizt werden kann. Kein Strom hat in diesem Fall auch bedeutet, dass wir an der Universität Studentinnen und Studenten getroffen haben, die ohne Jacken im Kalten gesessen sind – wir hingegen in unseren Wintermänteln – und die uns geschildert haben, was sie vorhaben: nämlich für ihr Land einzutreten, für ihr Land, das sie verteidigen wollen, für ihr Land, in dem sie später dann als Ärzte, im Militärdienst, als Publizisten, als Journalisten arbeiten wollen. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist diesen jungen Menschen in der Ukraine seit drei Jahren genommen: ein schönes Leben, ein Leben in Frieden! 

Daher muss es unser aller Ziel sein, diesen Frieden in Europa wieder herzustellen, so schnell wie möglich – aber nicht ohne die Ukraine, sondern mit der Ukraine; und es kann nicht sein, dass wir es Russland und den USA überlassen, in Saudi-Arabien zu entscheiden, wie es mit der Ukraine weitergeht. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch [FPÖ].) Da muss die Europäische Union ihre Stimme entsprechend erheben und auch mit einer Stimme sprechen. 

Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, tut die Europäische Union seit drei Jahren. Erst vor Kurzem ist das 16. Sanktionspaket beschlossen worden, und das ist richtig und wichtig. Damit haben wir auch sozusagen ein Tool in der Hand, um mitzureden und letztlich auch am Wiederaufbau mitzuarbeiten, denn das ist es, was diesen jungen Menschen in der Ukraine wieder Hoffnung geben wird. 

Es ist unsere gemeinsame Verantwortung, darauf hinzuarbeiten, und wir müssen darauf achten, dass unsere regelbasierte Ordnung nicht mit Füßen getreten wird, so wie es Außenminister und Bundeskanzler Alexander Schallenberg bereits betont hat. Lassen wir nicht zu, dass diese Weltordnung von Putin ruiniert wird! Ein Angriffskrieg darf niemals honoriert werden. Ein Angriffskrieg darf nicht ignoriert werden. Meine sehr geehrten Damen und Herren, machen wir nicht den größten Fehler, nämlich dass wir eine Täter-Opfer-Umkehr begehen! Sprechen wir aus, was Tatsache ist: Putin ist der Aggressor, und es läge auch an Putin, diesen Krieg heute zu beenden! – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP, NEOS und Grünen.)

9.48

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächste zu Wort gemeldet: Frau Abgeordnete Bayr. 

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.