RN/13
9.58
Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Danke, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frieden ist sicherlich die berechtigtste Sehnsucht der Menschheit – aber ob das alleine immer hilft, ist die Frage.
Welchen Frieden wollen wir? Ich bin ja schon alt genug, dass ich mich fast zur Generation John Lennon zählen dürfte – Give Peace a Chance: Aber welche? Welche Chancen wollen wir? Das muss doch auch ein Friede sein, der eine Freiheit garantiert und erzeugt, der Unabhängigkeit erzeugt bei jenen, die das wollen und brauchen, und das muss auch noch abgesichert sein. Ja – und ich muss sagen, ich habe umgedacht –, dauerhafter Friede, Unabhängigkeit und Freiheit brauchen auch Sicherheit. Das ist vielleicht eine schmerzliche Erkenntnis, aber es ist so – es ist so!
Wir alle kennen den Spruch, den ich nicht ausführe, ich drehe ihn einfach nur um: Stell dir vor, es ist Friede, und einer macht alles hin! Was ist dann? Solange das so sein kann, wird eben auch die Frage der Sicherheitspolitik eine Rolle spielen müssen – müssen! –, sonst ist alles für die Galerie und klingt nur gut, aber diese Sehnsucht zu bedienen und zu verstehen, das ist schon eminent wichtig.
Deshalb glaube ich, dass wir alle hier im Haus an dieser Stelle vielleicht eine Spur von etwas Verbindendem haben können, auch wenn dann große Unterschiede auftauchen, auf die ich jetzt natürlich sofort eingehe. Als Aggressor - - (Abg. Kickl [FPÖ]: Haben Sie eigentlich Ihre Wehrpflicht erfüllt?) – Nein, ich war Zivildiener, wie Sie wissen. Also die Aggression geht eindeutig - - (Zwischenruf des Abg. Wurm [FPÖ].) – Was wollen wir da viel diskutieren? (Abg. Kickl [FPÖ]: Das ist die Fraktion, die das Militär begraben wollte!) Wenn man so wenig versteht wie Sie, sehen die meisten gar nicht ein (Abg. Kickl [FPÖ]: Sie wollten das Militär begraben!), dass Sie da dauernd dazwischenrufen – aber bitte! (Beifall bei den Grünen.)
Jetzt aber noch einmal zur Ausgangslage: Nichts kann diesen Angriffskrieg rechtfertigen. Er ist völkerrechtswidrig und brutal, das muss man einfach so benennen. Ein quasi diktatorischer Staat überfällt eine Demokratie, die, so gut sie kann, Demokratie geworden ist; eine Demokratie, und zwar eine europäische Demokratie. Das ist die Grundaufstellung: Ein Aggressor überfällt ein europäisches Land. – Wenn man da den Kopf in den Sand steckt, wünsche ich Ihnen viel Vergnügen! Da werden Sie dann aber anders aufwachen, als Sie hier suggerieren. (Beifall bei den Grünen.)
Bewundernswert ist ja der Widerstandsgeist der Ukraine und der Ukrainerinnen und Ukrainer. Das können sie natürlich überhaupt nur „leisten“ – unter Anführungszeichen –, wenn sie entsprechende Unterstützung haben. Das müssen wir nicht nur anerkennen, sondern auch etwas dazu tun. Ich finde es nachgerade überheblich, wenn man jetzt zuruft – vielleicht eh schon in der Vergangenheit –, die sollen alle die Segel streichen und das wäre dann Frieden. – Nein, es wird wohl – und das ist für die Zukunft relevant, und auch, was das nordatlantische Verhältnis betrifft – ein Frieden sein müssen, der – Beate Meinl-Reisinger hat es ja auch gesagt – kein Diktatfrieden und kein Unterwerfungsfrieden ist. Also es wird schon darum gehen, dass wir langfristig unsere europäischen Mitbürgerinnen und Mitbürger – möchte ich fast sagen (Abg. Kickl [FPÖ]: Aber immerhin! Bis vor drei Monaten haben Sie das Wort Frieden noch gar nicht gekannt!) – entsprechend unterstützen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Scherak [NEOS].)
Es sind die europäischen Werte, die angegriffen wurden – okay –, aber es ist noch viel schlimmer. Es ist völlig klar, wie die Aufstellung ist: Wenn Putin in dieser Situation damit durchkommt, dass dort nur die Segel gestrichen werden und er seine Ansprüche grosso modo durchsetzt, dann wird er nicht aufhören. Putin versteht die Sprache nicht, wenn man bloß darüber redet, wie man sich arrangieren kann. Man muss ihm auch etwas entgegenhalten, das hat die Geschichte bisher bewiesen, sämtliche Jahrestage – heute ist ja auch schon wieder einer, haben wir gehört; er hat die Krim annektiert –; das ist das, glaube ich, was man erkennen muss.
Deshalb ist es die Aufgabe, dass Europa stärker wird. Ich glaube nicht, dass schon alles ausreichend da ist, aber die Voraussetzungen und die Möglichkeiten sind da. Ich sehe es wie der Bundeskanzler: dass wir uns da gar nicht so schwach stellen müssen. Also wird es darum gehen, dass Europa militärisch auch stärker wird. Wir haben mehr Rüstungsausgaben als Russland, das muss man bündeln, das muss man vernünftiger gestalten. Ich halte gar nichts von 2 Prozent, 3 Prozent Rüstungsausgaben, das muss vernünftig organisiert werden. Das ist richtig. Wir, Europa, haben mehr als Russland.
Das sind Aufgaben für die Zukunft, die wir haben, und Österreich soll da einen Beitrag leisten, und zwar indem auf europäischer Ebene konstruktiv mitgearbeitet wird und nichts blockiert wird. Ja, der Neutralitätsstatus ist ein eigener, da kann man dann vielleicht auch mehr daraus machen, das wird man sich wieder erarbeiten müssen. Es ist aber richtig und wichtig, dass Österreich, gerade als neutraler Staat, die Sanktionen unterstützt – die wirken mehr, als viele glauben, wenn wir uns die wegdenken, wäre die Lage noch viel schlimmer – und dass wir im Bereich der humanitären Hilfe sowohl in der Ukraine als auch hier bei uns wirklich etwas leisten. Das kann sich auch anschauen lassen. Ich danke allen, die da mitwirken, im Prinzip dem gesamten Nationalrat, denn es steht ja schon wieder etwas an, wie mich Barbara Neßler, meine Kollegin, informiert hat.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Bitte den Schlusssatz!
Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Danke, Herr Präsident. Wir können die Familienbeihilfe und das Kinderbetreuungsgeld für die Ukrainerinnen und Ukrainer wieder verlängern. (Beifall bei den Grünen.)
Schlussendlich wird es auch um einen Wiederaufbau gehen, und auch da kann Österreich große Beiträge leisten. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Bogner-Strauß [ÖVP].)
10.04
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Reifenberger.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.